Die großen Film Festivals 2018 - Sundance, Berlin, Cannes, Venedig

TheRealNeo

Well-Known Member
Ob man da wirklich mit "Absicht" was manipuliert hat, kann ich mir nicht vorstellen. Wieso aber so ein "wichtiges" Screening nicht einen Vorführer schneller vor Ort hat, der ja eigentlich nur einen Knopf drücken muss, ist vielleicht etwas fahrlässig.

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Gab in den letzten Tagen ja so einige Premieren von Filmen etc.

Unter anderem deutsche Beobachtungen findet man bei epd Film von Barbara Schweizerhof, die sich von Todd Haynes WONDERSTRUCK gar nicht so begeistert zeigt und ihn unter generelle "Enttäuschungen" neben JUPITER'S MOON einordnet. Der Film des ungarischen Regisseurs Kornél Mundruczó, der scheinbar aus seiner reizvollen Idee des Flüchtlings mit Superkräften nicht viel anzufangen weiß.
Dagegen gilt bei ihr LOVELESS von Andrey Zvyagintsev (LEVIATHAN) als großer Favorit.

Ein Ehepaar in Scheidung streitet sich darüber, wer den 12-Jährigen Sohn zu sich nehmen soll – beide wollen ein neues Leben mit neuen Partnern ohne ihn beginnen. Der Junge hört das und läuft weg. »LOVELESS« gehört zu jenen Filmen, die den Zuschauer nicht mehr loslassen. Zuerst ist das das Mitgefühl mit dem ungeliebten Kind, dann aber, über die Tage der Suche hinweg, die Zvyagintsev mit kaltem, technischen Blick schildert, wird das Porträt der Eltern deutlicher, aber die Erkenntnis, dass sie keine Monster sind, sondern gewissermaßen »normal« fehlerhafte, egoistische Menschen, macht das niederschmetternde Ergebnis nicht leichter zu ertragen.
Trailer (mit eng. UT)

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Und Michael Hanekes HAPPY END hatte nun auch Premiere und könnte ihm seine dritte Palme bescheren: http://www.kino-zeit.de/blog/cannes/cannes-2017-happy-end-von-michael-haneke
 

TheRealNeo

Well-Known Member

Joel.Barish

dank AF
Heute enden die Festspiele in Cannes. Später am Abend werden die Preise vergeben.

Zur Erinnerung: Cannes - wie bei den meisten Festivals der Fall - vergibt seine Preise über eine knapp zehnköpfige Jury. Eine Jury, die jedes Jahr anders aussieht. Das heißt, dass es einen traditionellen Konsens in der Preisvergabe eigentlich nicht geben kann, da jede Jury individuell entscheidet. Das ist z.B. bei den Oscars ganz anders. Außerdem gibt es Regeln, was mehrfache Preisträger betrifft. Filme, die einen Hauptpreis gewinnen (Palme d'Or, Grand Jury Prize, Jury Prize und Regiepreis), dürfen bei den Darstellerpreisen nicht berücksichtigt werden - bzw. umgekehrt dürfen Filme, bei denen ein herausragender Darsteller prämiert wurde, nicht zusätzlich einen Filmpreis erhalten. Die einzige Ausnahme ist der Drehbuchpreis. Regie- und Drehbuchpreis sind überdies selten wörtlich zu nehmen, sondern gelten inoffiziell als zusäzliche Auszeichnungen für einen beliebten Film, der bei den Darstellern, der Palme oder den beiden Jurypreisen leer ausgehen musste. Also quasi Platz 4 + 5, wenn man so will, der Wettbewerbsfilme.
Soll heißen: Filmpreise sind kompliziert, also sollte man sie nicht *zu* ernst nehmen. Die Preise - in Kombination mit Kritikerreaktionen und vielleicht irgendwann einmal veröffentlichtem Bildmaterial - sollten ein allgemeiner Hinweis auf sehenswerte Filme sein.

Hier mal via Variety eine Zusammenfassung bzw. subjektive Abschätzung des diesjährigen Festivals und der potentiellen Preisträger.

Und hier eine individuelle Top 20 (auch mit Filmen außerhalb des Wettbewerbs) via Thrillist

Außerdem der Jury Grid, eine parallele Auflistung von Kritikerbewertungenzu allen Wettbewerbsfilmen. Auf Grundlage dieser ausgewählten Kritiker haben "Loveless" und "You were never really here" die besten Durchschnittswerte. "Rodin" ist ordentlich abgeschmiert. Aber besonders interessant eben Filme wie der Lanthimos und "Gentle Creature", die echte Spalter sind.

