Story XLV - Schlafende Vampire soll man nicht wecken

Clive77

Serial Watcher
Das alte Holz ächzte laut unter dem Druck, dann gab das Brett plötzlich nach und löste sich ruckartig von der Wand. Putz rieselte herab und Doug landete, das Brecheisen noch in der Hand, auf seinem Hintern im Dreck. Kurze Zeit später erschien das Gesicht von Sven im Rahmen und spähte neugierig durch das neu entstandene Loch.
„Das war doch gar nicht mal so schwer.“
Er entfernte noch ein weiteres Brett und zwängte sich dann durch die Öffnung. Doug folgte ihm. Im Inneren des Gebäudes ließen sie den Lichtkegel ihrer Taschenlampen durch den Raum wandern. Dabei stellten sie fest, dass das Innere des Hauses sich in einem erstaunlich gutem Zustand befand.
„Ich kann es nicht glauben, dass wir tatsächlich hier sind.“
„Ich auch nicht“, antwortete Doug mit weitaus weniger Begeisterung in der Stimme als Sven.
„Von denen hätte doch keiner gedacht, dass wir es tatsächlich tun. Dass wir wirklich hier in diesem verfluchten Anwesen stehen. Ich wette, jetzt wird keiner von denen mehr über uns lachen.“
„Ich setze dagegen.“
„Was?“
„Ach nichts.“
Sven bekam kaum mit, was Doug sagte, so fasziniert war er von dem Anblick, der sich ihnen bot. Staunend ging er von einem Raum zum nächsten und betrachtete voller Ehrfurcht die Gegenstände aus einer völlig vergessenen Zeit. Er ließ es sich nicht nehmen vor manchen dann mit einem dämlichen selbstzufriedenen Lächeln zu posieren, damit Doug ein Foto von ihm schießen konnte. Später sollten diese dann als Beweis für ihren nächtlichen Ausflug herhalten und diejenigen, die über sie beide gelästert hatten, ein für alle Mal zum Schweigen bringen.
Durch eine Art Torbogen gelangten sie dann ins große Kaminzimmer. In der Mitte des Raumes stand eine große Tafel, die Platz für vielleicht zwanzig bis dreißig Personen geboten hatte. Sven stellte sich vor, wie in früheren Zeiten hier ausschweifende Feste gefeiert wurden. Es waren nur vier Stühle vorhanden, welche allesamt umgeworfen waren und im Raum verteilt herumlagen. Auf der Tafel selbst befand sich eine Staubschicht von solcher Dicke, dass man den Eindruck bekam, man könne problemlos ein Stück davon abbrechen wie von einer dicken Waffel.
„Hier muss es passiert sein“; sagte Sven, während er andächtig eine Hand auf die Tischplatte legte. „Hier haben sie ihn überwältigt und getötet.“
„Mhm...“
Sven drehte sich um, suchte den Raum ab und lief dann zu einem der Stühle, der neben dem Kamin auf dem Boden lag.
„Es heißt, man habe versucht ihn zu verbrennen, aber es gelang ihnen nicht, ihn zu entzünden. Dann versuchten sie das Haus niederbrennen, aber auch dieses Vorhaben scheiterte.“
„Oder die Leute haben damals Quatsch erzählt.“
„Nein wirklich, schau dich doch nur um.“
Doug blickte auf und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Dann zuckte er mit den Achseln.
„Wie lange steht dieses Gebäude nun leer? Fünfzig Jahre? Sechzig? Es wurde nie von jemanden gekauft. Niemand traute sich, es abzureißen. Selbst der Verfall macht einen Bogen um dieses Haus. Und ich frage mich, warum? Seit mindestens fünfzig Jahren ist niemand mehr hier gewesen, und ich habe das Gefühl mit einem Besen und einer Menge Staubtücher könnte man den Laden hier innerhalb kürzester Zeit wieder herrichten. Ich sage Dir, die alten Geschichten kommen nicht von ungefähr. All das ist wirklich passiert.“
