Supernatural S12E12 - Stuck in the Middle (with You)

Clive77

Serial Watcher
In der Folge "Stuck in the Middle (with You)" der US-Serie Supernatural gehen Sam, Dean und Cas zusammen mit Mary und einem weiteren Jäger auf Dämonenjagd und erleben eine böse Überraschung. Unter der Regie von „Gabriel“ dürfen wir eine recht besondere Folge der Serie erleben.

Supernatural goes Reservoir Dogs
Was bei "Stuck in the Middle (with You)" direkt hervorsticht, ist die ungewöhnliche Machart der Episode. Der Titel ist eine recht eindeutige Anspielung auf „Reservoir Dogs“ von 1992, dem ersten Film von Quentin Tarantino. Aber bei den vielen Zeitsprüngen und Wiederholungen diverser Szenen unter anderem Blickwinkel kommen einem auch schnell andere Filme des Regisseurs in den Sinn. Auf dem Regiestuhl sitzt hier Richard Speight, Jr. , der bereits die Folge "Just My Imagination" inszenierte und uns vor der Kamera als Gabriel bekannt ist.
Aber geht der Plan auf, sich hier an Tarantinos Stil zu versuchen? Im Großen und Ganzen lautet die Antwort „Ja“! Es mag zwar hier und dort ein wenig Zuviel mit den Sprüngen und Referenzen werden, zumal einige Ausflüge wirklich sehr kurz gehalten sind und so manche Referenz ein bisschen aufgesetzt wirkt. Aber unterm Strich bekommt die Episode auch einen gewissen Mehrwert durch die Verschachtelung, erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit des Zuschauers und lädt zur erneuten Betrachtung ein, weil man bei der ersten Sichtung vielleicht noch nicht alle Anspielungen auf Tarantinos Filme mitbekommen hat oder sich fragt, wie eine der vorherigen Szenen mit dem neuen Wissen wirkt.
Wofür man Speight, Jr. außerdem loben darf, ist die äußerst spannende Geschichte, die er trotz den ganzen Referenzen erzählt. Die Mythologie der Serie wird ein bisschen erweitert, ein paar alte Lücken werden geschlossen und am Ende sehen wir noch in einem fantastischen Shot (die roten Augen!) den guten alten Lucifer (Mark Pellegrino!) im Halbdunkel sitzen. Die musikalische Untermalung tut ihr Übriges, um "Stuck in the Middle (with You)" zu einer besonderen Folge zu machen.

In diesem Sinne: Stuck in the Middle with You - Stealers Wheel

Mary und Mr. Ketch
Die Rahmenhandlung, bei der Mary Winchester (Samantha Smith) und Arthur Ketch (David Haydn-Jones) sich gegenübersitzen, lässt einen am Ende etwas baff zurück. Dass das ganze Abenteuer den britischen Men of Letters zu verdanken ist, haben wir schon vorher mitbekommen. Aber Wally (Donavon Stinson) hatte sich den Ausgang sicher anders vorgestellt, Castiel (Misha Collins) sah zwischenzeitlich gar nicht gut aus und Ramiel (Jerry Trimble, Jr.) war einer der schwierigsten Gegenspieler seit langem. Weshalb um alles in der Welt übergibt Mary da auch noch den gewünschten Preis an Ketch? Man hätte jedenfalls meinen können, dass sie aufgrund der schlechten Informationslage um den Gegner weit aufgebrachter wäre und jetzt Abstand zu den Briten nehmen würde.
Aber das ist leider noch nicht alles. Nicht nur, dass Mary jetzt Aufträge für die Briten ausführt, nein, sie macht das hinter dem Rücken von Sam (Jared Padalecki) und Dean (Jensen Ackles). Dabei hatte sie mehr als einmal die Gelegenheit, ihren Söhnen vom Deal zu erzählen. Sie hätte sogar den Endkampf verhindern oder zumindest aufschieben können, hätte sie den berühmten Colt an gegebener Stelle hervorgeholt. Während wir uns seit geraumer Zeit darüber freuen, dass die Brüder die gegenseitige Geheimniskrämerei hinter sich gelassen haben, übt sich jetzt also Mary darin. Der Apfel fällt in der Tat nicht weit vom Stamm. Dass das nicht gut enden wird, liegt auf der Hand und weckt böse Vorahnungen.

Prince of Hell
Mit Ramiel wurde die Mythologie von Supernatural um eine weitere Klasse von Dämonen erweitert. Mit den Princes of Hell ist nicht zu spaßen, denn die normalen Methoden wirken bei ihnen nicht. Obendrein ist Ramiel auch noch in der Lage, versteckte Bannkreise zu riechen. Jerry Trimble, Jr. macht außerdem sein Bestes, um die Bedrohlichkeit seiner Figur rüberzubringen.
Es mag zwar ein wenig ernüchternd wirken, dass es jetzt plötzlich noch andere gelbäugige Dämonen gibt (scheinbar nicht wenige und die stehen offensichtlich auch noch in Kontakt miteinander – womit in Zukunft noch mehr auftauchen könnten), aber die Idee an sich ist gut. Denn während von den „normalen“ Dämonen kaum noch Gefahr ausgeht, war das Spannungslevel beim Kampf mit Ramiel doch deutlich größer. Im Prinzip und bei der Mächtigkeit, die er hier an den Tag legt, hätte man ihn auch für mehr als eine Episode verwenden können. Andererseits bleiben uns mindestens noch Asmodeus und Dagon für zukünftige Folgen, die vielleicht nicht gerade erfreut über Ramiels Ableben sind.
Wobei man den „Höllenprinzen“ auch etwas Sympathie abgewinnen kann. Denn Ramiel und die anderen kümmert es schon lange nicht mehr, was in Himmel, Hölle oder auf der Erde so vor sich geht. Sie bekommen zwar einiges mit und halten die Augen offen, aber Ramiel beispielsweise war lieber am Fischen und wollte bloß in Ruhe gelassen werden. Keine Bedrohung halt, bis plötzlich unsere Gang bei ihm auftauchte und seinen an sich harmlosen Alltag durcheinander brachte.
Zuletzt sei noch erwähnt, dass wir jetzt wissen, wie Crowley (Mark Sheppard) einst zum King of Hell werden konnte, obwohl er „nur“ ein Crossroad-Dämon war. Oh, und wir erfahren endlich, was aus dem Colt geworden ist, der mit dieser Episode wieder auftaucht. Mythologisch gesehen wurden jedenfalls einige Lücken geschlossen und an sich reiht sich die Geschichte von Ramiel sehr gut in die Seriengeschichte ein.