Ich persönliche habe bisher hauptsächlich auf die Wettbewerbsfilme geschielt. Wobei ich aufgeschnappt habe, dass der neue Polanski gnadenlos abgeschmiert ist. Und Agnes Varda hat wohl eine sehenswerte Meta-Doku gemacht. Im Wettbewerb hatte ich vorher schon Coppola, Lanthimos, Ramsay, Baumbach, Haynes, Swjaginsew, Haneke, Ozon, Bong und Hong auf dem Zettel. (Hazanavicius' Godard Film hat mein latentes Interesse, aber noch nicht meine Aufmerksamkeit.) Und ach ja, der nächste Film vom "Force Majeure" Regisseur hat mich natürlich auch gereizt. An der Wichtigkeit hat sich nicht viel geändert. Bei "Wonderstruck" ist eine gewisse Skepsis hinzugekommen, was in Maßen nur gesund sein dürfte. Auf Lynne Ramsays Film bin ich *noch* gespannter, während Beguiled und Okja ja auch schon sehr bald ansehbar sein werden. Neu hinzugekommen ist großes Interesse an Sergei Loznitsas "Gentle Creature", "BPM" und "Good Time" von den Safdie Brüdern - der diesjährige "Drive" vielleicht. Mit Robert Pattinson. Beim neuen Fatih Akin bleibe ich skeptisch, aber ansehen werde ich ihn mit Sicherheit früher oder später.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Und so ging es dann aus. THE SQUARE bekam die Goldene Palme. Den hatte ich bisher noch gar nicht auf dem Radar, war aber wohl auch in den Top 3 vieler Kritiker. Einen Trailer konnte ich dazu noch nicht finden, aber drei Clips: Clip 1 Clip 2 Clip 3
Heißt aber auch, kein sensationeller dritter Gewinn für Michael Haneke. Diane Kruger und Joaquin Phoenix bekamen den Darstellerpreis, während sich Efthymis Filippou und Giorgos Lanthimos und Lynne Ramsay den Drehbuchpreis teilen.
NELYUBOV/LOVELESS von LEVIATHAN-Regisseur-Andrei Swjaginzew bekam den Großen Preis der Jury.

In der Übersicht:

Die Preise der 70. Internationalen Filmfestspiele in Cannes:

Wettbewerb:

Goldene Palme: The Square von Ruben Östlund
Grand Prix: 120 Battements Par Minute von Robin Campillo
Jury-Preis: Loveless von Andrey Zvyagintsev
Preis für die Regie: Sofia Coppola für Die Verführten
Preis für den Darsteller: Joaquin Phoenix für You Were Never Really Here
Preis für die Darstellerin: Diane Kruger für Aus dem Nichts
Preis für das Drehbuch: The Killing of a Sacred Deer und You Were Never Really Here
Camera d'Or (Erstlingsfilm): Jeune Femme von Léonor Séraille
70th Anniversary Prize: Nicole Kidman

Un Certain Regard (Auswahl):

Un Certain Regard-Preis: Dregs von Mohammad Rasoulof
Un Certain Regard Jury-Preis: Michel Franco für April's Daughter
Un Certain Regard Preis für die Regie: Taylor Sheridan für Wind River

Queer Palm: 120 Battements Par Minute

Preise der Quinzaine des Réalisateurs:

Art Cinema Award: The Rider
European Cinemas Label Award: A Ciambra
SACD Award: Let the Sunshine In und Lover for a Day
 

Joel.Barish

dank AF
Angesichts des nominell prestigeträchtigen Wettbewerbsfelds war die Preisverleihung dann doch etwas unterwältigend. Vielleicht verfolge ich auch schlicht die falschen Kritiker, aber "The Square" schien doch überwiegend als überraschender, wenn auch nicht unbedingt unverdienter Gewinner aufgefasst worden zu sein. Von vielen geschätzt, von wenigen wirklich gefeiert - so war meine Einschätzung. Aber ich mochte "Force Majeure", also reizt mich auch dieser Film. Auch wenn das Konzept so, wie es klingt, auch ganz schnell in die Hose gehen kann.