„Mich wundert es eher weniger, dass bei einem Haus, das seit Jahrzehnten leersteht, irgendwann Geschichten entstehen.“
„Nein, all diese Erzählungen haben einen wahren Kern. Ich weiß, er war wirklich hier.“
„Selbst wenn, nun ist er weg.“
Sven blieb plötzlich stehen und starrte mit offenen Mund ins Leere.
„Und wenn nicht?“
„Was meinst du?“
„Sie haben ihn nicht verbrannt, und es gibt keine Berichte, dass sie seine Leiche irgendwie beseitigt haben. Was ist also mit ihm geschehen? Was, wenn er noch immer hier ist? Irgendwo in diesem alten Gemäuer liegt sein Leichnam und wartet vielleicht nur darauf durch ein wenig frisches Blut mit neuem Leben erfüllt zu werden.“
Zum ersten Mal an diesem Abend wollte Doug nicht mit den Augen rollen, stattdessen spürte er, wie sich ganz langsam die feinen Härchen in seinem Nacken aufstellten und ein leichtes Kribbeln an seinem Rücken hinab bis zum Steißbein wanderte.
„Hör auf mit dem Scheiß!“
Aber Sven war nun nicht mehr zu halten. Mit weit aufgerissenen Augen und einen Blick wie ein kleiner Junge, der gerade das Abenteuer seines Lebens witterte, lief er von einem Raum zum nächsten und schwenkte dabei die Taschenlampe von links nach rechts, von unten nach oben und zurück. Doug folgte ihm mit einer Mischung aus einem latenten Genervtsein und einer langsam größer werdenden Unruhe.
„Kannst du mir mal sagen, was du hier eigentlich suchst?“, rief Doug Sven zu, als er ihn endlich einholte. Sven war nun stehengeblieben und stand nun staunend vor einer schwer aussehenden eisenbeschlagenen Tür. Vorsichtig näherte er sich und legte die Hand auf die Klinke. Wie erwartet gab sie ein unangenehmes aber nicht zu lautes Quietschen von sich und ließ sich dann knarrend öffnen.
„Das da...“, antwortet Sven letztendlich und deutete auf die dicken grauen Steine, mit denen man den Durchgang zum unteren Teil des Gebäudes zugemauert hatte. Doug blickte zunächst Sven fragend an, dann auf die Mauer und dann wieder zu Sven, bevor er mit dem Kopf schüttelte, noch während Sven die Brechstange, mit der sie vorhin die Bretter vom vernagelten Fenster entfernt hatten, hob und gegen die Mauer stieß.
Auch wenn es hieß, früher habe man für die Ewigkeit gebaut, und die damaligen Wände wären zum Teil bedeutend stabiler als die in modernen Neubauten, hatte der über Jahrzehnte gealterte Mörtel dem Brecheisen nichts entgegenzusetzen. Vielleicht waren diejenigen, die diese Wand errichteten auch nur Idioten, die keine Ahnung hatten, wie man eine Mauer hochzog, denn die Wand zerbröselte unter der Wucht der Schläge, als bestünde sie aus kaum mehr als Reiscracker und trockenem Zwieback. Gut, das war übertrieben, aber Sven konnte die Wand doch überraschen schnell einreißen und legte so die Treppe zum Kellergewölbe frei. Dabei machte er soviel Lärm, dass Doug sich bereits wunderte, dass etwaige Tote nicht schon von sich aus angekrochen kamen um sich verbal über die Ruhestörung zu beschweren.
„Glaubst du noch immer, dass die Geschichten erfunden sind?“, fragte Sven und hustete ein wenig wegen des Staubs, der noch in der Luft lag.
„Nur weil jemand seinen Keller zugemauert hat, sehe ich nicht ein, mir eine Kette aus Knoblauch um den Hals zu hängen.“
