Blonde ~ Marilyn Monroe Film vom Jesse James Macher

Envincar

der mecKercheF
Am Wochenende gesehen. Puh schwere Kost dieser Film. Ein typischer Kunstfilm bei dem sich die Geister scheiden. Kein Film fürs breite Publikum und ganz sicher kein Film für Monroe Fans, die sich nur mit Monroes Filmen und ikonischen Post Up Bildern beschäftigt haben. Die ganze Filmbranche, das Umfeld, ein Ehemann, Kennedy und Monroe selbst kommen hier definitiv nicht gut weg. Der Film zieht einen komplett runter, ist teilweise echt anstrengend und geht zu lang. Der ständige Wechsel zwischen Farbbilder und Schwarz/Weiß hat sich mir nicht wirklich erschlossen.
Es ist mehr als schade, dass Norma Jean sich nicht mehr zu ihrem Leben äußern kann. Hier wird sie zumindest als kleines Naivchen mit extremen Vaterkomplex hingestellt, die ihr ganzes Leben lang nur missbraucht und ausgenutzt wurde.

Kann diesem Film nicht empfehlen. Dann lieber eine Dokumentation über ihr Leben. Denke das ist informativer und leichter zu verfolgen.
 

jimbo

Administrator
Teammitglied
Überzeugt Ana de Armas?

Gibts gute darstellerische Leistungen von Jemandem aus dem Cast?
 

Envincar

der mecKercheF
finde die Darsteller sind alle gut. Wie die Figuren dargestellt werden ist halt das Problem. Monroe wirkt wie ein komplett naives Dummchen mit Komplexen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie wirklich so wahr.
 

Puni

Well-Known Member
Ist halt die Frage, wie man solche Personen der Öffentlichkeit überhaupt anständig in fiktionaler Form charakterisieren will und wer darüber die Deutungshoheit haben soll. Von zehn Wegbegleitern sagen zehn wohl was Unterschiedliches, wenn es um die Persönlichkeit eines Menschen geht. Mir sind dabei so Biopics wie das hier oder auch Spencer, die auch mal Schattenseiten beleuchten, deutlich lieber beziehungsweise interessanter, als wenn alles glattgebügelt und auf mögliche Zielgruppen zugeschnitten wird.
 

Envincar

der mecKercheF
das aufjedenfall. Wenn man sich mal bei Wikipedia und Co bisschen was durchliest zum Thema Abtreibungen und Fehlgeburten....das ist schon krass was die Dame durchmachen musste. Aber in Blonde wirkte sie halt komplett schwach und naiv. Der Film hätte vielleicht noch besser funktioniert wenn sie etwas stabiler dargestellt worden wäre.
 

Woodstock

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Ich habe ihn gesehen und bin kein Monroe-Experte, aber der Film soll fern von der Realität sein. Bei einer Kultfigur wie Monroe ist es kaum möglich, solche skandalösen Details für immer verdeckt zu halten.

Was gezeigt wird, ist einfach nicht wahr. Ich werde den Film wohl auslassen.

q:
 

Envincar

der mecKercheF
Ich habe ihn gesehen und bin kein Monroe-Experte, aber der Film soll fern von der Realität sein. Bei einer Kultfigur wie Monroe ist es kaum möglich, solche skandalösen Details für immer verdeckt zu halten.

Was gezeigt wird, ist einfach nicht wahr. Ich werde den Film wohl auslassen.

q:

uff wenn das alles passt ist der Film ja echt fernab der Realität. Finde ich schon ziemlich low vom Regisseur. Besonders durch die Tonalität hat man das Gefühl hier die "Wahrheit" gezeigt zu bekommen abseits des ganzen Glams. Fühle mich verarscht :check:
 

Shins

Well-Known Member
War nicht von Anfang an klar, dass der Film nichts mit der Realität zu tun haben wird? Ich erinnere mich da an Berichte über das Buch, auf das der Film basiert, das ebenfalls eher ein fiktives Werk sein soll.

Edit: Hat Joel sogar ein paar Beiträge vor mir erzählt. "Der Roman wird von der Autorin als Fiktion bezeichnet."
 

Deathrider

The Dude
Besonders durch die Tonalität hat man das Gefühl hier die "Wahrheit" gezeigt zu bekommen abseits des ganzen Glams.
Alleine deswegen ist es doch vielleicht zumindest interessant sich das anzuschauen. Vielleicht ist es ja eine provokante Art und Weise, vorzuführen wie sich der Zuschauer von Stilmitteln manipulieren und von einer nonexistenten Authentizität ausgehen lässt.

