Story XLIV - Ein echt gottverdammt beschissener Tag

Clive77

Serial Watcher
Als ich Theresa zum ersten Mal begegnete, war sie gerade dabei sich gegen eine Horde angreifender Zombies zu wehren.
An diesem Morgen war ich gerade im Wald unterwegs um nach Ma zu suchen, die letzte Nacht nicht vom Kräutersammeln zurückgekehrt war.
Pa nahm die Sache recht gelassen. Er hatte nicht mal den Hut aus dem Gesicht gezogen, als ich ihn darauf ansprach. Ein kurzes Schulterzucken, dann stopfte er sich seine Pfeife und sagte nur:
„Dann beweg halt deinen Arsch und such sie! Und geh mir endlich aus der Sonne!“
Damit war für ihn das Thema erledigt.
Wenig später wanderte ich durch den morgendlichen Wald und genoss die Stille. Keiner aus meiner Familie wer hielt es für notwendig mich zu begleiten.
Die Wärme der aufsteigenden Sonne vertrieb den letzten Rest der nächtlichen Kälte aus meinen Knochen. Wie sehr wünschte ich mir, mich des nachts an jemanden kuscheln zu können. Jemanden, der nicht mein Bruder oder Vetter war.
Aber ich schweife schon wieder ab, denn ich wollte ja von Theresa berichten. Das ist eines meiner großen Probleme. Pa meinte, ich würde viel zu viel labern und sollte mir ein Beispiel an meinen Brüdern nehmen und das, was ich so an heißer Luft ablasse, lieber durch die Hose furzen.

