Alejandro Jodorowsky Sammelthread (Holy Mountain, Santa Sangre, El Topo)

Joel.Barish

dank AF
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(The Holy Mountain/Montana Sacra - USA, Mexiko 1973)

Drehbuch, Regie, Produktion, Kostüm- und Produktionsdesign, Musik und Hauptdarsteller: Alexandro Jodorowsky

Genre: Surrealistischer-Religions-Drogen-Experimental-Wirr-Warr.
Laufzeit: 114 Minuten

Inhalt:
Ein Dieb, der stark an Jesus erinnert, wird von einem amputierten Zwerg gerettet. Er trifft auf Römer, die Kopien seines Körpers an Touristen verkaufen, während Kröten die Eroberung Mexikos nachspielen. Als der Dieb in den Turm des Alchimisten gelangt, erklärt dieser ihm, dass jeder Mensch für Höheres bestimmt ist. Der Alchimst stellt sieben Personen vor, die Planten repräsentieren und in kurzen Zwischenszenen ihre Arbeit erklären. Diese Sieben, der Dieb und der Alchimist selbst machen sich dann auf den Weg zum heiligen Berg, an dessen Spitze die Weisen sitzen, die den Schlüssel für ewiges Leben besitzen.

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Joels Kritik:
Unfassbar. Sowas war nur in den 70ern und wohl nur mit Drogen möglich. Angeblich ließ Jodorowsky sein Team Wochen vor Drehbeginn mit halluzinogenen Drogen experimentieren und genau so muss man sich das auch vorstellen. Es gibt zwar eine Filmhandlung, die sogar einleuchtet, aber ein Großteil des Films besteht aus völlig verrückten Szenen, die religiös aufgeladen wurden. Die unzähligen Jesus-Kreuze, wie der Dieb eine dieser Figuren isst, die Huren und ganz besonders die Vorstellung der 7 Bewohner der Planeten. Das ist mal skurril, mal ein wenig albern, mal nur verrückt oder gar eklig und durchweg irgendwie eigenartig faszinierend.

Alles quillt förmlich über vor unwirklichen Ornamenten, bizarren Kostümen und Gegenständen, vor Allegorien auf die Weltreligionen und ihre Sitten und Bräuche. Oft hängt die Kamera weit über der Szenerie und dreht sich um die eigene Achse, während am Boden gerade die Auserwählten ihre Replikas und ihr Geld verbrennen. Und bei all dem überbordenden Surrealismus ist Jodorowskys Botschaft am Ende ganz simpel humanistisch und realistisch.

Es funktioniert nicht Alles an diesem Film, aber wer grenzenlos faszinierendes und vor allem inspirierendes Avantgarde-Kino erleben möchte, sollte hier die Augen weit aufhalten. Definitiv mehr Kunst als Film, denn wo sieht man sonst schon, wie sich die Brüste eines sehr alten Mannes zu Milchspeienden Leopardenköpfen verwandeln?

Visionäres Kopfkino wie vom anderen Stern. Teilweise gaga, aber unter Garantie etwas, was man so noch nie gesehen hat. Eine Punktzahl vermag ich dafür dann aber doch nicht zu vergeben.

[Anmerkung: Der Film lief gestern in deutscher Erstausstrahlung auf arte und wird in den nächsten Tagen wiederholt. Also Augen auf!]
 
J

jeremybentham

Guest
Was zum Geier? :ugly:

Kannst du den Sinn/die Botschaft des Films mal posten?
Zur Not in Spoilertags :smile:
 
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Guest
ich hab gleich mal nachgesehen. am freitag um 3 uhr kommt der. den nehm ich auf und lass ihn bei der firmungsfeier von meinem bruder laufen.
 

.adversus

Well-Known Member
Um Gottes Willen, diese Bilder machen mir schon etwas Angst oO Und auch der Inhalt.. ieks. Ist für mich glaub ich eine Spur zu "abgedreht".
 

Joel.Barish

dank AF
Hui! Plötzlich ist hier was los. Ich würde mich echt freuen, wenn ein paar sich diesen Film und auch "El Topo" anschauen würden.