Castiel
Castiel bekommt diese Woche die Lanze des Erzengels Michael zu spüren, die Ramiel einst als Geschenk überreicht wurde. Und auch wenn man es sich als Zuschauer nur schwer vorstellen kann, dass Cas tatsächlich einmal (endgültig) stirbt, so war man doch teilweise sehr beunruhigt. Jemanden wie Wally konnte man gleich als Redshirt einordnen, was sich auch nach wenigen Minuten bestätigte. Aber Castiel über den Jordan gehen lassen? Nein, das machen die nicht. Oder doch?
Der Rezensent konnte jedenfalls gut um den Engel bangen und war sich gegen Ende nicht so ganz sicher, ob Cas heile aus der Sache rauskommen würde. Zumal hier auch nicht viel Zeit blieb, um ein „Gegenmittel“ für die tödliche Verletzung zu finden. Man konnte somit gut mitfiebern und sich um die Figur sorgen.
Überraschend war außerdem, dass gerade Crowley als derjenige auserkoren wurde, der Cas das Leben retten durfte. Ob der sich wohl auch langsam einen Platz in der Winchester-Familie gesichert hat? Aber zum Thema „Crowley“ kommen wir gleich noch.
Der emotionale Höhepunkt der Episode kam auf, als Castiel zurückgelassen werden wollte und er Sam und Dean als seine Familie bezeichnete, die er in Sicherheit wissen wolle. Uns ist zwar schon länger klar, dass Cas ein inoffizielles Mitglied der Familie Winchester geworden ist, aber es so bewegend und in Anbetracht der scheinbar ausweglosen Situation anzuführen, war einfach toll. Dazu kommt noch, dass der Engel hier seine sonst so oft an den Tag gelegte Unbeholfenheit (die man zu Beginn der Folge anhand der Kellnerin Mandy (Donna Benedicto) wieder auf amüsante Weise zu sehen bekam) ablegt und sehr erwachsen, ernst und vor allem menschlich agiert.

Crowley
Jetzt kommen wir zum eigentlichen Helden der Folge. Denn Crowley ist derjenige, der Licht in die dunkle Geschichte bringt. Von ihm erfahren die Winchesters (und wir) erst, mit wem sie es da zu tun haben und – wie bereits erwähnt – ist er auch derjenige, der Castiel rettet. Aber Undank ist nun mal der Welt(en) Lohn. Dabei sollten unsere Helden mittlerweile bemerkt haben, dass der ehemalige Gegenspieler ihnen über die Jahre immer wohlgesonnener gegenüberstand und mehr als einmal an ihrer Seite gekämpft hat.
Witzigerweise macht Lucifer unseren Crowley gegen Ende auch darauf aufmerksam. Vielleicht wäre es in der Tat besser, wenn Crowley wieder mehr als Gegenspieler fungieren würde. In dieser Staffel geht es des Öfteren „back to the roots“, da könnte man auch bei ihm zuschlagen und seiner Persönlichkeit wieder eine größere Bedrohlichkeit verleihen. Momentan wirkt er nämlich nicht gerade bedrohlich, auch wenn er jetzt ein neues Hündchen ("That’s not my name!") im Zwinger hat. Das ist jetzt kein großer Kritikpunkt an der Folge, sondern lediglich eine Anmerkung zur Figur, die durchaus mal wieder stärker in Erscheinung treten dürfte.
Unter uns hätten sich die Winchesters auch einiges sparen können, wenn sie Crowley gleich zu Anfang des Abenteuers mal gefragt hätten, welcher Dämon da sein Unwesen treibt. Schließlich liegt es nahe, mal bei ihm durchzurufen, wenn Dämonen im Spiel sind. Zugegeben, dann hätten wir wahrscheinlich nicht das zu sehen bekommen, was diese Woche alles auf dem Programm stand. Aber wenn man schon Rowena (Ruth Connell) bei bösen Zaubern auf den Plan ruft, liegt es doch eigentlich nah, im Dämonenfall mal bei ihrem Sohn um Rat zu bitten.

Fazit: Auch wenn der Text da oben jetzt vielleicht nicht so ganz danach klingt, war das eine der besten Folgen dieser Staffel. Etwas nervig war da bloß der Teil um Marys Geheimniskrämerei, weil man da schon weiß, dass das nicht gut ausgehen wird. Alles andere wusste zu gefallen, wobei die Machart schon eine sehr angenehme Abwechslung war und dieser Folge einen besonderen Touch verleiht. Für mich hat das alles in allem jedenfalls prächtig funktioniert.

9/10
 
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