Der große Thread über Objektivität in der Filmkritik

Woodstock

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Es geht nicht darum, ob man seine subjektive Meinung vermitteln darf, es passiert automatisch. Filmkritiken, selbst die Bewertung von Schnitt und Kamera, sind grundsätzlich immer subjektiv!
Es ist, schon rein nach Definition, unmöglich beoi sowas objektiv zu sein. Du kannst versuchen es so neutral zu sehen, wie es dir möglich ist aber selbst dann, ist es noch subjektiv. Geht gar nicht anders! Alles andere, wäre schlichtweg nicht Objektivität, sondern etwas anderes. Dabei ist es egal was man glaubt oder gehört hat, es ist einfach so. Das ist kein Gottesbeweis, keine theologische Debatte.


Ich hatte nie vor, dass die Diskussion so ausartet oder sich Personen suf den Schlips getreten fühlen. Ich hatte nur die Aussagen eines Users gesehen, von denen ich wusste, dass sie inhaltlich und (ironischerweise) objektiv falsch sind und wollte darauf hinweisen und dann ist alles eskaliert.

Ich habe “Joker“ übrigens noch nicht einmal gesehen :squint:
 

Raphiw

Guybrush Feelgood
Ich denke auch das 100%ige Objektivität nicht möglich ist. Nicht Mal in der Mathematik, aber ich denke es ist mühselig darüber eine Diskussion zu führen. Ich schreibe deshalb auch nie "objektiv gesehen", sondern eher "wenn ich es Versuche objektiv zu betrachten"... aber wenn ich jemand den Begriff objektiv als Tatsache in seinen satz einbaut, weiß ich schon wie er für mich zu bewerten ist und damit ist es gut. :smile: Ich habe schon lange aufgegeben mich über Kleinigkeiten wie Begriffe aufzuregen.

War übrigens gestern im Film. Es gab ein paar interessante Wendungen und es war interessant zu sehen wie die Menschen im Saal um mich herum den joker teilweise ganz anders aufgefasst haben als ich. Es war schon perfide und gut gespielt von Phillips mit den Erwartungen und Erfahrungen der Zuschauer zu spielen. Sie machten oft wenn der Joker lachte und sahen die Dramatik hinter seinem Krankheitsbild nicht. Ich musste nur einmal schmunzeln (Glastür) und war ansonsten in den Sitz gefesselt.
Von mir gibt es 8/10 Zauberstäbe, weil ich denke da wäre in puncto Drehbuch noch Luft nach oben gewesen. Zu ein oder zwei kleinen Easter eggs hätte sich Todd Phillips auch hinreißen lassen sollen. Hätte mich gefreut. Ansonsten sehr atmosphärisch die ganze Kiste.:smile:
 

Driver

Well-Known Member
@Woodstock: Lassen wir die Wörter Subjektiv oder Objektiv mal außen vor. Qualität ist definitiv feststellbar. Da zählt eine persönliche Ansicht überhaupt nicht. Wenn jahrelang mit einer aufwändigen Kameratechnik gedreht wurde und viele Leute hart daran gearbeitet haben einen Film so zu realisieren dann ist das ein Mehrwert gegenüber Filmen die mit deutlich weniger Aufwand gedreht wurden. Das ist so und das lässt sich feststellen.

Das kann und muss man anerkennen! Das ist ein Bewertungskriterium.

Und was ich jetzt schon vermehrt versucht habe zu vermitteln ist der Punkt das man Kritiken die viele Leute lesen möglichst fair schreiben sollte und seine persönliche Meinung weniger einfließen lässt. Das geht sehr wohl in dem man die Qualitäten des Film hervorhebt auch wenn einem der Film weniger gefallen hat.
 

Puni

Well-Known Member
@Woodstock: Lassen wir die Wörter Subjektiv oder Objektiv mal außen vor. Qualität ist definitiv feststellbar. Da zählt eine persönliche Ansicht überhaupt nicht. Wenn jahrelang mit einer aufwändigen Kameratechnik gedreht wurde und viele Leute hart daran gearbeitet haben einen Film so zu realisieren dann ist das ein Mehrwert gegenüber Filmen die mit deutlich weniger Aufwand gedreht wurden. Das ist so und das lässt sich feststellen.