Diane Kruger gewinnt den Cannes Darstellerpreis für ihre erste deutschsprachige Rolle und steht als Preisträgerin nun in einer Tradition von Kirsten Dunst, Juliette Binoche, Isabelle Huppert, Holly Hunter und Björk. :check:

Tipps:
- "Leviathan" des diesjährigen Jurypreis Gewinners Andrei Swjaginsew (Loveless) gibt es zurzeit bei Amazon Prime.
- "Force Majeure" des diesjährigen Palme d'Or Gewinners Ruben Östlund (The Square) gibt es aktuell in der arte Mediathek*. Aber wahrscheinlich nicht für lange, denn bis gestern gab es dort auch "Leviathan" zu sehen.

*Neben sehenswerten Filmen wie "Timbuktu", Claire Denis' "Beau Travail" (Der Fremdenlegionär) und Kieslowskis komplettem Dekalog!!!
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Ich denke mal, ich pack das hier rein: Trailer zum Film Landline, der auf dem Sundance Festival lief und da recht positiv aufgenommen wurde. Ist der neue Film von Gillian Robespierre, die davor den viel gelobten Obvious Child gemacht hat. Landline spielt in den 90ern und handelt von zwei Schwestern, die herausfinden, dass ihr Vater eine Affäre hat. Mit unter Anderem Jenny Slate und John Turturro.

Trailer

Obvious Child hat es ja leider nie nach Deutschland geschafft, hoffentlich ist es mit diesem hier anders, der Trailer gefällt mir sehr gut.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Erste Bilder aus Lady Bird, dem Solo-Regiedebüt von Greta Gerwig mit Saoirse Ronan, der demnächst auf den Filmfestivals in Toronto und New York laufen wird: Klick
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Wird ja mancherorts schon als Geheimtipp für die Oscars gehandelt, aber welcher Film aus dieser Ecke wird das nicht?
 

Joel.Barish

dank AF
Wie bzgl. "Meyerowitz Stories" gerade geschrieben, mache ich Greta Gerwig (als Darstellerin und Drehbuchautorin) als maßgeblichen Einfluss darin aus, dass "Frances Ha" und "Mistress America" soooooooo gut bei mir funktioniert haben (#1 und #2 des jeweiligen Kinojahres). Von daher habe ich gewaltige Erwartungen an diesen Film. Dazu Saoirse Ronan in der Hauptrolle - :bibber: Ich kann eigentlich nur enttäuscht werden :clap:
 

Joel.Barish

dank AF
Seit gestern läuft der Wettbewerb von Venedig, u.a. mit dem neuen Aronofsky, dem neuen Guillermo del Toro, neuen Filmen von Alexander Payne (Nebraska), Andrew Haigh (45 Years), Hirokazu Kore-eda (Like Father, Like Son), Martin McDonough (Brügge sehen...), Abdellatif Kechiche (Blau ist eine warme Farbe) und sogar Installationskünstler Ai Weiwei ist mit einem Film im Wettbewerb. Habe die genaue Auflistung mal im Eröffnungspost hinzugefügt.

Und erste Reaktionen flattern herein ... weil zum Wochenende in Nordamerika auch das Telluride Festival läuft, mit einigen ähnlichen Filmen im Programm

- del Toros "Shape of Water" hat bisher sehr gute Kritiken erhalten, hier und hier. Ein Vergleich gefällt mir besonders gut: "Creature of the Black Lagoon directed by Douglas Sirk"
- Paynes "Downsizing" mit Matt Damon kam auch nicht schlecht an
 

Joel.Barish

dank AF
Welcher Film bekommt schon uneingeschränkt positive Kritiken? Alexander Payne ist zwar grundsätzlich beliebt, aber nicht unbestritten. Wie so oft bei Kritiken gilt: Man suche sich einen Autor, den man einschätzen kann, den man gerne liest und dessen Einschätzungen man nachvollziehen kann.
 

Joel.Barish

dank AF
Hier übrigens ein netter Überblick über das Programm von Telluride.

Interessant für mich u.a. dass Sebastián Lelios "Eine fantastische Frau" dort im Hauptprogramm läuft und bei uns in Deutschland seit heute regulär im Kino läuft. Ist eine deutsche Koproduktion. (Hoffentlich werde ich ihn erwischen.)

Auf den Neuen von Andrew Haigh (Weekend, 45 Years) bin ich auch sehr gespannt; "Lean on Pete"
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Nachdem der eine Churchill Film so untergegangen ist, wunderts mich, dass der mit Gary Oldman so abräumt.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Nun also mal ein kleines Round-Up zur Berlinale, wenn auch die meisten Filme ja noch brauchen bis sie anlaufen. Insgesamt hab ich 24 Filme dort gesehen, werde nun aber nicht alle vorstellen.

