Black Sails S04E05 - XXXIII.

Clive77

Serial Watcher
In der Folge "XXXIII." der US-Serie Black Sails muss Silver sich entscheiden, ob er den Deal mit Eleanor durchzieht oder doch auf Billy hört, was Flints Tod zur Folge hätte. Rogers trifft derweil eine waghalsige Entscheidung, die im Erfolgsfall das Blatt gewaltig wenden könnte.

"Fuck Flint. Don’t fuck Flint. Fuck Billy. Don’t fuck Billy. I don’t give a shit, what you choose. But fucking choose … and don’t make me suffer the thinking!"

Spannung überall
Bevor wir ins Detail gehen und uns diverse Entwicklungen dieser Episode anschauen, sei zunächst einmal angemerkt, dass es sich hier um eine der fesselndsten und spannendsten Folgen der gesamten Staffel handelt. Vielleicht sogar die spannendste der gesamten Serie. Zu verdanken ist das in erster Linie den Figuren und den Dialogen, wobei neben den sehr wichtigen Mitspielern auch ein paar kleine Randfiguren und neue Gesichter punkten können.
Es gibt nicht gerade viel Action, von der sonst immer ein gutes Stück der Spannung ausgeht. Nein, in diesem Fall rührt die Spannung daher, ob der Handel, den Eleanor (Hannah New) vorgeschlagen hat und den Flint (Toby Stephens) akzeptiert hat, auch wirklich durchgeführt wird. Billy (Tom Hopper) hat da selbstredend andere Pläne und will den Urca-Schatz (wie sich erwarten ließ) nicht aufgeben. Flint hat derweil keine Chance, seine Position bei Silver (Luke Arnold) zu unterstreichen - diesen Job übernimmt Madi (Zethu Dlomo), die dabei natürlich in erster Linie das Schicksal der Sklaven im Auge hat. Und während wir bis zuletzt nicht wissen, wie Long John sich entscheiden wird, ist es am Ende Rogers (Luke Roberts), der den Handel zum Platzen bringt. Mit einem Knall und einer letzten Einstellung, die sich gewaschen hat.
Wer bitteschön hätte schon damit gerechnet, dass ihm die Spanier eine derartige Unterstützung zukommen lassen? Bis zuletzt war es fraglich, ob sie überhaupt helfen und dann steuern da nicht ein, zwei oder drei große Schiffe auf Nassau zu, sondern (mindestens) zehn. Schlechte Aussichten für unsere Piraten und dabei ist gerade mal die Hälfte der Staffel rum.

