TheReelGuy schrieb:
Die meisten Filme, die es andersherum versuchen, landen oftmals irgendwo zwischen Verklärung und Dämonisierung.
Sehe ich nicht mal unbedingt so. Finde schon das es eine ganze Reihe von Filmen gibt, die sich dem Thema ambivalenter widmen.
Klar gibts auch negativ Beispiele.
Ich habe gerade die sehr empfehlenswerte Doku auf Netflix "Ted Bundy - Selbstporträt eines Serienmörders" am Stück geschaut und Bundy war einfach ein sehr charmanter, intelligenter und manipulativer Mensch.
Ihn deswegen irgendwie positiv oder als netten Typen mit Schalk im Nacken darzustellen, wäre von Grund auf falsch. Eine Dämonisierung auf Kosten der Authentizität aber auch, finde ich. Ich meine, was kann denn noch abstoßender sein als seine Taten? Ich brauch da keinen, der mir in Form eines Films nochmal sagt, das der ganz doll böse ist.
Ich denke man muss sich vor allem als Zuschauer dem Ganzen einfach nüchtern nähern, ganz abgesehen von der künstlerischen Darstellung in einem Unterhaltungsfilm oder einer Doku. Denn die fiktive Geschichte kann einem durchaus emotionale Einblicke und Denkanstöße geben, wie es keine Fakten und kein Sachbuch kann. Schindlers Liste kann unter Umständen viel mehr als jede belehrende Schilderung eines genervten Lehrers. Deswegen kann ich Joels Einwand so nicht stehenlassen.
Joel.Barish schrieb:
Nicht zuletzt deswegen sind Filme über reale Serienmörder oft gleichermaßen problematisch wie langweilig. Der Film wird wohl kaum grundlegend neue psychologische Ideen hervorbringen.
Was ein komplexes Charakterporträt einer fiktiven Figur kann, kann und darf Dasselbige einer realen Person doch erst recht. Egal ob es sich um Hape Kerkeling handelt oder Hitler. Das Durchleuchten einer Person und/oder Zeitperiode gibt dem Zuschauer mitunter auch ganz andere Sachen als "grundlegend neue psychologische Ideen".
Natürlich handelt es sich dabei immer um eine künstlerische Interpretation eines Stoffes und da spielt auch immer die Sichtweise des Erzählers/Schreibers/Regisseurs/Schauspielers ect. eine Rolle, weswegen das natürlich mit Vorsicht zu genießen ist aber bitte dann eben auch ohne moralischen Filter. Wenn jemand dann aus unerfindlichen Gründen die Hauptfigur aufgrund der Inszenierung cool oder super findet, ist es immer noch die Interpretation von Ted Bundy, die er/Sie cool findet und nicht Ted Bundy.
Ich sehe die künstlerische Betrachtung von realen Personen genauso gern, finde sie genauso wichtig und wertvoll, wie die von fiktiven Personen und dabei ist es meiner Meinung nach eben erstmal völlig egal um wen es sich handelt. Wobei ich hiermit Joel nicht unterstellen will, das er das anders sieht und ich seine grundlegende Abneigung gegen Trivialisierung schon herauslesen und nachvollziehen kann.
Die Doku ist jedenfalls sehr sehenswert.