Das kann und muss man anerkennen! Das ist ein Bewertungskriterium.
Ist das dein Ernst? Dann muss ich ja jeden Blockbuster anerkennen, oder jeden Hochglanz-Müll wie Green Book oder LA Crash, und darf dem nichts unter sagen wir 5 / 10 geben weil der ja so toll aussieht? Das steht doch nur dafür, dass Geld dahinter steckt, und hat in erster Linie keinen künstlerischen Wert, wenn sich eine Produktion einen dreimonatigen Dreh, Special Effects oder einen tollen Kameramann leisten kann. Hat absolut keinen Mehrwert für mich in künstlerischem Sinne.
Das ist ja eine künstlerische Bankrotterklärung von dir.
 

Driver

Well-Known Member
Ist das dein Ernst das du die Arbeit von hunderten kreativen Leuten nicht anerkennen kannst die Jahre an einem Projekt gearbeitet haben und man die Qualität und das Ergebnis sehen kann? (Beispiel: Kamera, Schnitt, Color Grading usw.)

Das sollte man in einer fairen Kritik positiv hervorheben. Genauso wie man umgekehrt einen Film mit wenig Budget positiv hervorheben sollte falls dieser mit den gegebenen Mitteln ein tolles Ergebnis erzielt hat.

Das funktioniert in beide Richtungen. Mit Mehrwert meine ich lediglich das man einer aufwändigen Produktion das zum Beispiel tolle Bild schon ansieht. Das sollte man nicht unter den Teppich kehren. Das kann man als positiv bewerten.

Joker hat zum Beispiel eine ganz eigene Bildgestaltung und Farbgebung um die Atmosphäre der 80er und der Stadt zu betonen. Daran haben kreative Leute hart gearbeitet! Das ist Kunst! Und das willst du nicht honorieren?!

Da du Filme wie Green Book aber als Hochglanz-Müll bezeichnest disqualifiziert dich automatisch für diese Diskussion. Ich bin nicht einmal Fan von dem Film und dennoch er hat zweifelsfrei seine eigenen Qualitäten.

Und ja bei einer fairen Kritik radiert man solche Punkte nicht einfach aus. Das heißt aber genauso wenig das man den jeweiligen Film im Fazit automatisch eine positive Gesamtbewertung geben muss. Die Bewertung setzt sich aus vielen Elementen zusammen.
 
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Woodstock

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Ich denke auch das 100%ige Objektivität nicht möglich ist. Nicht Mal in der Mathematik, [...]
Hast du für diese Aussage Belege?

Ein mathematischer Beweis, ist noch immer entweder richtig oder falsch. Da gibt es nichts dazwischen.

Es gibt momentan die Ansicht mancher Populärwissenschaftler, dass es eine naturwissenschaftliche Objektivität überhaupt nicht gibt, aber diese Gedanken sind mehr als nur umstritten und das auch berechtigt.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Ist das dein Ernst das du die Arbeit vom hunderten kreativen Leuten nicht anerkennen kannst die Jahre an einem Projekt gearbeitet haben und man die Qualität und das Ergebnis sehen kann? (Beispiel: Kamera, Schnitt, Color Grading usw.)
Man kann natürlich den Aufwand und die Arbeit anerkennen. Jetzt einfach zu sagen "Die Macher waren faul, der Film sieht blöd aus und ist doof" ist natürlich weder sachlich noch irgendwie erhellend. Gut finden, als künstlerisch wertvoll erachten muss man das deswegen aber nicht. Beispielsweise war Gimini Man in der Produktion seiner Effekte wahnsinnig aufwändig, durch die hohe Framerate.
Habe eben gehört, die mussten einige Fights später nachbearbeiten, weil durch die hohe Framerate sichtbar war, wenn sich Stuntleute nicht "tatsächlich" auf die Mappe hauen. Selbst das Make-Up muss stark reduziert werden, weil man die Schminke im gestochen scharfen Bild erkennt. Was ich schon öfter gelesen habe. Auch das CGI ist aufwändiger. Das Bild ist einfach zweifelsohne flüssiger.
Trotzdem gibt es auch hier im Forum einige Kritiker dieser Technik. Leute die das auf produktionstechnischer, ästhetischer oder sonst irgendeiner Ebene einfach nicht mögen. Das sehe ich nicht grundsätzlich so aber es ist doch ehrliche Kritik.
 