Rogers gibt nicht auf
Es ließ sich eingangs damit rechnen, dass die Botschaft, die Mrs. Hudson (Anna-Louise Plowman) im Auftrag von Eleanor an Rogers überbringen darf, nicht gerade auf große Gegenliebe beim Gouverneur stößt. Nassau aufgeben, auch wenn die Chance besteht, dass seine finanziellen Probleme mit einem Schlag gelöst werden könnten, ist das Letzte, was er in Erwägung ziehen würde. Somit sah es anfangs auch noch so aus, als wenn eine Schlacht am Strand doch stattfinden könnte (und Silver im gleichen Zug seine schwere Entscheidung abgenommen wird).
Aber auch Eleanor hat einen starken Willen, was ihre Pläne angeht. Es lässt sich zwar bezweifeln, ob sie nach den Warnschüssen noch einen Schritt weitergegangen wäre und das Feuer in Richtung Rogers‘ Schiff mit der Absicht zu treffen eröffnet hätte (ganz zu schweigen davon, dass die Engländer dann wohl den Dienst an den Kanonen verweigert hätten). Aber die Botschaft der Warnschüsse ist unmissverständlich und scheint auch die gewünschte Wirkung zu erzielen. Rogers zieht ab.
Aber aufgeben? Niemals! Stattdessen nimmt er Kurs auf Havana und sucht Hilfe bei den Spaniern. Ein sehr waghalsiger Schritt, führen England und Spanien doch gerade Krieg miteinander. Ganz zu schweigen davon, dass die Spanier den zurückgeforderten Urca-Schatz nicht erhalten haben und sich schließlich auch noch entpuppt, dass die blutige Geschichte, die Rogers in der vorletzten Folge gegenüber Berringer (Chris Larkin) erzählte, nicht nur wahr ist, sondern eines seiner Opfer der Bruder des Gouverneurs Raja (Ilay Kurelovic) war.
Rogers geht somit volles Risiko ein, denn die Möglichkeit, Raja den Krieg gegen die Piraten schmackhaft zu machen, ist mit spärlich noch wohlwollend umschrieben. Der Kopf von Blackbeard (Ray Stevenson) und die Aussicht darauf, den Schatz doch noch zurückzubekommen, mögen gute Argumente sein. Und Rogers trägt sein Anliegen in aller Ruhe und mit großer Überzeugung vor. Aber der Punkt, der Raja womöglich umgestimmt hat, dürfte die Aussicht darauf sein, Nassau bis auf die Grundmauern niederzubrennen.
Wobei wir uns nach der Folge noch nicht sicher sein können, ob Rogers seine großen Eier nicht gleichzeitig den Spaniern auf einem Silbertablett serviert hat. Denn was sollte Raja davon abhalten, nach einem (doch sehr wahrscheinlichen) Sieg in Nassau New Providence Island für Spanien einzunehmen und sich an Rogers für seinen Bruder zu rächen? Schließlich sollten wir im Hinterkopf behalten, dass es in der Serie kaum Figuren ohne doppelte Agenda gibt. Da könnte auch jemand wie Raja versuchen, mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Zuletzt sei noch angemerkt, dass Rogers womöglich ganz anders reagiert hätte, wenn er wüsste, dass Eleanor sein Kind erwartet. In dem Fall hätte er vermutlich bereits zu Beginn die Sichtweise von Eleanor anders eingeschätzt und hätte dem Deal Folge geleistet. Aber dummerweise wird ihm diese Information vorenthalten, womit sich ein kleiner Kritikpunkt an Madame Guthrie finden lässt.

Im Fort
Sowohl Flint als auch Eleanor sind diese Woche auf andere Figuren angewiesen. Handlungstechnisch können sie hauptsächlich nur warten und darauf hoffen, dass sich alles zu ihren Gunsten entwickelt. Dennoch gibt es auch hier eine sehr schöne Dialogszene zwischen den beiden, die nicht unerwähnt bleiben soll.
Eleanor erkundigt sich darin nach Mr. Scott (Hakeem Kae-Kazim) und bekommt von Flint bestätigt, dass Scott hinter ihrem Rücken äußerst aktiv war - eben die Überraschung, die uns in der dritten Staffel offenbart wurde. Das führt bei ihr zu einem Moment der Selbstreflexion und der Einsicht, dass die wichtigen Männer in ihrem Leben - sei es ihr Vater (Sean Cameron Michael), Flint, Charles Vane (Zach McGowan) oder jetzt Scott - sie hauptsächlich für eigene Motive benutzt haben.
Flints Frage, wo jetzt genau der Unterschied bei Woodes Rogers liegt, was ihn von diesen Männern unterscheidet, dürfte da noch für einige Grübelei bei Eleanor sorgen. Gerade mit Blick darauf, dass Rogers jetzt ihren Plan zunichte macht und die eigenen Ziele vor ihre stellt, birgt großes Potenzial für Konflikte. Gut möglich also, dass sie im weiteren Verlauf Rogers den Rücken kehrt und stattdessen mit Max (Jessica Parker Kennedy) das Weite sucht. Ganz so weit ist es natürlich noch nicht, aber Andeutungen in diese Richtung gab es bereits letzte Woche.