Ist denn The Assassination of Jesse James historisch korrekt? Ernst gemeinte Frage. Wenn nicht, könnte das ja genau das Ding des Regisseurs sein: Authentisch wirkende, alternative Welten zu erschaffen. Hmmm... wobei... macht das nicht jeder Filmemacher?

Grundsätzlich finde ich es schon mal schwierig, bei einem Spielfilm irgendeine Art historische Korrektheit zu erwarten. Wenn ein Film damit wirbt ("Nach einer wahren Begebenheit"), ist das was anderes und dann verlange auch ich in den historisch relevanten Punkten Korrektheit. Ansonsten gehe ich immer von der massiven Nutzung künstlicher Freiheit aus. Spannend wird es dann halt nochmal, wenn es artifiziell wird, etwa wenn in "Titus" die Gothen Wehrmachtshelme tragen, wenn in "Ich hab vergessen wie die Serie heißt" POC adelige im 18. Jahrhundert spielen, oder wenn jemand so deutlich gegen die historische Überlieferung arbeitet wie hier. Das will doch diskutiert werden.
 

Deathrider

The Dude
War nicht von Anfang an klar, dass der Film nichts mit der Realität zu tun haben wird? Ich erinnere mich da an Berichte über das Buch, auf das der Film basiert, das ebenfalls eher ein fiktives Werk sein soll.

Edit: Hat Joel sogar ein paar Beiträge vor mir erzählt. "Der Roman wird von der Autorin als Fiktion bezeichnet."
Danke für die Aufklärung.
 

McKenzie

Unchained
Hm..also prinzipiell ja, Biopics werden immer zugunsten der Filmdramaturgie Zeiträume verdichten, Charaktereigenschaften aufbauschen und dergleichen, das lässt sich kaum vermeiden. Ein Grund warum ich mit Biopics generell nicht allzuviel anfange.
Allerdings denke ich doch, dass es ähnlich wie bei sonstigen -Verfilmungen (Literatur z.B.) schon einen gewissen Sweet Spot gibt, über den man nicht allzu sehr hinauswandern sollte. Wenn real existierenden Menschen unter ihrem echten Namen nun z.B. unterstellt wird, ein Vergewaltiger zu sein, ist das eine harte Anschuldigung in der Öffentlichkeit. Da kann man gern in Interviews sagen, dass es "eh fiktiv ist", viele der Normalo-Zuseher schauen so einen Film ohne sich im Hintergrund groß zu informieren, und auch wenn sie nicht alles glauben, bleibt eine gewisse Färbung. Wenn doch alles eh fiktiv ist, warum dann überhaupt Marilyn nennen? Es könnte genausogut die rothaarige Madelyn sein, der all das widerfährt. Die inhaltliche Message wäre die gleiche, ohne echte Namen runterzuziehen. Aber dann würde man ja wieder keinen Buzz generieren, von dem der Film ja lebt.
 

Woodstock

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War nicht von Anfang an klar, dass der Film nichts mit der Realität zu tun haben wird? Ich erinnere mich da an Berichte über das Buch, auf das der Film basiert, das ebenfalls eher ein fiktives Werk sein soll.

Edit: Hat Joel sogar ein paar Beiträge vor mir erzählt. "Der Roman wird von der Autorin als Fiktion bezeichnet."
Wenn das stimmen sollte, wäre das von allen Beteiligten unglaublich schwach und bin außerdem gezwungen die Notwendigkeit des Buches (Real-Life-Fan Fiction) und den Film in Frage zu stellen.