Puni

Well-Known Member
Ist das dein Ernst das du die Arbeit vom hunderten kreativen Leuten nicht anerkennen kannst die Jahre an einem Projekt gearbeitet haben und man die Qualität und das Ergebnis sehen kann? (Beispiel: Kamera, Schnitt, Color Grading usw.)

Das sollte man in einer fairen Kritik positiv hervorheben. Genauso wie man umgekehrt einen Film mit wenig Budget positiv hervorheben sollte falls dieser mit den gegebenen Mitteln ein tolles Ergebnis erzielt hat.

Das funktioniert in beide Richtungen. Mit Mehrwert meine ich lediglich das man einer aufwändigen Produktion das zum Beispiel tolle Bild schon ansieht. Das sollte man nicht unter den Teppich kehren. Das kann man als positiv bewerten.

Joker hat zum Beispiel eine ganz eigene Bildgestaltung und Farbgebung um die Atmosphäre der 80er und der Stadt zu betonen. Daran haben kreative Leute hart gearbeitet! Das ist Kunst! Und das willst du nicht honorieren?!

Da du Filme wie Green Book aber als Hochglanz-Müll bezeichnest disqualifiziert dich automatisch für diese Diskussion. Ich bin nicht einmal Fan von dem Film und dennoch er hat zweifelsfrei seine eigenen Qualitäten.

Und ja bei einer fairen Kritik radiert man solche Punkte nicht einfach aus. Das heißt aber genauso wenig das man den jeweiligen Film im Fazit automatisch eine positive Gesamtbewertung geben muss. Die Bewertung setzt sich aus vielen Elementen zusammen.
Ich komm dir mal entgegen weil ich nicht weiß ob wir einander vorbei reden:
Also hätte es für dich gereicht, wenn der Stern Typ geschrieben hätte, Joker sieht gut aus und Phoenix ist super, aber Drehbuch ist schlecht? Oder erwartest du dass bei einer Multimillionen Produktion wirklich ein sauberer Schnitt oder gute Kameraarbeit mit in die Bewertung eingehen muss, und man so einen Film wie Joker gar nicht wirklich schlecht bewerten kann weil er gut aussieht? Ich versteh es gerade wirklich nicht, weil das ja nunmal alles "käufliche", einzelne Elemente sind, die keinen guten Film am Ende ausmachen müssen.
 

Raphiw

Guybrush Feelgood
Hast du für diese Aussage Belege?

Ein mathematischer Beweis, ist noch immer entweder richtig oder falsch. Da gibt es nichts dazwischen.

Es gibt momentan die Ansicht mancher Populärwissenschaftler, dass es eine naturwissenschaftliche Objektivität überhaupt nicht gibt, aber diese Gedanken sind mehr als nur umstritten und das auch berechtigt.

Mathematische Beweise beziehen sich immer auf Axiome. Eine von uns als festgelegte als Logik zu akzeptierende die Logik. Wir sagen zum Beispiel 1+1=2. Das ist eine Aussage die wir als Basis unseres Logikverständnisses als Tatsache hinnehmen. Alles was wir kennen und uns als belegt dargestellt wird nehmen wir einfach Mal als Tatsache. Dann kommt es jedoch immer wieder jemand in der Geschichte um die Eckev und stellt alles auf den Kopf. So wie Einstein mit seiner Relativitätstheorie. Davon ausgehend musste die komplette Logik in der Physik und Mathematik hinterfragt werden und alles was bis dahin als Tatsache galt war entweder fraglich oder falsch.
Kurzum: wenn wir alles nur weil es unglaublich naheliegend und plausibel wirkt als korrekt annehmen, verschließen wir unsere Augen womöglich vor Dingen die noch plausibler sind. 1+1 ist nicht 2. 1+1 ist mit höchster Wahrscheinlichkeit aus unserem Verständnis heraus 2.
Logik und Wissenschaft sind eben auch menschliche Konstrukte und der Mensch ist alles, aber nicht allwissend oder fehlerfrei.