Wie gesagt war ich etwas überrascht, dass hier gar nichts besprochen wurde, da die letzten Tage ja eigentlich nur noch über das Festivals auf vielen Filmseiten berichtet wurde, aber vielleicht liegt es daran, dass viele Filme noch zu fern vom Kinostart her sind oder unbekannt. Dem versuche ich nun etwas gegenzuarbeiten.
Nicht gesehen habe ich leider den Gewiner des Goldenen Bären TOUCH ME NOT aus Rumänien, und leider zum Beispiel auch nicht TRANSIT der neue Film von Christian Petzold (PHOENIX, BARBARA). Zu STEIG. NICHT. AUS! von Christian Alvart hab ich ja im entsprechenden Filmthread schon kurz was geschrieben.

LA PRIÉRE (The Prayer, Frankreich 2018, R: Cédric Kahn) Trailer (Kinostart: unbekannt)

Hier gab es den Preis für den Besten Darsteller. Erzählt von Thomas, der zum Drogenentzug zu einer abgelegene Hütte mit anderen jungen Männern gebracht wird und dort mit Hilfe des Glaubens wird resozialisert und weg von den Drogen gebracht werden soll. Der Darstellerpreis geht völlig in Ordnung, ansonsten sollte man sich von dem Glaubens-Aspekt nicht abschrecken lassen. Das ist kein DES HOMMES ET DES DIEUX mit Jugendlichen, aber erzählt trotzdem im Grunde - und das fällt einem dann doch innerhalb so eines Festivals öfters auf - nichts Neues. Es ist mal wieder mehr das 'Wie'. Hier ist der Film etwas sprunghaft, Entwicklungen werden etwas ellpitisch wiedergegeben und die Liebesbeziehung und der letzte Akt können dem ein oder anderen den Film vermießen.

MONSTER HUNT 2 (China 2018, R: Raman Hui) Trailer (Kinostart: Unbekannt)

Ja auch sowas kann in der Berlinale Special-Sektion mal reinrutschen und ist dann neben dem sonstigen harten Tobak eine nette Abwechslung. Teil 1 habe ich nicht gesehen, aber man kommt auch so in die Geschichte rein. Ein kunterbunter Fantasyfilm aus China, wie man es sich so vorstellt. Der Humor neigt bekannterweise allzuoft ins Alberne oder Slapstick, hält sich aber in Grenzen hier, die Effekte sind eigentlich überzeugend und die Geschichte eben die typische Heldenmär. Das alles mit einem wunderbaren Augenzwinkern und gut aufgelegten Darstellern macht aber zwei unterhaltsame Stunden. Da hat sogar Tony Leung seinen großen Spaß, der dieses 56 Jahre alt wird, aber immernoch aussieht wie Mitte 30.:squint:

FIGLIA MIA (Daughter of Mine, Italien/Deutschland/Schweiz 2018, R: Laura Bispuri) Trailer (Kinostart: 07.06.18)

Ich denke Alba Rohrwacher gehörte da auch lange zum engeren Favoritenkreis für die beste Darstellerin. Sie spielt hier eine Frau, Angelica, in einem italienischen Dorf, die jeden Abend in der Bar abhängt und für jeden zu haben ist. Ist daneben befreundet mit Tina, die eine Tochter hat, Vittoria, die mehr und mehr Zugang zu Angelica findet und die eben auch ein Geheimnis verbindet. Weiß nicht inwiefern das nicht offensichtlich ist, verrate es aber erstmal nicht. Toll gespielt, interessant gefilmt und auch sonst wirklich empfehlenswert. Das ist eben so ein typisches europäisches Drama. Rau, die Kamera immer nah dran, das Spiel natürlich und direkt.

7 DAYS IN ENTEBBE (USA/GB 2018, R: José Padilha) Trailer (Kinostart: 03.05.18)

Eine von vielen zeitgeschichtlichen Filme auf dem Festival, hier über die Flugzeugentführung 1976 durch die PFLP und zwei Deutsche der linksextremistischen Revolutionären Zellen. Daniel Brühl spielt einen der Deutschen und seine Partnerin wird gespielt von Rosamund Pike, die hier dann auch verhältnismäßig überzeugend Deutsch spricht. Warum man nicht auch hier eine deutsche Darstellerin gewählt hat bleibt zu rätseln. Womöglich wollte man eben auch eine britische Hauptdarstellerin haben bei einer britischen Co-Produktion. Das Ganze ist ein konventioneller Entführungsthriller, der nie langweilig wird ein paar wenige nette inszenatorische Ideen hat, aber ansonsten etwas Ecken und Kanten vermissen lässt. Aber auf jedenfall spannende 2 Thriller-Stunden ohne zu viel Pathos oder Kitsch.

