Die Macht des Bösen ~ Jason Clarke, Rosamund Pike (Historienfilm)

TheRealNeo

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THE MAN WITH THE IRON HEART (DIE MACHT DES BÖSEN, USA/F/UK/BEL 2017, R: Cédric Jimenez)

Trailer

Film über das Attentat an Reinhard Heydrich. Wie schon OPERATION ANTHROPOID letztes Jahr landet der auch hierzulande direkt im Heimkino. In den USA wurde der bisher noch in keiner Form veröffentlicht, da dort die Rechte bei der Weinstein Company liegen...


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Es gibt eine Sache an diesem Film, die man akzeptieren muss: es ist (mal wieder) ein Film in dem englischsprachige Schauspieler Deutsche spielen und natürlich durchgehend englisch sprechen, wenn auch zuweilen typisch deutsche Begriffe der NS-Zeit und des Militärs fallen und benutzt werden. Kurios ist dies bei Rosamund Pike, die aktuell in dem Film SIEBEN TAGE IN ENTEBBE in den Kinos zu sehen ist und dort ebenfalls die Rolle einer Deutschen spielt, dort aber zum Teil auch im Originalton deutsch spricht. Es ist eine immerwährende Diskussion wie sinnvoll und effektiv es ist nun auf englisch oder deutsch zu drehen. Die Synchronisation zu wählen wäre für Nörgler das einfachste, aber zurecht sind genügend der Meinung, dass man dadurch auch die Leistung des eigentlichen Darstellers beschneidet. Doch in diesem Fall ist es nun eben eine Tatsache, die man ansprechen muss, aber genauso ist man gezwungen sie zu akzeptieren und selbst einzuordnen inwiefern dies möglicherweise die Involviertheit beim Filmschauen stört.

Der Film teilt sich in zwei Hälften, die in ihrer Vorgehensweise schon die Besonderheit dieser speziellen Verfilmung darstellen. Die ersten 45 Minuten verfolgen nämlich nur Reinhard Heydrich (Jason Clarke) und seine Frau (Rosamund Pike) und es wird der Aufstieg Heydrichs nachgezeichnet. Dieser geschieht natürlich parallel zum Aufstieg der NS-Diktatur in Deutschland. Dreh- und Angelpunkt bleibt natürlich das Attentat auf Heydrich, mit welchem der Film auch eröffnet wird. Die ersten 45 Minuten versuchen aus dem bösen Mann einen Menschen zu schaffen, der nicht nur böse ist, sondern auch ein Charakter. Man kann dieses Vorhaben gutheißen und in Teilen auch als gelungen bezeichnen. Natürlich muss man aufgrund der knappen Zeit sich den Vorwurf gefallen lassen, dass manche Entwicklungen zu schnel gehen und manche Beobachtungen zu oberflächlich erscheinen. Denn auch wenn es der Film versucht wird der Wandel Heydrichs zu dem Mann, wie er in die Geschichtsbücher eingeganen ist nicht ganz klar. Dagegen passiert mit Rosamund Pikes Figur der Linda Van Osten genau das Gegenteil. Ist ihre Gesinnung anfangs klar, verliert sie der Film leider mehr und mehr aus den Augen und degradiert sie mehr nur noch zu einem emotionalen Anker. Dies alles mag daran liegen, dass das Paar eben der Fokus nur der ersten Hälfte des Films ist bis sich der Film dann auf die Attentäter konzentriert und nochmals ein halbes Jahr vor dem Attentat zurückspringt. Für die beiden von Jack Reynor und Jack O'Connell gespielten Figuren bleibt dann weitaus weniger Zeit. Hier verläuft die Geschichte ziemlich stringent zu Höhepunkt hin, nachdem es dann aber erst noch mit dem Racheakt an den Attentätern weitergeht. Da vielen der Ausgang bekannt sein wird, bleibt hier zuweilen die Spannung auf der Strecke, da zu großen Teilen die Situation von Anfang an aussichtslos erscheint. Hier wird dann auch deutlich, dass eine von Mia Wasikowska gespielte Figur viel zu wenig Zeit hatte um die von ihr gespielten Emotionen auch wirklich auf den Zuschauer übertragen zu können.

Es ist dann auch am Ende, das unterstützt durch die Musik von Guillaume Roussel, die Heroisierung der beiden Attentäter etwas über das Ziel hinaussschießt. Ansonsten ist nämlich der Score ein großes Plus des Films. Seien es die Orgeklänge zu Beginn und im Laufe des Films, die den unmoralischen Taten etwas diabolisches mitgeben oder die einfühlsamen Piano-Melodien, die Roussel für die Bilder findet. Auch ansonsten ist der Film technisch und von der Ausstattng her makellos und bezeugt wieso er ein Budget von etwa 35 Millionen Dollar benötigte. Angesichts aktueller Blockbuster mag dies wenig erscheinen, doch genügt es für die Mittel, die der Film benötigte. Gelungen kann man DIE MACHT DES BÖSEN, mit Abstrichen, zweifellos bezeichnen. Die sprachliche Komponente muss man ausblenden und viele der Figuren hätten mehr Laufzeit des Films benötigt, doch ist das Spiel der Hauptdarsteller überzeugend und trotz bekanntem Ausgang verliert der Film seine Zuschauer nur selten.

