Das Kinojahr 2016: Zeitpunkt des Wandels?

Dr Knobel

Sie nannten ihn Aufsteiger
Ursprünglich sollte das ein etwas längerer Text werden. Doch einerseits fehlt mir dazu etwas die Zeit und andererseits hatte ich das unbestimmte Gefühl, dass ich mit einer etwas zu verfestigten Meinung an die Deutung der Zahlen herangehen würde – und daher halt in kürzerer Form hier.

Die FFA hat kürzlich ihre Erhebungen, Statistiken und Auswertungen des Kinojahres 2016 veröffentlicht. Hier die für mich relevantesten und wichtigsten Zahlen/Veränderungen:

1. Besucher- und Umsatzrückgang
Es wurden in Deutschland 14% weniger Kinotickets als noch im Vorjahr gelöst, da „nur“ noch 117 Mio. statt 136 Mio. Besucher in die Kinos strömten. Das wirkte sich natürlich auch auf den Umsatz aus, der um 12% zurückging.

2. Weniger Besucher in Multiplexen
Dass sich ein grundsätzlicher Besucherrückgang auch auf die Bilanzen der Multiplexe auswirkt, ist nur logisch. Allerdings gingen die Besucherzahlen dort sogar um 17% zurück, was zu einem Umsatz von 488 Mio. Euro führte – 100 Mio. Euro weniger als noch im Jahr zuvor.

3. Weniger Besuchermillionäre (> 6 Mio.)
Im Kalenderjahr 2016 schaffte es kein Film, mehr als 6 Mio. Besucher in die Kinos zu locken – im Jahr zuvor waren es hingegen noch 4 Filme, die sich als Publikumsmagneten erwiesen.

4. Massive Veränderungen der Altersstruktur
In allen Altersgruppen gingen die Zahlen im vergleich zum Vorjahr zurück. Doch gerade die Gruppe der 20-29 jährigen erwiesen sich als besonders kinomüde: 29% suchten die Lichtspielhäuser weniger auf als noch 2015.

5. Deutliche Veränderungen im 5-Jahres-Vergleich
Zieht man für einen erweiterten Vergleich die letzten 5 Jahre heran, ergibt sich ein recht eindeutiges Bild:

Altersstruktur Vergleich 2011 > 2016
10 – 19 Jahre -21%
20 – 29 Jahre - 32%
30 – 39 Jahre + 5%
40 – 49 Jahre - 5%
50 – 59 Jahre + 45%
+ 60 Jahre + 14%

Mit den grundsätzlichen Fakten im Hinterkopf nur mal ein paar Fragen in den Raum geworfen (Auch wenn die Zahlen prinzipiell positiv eingeordnet wurden):

- Wenn die 10-29 jährigen immer weniger ins Kino gehen: Macht es dann Sinn, dass ein Großteil der heutigen Blockbuster sich an genau dieses Publikum richtet?

- Wenn der größte Zuwachs bei den > 50jährigen besteht: Macht es dann nicht Sinn, eine Auswertung und Präsentation abseits der Multiplexe zu finden?

- Wenn es immer weniger Filme schaffen, eine gewisse Publikumsmenge in die Kinos zu locken (In diesem Fall halt 6 Millionen): Wird dann nicht am Publikum vorbei produziert?
 

Rantman

Formerly known as Wurzelgnom
- Die Zahlen zeigen nur die Gewinne und Verluste der Altersgruppen, aber nicht die absoluten Zahlen. Wenn 20-29 von 20 Mio auf 15 Mio runtergegangen ist, Senioren von 2 Mio auf 4 Mio hoch, dann macht es immer noch Sinn für die jungen zu produzieren. Im Grunde erst recht, in der Hoffnung die verlorenen zurück zu kriegen

- der technische Fortschritt ändert immer wieder, welches Medium wie stark genutzt wird. Netflix, prime und co (und illegale Downloads) in Kombination mit heimkino lassen Zuschauer zurück gehen, unabhängig davon was produziert wird.
 

