BG Kritik: „X-Men: The New Mutants“
Wer hätte gedacht, dass wir diesen Film je sehen werden. Hat sich das Warten gelohnt?
The New Mutants
(USA 2020)
Regie: Josh Boone
Darsteller: Maisie Williams, Anya Taylor-Joy, Charlie Heaton, Alice Braga, Blu Hunt, Henry Zaga, Adam Beach u.a.
Möchte man etwas zu THE NEW MUTANTS schreiben, dann muss man leider seine Produktionsgeschichte mit einbeziehen. Und was hat dieser Film für eine ereignisreiche. Gedreht wurde er bereits im Sommer 2017. Damals waren die X-Men noch die Comic-Franchise-Marke bei 20th Century Fox, ein Studio das bald schon von Disney aufgekauft werden sollte und damit einhergehend die Rechte an dem Franchise, für welches THE NEW MUTANTS nun den 13. und auch letzten Ableger bildet. Anders als immer wieder spekuliert wurde, gab es aber keine Nachdrehs mehr für den Film, sondern Regisseur Josh Boone (THE FAULT IN OUR STARS (2014)) finalisierte den Film (mehr oder weniger) so wie während den Dreharbeiten (!) geplant. Denn vor sowie nach den Dreharbeiten verfolgte man eigentlich immer wieder andere Visionen. Ursprünglich gab es das Drehuch vom Regisseur selbst, das er mit Knate Lee verfasst hatte. Aus der usprünglich gepitchten Idee einer Trilogie wurde aber bekanntermaßen nichts. Auch wurde schon in der Pre-Production-Phase immer wieder am Drehbuch gedoktort und weitere Schreiber*Innen dazu geholt, so dass der vom Regisseur vollmundig angekündigte bzw. von ihm eigentlich geplante waschechte Horrorfilm innerhalb des X-Men-Universums immer mehr verweichlicht wurde. Auch sollte der Film eigentlich in den 80er Jahren spielen und mit Storm und Professor X zwei bereits bekannte Figuren aus dem X-Men Universum beinhalten, aber nach dem Misserfolg von X-MEN: APOCALYPSE rückte man von diesr Idee ab und strich die beiden Charakter wieder. Das Rückgrat des Films bildete im Grunde deshalb mehr und mehr die Coming of Age-Komponente und damit auch die Stärke von Josh Boone. War es doch nicht nur sein Pitch, sondern auch eben ein Coming of Age-Film, der die Produzent*Innen von ihm für den Job überzeugte. Und so ganz neu ist diese dem Universum auch nicht. Die Probleme wurden dann aber erst nach den Dreharbeiten immer größer, als man mit dem ersten Cut eigentlich zufrieden war, aber plötzlich IT (2017) ein großer Erfolg wurde. Dementsprechend schnitt man den ersten Trailer wie ein Horrorfilm und wollte von Boone nun plötzlich auch diesen wieder haben. Dafür plante man auch Nachdrehs ein, die Josh Boone ermöglichen sollten seiner ursprünglich erdachten Idee wieder näher zu kommen. Aber daraus wurde wegen dem Durcheinander mit dem Disney-Kauf und aufgrund des schnellen Älterwerdens der Darsteller*Innen nie etwas und so ist THE NEW MUTANTS 2020 im Grunde der Film von 2017. Nur etwas verspätet.
© 20th Century Studios
Erinnert man sich zurück an X-MEN (2000) von Bryan Singer so stand folgendes auf dem Zettel: Zuerst einmal hatte man dort einen homosexueller Regisseur, der einen hochbudgetierten Film über eine unterdrückte Minderheit inszenierte, als Comicverfilmungen noch keine sichere Bank waren. Die Probleme und Vorwürfe gegen den Regisseur taten den Filmen in den letzten Jahren natürlich weniger gut. Doch bleibt man auf der inhaltlichen Ebene so hatte man Anna Paquins Figur Rogue, die schließlich bei Wolverine bzw. Professor Xaviers Schule landete, nachdem sie beim ersten Kuss mit dem Freund diesen verletzte. Junge Menschen, die ihre Kräfte (noch) nicht kontrollieren können. Sie stehen auch hier im Zentrum, doch haben sie nicht das Glück an Professor X Schule zu kommen.
