Die BG Schocktober Halloween Filmtipps (Teil 4)
Der Sommer ist vorbei, der Herbst erhält Einzug. Die Tage werden kürzer, das Wetter ungemütlicher und die Temperaturen niedriger. Mit dem „Schocktober“ beginnt ein Monat, der häufig als Grund genutzt wird, zahlreiche Horrorfilme zu gucken, bis der ganze Spuk an Halloween seinen Höhepunkt findet und man sich langsam auf weihnachtliche Besinnlichkeit einstellt. Bei BereitsGesehen wollen wir die düsteren Wochen nutzen, um unheimliche und unheilvolle Filmtipps vorzustellen. Über die kommenden Wochen hinweg stellt die BG Redaktion eigens ausgewählte Horrortipps, spukige Klassiker und vergessene Highlights des Schaurigen vor.
Manuel Föhls Empfehlungen:
Halloween bzw. den Halloween-Abend umschwingen auch eine besondere Atmosphäre. Kürbise strecken von den Hauseingängen ihre Fratzen entgegen und das Kerzenlicht lässt die Schatten der Gesichter durch die Nacht tanzen. Menschen werden zu Gestalten der Nacht in ihren Kostümen und das Gruselige und Schaurige beherrscht die Zeit. Meine Auswahl beschäftigt sich mit Atmosphären. Mit solchen, die der Film schaffen kann und die er womöglich auch nach dem Zuschauen noch in unsere wirkliche Welt transportieren kann. Denn Atmosphären bestimmen wie gruselig etwas ist. Das Knarzen einer Tür oder eine vermeintlichte Gestalt am Fenster, erhält erst ihre bedrohliche Ummantelung durch das Dunkel der Szenerie, die Musik oder die Stille des Moments. Hier sind meine, hoffentlich amtosphärischen, 7 Halloween-Filmtipps für einen unvergesslichen Abend. (Teil 1 | Teil 2| Teil 3)
© Kinowelt / Studiocanal
THE BLAIR WITCH PROJECT (1999)
R: Daniel Myrick, Eduardo Sánchez | Mit Heather Donahue, Michael C. Williams, Joshua Leonard
Ist das noch ein Geheimtipp oder wieder? 20 Jahre hat der Film nun auf dem Buckel und ja er war schon damals nicht der erste Found Footage-Film, aber er ist bis heute wohl der bekannteste. Der Hype damals war einzigartig und die beiden Sequels haben dem Film wohl eher geschadet, als den Kult aufrecht erhalten, denn nichts geht über das Original. Und dieses funktioniert auch heute noch, wenn man sich darauf einlässt. In lockerer Runde mit Licht verliert der natürlich schnell seine Atmosphäre. Aber allein oder konzentriert mit ein paar Leuten kann der sich, besonders wenn man ihn bisher noch gar nicht gesehen hat, voll entfalten. Wer danach noch nachts vor die Haustür direkt in den Wald stapft, den kann wohl nichts schocken.
© Koch Media Home Entertainment
DIE STUNDE, WENN DRACULA KOMMT (1960)
R: Mario Bava | Mit Barbara Steele, John Richardson, Andrea Checchi
Schon wieder Mario Bava? Und wieder kein Giallo? Ja sowas hat er auch mal gemacht. Der Film gilt sogar als der erste, bei dem er offiziell als alleiniger Regisseur auftrat. Und das wusste er zu nutzen? Der in schwarzweiß gedrehte Film behinderte seine visuelle Kreativität in keinster Weise, sondern zeugt durchgehend von einem einnehmenden Spiel aus der Schwärze der Schatten und den morbiden Geschichten der kargen Sets. Ein Film, der inhaltlich nicht seine Stärken hat und womöglich auch nicht bei den Dialogen, aber eben mit seiner Atmosphäre durch und durch überzeugt.
Achja dank des ungüstigen Deutschen Verleihtitels sucht man Dracula, nach Bram Stoker, in dem Film übrigens vergebens. Es sei denn man schaut den Film in der deutschen Synchronfassung.
© Archives du 7e Art/Prana-Film Berlin
NOSFERATU, EINE SYMPHONIE DES GRAUENS (1922)
R: Friedrich Wilhelm Murnau | Mit Max Schreck, Alexander Granach, Gustav von Wangenheim
Orgelklänge und dramatische Chöre müssten beim Lesen erklingen um den Donnerschlag zu imitieren, den dieser Film seinerzeit entfachte. Gespickt mit, besonders in der ersten Hälfte, wenig Zwischentitel, wurden Bilder des Grauens, Schreckens, aber auch des Unwissens und der Vorahnung geschaffen. Mit einer Kamera, die noch statisch war und noch nicht entfesselt wie bei Murnaus DER LETZTE MANN (1924). Es ist wahrscheinlich bis heute Murnaus am meisten rezipierter und besprochener Film. Die Einflüsse von Murnaus Film sind bis zur heutigen Zeit noch zu entdecken. Nicht nur der offensichtliche Einfluss auf die Universal-Produktionen der 30er Jahre, sondern auch noch der auf Produktionen der letzten Jahrzehnte. Die Lücke, die durch die Eingriffe des „Dritten Reich“ in der deutschen Filmhistorie klafft, verschluckte möglicherweise auch die Ausbildung einer tiefer verwurzelten Horrorfilm-Kultur im deutschen Film. Vielleicht war dies einer der Punkte, die Werner Herzog 1978 dazu brachten ein Remake des Stoffes zu inszenieren. Selbst ein enfant terrible wie Klaus Kinski in der titelgebenden Rolle stellt seine Darstellung, wider seine sonstige Egomanie, ganz in den Geist und die Kunst vom damaligen Orlok-Schauspieler Max Schreck. Einen ganz besonderen Einfluss hatte und hat Murnaus Film auch auf den Animations- beziehungsweise Trickfilm. Das von Tim Burton produzierte Stop-Motion-Meisterwerk NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS (1993) erinnert nicht nur mit seiner schlaksigen Hauptfigur an Max Schreck äußerliches und durch sein expressionistisches Produktionsdesign an den eigentlichen Originalfilm, sondern man entdeckt im Film auch singende (!) Vampire, die munter durch den Film wandern, welche aber trotz ihrer Drolligkeit an den Grafen Orlok erinnern. Für Jörg Buttgereit muss selbst die Namensfindung für den grünen Oger Shrek von Max Schreck beeinflusst worden sein. NOSFERATU – EINE SYMPHONIE DES GRAUENS oszilliert zwischen den Murnau-typischen Themen wie Liebe und Sehnsucht, und doch verpackt dies Murnau in Bilder und Formen, die bis heute nachhallen. Der Film bleibt zweifellos der Film, welche die Meisten mit Murnau in Verbindung bringen. Vielleicht weil er damit ein bis heute beliebtes Genre des Massenpublikums bediente, aber auch, weil er wie eine Handvoll weiterer Filmemacher zu seiner Zeit mit dem Medium Film nicht nur positive Emotionen bei seinem Publikum evozieren wollte, sondern das Kino auch zu einem Ort des Schreckens umwandelte – mit Bildern, die manch einen noch bis in die Nacht verfolgen sollten.