Ach ja, Theresa. Ich begegnete ihr zum ersten Mal, als sie gerade einer Gruppe angreifender Zombies gegenüberstand. Es ist mir ein wenig peinlich, aber der erste Gedanke, den ich dabei hatte, war seltsamerweise die Wette zwischen Pa, meinen Brüdern und Ma. Seit einiger Zeit versuchten sie für mich eine passende Gefährtin zu finden. Aber selbst wenn ich jemanden kennenlernte, wollte sich aus diesen Begegnungen nie eine ernsthafte Beziehung entwickeln. Sogar Cousine Betty-Sue hatte mir mit einer obszönen Geste und der Bemerkung, ich solle etwas mit mir tun, das anatomisch völlig unmöglich war, geantwortet.
Und so war mein erster Gedanke, als ich Theresa erblickte, tatsächlich wie Pa einst sagte: „Ich wette, der Dämlack findet nie ein Mädchen, dass dumm genug wäre, sich auf ihn einzulassen.“
Und dann verlor ich mein Herz an sie, als ich sah, wie in dem Augenblick, als sie sich den Zombies entschlossen mit der Pistole am Anschlag entgegenstellte, ein Sonnenstrahl durch eine der Wolken am Himmel drang und Theresa dann in einem hellen Licht erstrahlen ließ, so das sie wie eine Heilige erschien, die gerade vom Himmel herabfuhr um sich den Armeen der Toten entgegenzustellen. Das Licht der Sonne ließ ihr lockiges Haar rot wie Feuer erscheinen. Und es raubte ihr die Sicht.
In dem Moment, als sie abdrückte, wurde sie geblendet und verfehlte dadurch ihr Ziel. Sie feuerte weitere Schüsse ab, doch keiner davon traf. Mit jedem Schuss, der daneben ging, wuchs ihre Unruhe.
Die Toten wankten unbeirrt weiter auf sie zu, stöhnten und streckten ihre Arme nach ihr aus. Theresa wich einige Schritte zurück, und hätte sie einen Blick über ihre Schulter geworfen, dann wäre ihr auch aufgefallen, dass ich bereits dicht hinter ihr stand.
Seit die Welt eine andere geworden war, konnte man zunehmend einen Verfall der alten Werte beobachten. Auch aus diesem Grund empfand ich schon immer, man solle selbst in Zeiten wie diesen ein Mindestmaß an Höflichkeit an den Tag legen. Als hob ich mit der rechten Hand meinen Strohhut zum Gruß und sagte freundlich:
„Guten Tag Ma´am. Benötigen Sie vielleicht Hilfe?“
Ihre Reaktion überraschte mich ebenso wie ihre Schnelligkeit. Sie fuhr herum, richtete ihre Waffe auf meinen Kopf und drückte ab. Sie traf meinen Hut genau in der Mitte, und ich bin froh, dass ihn ihn bereits abgenommen hatte, denn andernfalls hätte da kein Friseur mehr helfen können. So aber wurde nur mein Hut in Mitleidenschaft gezogen. Ich sah wie sie abwägte, ob sie nochmal schießen sollte. Zum Glück entschied sie sich dagegen und wendete sich wieder den Zombies zu, die inzwischen bereits bedrohlich nahe gekommen waren.
Theresa war eine geübte Schützin, aber wie so Viele machte auch sie den Fehler hauptsächlich auf den Kopf zu zielen, was aber schwieriger war, als es aussah. Einen der Zombies schoss sie das Ohr weg, beim zweiten Schuss verfehlte sie ihn vollends, der Dritte traf nur den Unterkiefer.
„Entschuldigen Sie Ma´am“, sagte ich und zog meine Waffe aus dem Holster. „So verschwenden Sie nur wertvolle Munition und geben den Toten die Möglichkeit näher zu kommen. Schießen Sie auf die Beine, denn die sind einfacher zu treffen.“
Mit zwei gut platzierten Schüssen zerschoss ich den beiden Zombies, die uns am nächsten waren, die Kniescheiben, und sie gingen zu Boden wie ein gefällter Baum. Theresa tat dasselbe bei den übrigen Zombies.
„Ohne Beine können selbst die nicht laufen. Sie gehen zu Boden und sind leichte Ziele.“
Mit meiner Machete schlug ich den Zombies den Kopf ab.
„Sehen Sie, sauber und schnell.“
„Danke“, sagte Theresa während sie mich mit einem Blick betrachtete als würde sie abschätzen, ob sie ihre Waffe wirklich schon zurück ins Holster schieben sollte.
„Geht es Ihnen gut Ma´am? Sind Sie verletzt?“
Sie schüttelte den Kopf und sah mich dann fragend an. „Ist ungewöhnlich, heutzutage jemanden mit Manieren zu treffen.“
„Pa sagt immer, wenn man so hässlich ist wie ich, muss man eben alles daransetzen charmant zu sein. Darum nennen sie mich mich auch Charming. Charming MacNeck. Vom Clan der MacNecks.“
Zum ersten Mal sah ich sie nun lächeln. Sie wirkte dadurch so bezaubernd, dass ich kurz die Luft anhalten musste, da mein Herz plötzlich Dinge tat, die es sonst nicht zu tun pflegte. Es ging schnell vorüber, hinterließ aber dennoch ein angenehmes Gefühl in meiner Brust. Sie reichte mir lächelnd ihre Hand, und als ich sie ergriff, fühlte ich noch etwas ganz Anderes. Weiter unten. Aber Ma sagt immer, man dürfe nicht darüber sprechen.