Dougs Blick wanderte hinab zu Svens Hand, an der ein wenig Blut herunterlief, sich am Knöchel sammelte und schließlich hinabtropfte.
„Du hast dich verletzt. Tut es sehr weh?“
„Oh das? Nein, ehrlich gesagt, habe ich es kaum bemerkt.“
Sven hob die Hand und betrachtete die Wunde kurz. Er bewegte die Finger und drehte seine Hand in jede Richtung.
„Ist nicht weiter schlimm. Es hört bestimmt bald auf zu bluten.“
Sven hob nun die Hand mit der Taschenlampe und leuchtete die Kellertreppe hinab. Der Lichtkegel drang zwar in die Dunkelheit ein, konnte sie aber nicht erhellen. Zumindest sah Doug von seiner Position nichts als Schwärze. Dann setzte Sven voller Neugier einen Fuß über die Schwelle auf die erste Stufe.
„Sag mal Sven?“
Sven hielt inne, drehte sich um und sah Doug fragend an.
„Du hast dich gerade verletzt. Du blutest. Was hältst du davon, wenn wir dich erst mal verarzten und morgen wiederkommen. Dann ist es hell und wir können auch viel mehr erkennen.“
„Umkehren? Jetzt, wo wie soweit gekommen sind? Machst du Witze? Denkst du wirklich, wenn wir jetzt heimgehen, werden wir tatsächlich zurückkommen? Die anderen werden uns auslachen.“
„Oh ja, damit rechen ich fest.“
„Nein Doug, ich gehe weiter. Ich muss wissen, was sich da unten befindet.“
„Sven?“
„Ja?“
„Kennst du die Situationen in Horrorfilmen, wenn jemand in Begriff ist etwas wirklich Dummes zu tun, und du als Zuschauer möchtest ihn am liebsten packen und schütteln und einfach nur anschreien, dass er verdammt nochmal nicht so blöd sein soll?“
„Wieso fragst du?“
„Ach nichts.“
Sven wandte sich wieder um und steig vorsichtig die Treppen hinab. Dabei hielt er die Taschenlampe noch unten und leuchtete die Stufen aus. Hin und wieder schaute er auf und ließ seinen Blick durch das Gewölbe schweifen. Obwohl er das andere Ende noch nicht sehen konnte, ahnte er bereits, dass diese Räume bedeutend größer waren als das Anwesen oben vermuten ließ.
Doug stand eine ganze Weile im Türrahmen und sah Sven die Stufen hinabsteigen.
„Du betrittst mit einer blutenden Hand ein altes Kellergewölbe in Erwartung dort einen Vampir vorzufinden. Fällt dir daran eigentlich gar nichts auf?“
„Ach, der ist doch längst tot“, hörte Doug Sven nur noch rufen. Ihn selbst konnte er kaum noch erkennen, nur seinen Umriss und den Lichtkegel auf dem Boden.
„Ja, stimmt. Was soll denn schon schlimmes passieren?“, sagte er mehr zu sich selbst als zu Sven. Doug drehte sich um, um zum Auto zurückzukehren, als sich ihm erneut die Nackenhaare aufstellten. Gerade als er losgehen wollte, wurde ihm bewusst, wer für gewöhnlich in Horrorfilmen auch ein beliebtes erstes Opfer war.
„Ach scheiße“, murmelte er leise und steig dann ebenfalls die Stufen hinab um Sven zu folgen. „Was sollte denn schon Schlimmes passieren?“
Die Antwort schien früher zu kommen, als ihm lieb war, denn nur wenige Sekunden später hörte er wie Sven aufgeregt „Oh mein Gott!“ rief und dann verstummte. Obwohl sein Herz für kurze Zeit eine Etage tiefer wanderte, lief Doug sofort los in die Richtung, in die er Sven vermutete. Er bog zwar einmal in einen falschen Gang, doch dann als er um eine Ecke bog, stand er plötzlich neben Sven und dem, was ihn so in Aufregung versetzt hatte. Und nun musste auch Doug schlucken. Er wusste nicht genau, was er denn erwartet hatte zu sehen, aber mit Sicherheit nicht das, was da nun vor ihm lag.
 

