Dogville/Manderlay - Lars von Trier

TheRealNeo

Well-Known Member
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Originaltitel: Dogville
Herstellungsland: Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden
Erscheinungsjahr: 2003
Regie: Lars von Trier

Darsteller: Nicole Kidman, Lauren Bacall, Stellan Skarsgard, Siobhan Fallon, Chloë Sevigny, Patricia Clarkson, Jeremy Davies, Philip Baker Hall, Paul Bettany, James Caan, Udo Kier, Jean-Marc Barr


Inhalt (ofdb.de):

Auf der Flucht vor der Polizei und vor Kriminellen landet eine Frau in dem kleinen Dorf Dogville. Als die Bewohner mitbekommen, warum sie sich versteckt beginnen sie die hilflose Frau immer mehr auszunutzen und bringen sich in eine immer gefährlichere Lage.

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Also seitens der Darsteller ist der "Film" auf jedenfall top. Mich konnte der Filme gerade aufgrund seines Stils bzw. der Art wie der Film inszeniert wurde, auf einer Bühne und dem Erzähler fesseln, aber ich denke nicht, dass ich ihn öfters anschauen würde. Einmal ist er sehr gut, aber danach könnte er langweilig werden.

8/10
 

Joel.Barish

dank AF
Ich liebe Nicole Kidman - okay, das ist vielleicht nix Neues.
Aber ich halte auch viel vom Werk von Lars von Trier und dieser Film, ist abermals ein ganz großes Stück europäisches Kunst- und Moralkino. Es steckt so viel Bertolt Brecht in diesem Film. Die Story, des getarnten Racheengels à la Dreigroschenoper, die bewusst künstliche Inszenierung, die den Verstand des Betrachters direkt auf das Geschehen lenken soll. Wie Brecht immer sagte: "Nicht glotzen, sondern schauen/gucken!" Oder durch die vorweg genommen Handlungs"spoiler" bei den Kapiteln, damit man sich nicht darauf konzentriert "was" passiert, sondern "wie" es passiert. Sehr stark.

Lars von Trier hat den Hang, Oberlehrer und starker Moralist zu sein. Damit muss man sich anfreunden. Er vertritt hier seine Ansichten, seine Sichtweisen auf menschliche Instinkte, auf Gewalt und Vertrauen. Wie viel davon spezifisch USA ist, bleibt vage.

Das bewundernswerte ist, dass der Film aber auch einfach so funktioniert. Er bietet eine wunderbar simple Grundkonstruktion, aus der ein grandioses Panoptikum an Charakteren und Figuren entsteht, die von durchweg hervorragenden Darstellern gespielt werden. Nicole Kidman spielt famos, ich würde fast sagen, für diesen Film wäre der Oscar fast eher verdient, als für "The Hours", aber der Academy war es dann wohl doch zu antiamerikanisch. Doch auch die Nebendarsteller - perfekt gecastet und brillant aufspielend.
Die Optik ist bemerkenswert. Von Trier kombiniert die karge Theaterbühne und diese Atmosphäre, mit wunderschönen Hochglanzbildern und einigen, unumstößlich filmischen Jump Cuts. Dazu eine tolle Musik und ein Erzähler, der selbst die schlimmsten Grausamkeiten, mit spitzer Ironie beschreibt. Manche Szenen sind an emotionaler Härte wirklich nicht zu unterschätzen.

Etwas platt fällt nur das Ende aus, bzw. der Abspann. Das Ende ist zwar plakativ, macht aber im Kontext Sinn und ist technisch abermals makellos. Aber der Abspann mit Bowies "Young Americans" und Bildern der USA wie wir sie sonst nicht sehen, ist mir dann doch etwas zu plakativ und zu polemisch.

"Dogville" ist nicht von Triers Bester, das ist für mich "Dancer in the Dark", und er ist auch eindeutig Kunstvolles Erzählkino, was Einigen sicherlich zu lahm, langweilig und leer vorkommen wird. Mir persönlich sagt soetwas sehr, sehr zu. Von daher:
9/10 Punkte.

@Neo:
Als "Kritik" ist das ein wenig knapp, findest du nicht.:squint:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Habe den Film heute gesehen. Er ist ziemlich schwierig und anstrengend. Ich habe in der Mitte eine Pause eingelegt, weil ich fast dreei Stunden am Stück wohl nicht ausgehalten hätte.
Das liegt vor allem daran, dass Dogville mehr ein Theaterstück als ein richtiger Film ist.
Die Darsteller waren wirklich überzeugend; sowohl Nicole Kidman als auch die Nebendarsteller (übrigens vile bekannte Gesichter, unter anderem der Daniel-Darsteller aus LOST).
Was mir auch sehr gut gefallen hat, waren die Dialoge. Das Hightlight des Film war in meinen Augen der Dialog gegen Ende
wo Grace im Wagen mit ihrem Vater über Arroganz redet

Auch die Story war interessant, auch wenn ich manche Sachen für leicht unglaubwürdig halte. In der zweiten Hälfte wird der Film ziemlich hart und dürfte niemanden kalt lassen.