„Freut mich, dich kennen zu lernen, Charming. Ich bin Theresa Davic, aber nenn mich ruhig Teri.“
„Sehr erfreut, Teri. Ich habe dich noch nie hier in der Gegend gesehen. Du bist nicht von hier, oder?“
Theresa senkte ihren Blick, ihre Mine zeigte einen Anflug von Trauer, was sie gleich darauf hinter einem freudlosen Lächeln zu verstecken suchte.
„Harten Tag gehabt?“
Sie nickte stumm.
„Bist du allein unterwegs?“
Statt einer Antwort vernahm ich nur das Klicken ihrer Waffe. Überrascht sah ich in den auf meinen Kopf gerichteten Lauf ihrer Waffe.
„Also wenn du nicht drüber reden möchtest, ist das für mich absolut in Ordnung.“
„Tut mir leid. Du scheinst ein netter Kerl zu sein, aber in der heutigen Zeit sind nette Leute verdächtig. Ich will nicht riskieren, dass du eine Waffe auf mich richtest, sobald ich dir den Rücken zuwende.“
„Kann ich verstehen, das ist wirklich kein sonderlich gutes Gefühl.“
„Weißt du...“, begann sie, nachdem sie mich eine gefühlte Ewigkeit mit einem traurigen Blick angesehen hatte. „Heute morgen wachte ich noch auf, dachte, das Leben könnte nicht noch beschissener werden, und plötzlich hat es doch noch eine Überraschung parat. Aber keine der willkommenen Sorte.“
„Als so schlimm habe ich unsere Begegnung gar nicht gesehen. Obwohl du auf mich geschossen hast, denke ich, es ist einer meiner besseren Tage.“
„Wenn es dich beruhigt, es hat nichts mit dir zu tun. Und nun steck die Machete weg, knie dich hin und Hände hinter den Kopf.“
„Ja Ma´am.“
Ich tat wie mir geheißen wurde, wenn auch nur zögerlich. Teri ging langsam um um mich herum bis sie direkt hinter mir stand. Ich empfand es als klüger dem Drang, mich nach ihr umzudrehen, zu widerstehen.
„Und jetzt?“, fragte ich irgendwann.
„Ich werde jetzt verschwinden und sorge dafür, dass du mir nicht folgst.“
„Ach, ich wette, wir werden uns früher oder später wiedersehen.“
„Denkst du, es ist eine gute Idee, so etwas zu sagen, wenn ich mit einer Waffe hinter dir stehe?“
„Im Nachhinein erscheint es mir auch unklug, Ma´am.“
„Bitte nenn mich Teri und nimm mir das hier nicht übel.“
Sie schlug mir mit dem Griff ihrer Waffe gegen den Schädel. In Filmen aus den alten Zeiten sah man stets, wie Menschen, wenn man ihnen mit der Waffe gegen den Kopf schlug, sofort bewusstlos zusammenbrachen. Vermutlich hatte Teri genau das geplant, aber ich schrie einfach nur laut auf, fluchte laut und rieb mir den Schädel. Dann schlug sie nochmal zu, und es tat dann noch viel mehr weh. Heulend und fluchend rollte ich über den Boden.
„Oh Gott, tut das weh! Was soll denn das?“
Trotz der Tatsache, dass ich Sterne vor meinen Augen tanzen sah, bemerkte ich, wie sie sich mir schon wieder näherte. Ich hätte wetten können, dass sie die Waffe für einen dritten Schlag hob.
„Nein, bitte nicht nochmal hauen! Ich bleib auch liegen und rühr mich nicht. Versprochen, Ma´am“, sagte ich während ich mich einrollte, den Kopf zwischen meinen Armen vergrub und auf einen weiteren Schlag wartete.
„Tut mir leid. Bleib einfach liegen und warte ein paar Minuten. Folge mir nicht und sieh dann zu, dass du Land gewinnst.“
„Ja Ma´am.“
„Nenn mich Teri.“
„In Ordnung Ma´am.“
Ich hörte wie sie durch den Wald rannte und sich immer weiter von mir entfernte. Als ich glaubte, dass sie endgültig fort war, erlaubte ich mir, ein wenig zu weinen.
Irgendwann griff ich nach meinem Hut und richtete mich auf. Vielleicht ein wenig zu schnell, wie ich alsbald feststellen musste, denn plötzlich raste der Boden sehr schnell auf mich zu, nur um mich mit voller Wucht zu treffen. Nach einigen Minuten der Ruhe versuchte ich es erneut. Diesmal langsamer. Und nun bewegte sich der Boden sehr viel weniger. Dafür nahm der Schmerz in meinem Kopf zu. Mit der Hand berührte ich vorsichtig die Stelle, an der sie mich geschlagen hatte. Es tat nicht nur weh, auch meine Finger waren schmierig von Blut.
Aus einer meiner Taschen zog ich ein Fläschchenen mit Moonshine, unseren selbst gebrannten Whiskey, trank ein paar Schlucke, träufelte etwas davon auf mein Halstuch und drückte es auf die Kopfwunde. Meinen anschließenden Schrei konnte man sicherlich noch mehrere Kilometer weit hören.
 