Die junge Blu Hunt spielt in dem Film Danielle Moonstar, die nach einem Tornado in ihrem Reservat die einzige Überlebende ist und schließlich in einem Krankenhaus erwacht, das nur von Dr. Cecilia Reyes (Alice Braga) allein geführt wird. Außer ihr sind noch die Jugendlichen Samuel „Sam“ Guthrie (Charlie Heaton), Illyana Rasputin (Anya Taylor-Joy), Roberto „Bobby“ da Costa (Henry Zaga) und Rahne Sinclair (Maisie Williams) dort einquartiert. Man merkt hier schon eine gewisse Diversität im Cast, die aber nie gewollt erscheint, sondern natürlich. Da merkt man auch direkt was dem Regisseur liegt. Er nimmt seine Figuren und ihre Probleme ernst. Es ist eine Leichtigkeit für ihn das jugendliche Erwachsenwerden mit dem Entdecken mutantischer Kräfte zusammenzubringen. Selbst die Komponente einer gleichgeschlechtlichen Liebe verwebt er hier angenehm unaufgeregt mit ein, ohne das es gezwungen wirkt. Die Hintergründe, welche die einzelnen Figuren mit sich bringen, mögen nicht besonders innovativ oder spannend sein, aber zum einen müssen sie den Figuren ein traumatisches Dilemma ins Gepäck bringen und zum Anderen, aufgrund dramaturgischer Gründe, für den Film gut einsetz- und visualisierbar sein.
© 20th Century Studios
Der Film wartet nicht mit den größten Wendungen auf sich, mag größtenteils sogar vorhersehbar sein, aber…er funktioniert. Nicht als Horrorfilm, aber als ein Genre-Mix. Denn wirklich gruselig wird der Film nur selten, dafür ist die generelle Atmosphäre des Films viel zu harmlos. Die Superheldenkomponente des Ganzen wird mit steigender Laufzeit immer präsenter und verlangt dem/der Zuschauer*In einiges ab, denn auch wenn die bisherigen X-Men Filmen keineswegs aus unserer Sicht ‚realistisch‘ waren, so so waren doch viele Entwicklungen der Menschen in einem gewissen Rahmen nachvollziehbar bzw. wie diese dargestellt wurden. Hier nun greift man zum Teil etwas tiefer in die (Fantasy-) Kiste, was womöglich etwas irritieren mag und im Verhältnis zum restlichen Film etwas darüber wirkt. Das Budget, welches zwischen 60-80Millionen Dollar betragen haben soll, fällt nie wirklich negativ auf, da der Film lange Zeit nicht zu sehr auf CGI setzt und wenn ist das alles gemessen am Rahmen ordentlich umgesetzt. Was dem Film aber leider in allen Bereichen fehlt, sind Highlights. Ausnahmen von der Norm. Emotionale Fixpunkte und neue Ideen. Wenn der Film Mittelmaß anstrebte mit einem zufriedenstellenden Unterhaltungslevel, dann erreicht er dies zu großen Teilen auch, mehr aber auch nicht.
Der Film ist nicht das befürchtete Desaster, sondern ein in sich runder Film, der aber zu keinem Zeitpunkt was wirklich Neues zu bieten hat. Er ist kleiner als die bisherigen X-Men-Filme, aber immernoch verknüpft genug, um als ein Teil von gesehen zu werden. Das Ziel einen Film zu machen, der sich vom Ton her komplett abgrenzt, wie eben DEADPOOL (2016) oder LOGAN (2017), ist hier nicht gelungen. Wie oben dargelegt wurde, hatte man dieses Ziel immer wieder vor Augen doch war es eben auch nur eines von Vielen. THE NEW MUTANTS ist kein schlechter Film. Keiner für den man sich schämen muss, aber er ist leider auch nicht herausragend oder besonders.
Fazit:
Es gibt etwas Horror, etwas Coming-of-Age und etwas Superheldenkram. Das ist alles solide für sich und solide im Mix, macht dann aber unter dem Strich auch nur einen soliden Film.
5,5/10
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