Jojo Rabbit ~ Taiki Waititi ist Hitler

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Eine Komödie über ein deutsches Kind während des dritten Reichs, dessen imaginärer bester Freund Hitler ist. Von und mit Taika Waititi (Thor 3 und demnächst wohl auch 4), der hier wohl wieder etwas die Richtung seines hervorragenden Hunt for the Wilderpeople einschlägt. mit unter anderem Scarlett Johansson, Sam Rockwell und Rebel Wilson

 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Seltsam. Könnte entweder richtig klasse oder mächtig falsch sein.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Da Taika Waititi schon bei Hunt for the Wilderpeople ziemliches Feingefühl bewießen hat und die emotionalen Teile des Films sehr gut mit dem albernen Humor harmonierten, mach ich mir da eigentlich keine Sorgen. Aber mir gefiel auch der Trailer sehr gut. Für mich ist Waititi einer der besten Komödienregisseure zur Zeit (Thor 3 fand ich ebenfalls ziemlich lustig, darüber hinaus aber tatsächlich nicht mehr ganz okay).
 

narn5

Elwood Blues
Ich glaube das wird Gut! Bin echt froh das er neben Blockbusterkino noch weiter "seine" Filme macht. Wird geschaut
 

TheReelGuy

The Toxic Avenger
Also der Trailer will mir nun wirklich noch nicht zusagen. Klar, da gibt es lustigen Stellen und die Idee an sich ist schon so Banane, dass man sicherlich keine Sekunde zu ernstnimmt, aber gerade das könnte auch das Problem des Films werden. Das Thema braucht entweder eine komplette Überhöhung der Wirklichkeit (sowas wie "Wolfenstein" oder "Operation: Overlord") oder eben deutlich mehr Taktgefühl. Aufgrund des Trailers lässt sich jetzt vielleicht höchstens eine Tendenz ablesen, aber aktuell habe ich da so meine Bedenken.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Bei INGLOURIOUS BASTERDS hat es ja auch 'funktioniert', aber prinzipiell muss man ja auch leider sagen, dass da bestimmt auch genügend (amerikanischer) Zuschauer sein werden, die das so gar nicht reflektieren und von dem tatsächlichen Hergang her verstehen können. Würde ich einfach mal unterstellen.
Ich finde es auch etwas befremdlich in diesem Deutsch mit Akzent zu sprechen (während von 'Believer' gleichzeitig eine deutsche Version läuft:squint:)

Ich habe auf jedenfall noch nicht ganz erkannt, worauf Taika Waititi mit dem Film eigentlich aus ist, außer sich eben über die Zeit, die Leute etc. lustig zu machen, was aber auch schon oft genug passiert ist. Ich sehe da mehr eine Sketch-Show, denn einen Film, aber ist ja alles gemessen nur bisher an einem Trailer.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Also wenn es wieder einen guten Zeitpunkt gibt, sich über Nazis lustig zu machen, dann ja wohl jetzt gerade. Von dem her kommt der vom Timing doch ganz gut. Außerdem zeigt der Trailer doch auch schon was von der Handlung des Films und, dass es doch mehr ist als eine reine Sketchshow.
 

TheReelGuy

The Toxic Avenger
So sehr ich dir auch zustimme, was Witze über die Nazis angeht, muss ich sagen, dass man dabei immer die Gefahr läuft, die Gräueltaten der Nazis zu verharmlosen. Filme wie "Inglourious Basterds" und Spiele wie "Wolfenstein" machen aus den Nazis teils überzogene Karikaturen und machen sich oft und gerne über sie lustig, aber haben die Kriegsverbrechen und den Holocaust immer im Hinterkopf bzw. verweisen direkt darauf. Bei "Jojo Rabbit" sehe ich aktuell noch sehr viel Klamauk, aber eben auch das Fehlen von praktisch jedem Ernst und ein Quäntchen Ernst muss man mitbringen, wenn man sich an ein solches Thema wagt.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Ich verstehe was du meinst, habe nach dem Trailer allerdings nicht den Eindruck, dass der Film nur Klamauk zu bieten hat, die ganze zweite Hälfte des Trailers geht ja eher in eine etwas ernstere Richtung. Wie das dann im fertigen Film wird, kann man natürlich noch nicht sagen, aber inhaltlich scheint es ja schon in die Richtung zu gehen, dass das Kind im gut behüteten Nazideutschland aufwächst, wo Hitler kein Monster, sondern ein Superstar war und erst mit dem Auftauchen des jüdischen Mädchens merkt, was da gerade so abgeht. Ich traue es Waititi schon zu, da den richtigen Ton zu treffen. Ob er es tatsächlich schafft, bleibt natürlich abzuwarten. Der Film basiert ja anscheinend auch auf einem kaum bekannten Buch, wäre interessant zu wissen, welchen Ton das so einschlägt.
 