Constance

Well-Known Member
Davon abgesehen mal, dass der deutsche Besuchermarkt international stärker zu vernachlässigen ist. Daher werden sich die Studios stärker auf die starken Länder stützen. Domestic sind die Amis ja immer verrückt. China wächst enorm von seiner Bedeutung her. UK und Frankreich sind noch weit über den Ergebnissen deutscher Zahlen. So ist der französische Markt in der Regel 150% stärker. Japan ist auch wachsend unterwegs. Mit Brasilien, Korea, Russland u d einigen anderen soliden Vertretern liegt man meist gleich auf.

Damit sage ich nicht, dass der hiesige Markt unwichtig ist, aber weniger bedeutsam wenn es um die Finale Entscheidung zu einer Filmproduktion geht.
 

Clive77

Serial Watcher
Ich glaube, das größte Problem sind mittlerweile die Preise. Speziell bei Multiplexen. Ich selbst war jedenfalls diese Jahr recht schockiert, wie stark die wieder angezogen wurden. Wenn ich den neuen Spider-Man nächstes WE sehen möchte (in 3D), werden das jedenfalls mehr als 15 Euronen im Multiplex (nur für die Karte). Da überlegt man schon, ob man sich den lieber etwas später im Heimkino (egal, ob Streamingdienst oder sonstwas) anschaut. In meinem Fall werde ich vermutlich auf die 2D-Vorstellung zurückgreifen (dafür habe ich noch Gutscheine). Aber im Normalfall werden die Blockbuster schon sehr teuer. Wundert mich daher nicht, wenn die jüngere Altersgruppe da auf alternative Methoden setzt (wobei die illegalen Downloads ja nicht mehr neu sind, aber legale Methoden den Markt erobern).
 

Måbruk

Dungeon Crawler
Die aktuelle 3D Technik hält mittlerweile auch viele Kinobesucher fern, zumindest kommt mir das so vor, wenn ich mich im engeren Kreis so umhöre. Mehr zahlen, weniger Qualität erhalten, dazu sind viele nicht mehr bereit.
Wenn die neue 3D Technik mit Avatar 2 (ohne Brille) wirklich adäquat und ohne Qualitätsverluste umgesetzt wird, sehe ich hier wieder ein absolutes Alleinstellungsmerkmal des Kinos und einen erneuten Hype aufkommen, der dieses Mal auch berechechtigt sein könnte.
Weiß jemand, ob diese Technik dann auch kurzfristig für TVs umgesetzt wird, oder wird die Auflösung und die Helligkeit des Bildschirms lange Zeit nicht ausreichend sein?
 

McKenzie

Unchained
Glaube auch dass das Zwangs-3D und die damit verbundenen (noch) höheren Preise durchaus dazu beitragen, dass sich viele den Kinobesuch zweimal überlegen.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Das es diesen Rückgang gibt ist korrekt. Allerdings beziehen sich diese Zahlen alle auf das Vorjahr.
Und 2015 war ein Rekordjahr. Genaugenommen waren die letzten 4 Jahre die ersten Jahre überhaupt, in denen die Kinobranche mehr als eine Milliarde Euro eingenommen hat. Zuschauertechnisch wahr 2016 ungefähr auf dem Niveau von 2014.
Das 3D mag den ein oder anderen Abschrecken. Vom Umsatz her bringt es aber anscheinend derbe Kohle. Aber auch die Masse der Arthousefilme bringt viele Zuschauer und viel Geld.FFA-Vorstand Peter Dinges dazu "„Für das Arthouse-Kino war 2016 ein wirklich gutes Jahr, in dem – Klasse statt Masse – endlich auch einmal die kulturelle Wertschätzung des deutschen Films sichtbar wurde. Neben Toni Erdmann haben Produktionen wie Vor der Morgenröte, Tschick, Colonia Dignidad, Wild oder Nebel im August erfolgreich im Kino und auf vielen Festivals gezeigt, wie groß die Vielfalt des deutschen Films in seiner ganzen Breite ist“.

