Star Trek: Discovery S01E03 - Context is for Kings

Clive77

Serial Watcher
In der Folge "Context is for Kings" der US-Serie Star Trek: Discovery lernen wir das titelgebende Schiff und dessen Besatzung kennen. Der „zweite Pilot“ behält Michael Burnham im Fokus und wirft mehrere Fragen um die streng geheime Mission der Discovery auf.

"Universal law is for lackeys. Context is for kings." - Captain Gabriel Lorca (Jason Isaacs)

Sechs Monate später
Sechs Monate sind vergangen, seit der Krieg mit den Klingonen ausgebrochen ist. Michael Burnham (Sonequa Martin-Green) befindet sich in einem Shuttle und wird mit drei weiteren Gefangenen zu einem neuen Gefängnis verlegt, als sich plötzlich eine energiehungrige Spezies über den Transport hermacht.
Schon zu Beginn kommen keinerlei Zweifel daran auf, dass Michael ihre Strafe akzeptiert hat. Emotionslos und gleichgültig verharrt sie auf ihrem Sitz, während bei den Mitgefangenen die Panik ausbricht, ehe die Discovery zur Rettung eilt. Diesen Zustand behält Michael auch größtenteils während der Episode bei. Sie reagiert zwar auf die Aktionen anderer und führt auch Gespräche, aber ihr Handeln ist mehr durch Reaktionen als durch Aktionen geprägt - hat sie doch damit abgeschlossen, dass sie schließlich wieder ins Gefängnis wandern wird beziehungsweise muss, auch wenn wir als Zuschauer direkt ahnen, dass sie die Discovery so schnell nicht wieder verlassen wird.
Dieses Verhalten der Hauptfigur ist ein wenig problematisch. Zwar können wir nachvollziehen, dass Michael sich für den Tod von Captain Georgiou (Michelle Yeoh) verantwortlich hält und dahingehend schwere Vorwürfe macht. Aber die gesamten 8186 Verluste und der Ausbruch des Kriegs war doch genau das, was sie durch ihre Meuterei verhindern wollte. Da wundert es etwas, dass sie nicht einmal ansatzweise versucht, sich für ihre Taten zu rechtfertigen. Captain Lorca muss ihr da gegen Ende erst (durch obiges Zitat) vor Augen führen, dass Regeln nicht universell anwendbar sind und je nach Kontext auch gebrochen werden sollten.
Unterm Strich bleibt Michael trotz diverser Dialoge und Neugierde die Mission der Discovery betreffend, ein wenig unnahbar. Ihr Einsatz während der Außenmission an Bord der Glenn, wo sie zum Wohle der anderen Teammitglieder ihr Leben aufs Spiel setzt, war zwar sehr beachtenswert. Aber es fällt dennoch oft schwer, sich in Michael hineinzuversetzen. Das muss nicht unbedingt negativ sein, schließlich gibt es mehrere Figuren, die sich nicht durchschauen lassen - an erster Stelle der Captain der Discovery - aber die Leitfigur, auf der der Fokus liegt, sollte dennoch mehr Sympathien beim Zuschauer wecken.

Die Besatzung der Discovery
Es gibt zahlreiche neue Gesichter in dieser dritten Episode zu entdecken. Nicht alle werden uns direkt vorgestellt und einige, wie beispielsweise Sicherheitschefin Landry (Rekha Sharma), bleiben trotz häufigerer Auftritte noch etwas blass. Mit Ausnahme von Lorca betrachten alle die Anwesenheit der ersten Meuterin der Föderation mehr als skeptisch, womit Michael es auch in zukünftigen Episoden schwer haben dürfte, sich in die Crew zu integrieren.
Aber zurück zur Besatzung: Paul Stamets (Anthony Rapp) ist der leitende Wissenschaftsoffizier und somit der Kopf der geheimen Forschungen, die an Bord der Discovery vollzogen werden. Er muss diese Woche den Tod eines Kollegen verkraften, der auf der Glenn an den gleichen Themengebieten arbeitete, was uns auch umgehend einen Blick darauf beschert, wie er mit Verlusten umgeht. Er scheut nicht davor zurück, dem Captain (argumentativ) die Stirn zu bieten und hinterlässt zunächst einen eher sturen Eindruck, der ein wenig durch seinen Forschungsdrang abgemildert wird. Rapp spielt seine Rolle sehr gut, was sich vor allem durch seine Mimik bemerkbar macht. Allerdings wird er es nicht leicht haben, die Sympathien der Zuschauer zu gewinnen.
Sylvia Tilly (Mary Wiseman) ist ein Kadet und wird sich fortan mit Michael eine Kabine und vermutlich auch den Arbeitsplatz teilen. Sie wirkt offen und naiv, was durchaus sympathisch ist, zeigt sich andererseits aber auch als ein Plappermaul (was schnell Gefahr läuft, zu nerven). Sie gibt einen passenden Gegenpol zu Burnham ab - die Szenen mit den beiden haben schon fast Sitcom-Charakter und lockern den sonst eher düsteren Ton der Serie deutlich auf. Ob das auf Dauer positiv oder negativ zu betrachten ist, muss sich erst noch zeigen.
Ein paar bekannte Gesichter gibt es auch zu verzeichnen. Während Kyla (Emily Coutts) hauptsächlich dazu da ist, um Michael böse Blicke zuzuwerfen, finden sich in den Dialogen mit Saru (Doug Jones) kleinere Highlights. Hier wird deutlich, dass er Michael nach wie vor respektiert, auch wenn er sie als eine Gefahr betrachtet. Als erster Offizier ist er jetzt Burnhams Vorgesetzter, womit die Rollen aus den ersten beiden Episoden deutlich vertauscht worden sind und der Ausgang kommender Argumente interessant werden dürfte. Von allen Figuren hinterlässt Saru den sympathischsten Eindruck und Doug Jones darf an dieser Stelle gelobt werden - schafft er es doch trotz Maske, sein Mienenspiel überdeutlich zu veranschaulichen.