Clive77

Serial Watcher
„Er ist es wirklich...“, flüsterte Sven mehr als er es laut aussprach.
Vor ihnen stand so etwas wie ein steinerner Altar auf dem ein Leichnam lag, der nicht mehr viel an einen Menschen erinnerte. Die Kreatur war mit dicken Ketten an Händen und Füßen gefesselt, aus der Brust ragte ein großer hölzerner Pflock. Doug überlegte nun ob er vielleicht Opfer eines sehr aufwendigen Scherzes geworden war. Wenn dem so war, hatten sich die Verantwortlichen jedenfalls eine Menge Mühe gegeben. Svens Neugier hingegen war größer als sein gesunder Menschenverstand. Vorsichtig näherte er sich dem Körper und leuchtete ihn mit der Taschenlampe an. Erst jetzt konnten sie die Leiche ganz deutlich sehen.
„Sieh dir das an...“, sagte Sven staunend und nun trat Doug einen Schritt näher. Er musste zugeben, dass dieser Anblick mehr als faszinieren war. Der Körper war ausgetrocknet und sah aus als könnte er durch eine bloße Berührung bereits zerfallen. Der Leib war seltsam gekrümmt, und wer immer hier vor ihnen lag musste unter großen Qualen gestorben sein. Die deformierten gefesselten Hände umschlossen noch den Pflock in der Brust. Und eben diesen zog Sven einfach mal so heraus.
„Was um alles in der Welt tust du da?“
„Ich wollte wissen, was passiert?“
„Was dachtest du denn würde passieren?“
„Ich weiß nicht. Aber schau nur.“
Sven beugte sich nun vor und leuchtete den Schädel des Toten mit der Taschenlampe aus. Fasziniert betrachtete er den weit aufgerissenen Mund mit seinen langen spitzen Eckzähnen. Vorsichtig berührte er einen der Zähne mit dem Finger und drückte leicht dagegen. Dabei sah er nicht, wie Doug hinter ihm mit den Augen rollte und ungläubig den Kopf schüttelte.
„Ich kann es nicht glauben, dass wir tatsächlich hier sind und er direkt vor uns liegt. Schau nur, ich kann ihn wirklich berühren.“
Während er weiter mit dem Finger im Mund des toten Vampirs herumstocherte, fiel Svens Blick auf den schmalen Rinnsal Blut, der langsam seine Hand herunterlief. Es sammelte sich am Handballen und bildete einen dicken Tropfen.
„Hm“, machte Sven und hob die Hand. Dann sah er zum toten Vampir und schaute erneut auf seine blutige Hand. Doug zog die Luft augenblicklich scharf ein, als er sah, wie Sven wie selbstverständlich seine Hand über den weit aufgerissenen Mund der Leiche hielt und diesem dann eben jenen Tropfen Blut in den Rachen fallen ließ.
„Du nennst mir jetzt einen wirklich guten Grund, wieso du das getan hast...“
„Vielleicht ist er ja gar nicht echt...“
„Und das ist das Beste, was dir dazu einfiel?“
„Weißt du eine bessere Lösung?“
Sven beugte sich noch weiter vor. Sein Gesicht war jetzt ganz dicht neben dem vertrocknetem Schädel.
„Außerdem ist er eh tot, du brauchst also keine Angst haben.“
Der Schädel bewegte sich und blickte Sven nun aus dunklen leeren Höhlen an. Sven blieb, wo er war. Er schrie nicht, er fuhr nicht erschrocken zurück. Jedoch fühlte er sich plötzlich untenrum ziemlich warm.
„Du stehst jetzt ganz langsam auf und kommst ruhig zu mir“, sagte Doug leise und suchte den Boden mit der Taschenlampe nach dem Pflock ab, den Sven dem Vampir kürzlich so arglos aus der Brust gezogen und dann fallen gelassen hatte.
Sven nickte und stützte sich am steinernen Altar ab um aufstehen zu können. Plötzlich packte die Kreatur seine Hand und zog sie zu sich heran. Er musste mit ansehen, wie das Ding seinen Mund öffnete und ihm kurz darauf in den Handballen biss. Sven schrie nur kurz auf, dann blieb er wie angewurzelt stehen und sah zu, wie das Blut aus seiner Hand in den Mund des nun nicht mehr toten Vampirs floss, ganz so als würde die betreffende Hand gar nicht die seine sein.