Die Zuschauerzahlen gehen immer mal etwas zurück und die letzten 10 Jahre sehen anders aus als die davor. Was natürlich dank Internetpiraterie, Streamingdiensten, der Gamebranche usw.vielerlei Gründe hat. Auch verändert sich immer mal wieder die Demografische Verteilung.
Insgesammt würde ich diesem Wandel aber nicht zu viel Bedeutung zumessen. 2015 gingen in Deustchland sogar mehr Menschen ins Kino als 1993, 1994,1995 und 1996.
FFA Vorstand Peter Dingens dazu: " „Kino ist wie Wein – es gibt Spitzenjahrgänge und es gibt gute Jahrgänge. In dieser Hinsicht war das Kinojahr 2016 ein guter Jahrgang – und nicht so negativ, wie manchmal dargestellt!"

Das da am Zuschauer vorbei produziert wird, würde ich nicht so ohne Weiteres unterschereiben. Vor allem dominiert auch der amerikansche Film und für die sieht es weltweit auch nicht schlecht aus. 2015 nahm Universal mehr Geld ein denn je. 2016 war ein All-Time Rekordjahr für Disney. In beiden jahren hat die amerikanische Kinoindustrie mehr Geld gemacht als jemals zuvor. Mehr als 11 Miliarden Dollar.
Für das Kino wird sich unter Garantie einiges ändern. Im Moment sieht es aber noch ganz gut aus.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Dr Knobel schrieb:
- Wenn die 10-29 jährigen immer weniger ins Kino gehen: Macht es dann Sinn, dass ein Großteil der heutigen Blockbuster sich an genau dieses Publikum richtet?
- Wenn der größte Zuwachs bei den > 50jährigen besteht: Macht es dann nicht Sinn, eine Auswertung und Präsentation abseits der Multiplexe zu finden?
- Wenn es immer weniger Filme schaffen, eine gewisse Publikumsmenge in die Kinos zu locken (In diesem Fall halt 6 Millionen): Wird dann nicht am Publikum vorbei produziert?
zu 1- ja, weil sie immer noch das größte Multiplikatorpotenzial haben. Gefällt etwas richtig, ist die 10-29er Zielgruppe die eine, die auch mal öfter in denselben Film rennt. Sie ist es auch, die bei Gefallen am lautesten Social Media Werbung betreibet (was die so sehr wollen), und bei sub20 kommt dann noch der Gruppenzwang mit dazu. Sie ist es zwar nicht, die sich für 50 Euro+ teures Figurenmerchandise oder teure Sammlerbds kauft, aber insgesamt mit allem Rattenschwanz gesehen (von Merchkram wie Tassen über Shirts bis zu Tie-in Games) sind sie schon die, die zu Marke x gern das meiste Geld auszugeben bereit ist. Star Wars evtl mal ausgeschlossen, weil das generationsübergreifend ist, aber gerade Marvel + DC Merch steht heute mit Sicherheit eher in den Wohnzimmern der 10-29jährigen als in denen der 50+jährigen (auf der anderen Seite Twilight und Shades of Grey ausgeschlossen, weil das rare Bestsellerphänomene sind). Sorry, aber auch wenn die Familie (4 Personen) eine der absoluten Lieblingszielgruppen ist, fällt die Durchschnitts sub30 Freundesgruppe in der Regel größer aus, mit 5-6 Personen. Und die will man noch lieber.