Und die Bedeutung? Nun, das ist schwierig. In erster Linie zeigt Jodorowsky einige Sitten und Bräuche der Weltreligionen aus einem anderen Winkel. Als z.B. der Dieb eine der Jesusfiguren isst, die plötzlich aus einer Art Kuchen oder so bestäht, wirkte das auf mich wie eine Anspielung auf "den Leib Christi. Nehmt und esset Alle davon."

Hier mal Details und das Ende des Films. Achtung!
Am Ende geht es Jodorowsky aber um Realismus. Zwar machen die Auserwählten eine Art Mönchswerdung durch, da sie ihre materiellen Besitze verbrennen und ihre Identität als Individuum quasi aufgeben, doch dadurch, dass die angeblichen Weisen auf dem Berg eine Finte waren, hat der Alchemist die Auserwählten zu besseren Menschen gemacht, da sie eine Einheit bildeten und den Versuchungen der Welt widerstehen konnten um sich für etwas Größeres zu engagieren. Am Ende sagt der Alchemist sogar: "This is not Reality, this is a film. Camera, zoom out!" Und die Kamera zoomt heraus und enthüllt das Filmteam.

Aber es passiert noch so viel mehr im Film, dass man es wirklich selbst gesehen haben muss.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Kann es sein, dass wir für den Herrn schon ein Thema haben? Jedenfalls lohnt sicher ein Sammelthread, da sich das Interesse sicher sehr in Grenzen hält. Jedenfalls hatte ich gestern das Vergnügen, El Topo im Hause Barish zu sehen.

Auf den ersten Metern ein sehr wirrer Film, der sich im Laufe der Handlung allerdings als recht kritischer und nicht undummer Kunstfilm mit tatsächlicher Message und Handlung entpuppt. Da erschließt sich einem sogar der Filmtitel (El Topo: Der Maulwurf). Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=dtGUx4kXIEY

Aus dem Hause Jodorowsky stammen auch noch folgende Filme:

Montana Sacra - Der heilige Berg
Tusk
Santa Sangre
The Rainbow Thief

Der mittlerweile 80jährige ist/war übrigens einer der Lieblingsfilmemacher von John Lennon und Marilyn Manson, letzteren wollte er vor ein paar Jahren noch in zwei Filmprojekte namens Abelcain und King Shot stecken. Abelcain wär ein Sequel zu El Topo geworden, King Shot hätte die Geschichte eines 300 Jahre alten Papstes (Manson) erzählt. Der Mann versucht zwar immer noch, was neues zu realisieren, aber Geldgeber sind wohl eher zaghaft. Was hinsichtlich seiner Werke verständlich ist.

Kennt noch jemand anders seine Filme?
 

Joel.Barish

dank AF
Hier gibt es den Thread zu "Montana Sacra", den ich damals uriger Weise mit dem internationalen Titel versehen hatte:
http://www.bereitsgesehen.de/wbblite/thread.php?threadid=12760&sid=

Bei "Horror, Psycho" passt Jodorowsky aber eigentlich besser. Ich kenne leider nur "El Topo" und "Montana Sacra", aber "Santa Sangre" gibt es in der Kino Kontrovers Reihe auf DVD. Den wollte ich immer schon mal mitnehmen. El Topo und Montana Sacra sind aber die beiden Hauptwerke Jodorowskys. "Tusk" und "Rainbow Thief" waren Auftragsarbeiten oder Freundschaftsdienste und gelten als eher misslungen. "Fando und Lis" fehlt übrigens in der Aufzählung. Den würde ich auch gerne mal sehen.

Interessant auch, wann diese Filme erschienen sind:
Fando und Lis - 1968
El Topo - 1970
Montana Sacra - 1973
Tusk - 1980
Santa Sange - 1989
Rainbow Thief - 1990
Seit dem nichts mehr, obwohl er gerade wieder an "King Shot" arbeiten soll. Produzent? David Lynch! :wink:

Er hat sich in der Zwischenzeit und bis heute intensiv um Comics gekümmert als Autor. Wohl, weil seine stark visuellen Ideen als Film teuer und schwer vermarktbar wären und der Comic da das ideale Ausweichmedium darstellt. Häufig geht es ihm dort um ziemlich abgefahrene Science-Fiction mit viel Surrealsmus und noch mehr Gewalt. Die "Meta Barone" hatte ich schon ein paar Mal in der Hand. Fand ich sehr interessant, wobei hauptsächlich wegen den Zeichnungen von Juan Giménez. Auch von ihm "Juan Solo" (:squint:) und "L'Incal". Das sind die, durch die ich schon geblättert habe. Vielleicht weiß Paddy da mehr.