Zuletzt bearbeitet:

TheRealNeo

Well-Known Member
Eine erste gemischte Meinung von Eric Kohn von Indiewire:

Jojo Rabbit” has the best intentions and a very confused way of showing them. Taika Waititi’s sunny fairytale focuses on ostracized Hitler Youth Jojo (Roman Griffin Davis) and the buffoonish Fuhrer (Waititi in an off-kilter mustache) who serves as the boy’s imaginary friend. There’s a lot to appreciate about the unusual connotations this scenario invites. As a welcome contrast to the resurgence of hate groups around the world, the studio production might be the sweetest provocation in film history, and it’s certainly an ambitious juggling act worthy of admiration.


But the filmmaker’s light touch never matches the nature of his setting. Waititi’s ability to veer in such an audacious direction after his “Thor: Ragnarok” success catapulted him to Hollywood A-list stature should further cement his modern folk hero status. However, for all the fragmentary pleasures of “Jojo Rabbit,” the complete picture just doesn’t sit Right.

[…]

Despite a few flashes of tragedy, “Jojo Rabbit” lingers in a charming muddle of good vibes without really confronting their implications. He may be one of the few working directors capable of injecting quirky scenarios with real depth, but in this case, he reduces the underlying circumstances — you know, that Holocaust thing — to a superficial prop. Waititi makes a conscious effort to obscure the ugliest elements of the scenario. The cartoon Nazis in “Jojo Rabbit” are so far removed from reality that they make it all too easy to laugh off the circumstances at hand. That’s not only crass but disingenuous, a feature-length variation of the shower-scene fake-out in “Schindler’s List.” Jews definitely perished in the gas chambers, Nazis weren’t just a bunch of dopey chumps, and Jojo’s story concludes far too easily for its own good. Yes, Waititi’s sugary fantasy unearths an endearing quality in the most unlikely places. But in the process, it buries the awful truth.

Grade: C+

https://www.indiewire.com/2019/09/jojo-rabbit-review-taika-waititi-tiff-1202172024/
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Der Film wurde tatsächlich eher gemischt aufgenommen, gibt allerdings überwiegend positive, wenn auch einige sehr negative Stimmen, die sagen, der Film verharmlose den Holocaust. Der Film hat nun allerdings auch den Publikumspreis des Toronto Filmfestivals gewonnen, und da Noah Baumbachs Marriage Story und Bong Joon-hos Parasite geschlagen. Seit 2008 waren 10 der 11 Gewinner des Preises später für den Besten Film bei den Oscars nominiert. Über die Qualität muss das nicht zwingend etwas aussagen (letztes Jahr gewann Green Book sowohl den Publikumspreis als auch den Oscar für den besten Film), nur negativ kam der Film jedoch nicht an.