UTOYA 22. Juli (Norwegen 2018, R: Erik Poppe) Trailer nicht gefunden (Kinostart: Unbekannt)

Krasses Gegenteil zum vorigen Film und ich hab die auch dann tatsächlich in der Reihenfolge gesehen. Dreht sich um das Attentat vom 22. Juli 2011 auf der Insel Utoya, wo funfhundert JUgendliche von einem Attentäter überfallen wurden. Der Film sorgte ja über das Festival hinaus für viel Gesprächsstoff, deswegen dachte ich, dass vielleicht der gerade auch hier schon diskutiert wird, aber nun gut dann eben jetzt. :smile:
Erik Poppes Herangehensweise ist natürlich höchst diskutabel. Ob man diesen Film 'braucht' lässt sich nicht so einfach beantworten, wenn überhaupt, doch es gibt ihn nun mal jetzt. Der Film beginnt mit Videoaufnahmen des ersten Attentats in Oslo am gleichen Tag und geht dann auf die Insel wo der restliche Film 72 Minuten lang in einer langen Plansequenz eingefangen wird. Ich hab dazu noch nichts weiteres gelesen, aber ich glaub das man auch hier (wie bei BIRDMAN beispielsweise) Schnitte versteckt hat. Man folgt einem Mädchen, welches in dem ganzen Trubel seine Schwester sucht. Ihre FIgur ist völlig fiktiv und das ist der Punkt an dem ich mich noch am meisten reibe. Klar der Film erreicht seine Wirkung total und entstand mit Unterstützung und aus Erzählungen von Überlebenden, aber man darf sich schon Fragen, ob man diese Erfahrung 'braucht'. EIn intensiver und aufwühlender Film über den geredet wurde und wird, dessen Daseinsberechtigung, aber nicht für jeden akzeptabel sein wird.

LUZ (Deutschland 2018, R: Tilman Singer) Trailer (Kinostart: Unbekannt)

Der Film konnte ja vorab schon als deutscher Genrefilm einen kleinen Hype entwickeln. Ein Abschlussfilm der KHM Köln über einen Dämon, der mit seinem Synthie-Score und den Farben Erinnerungen an das italienische Giallo-Kino weckt. Der Film läuft gerade einmal 70 Minuten und lebt mehr von seinem eigenen Stil als wirklich von der Geschichte, die mehr auf einer guten Idee fußt, die dann irgendwie verlängert wurde. Aber auf jedenfall mal ein netter Versuch in diese Richtung hierzulande, der in seinen Bann zu ziehen weiß, aber dem der Hype womöglich auch etwas schadet, da damit eine Erwartungshaltung beim Publikum aufgebaut werden könnte, die unter Umständen nicht mehr erfüllt werden können.

DON'T WORRY, HE WON'T GET FAR ON FOOT (USA 2018, R: Gus Van Sant) Trailer (Kinostart: Unbekannt)

Frisch aus Sundance der neue Film von Gus Van Sant, indem Joaquin Phoenix den Zeichner John Callahan spielt, der nach einem Unfall fortan an den Rollstuhl gefesselt wird. Der Film erzählt das teilweise in Rückblenden und ist im Grunde eine herzerwärmende Tragikomödie mit Jonah Hill, Kate Mara, Udo Kier und Jack Black in weiteren Rollen. Wie MONSTER HUNT 2, wenn auch ganz anders, merkt man dann zwischen den ganzen europäischen Dramen und sonstigen Filmen wie clean und konventionell so ein amerikanischer Film sein kann. Ein guter Film, aber ohne Ausreißer nach oben und unten. Die Darsteller sind natürlich sehr gut, allen voran Joaquin Phoenix und Jonah Hill. Gus Van Sant wird auch nicht zu tränendrüssig, setzt aber leider das Thema des Comiczeichners nur anfangs auch kurz als Inszenierungsmittel ein und bleibt ansonsten eher zurückhaltend.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
YOCHO (FOREBODING (Japan 2017, R: Kiyoshi Kurosawa) Trailer (Kinostart: Unbekannt)

Ein Film über die Zeit vor einer Alien-Invasion. Angelehnt an BODY SNATCHERS sind die Ausserirdischen schon da und übernommen einzelne menschliche Körper für ein bestimmtes Ziel. Auch hier will ich nicht allzuviel verraten. Doch so viel sei verraten, der Film läuft 140 Minuten und endet dann wenn die Invasion beginnt. Mehr ein Horrorthriller, mit gediegenem Tempo. Bestimmt nicht jedermanns Sache, aber auch mal eine etwas andere Herangehensweise an das Genre.