Da Woodstock ja den letztjährigen Film kennt und mochte, wäre da mal eine Einschätzung ganz interessant. )
 

Woodstock

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Das ist ja doch HHhH. Ich bin noch nicht dazu gekommen ihn anzusehen aber hole es bald nach. Allerdings habe ich es nicht verstanden, warum man nach dem sehr guten Anthropoid noch einen Film über dieses Thema machen musste. Auch wenn die Besetzung gut ist.
 

TheRealNeo

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Naja passiert ja oft.
Aber man muss zumindest bei diesem hier gewusst haben, dass es OPERATION ANTHROPOID gab, da der ja bereits im Sommer 2016 in den USA limitiert in den Kinos lief und die Dreharbeiten von THE MAN WITH THE IRON HEART haben im Februar desselben Jahres erst geendet.
 

Revolvermann

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Ich finde es immer interessant wenn zwei Filme dasselbe oder ein ähnliches Thema bearbeiten.
Der Cast ist jedenfalls in beiden Fällen schonmal gut.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Hier wie gesagt stehen beide Seiten im Vordergrund. Ich glaube beim anderen Film ist Heydrich eine Nebenfigur...?
 

Woodstock

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Habe ihn mir jetzt angesehen und war nicht wirklich begeistert. Anfangs geht es nur um Heydrich und seiner Frau aber mittendrin schwenkt es um und es geht um seine Attentäter. Der Film schafft es aber nicht, diese Figuren wirklich aufzubauen oder interessant zu gestalten und Heydrich selbst ist dann mittendrin weg (logischerweise). Nicht das man ihn vermisst, denn er ist jetzt auch nicht gerade eine charismatische Figur und eine welche man als "Helden" bezeichnen würde. Allerdings hätte ich es respektiert, wenn man Heydrich als Figur versucht hätte darszustellen und wie ein normaler Mensch zu so einem Monster werden konnte. Das hat der Film aber sich dann doch nicht getraut.

Der Film Anthropoid hingegen hat sich gänzlich auf die Attentäter konzentriert und diese erfolgreich aufgebaut. Dafür haben sie Heydrich vernachlässigt. Ist aber nicht weiter ins Gewicht gefallen.

Zudem kommt die historische Ungenauigkeiten in HHhH. Anthropoid hat die tatsächliche Grausamkeit der Nazis akurat dargestellt aber HHhH ging gerade mal den halben Weg und hat, obwohl sie ein Monster darstellen wollten, ausgerechnet die Grausamkeiten gegenüber der Familien der Attentäter ausgelassen. Verkommt am Ende aber auch zur Schießbude aber wirkt dabei eher lächerlich, wohingegen Anthropoid spannend war.

HHhH wirkte für mich vollkommen unfokussiert. Der Film wusste nicht auf was er sich konzentrieren wollte und hat versucht alles zu schaffen. Anthropoid war zwar nicht perfekt aber hat sich einen Aspekt herausgesucht und diesen recht akurat und realistisch dargestellt.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Danke für deine Einschätzung. :smile:

Geschahen denn die Grausamkeiten gegen die Verwandten nach dem Attentat oder waren diese mit ein Grund wieso die Attentäter überhaupt das Ganze gemacht haben?
 

Woodstock

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Die Jagd auf den Widerstand gab es natürlich wirklich und die zwei Dörfer wurden tatsächlich danach ausgelöscht.

Was beide Filme gezeigt haben, war der Verrat von einem der Widerstandsskämpfer und die Folter der Familie der Mutter die sich davor das Leben genommen hatte, so wie es beim Widerstand kurz vor der Gefangennahme üblich war. Die Nazis folterten daraufhin den Sohn und den Vater aber erst als sie ihm den abgetrennten Kopf seiner Mutter präsentierten, verriet er die Kämpfer in der Kirche. Das fehlte in HHhH. Keine Ahnung wieso.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Hm okay. Aber braucht es das auch? Muss der Film zeigen, dass es erst der Kopf der Mutter war, der ihn zum Reden gebracht hat?
 

Woodstock

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TheRealNeo schrieb:
Hm okay. Aber braucht es das auch? Muss der Film zeigen, dass es erst der Kopf der Mutter war, der ihn zum Reden gebracht hat?
Nein, natürlich nicht aber ich habe bei HHhH einfach nicht jede Entscheidung nachvollziehen können. Warum ist das drin und das nicht?
 
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