Insgesamt fand ich den Film in etwa so gut wie "Breaking the Waves", deshalb gibts von mir

8,5/10 Punkte.

Bin schon auf Manderlay gespannt.
 

Joel.Barish

dank AF
Mit der Bewertung und Einschätzung bin ich zufrieden, Tyler. Auch wenn mir nicht ganz klar ist, wie man den Film überdurchschnittlich gut finden, aber nicht am Stück aushalten kann. Na ja... :squint: Es ist schwer zu überlegen, wie der Film in einem natürlicherem Szenario ausgesehen hätte, aber allein der Brecht-Ansatz erklärt das schon, von Triers Wille zum Experiment ebenfalls und zudem nutzt er die Bühne ja auch recht stark.

Ich will nicht sagen DAS Highlight, aber eine der stärksten Szenen ist für mich...
...die Zerstörung der Porzellanfiguren. Unglaublich emotional und von starker Symbolkraft.

Manderlay ist aber... ach, ich sage mal nichts. Schau den Film einfach mal an. :wink:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Joel.Barish
Auch wenn mir nicht ganz klar ist, wie man den Film überdurchschnittlich gut finden, aber nicht am Stück aushalten kann.
Lag nicht nur daran, dass der Film, wie gesagt, anstrengend ist, sondern auch an dieser Länge von fast 3 Stunden. Es fällt mir schon bei einem "normalen" Film schwer, mich so lange am Stück darauf zu konzentrieren, und Dogville ist dann noch ne Ecke schwieriger :wink:

EDIT: Manderlay habe ich heute gesehen, finde aber gerade den Thread dazu nicht. Haben wir keinen? :headscratch:
 

Joel.Barish

dank AF
Ja, anstrengend ist der Film und lang auch, aber wenn er einmal läuft, muss er auch durchgezogen werden. :wink: Und mir sind gut gefüllte Dreistünder immer noch lieber als öde, dämliche oder wie auch immer schlechter 90-Minüter.

Zu Manderlay gibt es glaube ich in der Tat keinen Thread. Wir könnten entweder hieraus einen "Dogville/Manderlay" Thread machen, da sicherlich keine fünf Leute Manderlay gesehen haben. Oder du erstellst mal eben einen. :wink:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ich wäre dafür, hieraus einen Dogville/Manderlay-Thread zu machen. Werde aber sowieso erst morgen etwas zu Manderlay schreiben, will eine Nacht darüber schlafen :wink:

EDIT: Was die Pause betrifft, habe ich ja nicht einen ganzen Tag pausiert, sondern lediglich für 20-30 Minuten :wink:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Meine Eindrücke von Manderlay:

Ich fand es nicht gut, dass zwei wichtige Figuren aus Dogville von anderen Darstellern gespielt wurden. Bryce D. Howard ist zwar auch gut, aber Nicole Kidman fand ich doch besser, und Umbesetzungen sind sowieso blöd.
Ansonsten sind aber auch diesmal viele gute Schauspieler dabei, zum Beispiel Danny Glover und Willem Dafoe.

Die Thematik fand ich hier noch etwas schwieriger als bei Dogville. Will jetzt nicht zu viel spoilern, aber manchmal fand ich die Aussagen des Films etwas fragwürdig. Manderlay regt einen ebenso zum Nachdenken an, wie auch schon Dogville.
Eine Sache fand ich widersprühlich, und zwar den Anfang.
Wenn die Sklaven das alles so wollten und damit "zufrieden" waren - wieso bittet die eine Frau ganz am Anfang Grace um Hilfe?

Insgesamt aber wieder ein guter Film von Lars von Trier. Bin schon auf den dritten Teil seiner Amerika-Trilogie gespannt.
Dort soll ja Kidman wieder mit an Bord sein. Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb sie bei Manderlay nicht mitgemacht hat? Hat ihr die Thematik nicht gefallen?

8/10
 

Joel.Barish

dank AF
Der Wechsel von Nicole Kidman zu Bryce Dallas Howard war Absicht. Auch das hat von Trier Brecht entliehen, wo so was häufiger vorkommt. Es soll vermeiden, dass man die beiden Teile zu sehr als Fortsetzung sieht. Es soll "Manderlay" mehr Eigenständigkeit geben, aber dennoch mit "Dogville" verbinden lassen. Die Handlungen setzen zwar direkt aneinander an, aber die Grace in "Manderlay" ist nicht unbedingt die exakt gleiche Grace wie in "Dogville". Es gibt ja auch andere Darsteller, die in beiden Filmen auftauchen, aber andere Rollen spielen. Oder Graces Vater, der erst James Caan war, jetzt aber Willem Dafoe.