zu 2- also mir kommt es so vor, als sei das Arthouse 50+ Tantenkino in den letzten 3-5 Jahren ordentlich gewachsen, was Auswahl betrifft. Ich habe Tanten, die mittlerweile jede Woche ins Kino gehen, weil immer was ähnlich tolles läuft. Das sah vor 5 Jahren noch anders aus. Und ich glaube, die die jetzt 50+ sind, werden die kleineren Kinos den mit Teens und buntem Kram wie Minions gespickten Multiplexen immer vorziehen. Ich seh aber nicht, dass da noch deutlich mehr für diese Zielgruppe produziert werden müsste.

zu 3- Man muss es auch mal alles in die passende Relation setzen. Pirates of the Caribbean 5 gilt aktuell als Misserfolg, weil er die Milliarde des Vorgängers nicht erreichen wird. Weil er domestic fast 100 Mio weniger geemacht hat. Trotz allem hat dieser Film über 700 Millionen Dollar eingespielt und ist alle Kosten mal ignorierend ein großer Erfolg. The Amazing Spider-Man 2 galt als so eine Enttäuschung, dass man den geplanten Franchise komlpett strich. Auch der hat 700 Millionen Dollar eingespielt. So lange jeglicher Verlust einer Rekordsumme oder eines Anstiegs als Niederlage gewertet wird, werden die Erwartungen und Entscheidungen unsinnig sein, und ja, manchmal sind solche Interessens-Einbußungen auch mal verdient (TF5), manchmal ists einfach Zeitgeistpech (Dredd).

Ich glaube nicht, dass es in 15 Jahren so ausschaut, dass die 50+ Zuschauer die Multiplexe füllen und die 18jährigen nur noch mittlerweile nischenhafte Blockbuster in kleineren Sälen schauen.

Clive77 schrieb:
Ich glaube, das größte Problem sind mittlerweile die Preise.
Jetzt kann man vermuten, dass die Kinos und Studios halt illegal streamende und somit nicht bezahlende Zuschauer irgendwie ausgleichen müssen, aber Filmerfolge wie Fast 8 zeigen, dass die Leute nach wie vor durchaus ins Kino gehen und dort aktiv dafür bezahlen... wenn sie denn wollen. Nur gerade heutzutage wird man so sehr multimedial übersättigt und mit Unterhaltungsangeboten totgeschmissen, dass ein Kinoblockbusterangebot von Mai-Juli wie

King Arthur: Legend Of The Sword
Wonder Woman
Pirates of the Caribbean: Salazars Rache
Die Mumie
Transformers: The Last Knight
Ich unverbesserlich 3
Spider-Man Homecoming
und Valerian

schon gute Gründe liefern müssen, wieso man in drei Monaten 8x 15 Euro = 120 Euro (oder 240, zahlt man für Freundin mit) ausgeben soll, wenn man alternativ auch unendlich LetsPlays gratis auf Youtube und Twitch schauen kann (und ich hab da mal jetzt nur die 3D Filme aufgelistet).

Måbruk schrieb:
Die aktuelle 3D Technik hält mittlerweile auch viele Kinobesucher fern, zumindest kommt mir das so vor, wenn ich mich im engeren Kreis so umhöre.
Zu dunkel, zu anstrengend, kein echter Mehrwert für den Mehrpreis sind in der Tat oft gehörte Aussagen.

Um zurück zum Anfang zu kommen: ich glaube schon, dass die Kinoindustrie ihr Publikum besser ansprechen könnte. Ich glaube allerdings nicht, dass es speziell eher für das ältere Publikum produzieren sollte und man es hinnehmen muss/sollte, dass Jüngere ggfs ihr Interesse verlieren.
 

Dr Knobel

Sie nannten ihn Aufsteiger
Revolvermann schrieb:
Das es diesen Rückgang gibt ist korrekt. Allerdings beziehen sich diese Zahlen alle auf das Vorjahr.

Nope, nicht komplett. Da ist auch eine Tabelle anbei, die sich auf den vergleich innerhalb der letzten 5 Jahre bezieht.

Und 2015 war ein Rekordjahr.