Clive77

Serial Watcher
Die Sonne stand nun hoch am Himmel und war unermüdlich dabei mir das Hirn auszudörren. So ganz langsam überlegte ich auch, ob Ma nicht vielleicht längst zuhause war, während ich hier umherirrte.
Ein Schuss ließ mich aufhorchen. Nicht nur, weil es mich interessierte, ob er auf mich abgefeuert wurde. Es folgten weitere Schüsse, und diesmal konnte ich eine ungefähre Richtung ausmachen. Kluge Menschen hätten nun möglichst viel Entfernung zwischen sich und dem Schützen gebracht. Aber mich hatte noch niemand als klug bezeichnet. Und so war ich kurz darauf unterwegs um die Ursache des Lärms zu erkunden.
Schon bald erkannte ich zwischen den Bäumen eine Gruppe von Menschen, die sich auf einer größeren Lichtung versammelt hatten. Ich nutzte die Deckung der Bäume und Sträucher um mich ihnen unerkannt zu nähern.
Es waren vier Männer und eine Frau, wobei nicht mehr alle auf ihren Beinen standen. Einer von ihnen lag auf dem Boden, sein Blut färbte eben diesen rot. Er selbst war dem Aussehen nach tot. Ein anderer lag neben ihm. Die Arme um den Leib geschlungen, und die Beine dicht an die Brust gezogen, stöhnte er vor sich hin.
Erfreut stellte ich fest, dass es sich bei der Frau um Teri handelte, auch wenn ihre derzeitige Lage nicht unbedingt für eine glückliche Zukunft sprach.
Sie kniete auf dem Boden, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Eine Position, die ich noch gut in Erinnerung hatte. Ich hatte das Gefühl, dass sie meiner Hilfe bedurfte. Der Typ, der hinter ihr stand und ihr eine Waffe an den Kopf hielt, unterstrich diesen Eindruck noch.
Mir waren die Männer nicht unbekannt. Auch wir hatten schon die eine oder andere Begegnung, die für mich und meine Familie jedoch stets besser verliefen als gerade für Teri.
Es bedurfte einer ausgeklügelten Strategie, um sie zu befreien, ohne uns unnötig in Gefahr zu begeben. Leider waren die Typen nur Sekunden davon entfernt, Teri aus nächster Nähe in den Kopf zu schießen. Das taten sie gewöhnlich mit allen Leuten, die das Pech hatten, ihnen zu begegnen. Zuerst wurden sie ihrer Habseligkeiten und danach ihres Lebens beraubt. Je nach Lust und Laune auf kurze und schmerzlose oder auch zwecks Unterhaltung auf sehr viel kreativere Weise. Das war auch der Grund, weshalb ich beschloss, den Angriff nach vorn zu wagen. Also verließ ich meine Deckung, ging auf die die kleine Gruppe zu und nahm meinen Hut ab.
„Gott zum Gruße!“, sagte ich freundlich.
Die darauf folgende Reaktion kannte ich schon von Teri. Übrigens hätte ich schwören können, dass sie die Augen verdrehte, als sie mich auf die Lichtung treten sah. Während sie noch das Gesicht verzog, schoss der andere Typ auf mich. Auch er traf meinen Hut. Bedrückt betrachtete ich meine lädierte Kopfbedeckung und steckte meinen Zeigefinger durch das Loch. Dann warf ich dem Schützen einen vorwurfsvollen Blick zu.
„Du bist einer der MacNecks, oder?“
„Jawohl, ich bin Charming MacNeck.“
„Verdammt, ich hätte deine Visage fast noch mehr verunstaltet als ohnehin schon“, meinte er und steckte die Waffe zurück ins Holster.
„Dankeschön, dass es nicht dazu kam.“
„Was machst du hier? Das ist ganz schön weit weg von Zuhause.“
„Ich suche Ma. Sie ist unterwegs, Kräuter und Früchte sammeln für den Moonshine. Ihr wisst doch, handgepflückt und fußgestampft.“
„Mhm, wo wir dabei sind, das letzte Mal schmeckte euer Moonshine auffällig nach Fuß.“