Wie @McKenzie schon sagt, historische Figuren mal eben als Vergewaltiger darzustellen ist eine harte Anschuldigung, besonders wenn der Film als Biopic beworben wird.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Ich weiß da wurde schon drüber diskutiert aber ich wollte trotzdem kurz anmerken dass nicht nur in Biopics gekürzt, aufgebauscht, dramatisiert wird usw., sondern in jedem historischem Film oder Serie. Mal mehr mal weniger. Da werden Dinge hinzugedichtet, weggenommen, variiert, ausgedacht.
Kein Autor, Künstler oder Regisseur hat irgendeine Verpflichtung an die tatsächlichen Ereignisse. Geht auch gar nicht bei einem 2 Stunden Film.
Das ist ja gerade das Interessante an einer Interpretation als Spielfilm. Klar gibt es Kreative, die haben einen faktischeren Ansatz als andere. Eine Abbildung der Realität sieht man trotzdem nicht. Manchmal sogar wesentlich weniger als man vielleicht glaubt.
Nur weil Netflix' "Dahmer" eine paar damals gefilmte Aufnahmen nachgestellt hat, heißt nicht dass man sich hier in historischer Realität bildet. Historische Realität in Spielfilmen ist eine Fata Morgana. Das Medium, gerade in der konsumistischen Multiplexvariante, erzeugt vornehmlich Gefühle und keine Fakten.
Ebenso gibt es Filme wie Pablo Larraíns "Spencer" welcher abgesehen von ein paar Details komplett fiktiv ist aber dennoch eine Seite von Diana zeigt, die - obwohl natürlich filmisch überhöht - einen komplett neuen Blick auf die Person und die ganze royale Familie erlaubt, somit den eignen Blickwinkel erweitert.
So kann eine Satire wie "The Death of Stalin", obwohl nur sehr lose an historischen Fakten interessiert, den obskuren Wahnsinn dieser kommunistischen Diktatur im inneren Kreis der Herrschaft womöglich besser vermitteln, als es das Zusammentragen von Fakten je könnte.
Ich habe Blonde nicht gesehen und kann gut sein dass der Film an sich überhaupt nicht gut ist. Einer etwaigen Enttäuschung über zu wenig Realität in einem 166min Theater, basierend auf einem Roman, kann man bei entsprechender Einordung aber leicht entgehen.
Nur weil Geschichten unwahr sind, bedeutet das nicht, dass sie lügen.
 

Woodstock

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Das ist alles sicherlich richtig @Revolvermann, aber jemanden, der noch lebt bzw. noch lebende Hinterbliebene hat als Vergewaltiger ohne Richtigstellung zu präsentieren, ist was anderes als einen komplizierten historischen Machtübergang nach dem Tod eines Diktators vereinfacht
darzustellen.
Nur weil Geschichten unwahr sind, bedeutet das nicht, dass sie lügen.
Das könnte eine Verteidigung von Trump sein. Ich verstehe, was du damit sagen willst, aber damit macht man es sich zu leicht.

Es besteht ein Unterschied, ob du versuchst den Geist einer Epoche einzufangen, für welche du keine Zeitzeugen mehr hast oder ob du ein Biopic machst, mit noch lebenden Beteiligten. Du möchtest die Atmosphäre einer Kultur einfangen oder wie sich jemand fühlte, in Ordnung, aber hier musst du tatsächliche Begebenheiten verwenden oder dich zumindest nahe dran bewegen, sonst übermittelst du nicht die möglichen Gefühle einer historischen Person, sondern einfach nur Fiktion.