Jepp, aber die Unterschiede sind trotzdem überraschend.

Das 3D mag den ein oder anderen Abschrecken. Vom Umsatz her bringt es aber anscheinend derbe Kohle.

Schon klar, aber kurzfristige Kohle ist nicht alles, gerade in der nicht einfachen Situation. Da geht es auch um Kundenneugewinnung und langfristige Bindung.

Die Zuschauerzahlen gehen immer mal etwas zurück und die letzten 10 Jahre sehen anders aus als die davor. Was natürlich dank Internetpiraterie, Streamingdiensten, der Gamebranche usw.vielerlei Gründe hat. Auch verändert sich immer mal wieder die Demografische Verteilung.

Bin ich bis auf den letzten Punkt bei dir. Aber eine so veränderte demografische Umverteilung ist einschneidend und gab es in der Form meines Wissens noch nicht einmal im Ansatz. Wenn doch: wann und mit welchen Zahlen?

Insgesammt würde ich diesem Wandel aber nicht zu viel Bedeutung zumessen. 2015 gingen in Deustchland sogar mehr Menschen ins Kino als 1993, 1994,1995 und 1996.
FFA Vorstand Peter Dingens dazu: " „Kino ist wie Wein – es gibt Spitzenjahrgänge und es gibt gute Jahrgänge. In dieser Hinsicht war das Kinojahr 2016 ein guter Jahrgang – und nicht so negativ, wie manchmal dargestellt!"

Mal abgesehen davon, dass man das weitestgehend unterschreiben kann: Was soll ein FFA-Vorstand denn auch sagen? Die stehen selbst massiv in der Kritik, und das auch zu recht.

Das da am Zuschauer vorbei produziert wird, würde ich nicht so ohne Weiteres unterschereiben. Vor allem dominiert auch der amerikansche Film und für die sieht es weltweit auch nicht schlecht aus. 2015 nahm Universal mehr Geld ein denn je. 2016 war ein All-Time Rekordjahr für Disney. In beiden jahren hat die amerikanische Kinoindustrie mehr Geld gemacht als jemals zuvor. Mehr als 11 Miliarden Dollar.

Klar, aber es gibt doch da auch massive globale Veränderungen. Es ist schon ein Unterschied, ob ein Film als Erfolg gilt, weil er in den Staaten extrem rockt, oder auch und besonders im aufblühenden Osten.

Für das Kino wird sich unter Garantie einiges ändern. Im Moment sieht es aber noch ganz gut aus.

Jepp, aber das ist ja der Punkt: Derzeit noch ganz gut - und was kommt danach? Macht es nicht Sinn, sich zu hinterfragen und ggfls. neu aufzustellen?

Original von Rantman
- Die Zahlen zeigen nur die Gewinne und Verluste der Altersgruppen, aber nicht die absoluten Zahlen. Wenn 20-29 von 20 Mio auf 15 Mio runtergegangen ist, Senioren von 2 Mio auf 4 Mio hoch, dann macht es immer noch Sinn für die jungen zu produzieren. Im Grunde erst recht, in der Hoffnung die verlorenen zurück zu kriegen.

Mal abgesehen davon, dass wir in der von dir genannten Altersgruppe von 32% und nicht 25% sprechen, stellt sich dann doch trotzdem die Frage, ob man das einfach so stehen lassen kann/sollte, oder ob man sich nicht mal hinterfragen sollte, wo die Gründe liegen und was diese Zahlen für das Kino in 5 oder 10 Jahren bedeuten. Oder nicht?

- der technische Fortschritt ändert immer wieder, welches Medium wie stark genutzt wird. Netflix, prime und co (und illegale Downloads) in Kombination mit heimkino lassen Zuschauer zurück gehen, unabhängig davon was produziert wird.

Die Argumentation beisst sich doch in den eigenen Schwanz. Nach der Logik dürfte es ja deswegen keine Blockbuster mit neuen Rekorden geben, aber die gibt es ja. Nach der Argumentation müsste es ein konkreter und dauerhafter Rückgang sein: So ist es ja nicht.

