Du meinst das 2003er Remake?
Ich glaube da hat der Film dann mehr als moderner Horrorreißer mit einer damals angesagten Jessica Biel funktioniert, von denen es ja dann noch einige gab, aber nur der hier finanziell funktionierte. Was ich aber damit sagen will...mir war da völlig egal, ob es da schon Filme gab und was da für Regeln aufgestellt worden sind. Bei TEXAS CHAINSAW MASSACRE mögen das auch nicht viele sein...
Nun aber auch die Frage hier...unabhängig davon, ob du dich als 'Fan' des Originals bezeichnen würdest oder nicht, hättest du nicht mehr davon gehabt, wenn es ein Remake gibt, das einiges anders macht, anstatt dasselbe in neuem Gewand zu sein? Und ja das Remake macht ja nicht alles gleich
Wie gesagt, mir als junger Zuschauer ist das ja erstmal völlig egal, was gemacht wird und warum, hauptsache es funktioniert.
Angenommen es ergibt sich am Ende, dass der Mörder Leatherfaces Mutter ist. Dann denkst du, Moment falsches Franchise und falsche Lore und ich denke 'okay die Mutter also' ohne weiteres Background-Wissen. Außer vielleicht, dass man das ja schon bei Jason und PSYCHO hatte...
Nun kann man sich darüber aufregen oder eben als Variation sehen. Es gibt ja weiter den Originalfilm.
Es ist bleibt ein utopisches Denken, weil du ja als Filmproduktion möglichst alle oder viele erreichen willst und dann ungern dieses Risiko eingehst, aber auf rein, ich nenne es mal, künstlerischer Ebene, wäre es doch reizvoll(er), weil ich dann ja auch nicht mehr weiß, was zu erwarten ist inhaltlich, wenn hier völlig neue Wege und Ansätze gefunden werden.
Ich kann einen Luke Skywalker haben, der der ist aus der Originaltrilogie. Einer der unfehlbar ist und der dunklen Seite widerstanden hat oder eben einer, der zweifelt und verbittert ist und bei dem ich nicht weiß, wie er sich in bestimmten Situationen entscheiden oder verhalten wird. Menschen entwickeln sich ja weiter und bleiben nicht starr. Und ich habe eben oftmals den Eindruck, dass 'Franchise-Regeln' eher diese Starrheit fördern.
Ich hoffe das war nun nicht alles zu wirr.
Ja, ich meinte das 2003-Remake und da funktionierte weiß Gott nicht nur dieser Film in dieser Phase. Der Film hat gleich aus mehreren Gründen funktioniert. Einerseits war damals die harte Horrorwelle am Start (SAW, HOSTEL usw.), und TCM war einer der ersten. Dazu funktionierte er natürlich als moderner Reißer, aber das widerspricht ja nichts meiner Aussagen. Neue Filme sollen ja nicht im gleichen Stil gemacht sein, wie das zu diesem Zeitpunkt 40 Jahre alte Original. Das Remake blieb dem Original aber sehr treu und konnte damit auch die alten Fans abholen. Zudem ist TCM sicherlich das Franchise, das von jeher keine Kontinuität hatte, ähnlich wie meinetwegen LEPRECHAUN. Sie konnten da also gar nicht gegen irgendwelche Regeln verstoßen oder Fans vor den Kopf stoßen. Das ist aber bei NIGHTMARE oder SAW nun einmal gänzlich anders. Da gibt es Regeln, Abläufe, die aufeinander aufbauen usw. Und ja, dann will ich, dass das auch berücksichtigt wird. Um auf diese konkrete Frage zurückzukommen, auch wenn TCM da ein denkbar schlechtes Beispiel ist: "hättest du nicht mehr davon gehabt, wenn es ein Remake gibt, das einiges anders macht, anstatt dasselbe in neuem Gewand zu sein?" In erster Linie geht es um Qualität, in zweiter Linie bringt aber die Verwendung eines Titels eine bestimmte Verantwortung mit sich, weil automatisch eine Erwartungshaltung erzeugt wird, und sei es, dass das nur die beinharten Fans betrifft. Da kannst du diskutieren, wie du willst - es ist so. Gehst du in einen ROCKY- oder in einen INDIANA JONES-Film, hast du eine gewisse Vorstellung. Wenn die Verantwortlichen das nicht wollen, weil ihre Ideen nicht zu der Reihe passen, dann ist das schön, aber dann müssen diese Ideen nicht in dieses Korsett gezwängt werden.