Doug hatte inzwischen den Pflock gefunden und ging damit drohend auf die Kreatur zu, bereit ihr den Pflock jederzeit wieder in die Brust zu stoßen. Als der Vampir dann urplötzlich von Svens Hand abließ und den Kopf in Dougs Richtung drehte, versteckte dieser den Pflock mit einem verlegenen Grinsen hinter seinem Rücken. Er kam sich plötzlich in mehrfacher Hinsicht lächerlich vor.
Sven hielt seine Hand und drehte dem Vampir den Rücken zu. Er machte einen Schritt auf Doug zu. Er konnte noch hören, wie die Ketten rasselten als der Vampir sich aufrichtete, bevor er in Dougs panisches Gesicht blickte. Dann wurde er gepackt, und der Vampir biss ihm, wie man es dem Klischee entsprechend kannte, in den Hals.
„Scheiße!“, rief Doug und war zu nicht mehr imstande als entsetzt zu starren.
„Ach, irgendwie ist es gar nicht so schlimm...“
„Gar nicht so schlimm? Ein vertrockneter Vampir saugt gerade dein Blut aus!“
„Aber es fühlt sich eigentlich ganz gut an...“
„Ich tu jetzt einfach mal so, als hätte ich das nicht gehört.“
Plötzlich ließ der Vampir Sven los, welcher überrascht zu Doug herüberstolperte und sich die Hand auf den Hals presste. Das Rasseln der Ketten verriet ihnen, dass der Vampir wieder in Bewegung war. Er schenkte Sven und Doug nun keinerlei Beachtung, sondern streckte sich und wandte sich zu allen Seiten. Er machte ein ungesund aussehendes Hohlkreuz, so dass man jeden einzelnen Wirbel knacken hören konnte. Dann begann er sich zu verändern. Doug und Sven waren derart von dem Schauspiel fasziniert, dass sie wie angewurzelt stehen blieben anstatt das Weite zu suchen.
Der Vampir ertastete die Ketten, mit denen er gefesselt war und Sven und Doug verfolgten staunen, wie er sie anschließend mit nur wenig Mühe zerriss.
„So langsam mache ich mir doch Sorgen“, sagte Sven etwas kleinlaut, jedoch ohne den Blick abzuwenden.
„Ach, JETZT machst du dir Sorgen? Er hatte schon seine Zähne in deinem Hals!“
Der Vampir gab nun recht eklige schmatzende Geräusche von sich, als sich das vertrocknete Fleisch auf seinen Knochen langsam zu regenerieren begann. Er schlug die Hände vor das Gesicht und als er sie wieder wegnahm, befanden sich in den zuvor leeren Höhlen nun je ein lidloser Augapfel und rollte wild umher, kurz bevor sich der Blick des Vampirs auf Sven und Doug fokussierte.
Während Sven noch darum kämpfte sein Abendessen an Ort und Stelle zu halten, bemerkte er, dass es ihm unmöglich war, sich zu bewegen. Auch Doug stand wie angewurzelt neben ihm. Sie hatten beide Geschichten über die Fähigkeiten von Vampiren gehört, unter anderem von ihrer unnatürlichen Geschwindigkeit und selbstverständlich von ihrer Macht, ihre Opfer zu hypnotisieren und so zu willenlosen Sklaven zu machen. Der arme Renfield konnte ein Lied davon singen.
Auf jeden Fall erwachten sie beide zeitgleich am nächsten Morgen neben Svens Wagen auf dem Parkplatz. Mit Bisswunden, dafür aber ohne Erinnerung, was geschehen war, nachdem der Vampir sie so seltsam angestarrt hatte.
„Darüber verlieren wir nie wieder ein Wort, verstanden?“, sagte Doug blass und völlig außer Atem im Auto, während Sven nur stumm nickte und im Rückspiegel seinen Hals begutachtete, der inzwischen nicht mehr blutete.