Als "Manderlay" veröffentlicht wurde sagte von Trier, dass im dritten Teil "Wasington" Nicole und Bryce mitspielen sollten. Ich bin mir mittlerweile aber recht sicher, dass "Wasington" tot ist. von Trier entwickelt sich stets weiter und mit "Antichrist" hat er das Szenario des reduzierten Theaters verlassen. Jetzt dort hin zurückzugehen, wäre ein Rückschritt. Das würde nicht zu ihm passen.

Ganz davon ab ist auch "Manderlay" ein sehr guter Film. Leicht schwächer als "Dogville", u.a. weil ich die politischen Themen zwar faszinierend, häufig aber schwammig ausgearbeitet finde. Bryce Dallas Howard spielt das aber sehr, sehr gut. Ihr Grace ist so bewusst anders, noch so jugendlich naiv. Wären die beiden Filme also tatsächlich komplett inhaltlich kausal zusammehängende Geschichten, wäre das der älteren, geläuterten Grace, mit all den Erfahrungen aus Dogville wohl nicht so schnell passiert. Gerade das finde ich u.a. auch so spannend, wie Grace ihren Idealen zu folgen glaubt, in Wahrheit aber nur eine narzisstische Weltverbesserin ist.
 

Puni

Well-Known Member
Hab mir Manderlay mal angeschaut, und weiß nicht so recht was ich davon halten soll. Auf der einen Seite alles irgendwie wirklich faszinierend, auf der anderen Seite wohl wirklich mehr Theaterstück und Bühne als alles andere, was besonders am Anfang ganz schön gewöhnungsbedürftig ist. Ich sag hier sicher nichts neues, aber so bewerten könnte ich den nicht. Sind alle Triers von der Machart so wie Manderlay?
 

Joel.Barish

dank AF
Wäh? Du brauchst doch nur meinen letzten Post an den passenden Stellen genau lesen und hast die Antwort schon.

Sind alle von Triers wie "Manderlay"? Wenn du meinst, dass sie auf einer reduzierten Theaterbühne spielen, dann nein. Nur "Dogville" ist noch so, mit dem der Film ja auch eine Einheit spielt. Wenn du meinst, dass die anderen Filme ebenfalls kontrovers, provokant, emotional heftig und politisch heiß sind, dann ja. von Triers Frühwerke waren Stil-Experimente, teilweise vom Noir inspiriert, oder eben vom stark reduzierten Europäischen Film. Dann kam Dogma, wo er das mit der Reduktion noch weiter führte. "Breaking the Waves" ist zwar nicht Dogma, aber nah genug daran. "Dancer in the Dark" ebenfalls, nur zusätzlich noch mit der Musical-Note.

Bis auf "Idioten" habe ich noch keinen schlechten von Trier gesehen und ich kenne so gut wie alle.

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Aber was hier viele für ein Problem mit der Bühne haben, finde ich schon kurios. Ist normales Theater für diejenigen auch so schlimm, oder sind die Erwartungen, wie ein Film auszusehen hat doch so festgefahren?
 

Puni

Well-Known Member
Die Optik ist halt gewöhnungsbedürftig, mehr nicht. Hab mich anfangs nur gefragt, was das alles eigentlich soll. :ugly: Und Theater besuche ich nicht, da haben es mir einige Besuche in der Shakespeare-Company schon sehr verdorben.

Und den Vergleich mit der "Theaterbühne" hat mich interessiert, das Kontroverse, provokant etc. war schon bekannt.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Joel.Barish
Aber was hier viele für ein Problem mit der Bühne haben, finde ich schon kurios. Ist normales Theater für diejenigen auch so schlimm, oder sind die Erwartungen, wie ein Film auszusehen hat doch so festgefahren?
"So schlimm" kann man nicht sagen, immerhin habe ich den Filmen ja 8,5 und 8 Punkte gegeben :wink:
Es ist zum einen gewöhnungsbedürftig und zum anderen einfach zu monoton, wenn es praktisch keine Szenenwechsel gibt. Das ist in etwa so, als würde ein ganzer Film in einem Raum spielen. Da fällt mir "Cocktail für eine Leiche" ein, aber bei dem Film fand ich das weniger monoton, weil er spannender und kürzer war.

Und zu guter Letzt liegt es vielleicht auch am Geschmack. :wink:
 
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