Captain Lorca
Der Captain der Discovery bleibt eine zwielichtige Figur, was sicher ein Novum für Star Trek ist - jedenfalls in dem Sinne, dass der Entscheidungsträger hier eine sehr fragwürdige Moral an den Tag legt und dabei von der Föderation freie Hand in seinem Vorgehen hat. So bestätigt er beispielsweise, dass Michaels Rettung am Episodenanfang kein Zufall war, womit er den Tod des Shuttlepiloten in Kauf genommen hat. Auch sehen wir gegen Ende, dass er eines der Monster (oder sogar das Monster?) gefangen hält, welches dem Bergungsteam an Bord der Glenn zugesetzt hat. Das dürfte seine Erklärung, bloß nach einer neuen Antriebsart zu forschen, Lügen strafen, denn das Untier ist sicher Teil des geheimen Forschungsprogramms.
Wir können zwar davon ausgehen, dass er im Endeffekt gute Absichten hat. Schließlich gilt es, einen Krieg zu gewinnen und dazu scheinen dem Captain halt alle Mittel recht zu sein. Aber es gehört sicher nicht zum (zukünftigen) Föderationsstandard, derartige Grenzen zu überschreiten. Eingefleischte Trekkies werden bei Lorca vermutlich den Kopf schütteln und sich fragen, wie eine solche Figur überhaupt ins Star Trek Universum passt. Aber wir sollten nicht vergessen, dass die Serie doch eine ganze Zeit vor den Ereignissen der Originalreihe spielt und obendrein noch während eines Krieges. Da ist durchaus Raum für ein groß angelegtes dunkles Kapitel der Föderation und somit auch für Lorca.

An Bord der Glenn
Das Episodenhighlight dürfte der Besuch der Glenn gewesen sein. Während an Bord der Discovery zwar auch hauptsächlich dunkle Farbtöne dominieren, wird der Zuschauer hier in ein Szenario geworfen, welches aus einem Computerspiel wie Doom oder Dead Space stammen könnte.
Genau wie unsere Protagonisten haben wir zunächst keine Ahnung, was uns erwarten wird. Die grausam entstellten Leichen lassen Böses erahnen und dass sich darunter auch Klingonen befinden, lässt uns ausschließen, dass das kriegerische Volk dahintersteckt. Spannung und Atmosphäre sind bereits zum Greifen nahe und explodieren schließlich, als der einzige Überlebende - ein Klingone - von der Kreatur erwischt wird. Wahnsinn.
Etwas nüchterner betrachtet, wirft dieser Ausflug in ein Horrorszenario aber auch ein paar Fragen auf. Beispielsweise, weshalb Michael am Ende nicht Lorca nach der Kreatur und deren Ursprung fragt oder weshalb der Captain sich ein solches Tierchen hält, wenn es doch äußerst risikoreich ist und seinem „Käfig“ an Bord der Glenn entkommen konnte.

Sonstiges
- Tribble-Alarm!
- "This is not a democracy!" - klare Ansage vom Captain.
- Das mit dem Sporen-Antrieb wird vermutlich nichts. Oder aber es wird in Zukunft zu gefährlich, ihn zu benutzen.
- Schwarzer Alarm? Schwarze Abzeichen? Die Discovery als Heimat einer Black-Ops Einsatztruppe? Gerne.
- Visuell wieder sehr gut.
- Tilly bringt zur Sprache, dass der Name „Michael“ nur selten für Frauen verwendet wird - ganz nett eingebaut.

Fazit: Mit der dritten Episode liefert uns Star Trek: Discovery einen zweiten Piloten und stellt uns endlich die weiteren Hauptfiguren vor. Die düstere aber auch irgendwo erwachsenere Richtung wird beibehalten und sogar noch verstärkt, was sicher nicht jedem Zuschauer gefallen wird. Kleinere Mankos finden sich hier und dort bei den Figuren, wobei man mit den meisten erst einmal warmwerden muss - denn kaum einer der neuen kommt ohne bestimmte Ecken und Kanten oder Eigenarten daher.

8,5/10
 
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