Das ist eindeutig kein Biopic, wurde aber so beworben. Es ist History-Fiction und hat wenig mit der Realität zu tun.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Das ist alles sicherlich richtig @Revolvermann, aber jemanden, der noch lebt bzw. noch lebende Hinterbliebene hat als Vergewaltiger ohne Richtigstellung zu präsentieren, ist was anderes als einen komplizierten historischen Machtübergang nach dem Tod eines Diktators vereinfacht
darzustellen.
Hatten wir das nicht alles schon? Letztes Mal hast du dann Schindlers Liste als Extrembeispiel rausgesucht.
Und schon damals habe ich dir geantwortet, das das Denunzieren von Menschen kein Ausdruck der Kunstfreiheit ist und auch nicht Verleumdung. Da gibt es, wie überall, Abstufungen. Was aber auch alles überhaupt keine Problem darstellen würde, wenn den Menschen klar werden würde, dass sie hier keine Darstellung der Realität vorfinden. Genauso wenig muss sich ein Autor an die aktuellen politischen Realitäten halten, wenn er einen Film macht, der im hier und heute spielt.
as könnte eine Verteidigung von Trump sein. Ich verstehe, was du damit sagen willst, aber damit macht man es sich zu leicht.
Nur das Trump das nicht gesagt hat und du ihm Wörter in dem Mund legst. Aber selbst wenn er es sagen würde, wäre das nicht im Kontext einer Diskussion um Geschichten und Filme, weil Trump keine Filme macht sondern politische Realität. Dementsprechend ist dieser Vergleich also spekulativ und zudem noch unangebracht.
Es besteht ein Unterschied, ob du versuchst den Geist einer Epoche einzufangen, für welche du keine Zeitzeugen mehr hast oder ob du ein Biopic machst, mit noch lebenden Beteiligten. Du möchtest die Atmosphäre einer Kultur einfangen oder wie sich jemand fühlte, in Ordnung, aber hier musst du tatsächliche Begebenheiten verwenden oder dich zumindest nahe dran bewegen, sonst übermittelst du nicht die möglichen Gefühle einer historischen Person, sondern einfach nur Fiktion.
Wie lange die Epoche her ist macht für mich in dem Fall keinen Unterschied aus oben genannten Gründen. Und wie bereits geschrieben kann man mit Fiktion Gefühle oft wesentlich besser transportieren als mit den tatsächlichen Gegebenheiten (das sagt der Satz nämlich tatsächlich aus). Sobald man von einem vergangenen Ereignis erzählt, und sei es nur mündlich zu einer anderen Person, fängt man an zu verkürzen, zu dramatisieren. Weil man es so tatsächlich besser Vermitteln kann als die 3 stündige Situation 1:1 im Detail aufzuforsten. Jeder macht das. Jeder weiß das man es macht.
Im Kontext eines Spielfilms mit unterhaltungstechnischem und künstlerischem Anspruch verliert man endgültig irgendwelche Verbindlichkeiten gegenüber der Realität.
Viele Leute können das besser nachvollziehen, wenn man es aus dem filmische Rahmen nimmt und buchstäblich auf die Bühne zerrt. Setzt du zwei Schauspieler, die zum besseren Verständnis sogar sehr wenig Ähnlichkeit mit den Originalen haben und zudem Straßenklamotten tragen, auf eine Bühne und sagst, dies sei ein Gespräch zwischen Putin und Macron, sind die meisten Menschen von Natur aus skeptisch im Bezug auf Wahrheitsgehalt. Man erkennt es sofort als Inszenierung, welche alle möglichen Motive verfolgen kann.
Setzt man zwei perfekt ausstaffierte Double in perfekte Kopien ihrer Arbeitszimmer, packt das in einen Unterhaltungsfilm und hält eine Kamera drauf, wohlbemerkt den exakt selben Dialog, sind die Leute viel eher bereit es als Realität anzusehen. Verlangen es sogar. Dabei ist es weiterhin dieselbe Inszenierung. Bei dieser Einordung der Dinge ist einem selbstverständlich der Regisseur nichts schuldig, man sollte vielmehr seine eigene Leichtgläubigkeit hinterfragen und in Erwägung ziehen was jemand damit bei mir erreichen könnte, der keine künstlerische sondern eine bösartige, propagandistische Intention verfolgt.

Das ist eindeutig kein Biopic, wurde aber so beworben. Es ist History-Fiction und hat wenig mit der Realität zu tun.
Ich weiß nicht welche Werbung du meinst aber bereits im Trailer steht groß, dass es auf einem Roman basiert. Und das es sich bei einem Roman um eine Erzählung handelt, wissen die meisten Leute, würde ich mal so behaupten. Braucht da, wie gesagt, aber auch nicht stehen weil Schauspieler in Kostümen stecken und Sätze aufsagen.

Aber nochmal, hatten wir das nicht alles schon? Falls sich da irgendwer für meinen Standpunkt in der Diskussion mit dir interessieren sollte, kann das noch immer nachlesen. Ich meine, es war im Vikings Thread. Oder vielleicht Vikings-Valhalla.
 

Woodstock

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Tut mir leid @Revolvermann, ich verstehe deinen Standpunkt, aber ich kann ihn gerade hier teilen. Bei historischem Stoff, egal ob Buchverfilmung oder nicht, spielt die Distanz nun mal eine große Rolle. Deine Argumentation ist durchaus legitim, wenn wir uns in einer Zeit mit mangelhaften Quellen und ohne lebende Hinterbliebene und Zeitzeugen befinden, aber wenn es die moderne Geschichte betrifft, haben wir allein aus Rücksicht auf die noch lebenden Personen eine andere, größere Verantwortung.

Nicht jeder historischer Stoff ist absolut gleichzubehandeln. Es muss immer abgewogen werden! Dieser Aspekt meiner Ansichten konnte ich noch nicht in einem anderen Beitrag nennen, da sich die Gelegenheit noch nicht geboten hat. Und ja, mir ist die Vikings-Valhalla Diskussion noch bekannt, aber die Ergebnisse dieser Diskussion sind nicht allgemeingültig für alle historischen Werke.