Original von Constance
Davon abgesehen mal, dass der deutsche Besuchermarkt international stärker zu vernachlässigen ist. Daher werden sich die Studios stärker auf die starken Länder stützen. Domestic sind die Amis ja immer verrückt. China wächst enorm von seiner Bedeutung her.

Bin ich bei dir. Aber es gibt ja auch Veränderungen auf dem US-Markt. Noch vor gar nicht all zu langer Zeit war der US-Markt quasi alleine dafür verantwortlich, ob es ein Sequel gibt - diese Zeiten sind vorbei. Der globale Markt, siehe China wird immer wichtiger, doch im Umkehrschluss sagt das doch nur aus, dass der US-Markt bei der Masse von sündhaft teuren Filmen nicht mehr ausreicht. Das liegt einerseits an den hohen Budgets, aber eben nicht nur. Darüber hinaus wollte ich ja auch ganz gezielt darauf hinaus, was der deutsche Markt gegen diese Rückgänge tun kann. Sowohl mit eigenen Produktinen, aber eben auch und besonders in der grundsätzlichen Struktur und Darbietung von Filmen.

Original von Clive 77
Ich glaube, das größte Problem sind mittlerweile die Preise. Speziell bei Multiplexen.

Absolut. Und was bekommt man dafür? Und auf wen trifft man da? Und wen locke ich in diese riesigen Dinger?

Original von Måbruk
Die aktuelle 3D Technik hält mittlerweile auch viele Kinobesucher fern, zumindest kommt mir das so vor, wenn ich mich im engeren Kreis so umhöre.

Absolut zum zweiten. Mit Zwang kriegt man mich nicht.

Original von Jay
zu 1- ja, weil sie immer noch das größte Multiplikatorpotenzial haben. Gefällt etwas richtig, ist die 10-29er Zielgruppe die eine, die auch mal öfter in denselben Film rennt. Sie ist es auch, die bei Gefallen am lautesten Social Media Werbung betreibet (was die so sehr wollen), und bei sub20 kommt dann noch der Gruppenzwang mit dazu.

Unbestritten. Aber diese massiven Veränderungen in der Altersgruppen-Verteilung ist in deinen Augen kein Signal, dass Kinobetreiber und Studios ernsthaft darüber nachdenken sollten, was passiert, wenn die bislang relevantesten Gruppen noch weiter zurückgehen. Also Business as usual? Echt?

zu 2- also mir kommt es so vor, als sei das Arthouse 50+ Tantenkino in den letzten 3-5 Jahren ordentlich gewachsen, was Auswahl betrifft. Ich habe Tanten, die mittlerweile jede Woche ins Kino gehen, weil immer was ähnlich tolles läuft. Das sah vor 5 Jahren noch anders aus. Und ich glaube, die die jetzt 50+ sind, werden die kleineren Kinos den mit Teens und buntem Kram wie Minions gespickten Multiplexen immer vorziehen. Ich seh aber nicht, dass da noch deutlich mehr für diese Zielgruppe produziert werden müsste.