quelle
 

Presko

Well-Known Member
Schwierig zu bewerten der Film. Mir gefiel so einiges. Einige Gags haben richtig gezündet. Es ist schön, wie Nazis hier teilweise so richtig dolle durch den Kakau gezogen werden. Auch die Hauptdarsteller, insbesondere Roman Griffin Davis, Waititi, Thomasin McKenzie und Frau Johansson machen ihre Sache mehr als ordentlich. Einige Ideen sind dann auch richtig gut.
Mein grösstes Problem mit dem Film, dass ich ihm seine Welt nicht abkaufe, was bei einem historischen Film schon recht schwerwiegend ist. Ein bisschen schaut der Schauplatz wie eine Puppenwelt aus. Viel zu sauber und schön. Aber auch die Figuren sind alle eigentlich viel zu nett und sympathisch, ja selbst die Nazis, auch die nicht imaginierten. Ich fragte mich schon, wie in dieser Welt so eine Gewalt und so ein Fanatismus entstehen sollte. Bestes Beispiel ist Jojo selbst. Eine liebende, das Naziregime hassende Mutter, ein Vater, der ebenfalls gegen das Regime ist, aber der Junge ist ein totaler Nazifan, wieso?
Ich musste an Haneke's "das weisse Band" denken, indem er ja sozusagen die verrohte und brutale Alltagswelt der Kinder darstellte, die später einmal eben jene Mitläufer und Anführer der Nazis werden sollten. Eine Art Erklärungsversuch, woher die Gewaltbereitschaft und Wurzeln des Fanatismus herreichen. In Jojo Rabbit scheint die Gewalt und der Fanatismus einfach so dazu sein.
Zudem weiss der Film insbesondere in der zweiten Hälfte auch nicht so recht, was er nun sein will. Ernst oder lustig. Da wechseln sich hochdramatische Szenen und Witze im Eiltempo ab.
Grossartig und berührend fand ich aber insbesondere die Annäherung zwischen Jojo und der Jüdin und die Idee mit dem Buch über Juden. Das war so toll! Und auch Johansson hat ein paar wunderschöne Szenen, wobei sie mir manchmal auch fast etwas zu süss war.

Trotzdem der Kritikpunkte ist mir der Film sehr sympathisch. 7.5/10, wenn ich mich festlegen müsste.
 

Måbruk

Dungeon Crawler
Gestern auch gesehen und da ich nur wenig über den Film wusste, selbst nur ein paar Fazits gelesen hatte, muss ich zugeben, dass ich etwas anderes erwartet hatte. Irgendwie wilder, mit großen emotionalen Schwankungen nach oben und unten. Aber anders bedeutet nicht automatisch schlecht.
Insgesamt kommt der Film, sehen wir Mal vom Beginn ab, sehr nachdenklich daher, das war für mich überraschend. Eine Nazi Komödie mit einem parodierten Hitler, welches auf der anderen Seite aber die schwierigen Themen emotional bewegend aufgreifen möchte, ist sicher keine leichte Sache. Regisseur Taika Waititi ist mutig genug es zu versuchen und großteils muss man sagen, ist ihm das beachtlich gelungen. Insbesondere hat jede einzelne mehr oder weniger zentrale Rolle, Charakter und Tiefe. Die Deutschen werden kritisch dargestellt, man macht sich aber auch sichtbar die Mühe zu zeigen, dass viele deutsche Bürger ebenso Opfer und mitfühlende waren, wie die Juden selbst.
Ob der Film die Gräultaten verharmlost, hängt sicher davon ab, was man von einer Nazi Komödie erwartet. Hier ist es vielleicht eher ein Film für die Deutschen, denn er verhilft dazu, mit dieser schlimmen Zeit etwas unverkrampfter umzugehen. Daher hat er sicher seine Daseinsberechtigung, so lange es Filme wie Schindlers Liste und Dokumentationen gibt, die das wahre Grauen zeigen.
Rein als Film betrachtet fällt es aber in der Tat schwer richtig mitzufühlen, da vieles unrealistisch erscheint und der Witz natürlich vieles auflockert. Daher wirkt einiges auf Dauer auch etwas Fade, weil die ganzen emotionalen Momente einen nicht wirklich packen. Die lockere Grundstimmung lässt die tatsächlich Gefahr etwas in den Hintergrund geraten, man hat nie wirklich Angst um die Protagonisten, da es ja "nur eine Komödie ist".
Insgesamt ein origineller und man muss es trotz des schrecklichen Themas sagen, auch irgendwie charmanter Film, der neben einigen Slapstick Einlagen, eher subtilen Humor zu bieten hat und diesen mit einer ruhigen, traurigen Geschichte verknüpft. Ein Fazit fällt mir schwer, wer sich aber für das Thema interessiert und den Stil des Regisseurs mag, dem empfehle ich in jedem Fall eine Sichtung.
 
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