Ich muss hier tatsächlich ein Argument verwenden, welches vielleicht zu persönlich ist, aber ich komme nicht drumherum. Nehmen wir an, es wird ein historischer Roman, Film oder beides über einen Bekannten deines Vaters oder Großvaters geschaffen und in diesem Werk wird dein Vater bzw. Großvater als Verbrecher dargestellt. Als Mörder, Vergewaltiger, Betrüger oder Dieb und all das passiert, obwohl du weißt, dass es nicht stimmt.

Würdest du dann noch immer, in Bezug auf dieses Werk, für die künstlerische Freiheit bei historischem Material argumentieren? Macht es den Imageschaden deines Vaters/Großvaters bzw. deiner Familie in irgendeiner Weise besser, weil es vorher ein Roman war? Denkst du, der Disclaimer des Autors, den kaum einer liest, würde das besser machen?

Mein Hauptargument hier ist, dass wir bei historischem Material, egal ob Buch, Film, Serie, Spiel oder was auch immer eine Verantwortung tragen, welche zwar nichts verbieten sollte, wenn es sich um History-Fiction handelt, aber auch nicht respektlos sein darf, besonders, wenn es noch lebende Hinterbliebene betreffen könnte. Die Distanz zur Epoche und zu den betreffenden Personen ist relevant! Besonders in Werken, die nicht als Satire gekennzeichnet sind. "The Death of Stalin" ist tonal vollkommen anders als "Blonde". Das ist durchaus ein relevanter Faktor.

Und leider kennen viele nicht den Unterschied oder haben das Wissen, um die Unterschiede zu bemerken oder rauszusuchen, was gewaltigen Schaden anrichten kann, denn leider ist in einer Gesellschaft die Wahrnehmung eines Ereignisses ebenso relevant wie die Wahrheit dahinter. Das ist ein Fakt, welcher immer mitbedacht werden muss. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dieser Umstand bedauerlicherweise nicht zu leugnen ist.

Ich weiß nicht welche Werbung du meinst aber bereits im Trailer steht groß, dass es auf einem Roman basiert. Und das es sich bei einem Roman um eine Erzählung handelt, wissen die meisten Leute, würde ich mal so behaupten. Braucht da, wie gesagt, aber auch nicht stehen weil Schauspieler in Kostümen stecken und Sätze aufsagen.
Ich finde, dass du es dir hier noch immer zu einfach machst. Romane sind nicht automatisch pure Fiktion und werden nicht von jedem als solche empfunden. Ein Roman oder Film über ein historisches Ereignis kann für viele die einzige Verbindung zu einer historischen Information sein. Dementsprechend musst du als Autor bzw. Filmemacher einen wesentlich höheren Anspruch an sein Werk haben. Geschichtliches zu verwenden, egal auf welche Weise, ist schwierig und benötigt sehr viel Verständnis, Respekt, Recherche und Können, egal ob du eine Satire, Biopic oder sonst was angehst. Und genau so muss es sein!
 

Revolvermann

Well-Known Member
Ich muss hier tatsächlich ein Argument verwenden, welches vielleicht zu persönlich ist, aber ich komme nicht drumherum. Nehmen wir an, es wird ein historischer Roman, Film oder beides über einen Bekannten deines Vaters oder Großvaters geschaffen und in diesem Werk wird dein Vater bzw. Großvater als Verbrecher dargestellt. Als Mörder, Vergewaltiger, Betrüger oder Dieb und all das passiert, obwohl du weißt, dass es nicht stimmt.