„Das liegt daran, dass mein Bruder Blue diesmal die Kräuter gestampft hat.“
„Sag ihm, er soll das lassen. Aber warte mal, wir müssen noch schnell was erledigen, dann können wir weiter plaudern.“
Er nickte seinem Kumpel zu. Teri kniff die Augen zu, in Erwartung gleich einen lauten Knall zu hören, bevor ihr Leben endete. Ich riss die Arme hoch, machte einen Hüpfer auf den Typen mit der Pistole zu und rief laut „Nein!“
Der erwähnte Typ mit der erwähnten Pistole war dann dermaßen irritiert, dass er ganz vergaß abzurücken.
„Ihr könnt sie nicht erschießen, sie ist meine Freundin!“
Alle drei sahen mich augenblicklich mit demselben überraschten Gesichtsausdruck an, und ich hätte meinen Allerwertesten darauf verwetten können, dass der arme Kerl am Boden ebenfalls für kurze Zeit seinen Schmerz vergaß um mich ebenso erstaunt anzusehen.
„Deine Freundin?“
„Ja.“
„Sie hat Bill die Rübe weggeblasen und dann Ted die Eingeweide perforiert.“
„Tut mir leid, Ted. Aber sie hatte bestimmt ihre Gründe.“ Ich sah zu Ted rüber und winkte ihm unwillkürlich zu, ganz so als würde er nicht in den nächsten Minuten einen qualvollen Tod sterben müssen. Ted winkte nicht zurück.
Als ich wieder aufblickte, war wieder mal eine Waffe auf mich gerichtet. Zwar hatte ich mit dieser Entwicklung gerechnet, aber unangenehm war es dennoch.
„Dir sollte klar sein, dass wir das nicht durchgehen lassen können.“
„Ja, ich dachte mir schon so was. Aber trotzdem könnt ihr nicht einfach meine Freundin töten, auch wenn sie es vielleicht provoziert hat.“
„Hey!“, rief Teri wütend.
„Entschuldigung mein Schatz...“
„Bevor das hier noch weiter ausartet“, begann der Typ vor mir. „Legen wir deine kleine Freundin um und überlegen dann, was wir mit dir anstellen. Was hast du alles bei dir?“
„Komisch, diese Frage stelle ich gewöhnlich wenn die Leute nach Moonshine fragen.“
Er hob eine Augenbraue.
„Hast du Moonshine dabei?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nicht viel. Nur drei Flaschen, quasi die Notreserve. Ich würde sagen, ihr gebt mir eure Munition, eine Schachtel Zigaretten und lasst Teri frei, dann könnt ihr eine der Flaschen haben.“
Er hob die Hand mit der Waffe und nun hätte ein Schuss nicht nur meinen Hut erwischt.
„Oder du gibst uns deinen Moonshine einfach so, und wir erschießen euch beide.“
„Ich muss zugeben, dass ich das nicht habe kommen sehen.“
Beide lachten. Zuerst leise, dann zunehmend lauter. Irgendwann schloss ich mich ihnen an und wir lachten dann zu dritt wie ein paar Idioten im Wald. Einzig Teri war ruhig und schüttelte fassungslos den Kopf. Während wir so dort standen und lachten, zog ich eine der Flaschen mit Moonshine aus der Tasche, nahm einen Schluck und bot ihn dem Typen an, der mir am nächsten stand. Er nahm zwar dankend die Flasche an, aber leider nicht die Waffe herunter. Stattdessen nahm er einen kräftigen Zug und reichte die Flasche an seinen Freund weiter. Dieser riss sie ihm förmlich aus der Hand und trank mit gierigen Schlucken. Als ich die Flasche dann endlich zurückbekam, war sie leer. Ich drehte sie voller Bedauern um, und sah einen einzelnen Tropfen Moonshine auf den Waldboden fallen und dort versickern.
Dann ging ich zu Teri und reichte ihr meine Hand. Sie verstand nicht recht und schaute mich mit großen Augen fragend an. Doch sie ergriff zögerlich meine Hand und wollte gerade aufstehen.
