Die Sehnsucht nach dem Mond in Film und Literatur
So richtig glaube mag es ja keiner, aber am Ende war es doch nur eine Frage der Zeit. Tom Cruise möchte und wird scheinbar einen Film im Weltall drehen. Nun mag das nicht Neues sein. Man wartet gespann, wann es bei Universals THE FAST AND THE FURIOUS soweit ist, dass die Autos die Erde verlassen und 2013 durften wir Sandra Bullock im Oscar-prämierten GRAVITY von Alfonso Cuaron schon auf beeindruckende Art und Weise ohne Schnitte und in 3-D bei ihrer Rettung begleiten. Der Unterschied? Tom Cruise möchte sich dafür nicht an Drahtseilen und vor einem Greenscreen filmen lassen. Nein, er will dafür ins Weltall. Auf die Raumstation ISS. In Echt.
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Verschwendung von Ressourcen? Womöglich. Andererseits plant die NASA schon länger die Raumstation auch komerziell zu nutzen, sprich für den Tourismus zu öffnen. Doch wer kann sich das heutzutage bereits leisten? Wieso also nicht bei den Hollywood-Studios anklopfen, die jedes Jahr mehrere hundert Millionen Dollar für Unterhaltungsprodukte ausgeben und einnehmen. Und gegen ein wenig Werbung wird man bei der NASA auch nichts einzuwenden haben.
Space, the final frontier
Der Blick zu den Sternen fasziniert seither und gefühlt direkt vor der Haustür thront da dieser Mond. In den 1960er Jahren Ziel eines Wettrennens zwischen Amerika und der Sowjetunion, doch mittlerweile scheint sich kaum mehr jemand für diesen Trabanten zu interessieren. Vom Mars bekommen wir gelegentlich immer bessere Aufnahmen…was gibt es sonst noch so dort? Wasser? W-Lan? Doch zurück zum Mond. In Zeiten in der die Erde natürlich weiterhin bewohnbar ist, doch die Menschen in ihrer Freiheit etwas eingeschränkter sind, als dies üblich sein mag, wird der Blick zu den Sternen und damit auch zu dem Mond plötzlich wieder ein ganz anderer. Der Mond als zweite Erde oder als alternativer Wohnort. Das dies nicht so einfach möglich ist, wurde wissenschaftlich schon längst bewiesen und doch bleibt die Utopie bestehen. Doch wie wäre das Leben auf dem Mond? Wäre es ein Neustart? Neue Möglichkeiten oder würden am Ende wieder ähnliche Probleme entstehen?
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Es mag kein Zufall sein, dass zu der Zeit als der Film noch in seinen Kinderschuhen steckte, Filmpionier Georges Méliès in einem seiner ersten Kurzfilme, bei dem er die verschiedensten Filmtricks eprobte, auch eine Reise zum Mond imaginierte. Natürlich noch ohne das Wissen, dass wir heute von dem Planeten haben. Für den französischen Filmemacher war der Mond bewohnt und am Ende müssen die Entdecker wieder zur Erde flüchten, samt Mondbewohner im Gepäck. Dieser tanzt am Ende und den wagemutigen Wissenschaftlern wird eine Statue gewidmet. 1902 erscheint in Frankreich Georges Méliès berühmter LL VOYAGE DANS LA LUNE (Die Reise zum Mond). Eine der Kopien gelangt auch nach Amerika in die Hände des Kinopioniers Siegmund Lubin.Dieser schneidet jeglichen Hinweis auf eine Urheberschaft von Méliès aus der Kopie heraus und veröffentlicht den Film als eigenes Werk um eine Reise zum Mars. Mond oder Mars, hauptsache Weltall. Doch heute wissen wir zumindest, dass eine Reise zum Mars von einem Menschen bzw. einer Masse von Menschen unmöglicher zu bewerkstelligen ist, als zum Mond. Man stelle sich nur vor jemand wird bei der Rückreise vergessen. Kann man davon ausgehen, dass jeder so gut Kartoffeln planzen kann wie Matt Damon in THE MARTIAN (Der Marsianer, 2015, R: Ridley Scott)? Deshalb bleiben wir doch mal wieder beim Mond. Den dieser scheint im Vergleich noch greifbarer zu sein, solange Felonius Gru nicht wieder auf die Idee kommt, diesen zu stehlen (DESPICABLE ME (Ich, einfach unverbesserlich, 2010, R: Pierre Coffin, Chris Renaud)).
„…when the moon hits your eye like a big pizza pie – that’s amore…“
© Twentieth Century Fox
Im letztjährigen AD ASTRA von James Gray war der Mond nur eine Zwischenstation für Brad Pitts Roy McBride auf dem Weg zum Neptun. Doch schon hier wird in Nuancen angedeutet, dass hier die Besiedlung des Mondes schon seine Spuren hinterlassen hat. Denn in der diegetischen Welt von AD ASTRA bekommt man auch seinen Starbucks-Kaffe fernab der Erde. Also beim Packen nicht den eigenen To-Go-Becher vergessen, denn wir wollen ja den Mond direkt nicht so zumüllen, wie wir es mit der Erde gemacht haben. Hier gibt es kein Meer für das ganze Plastik.