In der Nachbarschaft verbreitete sich recht schnell die Neuigkeit, dass ein junger Mann das alte Anwesen gekauft hatte und es nun renovieren ließ. Bisher hatten ihn nur Wenige zu Gesicht bekommen, da er erst am Abend das Haus verließ. Sven und Doug gingen beinahe jeden Tag am Haus vorbei um ihn im Auge zu behalten, und nie hatten sie ihn getroffen. Bis zu diesem Abend. Gerade als sie die Straße, an der das Gebäude lag, entlanggingen, sahen sie ihn plötzlich am geöffneten Fenster stehen. Im Gegensatz zu ihnen war er aber nicht überrascht. Während Sven und Doug noch mit offenen Mündern zu ihm hinauf starrten, zwinkerte er ihnen deutlich zu.
„Hm“, machte Sven. „Er scheint ein netter Kerl zu sein. Vielleicht sollten wir mal vorbeischauen und ihn besuchen.“
 

blacksun

Keyser Soze
Uff. Schoener und lustiger Erzaehlstil aber ziemlich blutleerer Abschluss. Ist das der freundliche Vampir aus der Nachbarschaft oder wieso laesst er beide laufen? Seltsam, seltsam unbefriedigend.
 

Clive77

Serial Watcher
Mir hat die Geschichte gefallen. Nicht unbedingt originell und einige Fehler fallen unangenehm ins Auge, aber amüsant zu lesen und als solches gut geschrieben.
Als Titel hätte man vielleicht "Zwei Idioten erwecken den freundlichen Vampir von nebenan zu neuem Leben" wählen können - aber das hätte noch mehr gespoilert als der Titel es eh schon tut.

@blacksun: Ich glaube, das war Absicht. Also, dass der Vampir die beiden davonkommen lässt. Er muss sich ja vorsehen, dass er nicht gleich entdeckt wird. Ich frage mich aber, weshalb er mit seinem hypnotischen Blick die beiden nicht alles hat vergessen lassen. So war es ein Risiko, denn Doug und Sven könnten Alarm schlagen. Andererseits, vielleicht hat sein Blick auch bewirkt, dass sie genau das nicht tun werden, weil sie ihn nett finden. So hat er dauerhaft eine Blutquelle, die er immer wieder anzapfen kann.

Mich würde allerdings wundern, wenn der Vampir nun so einfach sein Unwesen treiben kann. Die Geschichte um das verfluchte Haus scheint ja allgemein bekannt zu sein. Da müssten die Anwohner direkt Verdacht schöpfen, wenn plötzlich ein neuer Besitzer da ist und sich nur nach Sonnenuntergang blicken lässt. :check:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Wenn die Geschichte auf Grusel ausgelegt wäre, dann würde ich eure Einwände verstehen, aber sie ist doch ganz offensichtlich ironisch gemeint und funktioniert als solche gut. Jedenfalls fand ich sie sehr unterhaltsam und auch gut geschrieben. Ist für mich ein Punktekandidat.
 

