Black Sails S04E06 - XXXIV.

Clive77

Serial Watcher
In der Folge "XXXIV." der US-Serie Black Sails fallen die Spanier über New Providence Island her. Inmitten von Action und erstklassigem Drama gibt es einschneidende Verluste zu verbuchen, wobei es auch eine Figur erwischt, die seit Serienbeginn dabei war.

John Silver und Billy Bones
John Silver (Luke Arnold) benutzt erwartungsgemäß den letzte Woche überrumpelten Billy (Tom Hopper), um die Allianz mit den Sklaven zu erneuern. Nicht ganz so erwartungsgemäß ist dabei die Forderung, dass Bones seine Strafe überleben soll. Aber unser einbeiniger Pirat sieht trotz des Entscheidungszwangs, der ihm in der letzten Episode auferlegt wurde, noch einen Weg, um sämtliche alten Allianzen wiederherzustellen.
Wie Silver über Billy denkt erfahren wir anschließend, nachdem Bones seine (Prügel-)Strafe erhalten hat. Ein sehr guter Monolog, der einerseits eine Erklärung darstellt, andererseits aber auch Long Johns Hoffnung zum Ausdruck bringt, dass sein Freund ihm die vorangegangene Entscheidung (bei der er Flint (Toby Stephens) gewählt hat) vergeben möge - allerdings mit der Forderung, dass er nicht erneut vor die Wahl gestellt wird. Mag sein, dass der Zeitpunkt etwas vorschnell gewählt war. Mag sein, dass Bones auch später noch der gleichen Ansicht gewesen wäre. In jedem Fall ist aber die Antwort, die er Silver gibt, sehr eindeutig. "You chose. Live with it."
Somit lässt sich erwarten, dass Billy sich nicht wieder in die Reihen von Flint und Silver einordnen wird. Wie es mit ihm (und eventuell einigen seiner Leute, die ihm womöglich treu bleiben) weitergehen wird, bleibt abzuwarten. Mit Blick auf die Buchvorlage ließe sich erwarten, dass er einen Weg aus dem ganzen Schlamassel finden wird. Aber wie der aussehen wird und ob er noch einmal eine wichtige Rolle in der Auseinandersetzung übernimmt, bleibt fraglich.

Kämpfe
Rogers (Luke Roberts) hat den Spaniern unter Raja (Ilay Kurelovic) Tür und Tor geöffnet, um über Nassau und ganz New Providence Island herzufallen. Der einzige sichere Stützpunkt ist das Fort, welches die Spanier verschonen sollen und wo er Eleanor (Hannah New) vermutet. Dass seine Frau allerdings außerhalb der sicheren Mauern verweilt, um den ursprünglich geplanten Deal abzuschließen, soll sich als fatal erweisen.
Aber bevor es um die Todesfälle geht, sei zunächst einmal die Action gelobt, die sich diese Woche durch die gesamte Episode zieht. Angefangen mit dem Donner der Kanonen, die auf Nassau gerichtet sind, bis hin zu den Kämpfen, die unsere Piraten sichtlich in die Enge und schließlich zur Flucht treiben. Da nützt es auch nicht viel, dass Julius (Tony Kgoroge) und Ruth (Tinah Mnumzana) sowie die anderen befreiten Sklaven nun auf Seite der Piraten kämpfen - die Spanier sind in der Überzahl und machen so ziemlich alles platt, was sich ihnen in den Weg stellt. Selbst wenn da kurzzeitig ein Kampf gewonnen wird, ist es bloß eine Frage der Zeit, bis weitere Truppen folgen.
Entsprechend wuchtig wird hier abgeliefert, was sich mit der letzten Einstellung von "XXXIII." bereits erwarten ließ. Eine bittere Niederlage für Flint & Co. - und nicht jede der (Haupt-)Figuren kommt lebend davon, um das weitere Vorgehen und einen eventuellen Gegenschlag zu planen.

Madi und Eleanor
Zwischen den Kämpfen gibt es aber immer wieder kleinere Pausen, die ein wenig durchschnaufen lassen und Anlass zu Dialogen geben. Ein kleiner Höhepunkt ist da der Austausch von Madi (Zethu Dlomo) und Eleanor, die sich zwischenzeitlich an einem vermeintlich sicheren Ort wiederfinden.
Das Bindeglied zwischen beiden Figuren ist Mr. Scott (Hakeem Kae-Kazim) und wie schon letzte Woche beim Gespräch mit Flint geht es um das Geheimnis, welches Scott hatte und welches auch seine Tochter beinhaltete. Geschickt wird schließlich darauf hingelenkt, ob ein Leben in Isolation und Unsicherheit lohnenswert ist, wenn man jemanden dabei hat, der einen liebt. In Bezug auf Madi geht es da natürlich um ihre Mutter (Moshidi Motshegwa) und die Vergangenheit auf der abgelegenen Insel. Eleanor interessiert die Frage aber deshalb brennend, weil sie damals mit Max (Jessica Parker Kennedy) hätte abhauen können und mit Rogers einen ähnlichen Weg anstrebt(e). Dem Zuschauer wird anhand des Gesprächs vermittelt, dass Eleanor weiterhin gedenkt, alles Bisherige hinter sich zu lassen und somit schließlich ihr Happy End zu finden. Obendrein sehen wir noch, wie zwischen Madi und Eleanor die alte Freundschaft wieder aufzukeimen scheint, die sie im Kindesalter mal hatten.
Doch dann steht da plötzlich ein Spanier im Haus. Ein einfacher Soldat, womöglich kein großer Gegner für die beiden Frauen, die in ihrem Leben schon einiges durchmachen mussten. Und gerade Eleanor war seit Beginn der Serie ein Dreh- und Angelpunkt - sollte es da eine von beiden erwischen, hätte man wohl am ehesten vermutet, dass diese eine Madi sein wird.
Pustekuchen. Zwar kann Eleanor den harten Kampf am Ende für sich entscheiden, der übrigens nicht leicht mit anzuschauen ist (Tritt in den Unterleib der Schwangeren, Vergewaltigungsversuch und der tiefe Schnitt), aber damit hat sie sich nur ein paar Minuten erkauft. Rogers wird sie später tot vor dem Haus auffinden, welches Feuer gefangen hat. Und Madi? Theoretisch besteht zwar die Chance, dass sie noch zu Bewusstsein gekommen ist und sich retten konnte. Aber das dürfte wirklich nur Theorie sein, womit uns in dieser Folge gleich zwei zentrale Figuren verlassen.