„Was soll´n das werd´n?“
„Wir gehen jetzt“, antwortete ich und half Teri auf die Beine.
„´n Teufel werdet ihr tun“, sagte der Typ, der die ganze Zeit über mit dem Revolver auf ihren Kopf gezielt hatte und richtete die Waffe auf uns. Zwar drückte er ab, und er traf auch, nur zu seinem Pech nicht uns, sondern einen der Bäume. Und der stand nicht mal in der Nähe.
„Beeilen wir uns“, flüsterte ich Teri zu und zog sie hinter mir her, bis wir nach ein paar Metern den Schutz der Bäume erreicht hatten. Wir hörten Flüche und Schüsse hinter uns. Vermutlich versuchten die Typen uns zu folgen, aber ich bezweifle, dass sie mehr als einen Meter geradeaus gehen konnten.
Hin und wieder sahen wir ein paar vereinzelte Zombie, die durch den Krach angelockt, unterwegs zur Lichtung waren. Keine Ahnung, ob die Beiden es schaffen würden zu fliehen, aber um den armen Ted tat es mir nun echt leid.
Ich weiß nicht, wie lange wir durch den Wald liefen, aber als ich bemerkte, dass ich Teri noch immer an der Hand hielt, blieben wir stehen und versuchten erst mal wieder zu Atem zu kommen.
„Danke“, sagte Teri keuchend und richtete sich langsam auf. „Was du für mich getan hast war echt nett. Vor allem, nach dem, was ich dir angetan habe.“
Ich winkte ab.
„Ach, das war selbstverständlich. Ich wette, du hättest dasselbe für mich getan.“
„Nein.“
„Oh.“
„Komm, wir sollten verschwinden, bevor uns diese Kerle einholen.“
„Keine Sorge, es würde mich wundern, wenn sie überhaupt noch gerade stehen können, denn unser Moonshine haut ganz schön rein“, sagte ich zu ihr und nahm meinen ganzen Mut zusammen.
„Begleitest du mich ein Stück?“
Zu meiner Überraschung nickte sie und schenkte mir ein Lächeln, das mir das Herz erwärmte.
„Ja, warum nicht. Aber das macht mich nicht zu deiner Freundin, verstanden?“
„In Ordnung, verstanden.“
Also gingen wir von da an gemeinsam weiter. Hin und wieder trafen wir auf ein paar vereinzelte Zombies, die uns angriffen. Teri hatte wirklich schnell gelernt, und brachte die Toten erst mal mit einem Schuss in die Beine zu Fall, bevor wir ihnen dann mit meiner Machete oder ihrer kurzen Axt den Rest gaben.
„Wohin gehen wir eigentlich? Hast du eine Basis oder so?“
„Ich bin hier draußen um meine Ma zu suchen. Sie ist im Wald um Kräuter für unseren Moonshine zu sammeln. Aber sie ist inzwischen bestimmt schon auf dem Heimweg. Wenn du willst, kannst du gerne mit zu mir nach Hause kommen. Ich wette, Pa und meine Brüder und vielleicht sogar Ma würden dich mögen.“
„Wenn ich das tue“, begann sie scherzhaft. „Würdest du mir doch nicht etwa etwas antun, sobald wir bei deinen Leuten eintreffen, oder?“
„Nein, natürlich nicht. Ich würde dir niemals etwas antun. Ich möchte doch, dass du mich magst und meine Freundin wirst. Und dann haben Ma und ich auch diese blöde Wette gewonnen.“
Theresa schmunzelte etwas, und ich hatte inzwischen ein gutes Gefühl bei der Sache.
„Was für eine Wette?“
„Pa hat gewettet, es gäbe kein Mädchen, dass dumm genug wäre, sich mit mir einzulassen. Aber weißt du was? Ich mag dich sehr, und ich denke, du könntest dieses Mädchen sein.“
Theresa schwieg, aber ihr Gesichtsausdruck verriet mir, dass meine Worte wohl irgend etwas in ihr bewegt haben mussten. Ich hatte ein wirklich gutes Gefühl.
„Denkst du eigentlich nach, bevor du etwas sagst?“
„Habe ich etwas Dummes gesagt?“
 