Dass das 2003 TCM-Remake bei dir funktionierte und dir die Wurzeln egal sind, ist ja völlig okay und sogar Basis für einen größeren Erfolg einer Neuauflage, aber ohne die Basis, die Fans zufriedenzustellen, wird das nicht funktionieren. Du kannst in so einem Fall weder die jüngere Generation außen vorlassen, noch die alte, und genau das ist das Problem bei Neuauflagen dieser Art. Der Trick funktioniert ansonsten nämlich nur einmal, siehe Zombies Halloween und andere Beispiele.
Die Argumentation, dass es dann ja trotzdem noch den Originalfilm gäbe, finde ich äußerst schwach. Nach der Logik bräuchten sich Serien auch nicht um die innere Kontinuität zu kümmern und könnten auf die ersten Folgen verweisen. Noch einmal: Wenn ich den inhaltlichen Ballast einer Reihe nicht tragen will, dann verwende ich einfach den Titel nicht und fertig. Wenn ich diesen Titel aber ganz gezielt benutze, dann muss ich eine gewisse Erwartungshaltung ertragen und erfüllen. Die Leute gehen ja ins Kino, weil der Vorgänger ihnen gefallen hat und sie wissen wollen, wie es weitergeht, was aus den Figuren geworden ist. Da kann ich ihnen nicht die lange Nase zeigen und sagen: Ätsch, sage ich dir aber nicht. Diese Erwartungshaltung ist das Schicksal von Sequels und bei Neuauflagen kann ich das Rad nicht neu erfinden.
Aber was ist denn in dem Fall die Grenze bzw. ist es denn so schlimm, wenn ein Einzelfilm mal die Grenzen neu auslotet?
Beide Filme stehen ja für sich und haben nicht Regeln gebrochen, um neue Regel für weitere Filme aufzustellen.
Die Grenzen ausloten oder komplett ausbrechen ist was anderes. Ausloten ist doch z.B. was FRIDAY 6 gemacht hat, brechen ist das, was z.B. Zombie im Ansatz bei HALLOWEEN gemacht hat. Auch FRIDAY 6 hat das ganze Franchise auf links gedreht, ist aber den Wurzeln und der Mythologie treu geblieben, hat die anderen Teile nicht verleugnet. Und bei einem Franchise gibt es keinen Einzelfilm, die werden immer verglichen und da wird auch immer etwas erwartet. Das ist nun einmal so. Und doch, schert da ein Film aus, dann hat er die Regeln innerhalb dieser Reihe gebrochen. Benutzt den Namen nicht, dann gibt es doch auch kein Problem. Warum muss ich denn den Titel benutzen, wenn ich dieser Vorgabe nicht folgen will oder kein Freund von dem Franchise bin? Die Kunst ist es eben, sich innerhalb dieses Rahmens neu zu erfinden, damit es über mehrere Filme und Jahre/Jahrzehnte funktioniert. Aber wie jemand anderes schon sagte: Die Grenze zieht jeder selbst. Ich bin da recht empfindlich, gerade bei Reihen, die großen wert darauf legten, stimmig aufeinander aufzubauen, wie z.B. bei SAW.
Jason goes to Hell ist gewiss drüber, weil Jason plötzlich ein Wurmparasit sein soll, der Leute befällt und dann steuern kann. Das war ein bisl zu wild kreativ.
Interessant, dass du JASON GOES TO HELL erwähnst. Ich sehe das z.B. teilweise anders. Da war doch der Sprung von FRIDAY 4 zu 6 doch größer als der von 8 zu 9. Irgendwie war das die logische Konsequenz, und ich mochte den z.B. lieber als JASON X. Aber da sind wir wieder bei der vielzitierten Grenze.
Das ist natürlich grundsätzlich ein schwieriges Feld, aber es ist machbar. Ich mag z.B. den 2018er-HALLOWEEN nicht, weil er eben nur vordergründig die Elemente aufgreift, um es allen Recht zu machen, doch die Elemente passen einfach nicht zusammen, sind unstimmig. Ich schätze ihn mehr als Zombies Variante, doch da ist mir zu viel Kalkül im Spiel. Ich würde da jederzeit HALLOWEEN 4 vorziehen.
Was vielleicht das Paradebeispiel für ein "Sequel", welches gänzlich neue Wege beschreitet, ohne die Wurzeln zu verleugnen, ist: NEW NIGHTMARE. Der ist nicht perfekt, aber Craven schafft es da nicht nur, die alte Fans zufrieden zustellen, sondern auch die Spielwiese drastisch zu erweitern und eine Ernsthaftigkeit zurück zu bringen, die man etwas verloren hatte. Damals war er der Zeit voraus, das hätte im Sog von SCREAM wesentlich besser funktioniert.