Würdest du dann noch immer, in Bezug auf dieses Werk, für die künstlerische Freiheit bei historischem Material argumentieren? Macht es den Imageschaden deines Vaters/Großvaters bzw. deiner Familie in irgendeiner Weise besser, weil es vorher ein Roman war? Denkst du, der Disclaimer des Autors, den kaum einer liest, würde das besser machen?
Natürlich würde ich genauso argumentieren. Dieser, nennen wir es mal Imageschaden, würde ja nur im Kopf von Personen entstehen, die das Gezeigte nicht richtig einordnen können. Das ist der Punkt dieser Debatte im Ganzen.
Aber wie gesagt, gibt es auch dort natürlich Abstufungen. Nicht jede künstlerische Interpretation bedeutet die Denunzierung einer Person. Und nur weil es diese Extrembeispiele gibt und damit unter Umständen Schaden in der öffentlichen Konzeption eines Ereignisses oder einer Person entstehen können, darf das nicht heißen Kunstfreiheit zu limitieren, sondern sollte uns vielmehr im Umgang damit schulen. Kunstfreiheit und sich abwertende Dinge über Personen ausdenken sind keine austauschbaren Begriffe. Allein der Gedankengang, dass die Freiheit einer Interpretation, die Verleumdung einer Person beinhaltet, erinnern viel weniger an Freiheit sondern an Missbrauch.
Dennoch sollte die Behebung eines Imageschadens gar nicht von Nöten sein, weil sich jeder Bewusst sein sollte, dass er einer Filmfigur zugesehen hat und nicht meinem Opa oder wem auch immer (dass du an dieser Stelle meine Familie als hypothetischen Fall heranziehst, nehme ich dir natürlich gar nicht übel, ist es doch ein argumentatorischer Schritt. Wenn du diese Diskussion mit Darstellern verfilmen würdest, wäre es immer noch nicht meine echte Familie😝).
Unterbewusst sollte das den meisten längst klar sein. Andrew Dominik trägt keine Verantwortung dir oder mir zu erklären was historisch wahr ist und was nicht. Er ist Regisseur und keine Autor von Fachliteratur oder Geschichtslehrer.
Ich meine, woher wissen die entsprechenden Leute, dass es so viele historische Ungenauigkeiten in Blonde gibt? Aus dem Vergleich mit einem anderen Spielfilm über Marilyn Monroe? Berechtigterweise akzeptiert das niemand als Quelle.

Verstehe mich nicht falsch. Man kann eine Unmenge an Zeit und Recherche in die historische Genauigkeit seines Skripts stecken und das gefällt mir sogar.
Muss man das? Nein. Denn allein der Unterhaltungsfilm als Medium ist dafür denkbar ungeeignet und es kann, muss aber auch nicht der Ansatz sein.
Ich habe gerade übrigens nochmal die alte Diskussion (übrigens im Valhalla Thread) nochmal überflogen und sei mir nicht böse Woody, aber wir drehen uns hier im Kreis.
Womöglich ein agree to disagree.
 
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McKenzie

Unchained
Setzt du zwei Schauspieler, die zum besseren Verständnis sogar sehr wenig Ähnlichkeit mit den Originalen haben und zudem Straßenklamotten tragen, auf eine Bühne und sagst, dies sei ein Gespräch zwischen Putin und Macron, sind die meisten Menschen von Natur aus skeptisch im Bezug auf Wahrheitsgehalt. Man erkennt es sofort als Inszenierung, welche alle möglichen Motive verfolgen kann.
Setzt man zwei perfekt ausstaffierte Double in perfekte Kopien ihrer Arbeitszimmer, packt das in einen Unterhaltungsfilm und hält eine Kamera drauf, wohlbemerkt den exakt selben Dialog, sind die Leute viel eher bereit es als Realität anzusehen. Verlangen es sogar. Dabei ist es weiterhin dieselbe Inszenierung. Bei dieser Einordung der Dinge ist einem selbstverständlich der Regisseur nichts schuldig, man sollte vielmehr seine eigene Leichtgläubigkeit hinterfragen und in Erwägung ziehen was jemand damit bei mir erreichen könnte, der keine künstlerische sondern eine bösartige, propagandistische Intention verfolgt.
Man könnte aber durchaus hinterfragen, warum der Regisseur es für nötig hält, diese beiden perfekten Doubles zu nehmen für eine universell gedachte eigene Fantasygeschichte. Möglicherweise ist der Inhalt für sich dann ja gar nicht so stark? Auf jeden Fall tritt ja auch ein gegenteiliger Effekt ein, dass die reale Person der diese Story und diese Geschehnisse aufgedrückt werden, die erzählte Geschichte überschattet.
Und ja, wir hatten es schon mal, aber ich finde durchaus dass es in der Verantwortung des Regisseurs liegt, ob er real existierenden und evtl. sogar noch lebenden Personen etwas Gröberes andichtet, weil der Großteil des Publikums eben keine Filmnerds sind die sich tiefergehend informieren. Deren eigene Schuld, klar. Aber will man heutzutage wirklich zur allgemeinen Desinformation und alternative facts beitragen? Das ist dann schon mehr eine Frage des menschlichen In-Sich-Gehens als des künstlerischen.

Ich könnte/kann btw. gut mit Filmen wie Blonde leben, wenn etwa an Anfang eine Texttafel gezeigt wird dass man reale Personen nur als Inspiration genommen hat. Damit wär alles geklärt und man kann sich austoben.
 
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