Schaut man sich den Mond in Filmen an, so entdecken wir viele Filme, die sich an historischen Punkten entlang hangeln (APOLLO 13 (1995, R: Ron Howard); FIRST MAN (Aufbruch zum Mond, 2018, R: Damien Chazelle)…), scheinbar einzelne, einsame Helden verfolgen (MOON, 2009, R: Duncan Jones) oder wo sich Ausserirdische, Nazis oder Schurken auf dem Mond verstecken (TRANSFORMERS 3:DARK OF THE MOON (2012, R: Michael Bay); IRON SKY (2012, R: Timo Vuorensola); AUSTIN POWERS: THE SPY WHO SHAGGED ME (Austin Powers – Spion in geheimer Missionarsstellung, 1999, R: Jay Roach)).
Anlass zu diesem Artikel und den Gedanken zu einem Leben auf dem Mond brachten aber zwei Bücher: ‚Artemis‘ von Andy Weir und ‚Dark Side‘ von Anthony O’Neill.
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Andy Weir feierte sein Debüt mit ‚Der Marsianer‘, dessen Verfilmung hier bereits genannt wurde. In seinem zweiten Roman, begibt er sich diesmal auf den Mond in der nahen Zukunft. Wieder erzählt er aus der Ich-Perspektive seine von wissenschaftlichen Utopien und Humor gespickte Abenteuergeschichte. Dabei hat er sich diesmal aber nicht irgendeine Hauptfigur ausgewählt, sondern erzählt die Geschichte aus der Perspektive von Jazz Bishara. Diese lebt schon fast ihr ganzes Leben auf den Mond und plant auch nicht zur Erde zurückzukehren, u.a. weil es auch körperlich wegen der Schwerkraft für sich nicht einfach werden würde. Sie ist gemeinsam mit 2000 anderen Mondbewohnerin, gehört aber zur ärmeren Schicht der Bevölkerung und muss sich deshalb mit Schmuggeljobs aushelfen. Am Leben erhält den Betrieb in Artemis, dem titelgebenden Ort auf dem Mond, der Tourismus. Wenige können sich dies leisten, aber es ist möglich und so kann die Landestation von Neill Armstrong besucht werden und sogar selbst ein kleiner Mondspaziergang gemacht werden. Artemis selbst ist nicht besonders groß und besteht nur aus fünf verschiedenen, miteinander verbundenen Stationen. Das wichtigste Gut dort ist natürlich Sauerstoff und wird bei der Herstellung von Aluminium gewonnen. Andy Weir entwirft seine Welt als Mischung aus Science-Fiction und Gangster-Thriller. Besonders zweiteres mag dahingehend spannend sein, wenn wir zum zweiten Beispiel kommen. Inhaltlich mag es löblich sein, dass sich Weir einer weiblichen Hauptfigur widmet, die zudem noch aus Saudi-Arabien kommt, aber am Ende hat er damit zu kämpfen, dass wir sie auch allzuoft in scheinbar aussichtslosen Situationen wiederfindet, die als Cliffhanger am Kapitelende dienen und sie sich doch wieder aus diesen verzwickten Lagen irgendwie befreien kann oder unerwartete Hilfe dazukommt. Für Aufklockerung sorgt dabei, der schon aus ‚Der Marsianer‘ bekannte Witz in seiner Schreibe.
© Knaur Verlag
Kriminalität scheint ein Problem auf dem Mond zu werden, mag man den Science-Fiction-Autoren glauben, die sich mit einem zukünftigen Leben auf dem Mond beschäftigt haben. So auch Anthony O’Neill in seinem ‚Dark Side‘. Dieser spielt ebenson in der nahen Zukunft auf dem Mond. Hier war es ein Multimilliardär, der dort die Kolonie Purgatory gegründet hatte. Weit entfernt von der Erde entwickelte sich der Ort dann auch schnell zum Mekka für Kriminelle, davon abgesehen, dass die dunkle Seite des Mondes auch als Gefängnis für lebenslang verurteile Häftlinge umfunktioniert wurde. Aus den Augen aus dem Sinn. Änderung könnte dem ganzen die Hauptfigur des Polizeileutnant Damien Justus (!) geben. So haben wir auf der einen Seite eine Kriminalstory auf dem Mond, um die sich eine größere Verschwörung entspannt, während sich gleichzeitig von der anderen Seite des Mondes ein Android nähert, der ohne Rücksicht und unkontrolliert sich seinen Weg bahnt. O’Neill schafft eine sehr plausible und durchdachte Welt und mit seiner Hauptfigur etabliert er durchaus einen Protagonisten für weitere Romane, was bisher wohl aber nicht geplant zu sein scheint, aber zum gleichen Zeitpunkt trifft er am Ende seines Romans auch einen definitiven Punkt für die Geschichte und verglichen mit Weir funktioniern seine Cliffhanger und Wendungen dann eine Spur besser bzw. sind nicht ganz so vorhersehbar.
Doch was beiden gemein zu sein scheint, ist der Mond als Ort für Kriminalität. Als Zufluchtsort vom Gesetz. Ist der Mond also nicht der Sehnsuchtsort für eine Neuanfang, sondern nur ein Ort, der mehr Freiheit bietet für Gewalt und Chaos? Sollten wir also dann nicht doch gleich zum Mars weiterreisen?
Was glaubt ihr? Werden wir mal auf dem Mond leben und was sind eure liebsten Mond-Filme oder Bücher? Erzählt es uns im Forum.
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