UNSANE (USA 2018, R: Steven Soderbergh) Trailer (Kinostart: 29.03.18)

Der I-Phone Film von Steven Soderbergh. Das der Film mit einem Handy gedreht wurde fällt vielleicht am Anfang auch, aber man gewöhnt sich schnell daran bzw. hat der Film einfach Kamerabewegungen drin und auch Perspektiven, die sich teilweise kaum von Bewegungen und Perspektiven herkömmlicher Filmkameras unterscheidet. Es mag in manchen Szenen durch das Licht und die Schatten deutlicher werden, wenn Details verschluckt werden, aber ansonsten ist es mehr ein Beweis dafür, dass man eben auch problemlos mit einem I-Phone Spielfilme drehen kann. Zu Beginn hat diese Form dann auch womöglich eine narrative Funktion, wer will kann das auch für den ganzen Film argumentieren, aber am Ende profitiert der Film nicht von diesem Gimmick. Der Film selbst ist ein solider Paranoia-Thriller, den man sich gut anschauen kann, bei dem man aber immer irgendwie das Gefühl hat, das schonmal gesehen zu haben. Im letzten Drittel nimmt er dann mehr und mehr Fahrt auf und gibt den Charakteren mehr Spielraum, aber inhaltlich bleibt er doch realtiv vorhersehbar. Wobei ich auch hier nicht weiß wie viel man vorab schon weiß, aber am Besten ohne große Vorkenntnis da rangehen.

PROFILE (USA/GB/ZYPERN/RUSSLAND 2018, R: Timur Bekmambetov) Clip (Kinostart: Unbekannt)

Gewinner des Panorama-Publikumspreises und weiterer großer Diskusionsstoff der Berlinale. Und das bei einem Film von Timur Bekmambetov (WÄCHTER DER NACHT, WANTED...). Ein sogenannter Desktop-Film, der von einer britischen Journalistin erzählt (wahre Begebenheit), die versucht über das Internet Kontakt mit IS-Rekrutieren zu bekommen. Der Film spielt wie gesagt die Ganze Zeit nur auf dem Desktop ihres Rechners, wo sie via Facebook, Skype usw. Kontakt aufnimmt. Innovativ auf jedenfall, packend und auch überraschend wie der Film dann Publikum wie Figur einnimmt.
Ein großes Problem aber hat der Film. Den IS-Kämpfer, mit dem sie Kontakt aufnimmt spielt Shazad Latif ((Ash Tyler aus STAR TREK DISCOVERY). Kennt man ihn, reißt das komplett raus.

IN DEN GÄNGEN (Deutschland 2018, R: Thomas Stuber) Trailer (Kinostart: 26.04.18)

Franz Rogowski wurde ja auch etwas gehypt bei diesen Festspielen und spielt hier neben Peter Kurth und Sandra Hüller (TONI ERDMANN) den Mitarbeiter eines Großmarktes in dessen Gängen dieser Film eben spielt. Ein kleiner, feiner Film, der bei steigender Laufzeit mehr und mehr Tiefe gewinnt mit kleinen Zwischentönen, ungesagtem und gut beobachteten Alltäglichkeiten. Geheimtipp.

Vielleicht Fortsetzung folgt...
 

Joel.Barish

dank AF
Besten Dank, Neo. Ich habe die Berlinale (und auch Sundance) zwar so halb verfolgt, aber irgendwie verschlafen das bis BG zu führen bzw. diesen Thread von letztem Jahr neu zu starten. Danke also auch für die Erinnerung. Und da du die bzw. einige Filme tatsächlich gesehen hast, kann man auch noch mehr mit anfangen.

"Touch me not" interessiert mich als Gewinnerfilm nun natürlich sehr. "Figlia Mia" ist mir auch positiv aufgefallen. Den neuen Petzold wollte ich ohnehin sehen, da ich einen neuen Petzold immer sehen will. Kiyoshi Kurosawa ist mir zwar in erster Linie durch sein Original "Pulse" bekannt, aber gerade weil er das Horrorgenre so ungewöhnlich angeht bin ich da interessiert. Vor "Utoya" graut es mir derweil aus ganz anderen Gründen, aber eine gewisse Neugierde ist zweifellos da. Und "In den Gängen" ist inzwischen auch auf meiner Liste.
 
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