Sittich

Well-Known Member
Wenigstens einer hat sich an eine Vampirgeschichte getraut. :top: Mir hat der lockere Erzählstil auch gefallen. Auch, dass er konsequent bis zum Ende durchgezogen wird. In jeder anderen Geschichte wäre in diesem Satz

Clive77 schrieb:
Auf jeden Fall erwachten sie beide zeitgleich am nächsten Morgen neben Svens Wagen auf dem Parkplatz
das "Auf jeden Fall" total Fehl am Platze und irrsinnig, aber hier passt es irgendwie. :squint: Ansatzweise negativ sind mir nur ein paar ungelenke Formulierungen und fehlende Kommas aufgefallen.
 

MamoChan

Well-Known Member
Etwas verspätet melde ich mich doch nochmal zu Wort. :smile: Also das hier ist meine Geschichte. Eigentlich hatte ich was ganz anderes im Kopf, aber plötzlich merkter ich, dass die Geschichte viel zu viel Ähnlichkeit mit Edgar Allen Poes "Gespräch mit einer Mumie" hatte. Da ich zu der Zeit echt viel Stress hatte und eine zweite Geschichte anfangen konnte, strich ich einfach die zweite Hälfte und änderte ein paar Details. Eigentlich kam da noch viel mehr. Darum ist die Geschichte so kurz und endet auch abrupt und etwas seltsam. Leider ließ mich auch mein Beta-Leser hängen und hat vergessen mir die Geschichte zurückzuschicken, weshalb ich einfach die aktuellste Fassung einsandte.

blacksun schrieb:
Uff. Schoener und lustiger Erzaehlstil aber ziemlich blutleerer Abschluss. Ist das der freundliche Vampir aus der Nachbarschaft oder wieso laesst er beide laufen? Seltsam, seltsam unbefriedigend.

Wieso freundlich? Er hat die beiden hypnotisiert und ihr Blut getrunken. Die können von Glück reden, dass sie noch leben. :biggrin: :wink:

Clive77 schrieb:
Als Titel hätte man vielleicht "Zwei Idioten erwecken den freundlichen Vampir von nebenan zu neuem Leben" wählen können - aber das hätte noch mehr gespoilert als der Titel es eh schon tut.
Wieso freundlich? :biggrin: Und wieso zwei Idioten? EIgentlich ist nur Sven der Idiot, denn Doug ist sehr wohl klar, wie blöd die Aktionen sind, passt aber immer auf Sven auf.


Clive77 schrieb:
@blacksun: Ich glaube, das war Absicht. Also, dass der Vampir die beiden davonkommen lässt. Er muss sich ja vorsehen, dass er nicht gleich entdeckt wird. Ich frage mich aber, weshalb er mit seinem hypnotischen Blick die beiden nicht alles hat vergessen lassen. So war es ein Risiko, denn Doug und Sven könnten Alarm schlagen. Andererseits, vielleicht hat sein Blick auch bewirkt, dass sie genau das nicht tun werden, weil sie ihn nett finden. So hat er dauerhaft eine Blutquelle, die er immer wieder anzapfen kann.
Es war ehrlioch gesagt reine Überheblichkeit. Er ist sich einfach sicher, dass die beiden eh nichts gegen ihn unternehmen können.



Clive77 schrieb:
Mich würde allerdings wundern, wenn der Vampir nun so einfach sein Unwesen treiben kann. Die Geschichte um das verfluchte Haus scheint ja allgemein bekannt zu sein. Da müssten die Anwohner direkt Verdacht schöpfen, wenn plötzlich ein neuer Besitzer da ist und sich nur nach Sonnenuntergang blicken lässt. :check:

Doch, tut er. Allerdings reagiert die Umgebung dort heute etwas anders als die Menschen damals. :tongue:

Tyler Durden schrieb:
Wenn die Geschichte auf Grusel ausgelegt wäre, dann würde ich eure Einwände verstehen, aber sie ist doch ganz offensichtlich ironisch gemeint und funktioniert als solche gut. Jedenfalls fand ich sie sehr unterhaltsam und auch gut geschrieben. Ist für mich ein Punktekandidat.

Dankeschön. :smile:
 
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