Star Trek: Discovery S01E07 - Magic to Make the Sanest Man Go Mad

Clive77

Serial Watcher
In der Folge "Magic to Make the Sanest Man Go Mad" der US-Serie Star Trek: Discovery steigt gerade eine Party, als ein unwillkommener Gast plötzlich für Wirbel sorgt.

"Never hide who you are. That’s the only way relationships work." - Paul Stamets (Anthony Rapp)

Und täglich grüßt das Murmeltier…
Während von Admiral Cornwell (Jayne Brook) diese Woche nichts zu sehen ist (komischerweise ist noch niemand auf die Idee gekommen, der Discovery einen entsprechenden Einsatzbefehl zu geben), findet auf der Discovery erstmal eine Party statt. Die gute Stimmung wird aber unterbrochen, als Burnham (Sonequa Martin-Green) und Tyler (Shazad Latif) zur Brücke beordert werden. Ein seltener Weltraumwal (Gormagander) wird an Bord geholt und birgt eine Fracht, die uns sehr bekannt vorkommt. Harry Mudd (Rainn Wilson) meldet sich zurück und hat eine Waffe im Gepäck, mit der er die Zeit zu seinen Gunsten manipulieren kann.
Zeitreisegeschichten sind stets ein risikoreiches Unternehmen. Gerade dann, wenn sie so früh in einer Serie vorkommen und die Hauptfiguren uns noch nicht sehr vertraut sind. Die aktuelle Folge erinnert von der Vorgehensweise stark an "Cause and Effect" aus Star Trek: The Next Generation (5x18), aber das Schema kam auch in zahlreichen anderen Serien und Filmen bereits vor. Zuletzt vermutlich in der dritten Staffel Dark Matter, wo "All the Time in the World" (3x04) ein kleines Highlight darstellte. Kurz und knapp erklärt, findet sich unsere Besatzung diese Woche in einer von Harry Mudd ausgelösten Zeitschleife wieder und von der Crew kann nur Paul Stamets sich aufgrund seiner Bärtierchen-DNA an jede Schleife erinnern und versuchen, Mudds Plänen entgegenzuwirken.
Zunächst sei angemerkt, dass der Unterhaltungsfaktor angenehm hoch ist und auch die zahlreichen charakterlichen Entwicklungen, die während der Episode stattfinden und gekonnt in die Story eingebaut sind, größtenteils zu überzeugen wissen. Das ist keineswegs selbstverständlich, zumal der Fokus hier nicht auf Stamets liegt, sondern erneut Burnham im Mittelpunkt steht.
Problematisch wird es allerdings, wenn man sich genauer mit der (Zeitreise-)Logik und Mudds Fähigkeiten beschäftigt. So kann Harry die Systeme des Schiffs mit viel zu großer Leichtigkeit manipulieren und beispielsweise Lorca (Jason Isaacs) und die anderen daraus aus den Kontrollen aussperren. Mal angenommen, das ginge tatsächlich derart einfach oder Harry wäre ein Technikgenie, für den so etwas kein Problem darstellt. Sollte Stamets dann nicht versuchen, die Systeme besser zu sichern? Wäre doch der erste Ansatzpunkt, um dem unangenehmen Besucher entgegenzuwirken.
Des Weiteren fällt es Stamets mit Zunahme der Laufzeit immer einfacher, die restliche Crew von der Gefahr zu überzeugen. Wie er Burnham überzeugen kann, ist noch gut etabliert. Aber gegen Ende scheinen alle in Windeseile auf den abschließenden Plan vorbereitet worden zu sein. Da dürfen wir uns schon fragen, wie das möglich gewesen sein soll, wenn die Erinnerungen doch mit jeder Schleife gelöscht werden.
Zuletzt sei hier noch angemerkt, dass das Ende nicht so recht schmecken will. Harry weiß jetzt also über den Antrieb Bescheid, stellt folglich noch immer ein Risiko dar, aber man übergibt ihn in die Obhut von Stella (Katherine Barrell) und ihren Vater (Peter MacNeill), einen bekannten Waffenhändler? Öh, joa, der wird schon dafür sorgen, dass Harry der Sternenflotte keine Probleme mehr macht. Ganz sicher - versprochen und so. :facepalm:

Michael Burnham
Was unsere Hauptfigur betrifft, gibt es einige gelungene Entwicklungen zu verzeichnen. Die Party bietet einen guten Anlass, um ihre sozialen Fähigkeiten ein wenig auszuloten. Dass sie Tilly (Mary Wiseman) als ihre einzige Freundin bezeichnet, ist wenig überraschend, zeigt uns aber, wie wichtig ihre Zimmerkameradin bereits für sie geworden ist. Dabei ist Tilly nicht entgangen, dass Michael sich des Öfteren mit Ash getroffen hat (natürlich rein dienstlich) und setzt am Episodenanfang auf Kupplungsversuche, die sich für die vulkanisch erzogene Michael aber schwierig erweisen.
Später erfahren wir, dass Michael bislang noch keine Erfahrungen mit romantischen Beziehungen hat. Ihre Annäherungsversuche an Ash, der seinerseits Interesse an Michael zu haben scheint und sich entsprechend verständlich und wenig überrumpelt zeigt, sind zwar oftmals dicht am Fremdschämen, aber gerade wegen ihrer Unbeholfenheit und fehlenden Erfahrungen doch irgendwie süß. Auffällig ist auch, dass Michael im Folgenverlauf sehr viel über Beziehungen - die doch einen beträchtlichen Teil der Episode ausmachen - in Erfahrung bringt. So erfährt sie beispielsweise von Paul, wie er und Dr. Hugh Culber (Wilson Cruz) sich erstmals getroffen haben und beobachtet am Ende sehr aufmerksam Mudd und Stella.
Ohne Wenn und Aber geht es aber leider auch hier nicht. Die sich anbahnende Romanze zwischen Ash und Michael mag zwar für die Kürze, in der sie uns präsentiert wird, angemessen angegangen werden. Aber das gilt eher für Michaels Position. Denn unabhängig davon, ob Ash sich später als Spion entpuppt oder nicht, zeigen sich erneut keine Spuren von der siebenmonatigen Gefangenschaft (und wir wissen schließlich, dass L'Rell (Mary Chieffo) in dieser Zeit ein besonderes Interesse an ihm hatte). Viel zu gekonnt reagiert er auf Michaels unbeholfene Annäherungen, ganz zu schweigen davon, dass die Chemie zwischen den beiden noch ein wenig zu wünschen übriglässt. Wäre innerhalb der Serie etwas mehr Zeit vergangen, ließe sich bestimmt über diese Kritikpunkte hinwegsehen. So aber wirkt das alles zu sehr vom Zaun gebrochen, als dass es insgesamt stimmig wäre.

Paul Stamets
Während Paul eine Schlüsselrolle zur Lösung des Zeitschleifenproblems inne hat, wird seine veränderte Persönlichkeit von mehreren Figuren angesprochen. Nicht nur wir haben also gemerkt, dass aus dem grummeligen Stamets mittlerweile eine freundliche, offene und gutherzige Person geworden ist. Auch anderen ist sein verändertes Verhalten aufgefallen.
Es überrascht zwar nicht, dass gerade sein Lebensgefährte diese Veränderungen anspricht und besagtes Verhalten auf mehr Gegenliebe als Skepsis stößt. Aber dennoch dürfen wir verwundert sein, dass dem so wenig Aufmerksamkeit beigemessen wird. Zumal die Bärtierchen-DNA und Pauls Schlüsselrolle beim Antrieb doch sehr eindeutig die Ursache für diese Veränderungen sind. Wie wäre es also mit einer gründlichen Untersuchung? Die Auswirkungen mögen sich zwar momentan durchweg positiv manifestieren, aber noch ungeahnte andere Nebenwirkungen mit sich führen (wir erinnern uns kurz an sein Spiegelbild am Ende von Folge fünf).

Sonstige Gedanken
Rainn Wilson hat weiterhin sichtlich Spaß an seiner Rolle, was auch enorm zum Unterhaltungsfaktor der Episode beiträgt. Da Mudd bereits in "Choose Your Pain" für die Klingonen seine Mitgefangenen ausspioniert hat, wäre es unter Umständen auch vorstellbar, dass er L'Rell davon überzeugen konnte, ihn laufen zu lassen - mit dem Versprechen, den Sporenantrieb für die Klingonen zu organisieren. Trotzdem bleiben aber einige größere Lücken, was seinen Weg aus der Gefängniszelle bis hin in den Bauch des Wals angeht. Da wäre eine kurze Erklärung angebracht gewesen. Und werden die Klingonen jetzt nach ihm Ausschau halten, wo sie doch auf sein Signal warten?
Lorca zeigt sich diese Woche besorgt um seine Crew. Das ist definitiv neu. Wobei man sich nicht ganz sicher sein kann, ob er das bloß Mudd gegenüber sagt, um den scheinbaren Handel abzuschließen oder es wirklich aufrichtig meint. Die Sequenz, in der Lorca mehrfach durch Harry getötet wird, war rein filmisch ganz interessant gemacht, allerdings hätte man mehr Kreativität bei den Todesarten zeigen können.
Von der Brückencrew wissen wir noch immer nicht mehr. Auch Saru (Doug Jones) bekommt mal wieder wenig zu tun. Schade.

Fazit: Der Unterhaltungsfaktor ist weiterhin groß und in Sachen Charakterentwicklung gibt es wieder einige Fortschritte zu verzeichnen. Allerdings nur bei den Figuren mit größerer Präsenz, denn nicht wenige bleiben mal wieder auf der Strecke. Mängel fallen vor allem gegen Ende stärker ins Auge, sind aber auch während der Episode spürbar und hinterlassen einen leicht faden Beigeschmack.

6,5/10
 
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