Clive77

Serial Watcher
Statt zu antworten zuckte sie bloß mit den Achseln, und nach einer kurzen Pause fragte sie: „Dieser Moonshine, was für ein Zeug ist das? Wieso konntest du damit diese Typen vorhin ausschalten?“
„Das ist unser selbst gebrannter Whiskey. Pa brennt das Zeug nach einem alten Rezept von Gramps, und mein Bruder Kasse sorgt dafür, dass wir den Moonshine zu einem guten Preis verkaufen. Seit wir damit handeln, haben wir keine Probleme mehr mit Plünderern, Angreifern und sonstigem Gesocks, das uns früher das Leben schwer gemacht hat. Wir geben ihnen Moonshine, und sie geben uns alles, was wir wollen, inklusive Schutz vor den Toten.“
„Und wieso hat es die Typen vorhin so umgehauen?“
„Das liegt an Mas Kräutermischung. Dadurch brennt der Moonshine nicht und geht runter wie ein Glas Red Chief Apfelsaft. Man spürt nicht, wie sehr er reinhaut, und dann reißt es einen von den Füßen.“
Ich griff in meine Tasche und holte die letzte Flasche hervor. Mit einem Lächeln nahm ich einen Schluck und reichte sie weiter an Theresa. Sie zögerte, sah mich an und hob eine Augenbraue, bevor sie dann mit einem Lächeln auf den Lippen nach der Flasche griff und diese vorsichtig ansetzte. Offenbar fand sie Gefallen am Geschmack, denn gleich darauf trank sie einen etwas größeren Schluck, wischte sich mit der Hand kurz über den Mund und reichte mir die Flasche zurück. Ich verschloss die Flasche und steckte sie in die Tasche zurück.
„So schlimm isses gar nicht“, sagte sie und grinste.
„Warts nur ab. Fühlst du dich gut?“
„Prima!“ Sie streckte den Daumen nach oben. „Und sobald der Boden ruhiger wird, können wir auch weiter. Dann kannst du mir dein Zuhause zeigen.“
„Der Boden bewegt sich nicht.“
„Oh, dann hab ich ein Problem.“ Sie blinzelte und ließ sich nach vorne fallen, so dass ich sie auffangen musste. „Du wirst mich wohl stütz´n müss´n.“
Nicht ohne insgeheim ein Dankesgebet gen Himmel zu schicken, legte ich meinen Arm um Teri. Gemeinsam setzten wir unseren Weg fort, nur halt sehr viel langsamer als zuvor. Theresa blinzelte unentwegt, und starrte dann immer wieder mit weit aufgerissenen Augen in die Gegend.
„Alles in Ordnung?“
„Was für´n Teufelszeuch is´n das? Ich kannix mehr sehn.“
Sie wedelte mit Hand vor ihrem Gesicht.
„Nö, gar nix.“
„Das kann passieren“, begann ich. „Wenn man das erste Mal Moonshine genießt, kann es... Man nennt es überraschende Begleiterscheinungen. Mein Bruder „Kasse“ hat es sogar mal geschafft, jemanden für diese Erfahrung extra zahlen zu lassen.“
„´N echtes Verkaufstalent“, murmelte Teri. Ihre Aussprache war inzwischen sehr viel undeutlicher, und auch ihre Beine gehorchten ihr immer weniger.
„Aba weissu was? Ich mag dich irgendwie. Und ich kann mir vorstelln, wir können mal was zusammen machen. Und das midder Freundin kann noch werd´n.“
Innerlich jubelte ich. Und dann hörte ich nicht weit von uns wie ein Ast brach. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war ein umherirrender Zombie, der unser sich anbahnendes Liebesglück störte.
„Ich sehe einmal kurz nach, was das war. Warte hier, ich bin gleich wieder bei dir.“
Ich ließ Teri los und gab ihr noch einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, den sie jedoch gar nicht registrierte, da sie vollends damit beschäftigt war das Gleichgewicht zu halten. Sie schwankte selbst im Stand unbeholfen und versuchte sich mit den Armen etwas auszubalancieren.
Es fiel mir wirklich schwer sie hier stehen zu lassen, aber ich wollte einfach nicht riskieren, dass ihr etwas passierte. Also wandte ich mich zögerlich ab und suchte die Ursache des Geräuschs. Und dann sah ich tatsächlich eine Gestalt zwischen den Bäumen auf mich zukommen. Zu meiner Überraschung war es kein Zombie sondern Ma. Glücklich sie endlich gefunden zu haben, winkte ich ihr zu, dann rief ich Theresa.
„Alles in Ordnung, es ist Ma! Komm, ich stelle euch einander vor.“
Theresa kam taumelnd auf mich zu. Sie konnte noch immer nichts sehen, weshalb sie die Arme hilfesuchend nach vorne ausstreckte, während sie sichtlich mit dem Gleichgewicht kämpfte. Ich ging ihr entgegen um ihr zu helfen. Doch dann hörte ich einen Knall und sah ihren Kopf explodieren.
Der Rest von ihr ging leblos zu Boden. Man konnte wohl ausschließen, dass sie als Zombie zurückkehren würde. Keine Ahnung, wie lange ich dann dort stand, aber plötzlich war Ma neben mir und schlug mir mit der Hand gegen den Hinterkopf.
„Charming, du Idiot! Was soll denn das? Was stehst du da, wenn ein Zombie auf doch zukommt? Stell dir vor, ich wäre nicht hier gewesen.“
„Aber Ma“, begann ich traurig. „Das war doch kein Zombie. Das war meine Freundin!“
Ma schaute mich an, dann sah auf die Überreste von Theresa am Boden und anschließend wieder zu mir. Mit mütterlichen Fürsorge, strich sie mir dann über die stoppelige Wange und sagte:
„Aber natürlich, Charming. Aber wir haben doch schon darüber gesprochen, wenn du endlich ein Mädchen für dich gewinnen solltest, dann muss sie zumindest leben. Zombies zählen nicht.“
„Aber Mal, sie hat doch gelebt.“
„Natürlich hat sie das, mein Schatz. Irgendwann mal. Komm, wie gehen nach Hause und trinken erst mal Einen. Du siehst aus, als hättest du einen beschissenen Tag gehabt.“
„Ja“, stimmte ich zu. „Einen gottverdammt beschissenen Tag.“
 

Sittich

Well-Known Member
Och ja. Sympathisch. Ich mag den humorvollen und leicht naiven Erzählstil. Das Ende habe ich tatsächlich nicht vorausgesehen, obwohl es rückblickend offensichtlich war, dass es so laufen würde. Insgesamt eine handlungsmäßig recht runde Geschichte, auch wenn die Nummer mit dem Instant-Betrunkensein ein bisschen unglaubwürdig war.