© Paramount Pictures
ROSEMARY’S BABY (1968)
R: Roman Polanski | Mit Mia Farrow, John Cassavetes, Ruth Gordon
Roman Polanski ist heutzutage nicht unumstritten, aber den Filmklassiker muss man ihn lassen. Von Anfang an wird der Film ummantelt von einem Hauch Mysteriösem in einer ansonsten durch und durch realistischen Welt. Bildet sich Mia Farrow doch nicht wirklich alles ein? Kann hier überhaupt was im letzten Drittel passieren, was nicht realistisch erklärbar ist? Lange lässt uns der Filme mehrere Möglichkeiten spekulieren, doch wo führt das Ganze hin. Nie langweilig und auch wenn man dann schließlich die Auflösung bekommt, immer wieder eine Sichtung wert. Zurecht bis heute nicht vergessen und ganz ohne Staub. Das Miniserien-Remake hat doch ohnehin Niemand gesehen, oder?
© Studiocanal
THE FOG (1980)
R: John Carpenter | Mit Jamie Lee Curtis, Adrienne Barbeau, Janet Leigh
Einen Nachfolgerfilm zu einem Horror-Klassiker (HALLOWEEN (1978) ist wohl mitunter nicht die beliebteste Aufgabe eines Filmemachers. Natürlich gibt es mehr Geld und Vertrauen als womöglich noch zuvor, aber der Druck ist immens, denn das Unmöglich wird erwartet. Wie man THE FOG nun für sich einordnet, ist jedem selbst überlassen, aber generell mag eber eben wegen dieser Nachfolgeposition immer mal wieder durchzurutschen. THE FOG ist eben ganz anders. Der Film baut seinen Handlungsort und die darin agierenden Figuren lange auf, und wenn dies auch einer der oft genannten Kritikpunkt des Filmes zu sein scheint ist, braucht dies der Film. Er lebt von den Figuren und der Stadt. Mit denen man vertraut wird und miterlebt wie ein Nebel sie nach und nach einhüllt. THE FOG ist wahnsinnig atmosphärisch, ruhig erzählt und ganz anders als HALLOWEEN, aber gerade deshalb so empfehlenswert und bietet dazu einen weiteren Ohrwurm-Score vom Meister persönlich.
© Sunfilm Entertainment
THE INNKEEPERS (2011)
R: Ti West | Mit Sara Paxton, Pat Healy, Kelly McGillis
Kann es denn so spannend sein zwei Hauswirten in ihrem Alltag zu folgen? Ohja! Zumindest inszeniert von Ti West, der immernoch etwas unter dem Radar der großen Studios arbeitet, aber mit diesem und THE HOUSE OF THE DEVIL mindestens zwei spannende Horror-Beiträge geliefert hat. (Und seinen Western IN A VALLEY OF VIOLENCE (2016) dürfen ruhig auch mehr sehen…aber kein Horror, psst!) Hier haben wir mal wieder einen der Fälle, dass es spannender ist, was wir nicht sehen. Was wir uns nur vorstellen oder befürchten, was außerhalb des Bildkaders lauern könnte. Ja der Film lebt mehr von seinen sympathischen Figuren, als von den Gruselszenen, aber genau deshalb bietet auch ein wenig Abwechslung zum sonstigen Einheitsbrei.
© Archives du 7e Art/Tobis
VAMPYR (1932)
R: Carl Theodor Dreyer | Mit Julian West, Maurice Schutz, Rena Mandel
Noch sowas Altes, aber etwas mindestens genauso Gutes. Statt einer stringent klaren Story zu folgen, treibt hier Carl Theodor Dreyer seine Figur eher von Raum zu Raum, wo der Zuschauer wie er nie genau weiß, ob er nun wach ist oder schon träumt. Selten wurde eine nächtliche Halbschlaf-Atmosphäre so eindringlich auf Filmmaterial gebannt. Mit seinen 73 Minuten auch nicht überlang, sondern genau richtig für eine schaurige Gutenacht-Geschichte. Wenn man ihn sehen will, muss man aber in England zur tollen DVD von Eureka! greifen.
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