Okay, es ist also nicht so, dass es durch das Aufkommen der Multiplexe radikale Veränderungen gegeben hat und es deswegen weniger kleinere Kinos gibt als noch vor 15,20 Jahren? Wohl eine rein rhetorische Frage, oder müssen wir darüber ernsthaft ebenso quälend diskutieren, wie über die Frage ob ein Film mit 5 Millionen weniger Schauwerte hat als ein Film mit 100 Millionen? Die Zahl der Leinwände ist gestiegen, die Zahl der Kinos jedoch gesunken. Wenn also die Generation +50 öfter ins Kino geht, sei es, weil es das bessere Angebot gibt, oder sich das Verhalten dieser Gruppe aus anderen Gründen ändert: Macht es dann nicht Sinn, diese Veränderungen auch im Multiplex zu beachten und ein Umfeld zu schaffen, wo die eben gerne hingehen? Oder alternativ kleinere Kinos anders zu unterstützen bzw. deren Aufbau zu fördern?
Und ich sehe durchaus, dass es ein grundsätzliches Problem bei Filmen für bestimmte Zielgruppen gibt: Was produzieren Studios denn noch? Hauptsächlich Franchises mit hohen Budgets oder eben das genaue Gegenteil. Früher war es anders herum: Da produzierten Studios sehr viel mehr, investierten Geld in mittel-teure Filme, doch dieser Markt ist ja mittlerweile fast komplett verschwunden. Und mit Budgets von ~200 Mio. wird nun einmal weniger gewagt als mit Budgets von ~20 Millionen. Ich wünsche mir da manchmal echt die 70er-Jahre zurück.

zu 3- Man muss es auch mal alles in die passende Relation setzen. Pirates of the Caribbean 5 gilt aktuell als Misserfolg, weil er die Milliarde des Vorgängers nicht erreichen wird. Weil er domestic fast 100 Mio weniger geemacht hat. Trotz allem hat dieser Film über 700 Millionen Dollar eingespielt und ist alle Kosten mal ignorierend ein großer Erfolg. The Amazing Spider-Man 2 galt als so eine Enttäuschung, dass man den geplanten Franchise komlpett strich. Auch der hat 700 Millionen Dollar eingespielt. So lange jeglicher Verlust einer Rekordsumme oder eines Anstiegs als Niederlage gewertet wird, werden die Erwartungen und Entscheidungen unsinnig sein, und ja, manchmal sind solche Interessens-Einbußungen auch mal verdient (TF5), manchmal ists einfach Zeitgeistpech (Dredd).

Da gebe ich dir völlig recht, aber darum geht es hier ja nicht. Budgets und Marketing- Etats runter, dann begebe ich mich auch gar nicht mehr in die Gefahr mit einem Einspiel von 700 Mio. als Flop zu gelten. Dass das aber prinzipiell krank ist, darüber herrscht Einigkeit.
 

Dr Knobel

Sie nannten ihn Aufsteiger
Um zurück zum Anfang zu kommen: ich glaube schon, dass die Kinoindustrie ihr Publikum besser ansprechen könnte. Ich glaube allerdings nicht, dass es speziell eher für das ältere Publikum produzieren sollte und man es hinnehmen muss/sollte, dass Jüngere ggfs ihr Interesse verlieren.

Himmel nein. :wink: Das war auch nicht meine Frage oder mein Gedanke. Wenn das so rüberkam, habe ich es schlecht formuliert. Aber es gibt doch nicht nur Schwarz und Weiß. Es gibt doch auch Spielräume dazwischen, und ich denke eben, dass Studios sich hinterfragen müssen, wie sie durch Kinoauswertungen demnächst noch die immer größer werdende Anzahl von Blockbustern finanzieren wollen, und ob es nicht sinnig wäre, mal wieder etwas den Rückwärtsgang einzulegen. Und ich denke auch, dass Kinobetreiber sich Gedanken darüber machen sollten, wie sie sich auf die verändernde Situation einstellen wollen.

Ich glaube nicht, dass es in 15 Jahren so ausschaut, dass die 50+ Zuschauer die Multiplexe füllen und die 18jährigen nur noch mittlerweile nischenhafte Blockbuster in kleineren Sälen schauen.

Das glaube ich auch nicht und wollte ich auch nicht implizieren. Es steht aber trotzdem die Frage im Raum, ob man als Kinobetreiber und Studio nicht wach werden sollte, wenn es solche Veränderungen gibt. Und es stellt sich die Frage, ob man sich nicht schlicht besser auf verändernden Situationen und Marktbedingungen einstellen kann und sollte.
 
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