An Fehlern habe ich nur kleine Flüchtigkeitsfehler und ein paar fehlende Kommas entdeckt. Das passt. Ein bisschen Probleme habe ich mit der Behandlung des eigentlichen Themas "Wette", das hier eine eher untergeordnete Rolle spielt. Man könnte die Geschichte gut zusammenfassen, ohne die Wette zu erwähnen.

Unterm Strich bleibt dennoch eine kurzweilige Geschichte, die mir gefallen hat.
 

MamoChan

Well-Known Member
Also ich mag diese Geschichte. Ein paar der Fehler empfinde ich jedoch als störend, und denke, die hätten nicht sein müssen. Das Thema "Wette" wurde zwar verarbeitet, hätte aber ruhig eine etwas zentralere Rolle spielen können.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Die Geschichte hat mich gut unterhalten, obwohl ich das Zombie-Thema ausgelutscht finde. Mir sind auch einige Fehler aufgefallen, aber das hielt sich noch in Grenzen und hat den Lesefluss nicht weiter gestört.
Das Thema "Wette" könnte eine größere Rolle spielen, aber ansonsten ist es eine amüsante Story und ein Punktekandidat.
 

Clive77

Serial Watcher
Kann mich dem allgemeinen Tenor anschließen. Spaßiges Ding und ein Ende, wie es auch in einer Folge von "Z Nation" hätte stattfinden können (das ist positiv gemeint).
Das Thema kommt mir aber auch ein bisschen zu kurz und mir sind da die Figuren auch viel zu schnell betrunken. Gerade bei der Gang, die Theresa in ihrer Gewalt hat.
 

MamoChan

Well-Known Member
Vielen Dank für eure Kommentare und Anmerkungen. Ich nehme an, dass es keine sonderlich große Überraschung ist, dass diese Geschichte von mir stammt. :wink: Sie basiert übrigens auf absolut wahren Begebenheiten. Mit Ausnahme der Teile, die ich frei erfunden habe.
Eigentlich hatte ich eine ganz andere Geschichte im Kopf, aber dann war plötzliche diese hier da und ließ sich nicht mehr vertreiben. Sie wollte einfach niedergeschrieben werden, und so geschah es dann auch. Da ich für eine AUsschreibung auch noch zwei andere Kurzgeschichten verfasst hatte, fehlte mir am Ende die Zeit, sie niederzuschreiben. Aber das ist wohl auch ganz gut so, denn im Nachhinein überzeugt sie mich nicht mehr wirklich und diese Geschichte hier mag ich wirklich, auch wenn ich ein wenig am Thema vorbeigeschrieben habe. :smile:

Wie gesagt, die Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten. So basieren Charming und Ma auf "real" existierende Rollenspielcharaktere, Teri ist eine Mischung aus verschiedenen Charakteren, denen ich im Spiel Begegnet bin.


Sittich schrieb:
Och ja. Sympathisch. Ich mag den humorvollen und leicht naiven Erzählstil. Das Ende habe ich tatsächlich nicht vorausgesehen, obwohl es rückblickend offensichtlich war, dass es so laufen würde. Insgesamt eine handlungsmäßig recht runde Geschichte, auch wenn die Nummer mit dem Instant-Betrunkensein ein bisschen unglaubwürdig war.

Du kennst die Wirkung unseres Moonshines nicht. :ugly: Seltsamerweise war das ein Punkt, der bei meinen Mitspielern, denen ich die Geschichte gezeigt hatte, recht gut ankam. :biggrin:




Clive77 schrieb:
Kann mich dem allgemeinen Tenor anschließen. Spaßiges Ding und ein Ende, wie es auch in einer Folge von "Z Nation" hätte stattfinden können (das ist positiv gemeint).
Das Thema kommt mir aber auch ein bisschen zu kurz und mir sind da die Figuren auch viel zu schnell betrunken. Gerade bei der Gang, die Theresa in ihrer Gewalt hat.

Das liegt an den Kräutern und Beeren, die Ma mit ihren Füssen stampft. :biggrin:
 
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