Eine offizielle Jodorowsky DVD-Edition wie sie letztes Jahr im UK erschienen ist, wäre für Deutschland mal wünschenswert.
 

Joel.Barish

dank AF
Neo, das ist aber die US-Edition. USA ist nicht UK. :wink: Ich habe nämlich keinen Code-Free DVD-Player und auch keine Kreditkarte um bei amazon.com zu kaufen. Ich dachte eher an diese Edition:
http://www.ofdb.de/view.php?page=fassung&fid=3547&vid=208059

Und ganz abgesehen von Codes und Preisen finde ich einfach, dass der deutsche Filmmarkt diese Filme einfach anbieten muss. Aber "Eraserhead" hat ja jetzt auch eine offizielle Veröffentlichung, vielleicht kommt da noch was.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
NEWS

Jodorowsky Fans aufgepasst, Neuigkeiten. :smile:

The Dance of Reality (Danza de realidad) - Jodorowskys neuester Film - hat noch immer keinen Deutschland-Release, erscheint aber diese Woche in den USA auf Blu-ray. Hier nochmal der Trailer, falls ihr den noch nicht kennen solltet:

https://www.youtube.com/watch?v=GMM5tZOsr3Q

Für Jodorowsky's Dune gilt das gleiche. Die Doku über seinen fast gemachten Dune Film, bevors dann an David Lynch ging, hat auch noch keinen D-Termin, ist in den USA aber mittlerweile schon auf Blu-ray raus.

Und wenn alles irgendwie hinhaut, will der 85jährige im Winter mit Sons of El Topo alias Abelcain anfangen.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
"Der heilige Berg" (OT: "Montana Sacra") ist ein surrealistischer Film des chilenischen Regisseurs Alejandro Jodorowski (der auch das Drehbuch verfasste und eine der Hauptrollen übernahm) aus dem Jahr 1973.

Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=-FR9blKnVQE


Den Film habe ich gestern gesehen und musste ihn erstmal verdauen. Sehr grotesk und bizarr, manchmal verstörend, ekelerregend oder brutal. Mit viel nackter Haut und beeindruckenden, fast hypnotischen Bildern voller Symbolik. Manche Sachen fand ich zu albern und esoterisch-abgehoben (als hätte sich ein Hippie zu viel LSD eingeschmissen), und bei dem Ende hat es sich der Regisseur und Autor etwas leicht gemacht, aber ansonsten hat mir der Film gefallen. War schon interessant gemacht und ziemlich kunstvoll.
Gesprochen wurde sehr wenig, es gab keine richtigen Dialoge, sondern mehrere Monologe.

Habt ihr den Film gesehen? El Topo will ich mir auch bald ansehen.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Stimmt, der Mountain ist echt ein gewaltiger Kunstklotz. Grotesk, provokant, alles andere als klar zu deuten, aber faszinierend und trotz vieler Fehler ein sehenswertes Stück Alternativkino.

Du musst dir dann unbedingt noch El Topo und Santa Sangre ansehen.
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Manny schrieb:
Ich kenne nur Santa Sangre und finde den doch ziemlich schlecht.
Nachdem ich den vor einigen Wochen nochmal gesehen habe, würde ich ihn von 'ziemlich schlecht' auf 'naja, geht so' hoch stufen.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Habe heute El Topo gesehen. Er ist nicht ganz so wirr wie Der heilige Berg, aber auch nicht ohne. Jodorowsky scheint eine "Vorliebe" für Menschen mit körperlichen Missbildungen und Amputationen zu haben.
El Topo fand ich ziemlich gut, aber mehr kann ich dazu gar nicht sagen. Das sind Filme, die man schwer beschreiben kann, man muss sie selbst sehen.
 
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