Rogers
Für Woodes ein schwerer Schlag. Da hätte er mal lieber auf seine Frau hören und nach Port Royale aufbrechen sollen. Selbst ohne den großen Urca-Schatz wären da die Aussichten besser gewesen als jetzt. Noch eins draufsetzen wird da die Information, dass Eleanor schwanger war (die ihm sicher noch unterbreitet wird). Zudem bleibt noch fraglich, ob die Spanier nach vollbrachter Tat wieder abziehen oder ihn zumindest laufen lassen werden.
Was bleibt ihm jetzt noch? Seine Frau ist tot, Nassau liegt in Schutt und Asche und selbst wenn Raja ihm die Insel überlässt, sind seine finanziellen Probleme und sein Ansehen in der Heimat noch immer ungelöste Punkte. Der vermeintlich gelungene Schachzug erweist sich hier als große Niederlage. Nicht unverdient, möchte man meinen. Dennoch sehr bitter. Ob er sich davon erholen wird? Fraglich. Es lässt sich eher vermuten, dass unsere Piraten es fortan mit Raja und den Spaniern aufnehmen müssen, sofern sie New Providence Island zurückerobern wollen.

Silver und Flint
Das Versprechen, welches Flint Silver in Bezug auf Madi gab, konnte nicht gehalten werden. Obgleich die (abermals: theoretische) Möglichkeit besteht, dass Madi irgendwie entkommen konnte, wird John damit konfrontiert, dass sie tot ist. Und diese Information - natürlich von Flint überreicht - hinterlässt einen sichtlich mitgenommenen Silver.
Wohin wird der weitere Weg da führen? Sind Silvers Worte aufrichtig, wenn er sagt, dass Flint aus seiner Sicht keine Schuld trifft? Hält er sie für wahr oder versucht er nur, schnell das Gespräch zu beenden, um sich seiner Trauer zu widmen? Es fällt schwer, sich hier vorzustellen, dass Silver tatsächlich geneigt ist, Flint keinen Strick daraus zu drehen. Sicher ist nur, dass er momentan erst einmal verarbeiten muss, was da passiert ist.
Aber viel Zeit zur Trauer bleibt nicht. Der Zufluchtsort des Schiffes ist zunächst die Insel, wo Flint und Silver auf Madi und ihre Mutter trafen. So herb die Niederlage auch war, die unsere Piraten da auf New Providence Island einstecken mussten, umso freudiger ist die Überraschung, die sie jetzt erwartet. Denn die Anzahl der Verbündeten ist deutlich gewachsen. Die Einnahme von Nassau hat sich (entgegen des gerade stattgefundenen Verlusts) herumgesprochen und die Revolution scheint in vollem Gange zu sein. Nächste Woche dann schon ein Gegenschlag? Vermutlich nicht. Aber der überraschende Nachschub an Gleichgesinnten lässt hoffen, dass die Spanier (und dahingehend auch Rogers, obwohl davon bei ihm nicht wirklich die Rede sein kann) ihren Sieg nicht allzu lange werden auskosten können.

Jack, Max und Anne
Zuletzt noch ein paar Worte zu den Ereignissen um Jack Rackham (Toby Schmitz). Der konnte diese Woche auch wieder einen guten Eindruck hinterlassen. Zuerst der Dialog mit Eleanor und später (viel, viel später) das Wiedersehen mit Max. Passte alles wie die Faust aufs Auge.
Wobei natürlich klar war, dass weder er noch Anne (Clara Paget) viel für Max übrighaben würden. Nicht nach allem, was zwischen den dreien passiert ist oder nach dem Verrat, den Max begangen hat. Und hey, Anne lebt noch! Endlich gibt es da Gewissheit. Aber der springende Punkt ist das Vorhaben, welches Max unserem Jack unterbreitet. Denn sie weiß von Eleanors (einfluss-)reichem Großvater und auch wenn die Chancen nicht groß sind, dass sich dort ein neuer Verbündeter finden lässt (Eleanor selbst sah die Aussichten dahingehend schon nicht als rosig an - wie sollen da ein paar dahergelaufene Piraten Erfolg haben?), so ist die Möglichkeit, dass der Tod seiner Enkelin für eine entsprechende Motivation sorgt, nicht klein.
Unterm Strich sieht es für unsere Piraten somit trotz der Niederlage diese Woche nicht schlecht aus. Diese Runde mögen sie zwar verloren haben, aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Es bleibt spannend.

Fazit: Eine weitere herausragende Folge, an der es so gut wie nichts zu bemängeln gibt. Action? Check. Tolle Charaktermomente? Check. Überraschungen (inklusive überraschender Tode)? Check. Zudem bleibt es trotz einiger Hinweise ungewiss, wie die Serie enden wird. Aber eines ist sicher: Staffel vier befindet sich bereits seit der ersten Episode im Endspiel und weigert sich stetig, unnötiges Füllmaterial zu liefern. So muss das!

9,5/10
 
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