Silvers Entscheidung
Der wohl größte Teil dieser Episode beschäftigt sich mit John Silver und dessen Entscheidungsfindung. Madi vertritt dabei die Seite von Flint und befürwortet dessen beziehungsweise Eleanors Plan, was zu einer Diskussion führt. Denn ohne den Schatz wird es alles andere als leicht werden, sich auch in der Zukunft zu behaupten. Was bei Silver hier für großen Unmut sorgt, ist die Tatsache, dass Madis Argumente und die Aussicht auf einen harten Überlebenskampf (selbst wenn der Deal erfolgreich vollzogen ist), in Silvers Ohren direkt nach Flint klingt. Auch wird uns dadurch, dass Silver seine Zweifel äußert, suggeriert, dass die Waage am Ende in Richtung Billy zeigen könnte.
Und ja, Billy kann in der Tat einen großen Eindruck bei Silver hinterlassen. Angefangen mit den Argumenten um den Schatz, der nicht aufgegeben werden sollte, über Silvers Einsicht, dass er in Billy einen Freund sieht, bis hin zur Tatsache, dass Silvers Ruf unter den Piraten auf der Insel alleine Bones zu verdanken ist. Die Gespräche zwischen den beiden (starkes Schauspiel von Hopper übrigens) lassen uns somit annehmen, dass Silver tatsächlich geneigt ist, auf Billys Plan einzugehen und den Tod von Flint in Kauf zu nehmen. Zumal sein Dialog mit Madi trotz ihrer starken Argumente weniger den Eindruck erweckte, dass er ihr zustimmte.
Aber bevor er seine Entscheidung trifft, bedurfte es erst des großartigen Auftritts von Israel Hands (David Wilmot). Zweifelsohne ein Weckruf für Silver, der in seiner gedanklichen Zwickmühle zu ertrinken drohte. Die Botschaft von Hands ist jedenfalls eindeutig: „Hör‘ auf, dir den Kopf zu zerbrechen und mach‘ was! Spielt keine Rolle, was du unternimmst, denn ich werde dir in jedem Fall folgen. Aber entscheide dich gefälligst!“
 

Clive77

Serial Watcher
Billys Untergang
Was dann folgte, war ein typischer „Silver“. Gegenüber Billy scheinbar zustimmen, aber hinter dessen Rücken das Gerücht verbreiten, dass Bones am Debakel vom Staffelauftakt Schuld ist. Herrliche Wendung, die sich vielleicht vermuten ließ, aber mit Blick auf den Folgenverlauf nicht gerade offensichtlich war.
Uns wird bei dem Ende allerdings klar, dass Billys Leute ihre Zweifel an Silvers Worten haben. Jemand wie Israel mag Silver bedingungslos folgen, aber ob die Männer von Bones auch nach dessen Fall Long John die Treue halten, darf bezweifelt werden. Auch könnte sich für Silver als fatal erweisen, dass er Israel davon abhält, Billy ins Jenseits zu schicken. Dem wird zwar auf der Underhill-Plantage nichts Gutes blühen, aber aus der Sicht von Hands könnte die Verhinderung von Billys Tod als Schwäche seines Anführers interpretiert werden. In jedem Fall lässt sich nun mit Spannung erwarten, ob (wie von Madi vorgeschlagen) die Auslieferung Billys dazu führt, dass die Allianz mit den Sklaven wieder gestärkt beziehungsweise instandgesetzt werden kann.

Jack Rackham
Jack (Toby Schmitz) meldet sich bereits diese Woche wieder zurück, während das Schicksal von Anne (Clara Paget) noch offen bleibt. Und er hat keine guten Nachrichten für Flint dabei, der zusammen mit Eleanor auf dem Weg zum Schatz war, um den Handel zu vollziehen. Es ist nur ein kleiner Auftritt, der Jack dabei vergönnt ist. Aber seine Worte liefern den letzten Szenen der Episode die nötige Stärke und zeigen Flint auf, dass Rogers keineswegs dem Deal Folge leisten wird. Bämm.

Fazit: Black Sails bleibt weiterhin auf Kurs und liefert abermals eine herausragende Episode ab. Fast könnte man meinen, dass hier ein Staffelfinale vorbereitet wurde. Dabei ist gerade mal Halbzeit. Starke Figuren, überzeugende Dialoge und eine durchgängig hohe Spannung machen "XXXIII." zu einer der besten Folgen der Staffel - und das mit einem Minimum an Action. Wenn die zweite Hälfte der Staffel auch nur halb so gut wird, hat sich die Reise bereits gelohnt. Aber es ist wohl eher davon auszugehen, dass das Niveau nicht nur gehalten wird, sondern sich bis zum Serienfinale noch steigert.

9/10
 
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