Edit: Ich halte von diesen Populärwissenschaften auch nix, aber es ist eben auch nicht meine Art Dinge nicht zu hinterfragen. Ich bin da eher bei der Wissenschaft als bei irgendwelchen Verschwörungstheoretikern, aber wenn ich die Wissenschaft nicht auch hinterfrage, dann umschiffe ich ja ihren Sinn. Wissenschaft muss sich auch selbst immer hinterfragen. :wink:

Edit2: sorry für die Fehler hier in dem Post. Hab ihn zwischen Tür und angel am Handy getippt :wink:
 
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Woodstock

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Mathematische Beweise beziehen sich immer auf Axiome. Eine von uns als festgelegte als Logik zu akzeptierende die Logik. Wir sagen zum Beispiel 1+1=2. Das ist eine Aussage die wir als Basis unseres Logikverständnisses als Tatsache hinnehmen. Alles was wir kennen und uns als belegt dargestellt wird nehmen wir einfach Mal als Tatsache. Dann kommt es jedoch immer wieder jemand in der Geschichte um die Eckev und stellt alles auf den Kopf. So wie Einstein mit seiner Relativitätstheorie. Davon ausgehend musste die komplette Logik in der Physik und Mathematik hinterfragt werden und alles was bis dahin als Tatsache galt war entweder fraglich oder falsch.
Du hast da einen Denkfehler bzw. hast den Gedanken nicht zuende gedacht. Wissenschaft und Mathematik sind zwar der Versuch unser Universum zu entschlüsseln aber wir dürfen nicht davon ausgehen, dass es dabei nur eine Mathematik oder eine Physik gibt. Das klingt jetzt komisch, ist aber so. In der modernen Wissenschaft erstellen wir ein Universum und versuchen dem, in dem wir leben, so nahe wie nur möglich zu kommen, so das wir das in dem wir leben tatsächlich entschlüsseln können. Es geht nicht anders, da wir nie ein Hanbuch oder Kommentare zum Quellecode des Universums erhalten haben. Es ist eine Art "Reverse Engineering". Wir rekonstruieren das Universum.

Am Beispiel des Energieerhaltungssatzes können wir sagen, dass er in vielen Bereichen richtig ist aber bei der Messung von hochenergetischen Teilchen ist er falsch. Damit ist der Energieerhaltungssatz eigentlich widerlegt, da es bereits ein Gegenbeispiel braucht, um eine absolute Aussage zu wiederlegen. Beispiel: Jemand sagt, es gibt keine schwarzen Schwäne. Sobald wir irgendwo auf der Welt einen schwarzen Schwan finden und wenn es auch nur einer ist, ist die Aussage logisch widerlegt.
Der Energiererhaltungssatz, obwohl falsch, ist aber nah genug dran für die alltägliche Anwendung und damit geben wir uns prinzipiell zufrieden, bis der nächste Paradigmenwechsel in der Physik stattfindet. Wir haben momentan noch keine wirkliche Alternative.

Wir ergründen das Universum, in dem wir parallel eines für uns erschaffen und schauen wie nah wir an das Original rankommen. Das bedeutet wir müssen uns zunächst auf Axiome einigen welche uns helfen weiterzuforschen. Das ist nichts verkehrtes und es bedeutet weder, dass es darin keine Objektivität gibt, noch das es nicht logisch ist.

Egal welche Mathematik oder Physik wir betrachten, sie basiert auf Axiome (z.B. die Logik), ohne diese wäre Wissenschaft nicht durchführbar (wir suchen nur die richtigen Axiome) aber dieser Umstand greift die Objetivität nicht an, da naturwissenschaftliche Objektivität auf einer Grundregel beruhen muss:

Die Ergebnisse müssen reproduzierbar sein! Wenn du eine Gleichung rechnest, muss du (unter der Bedingung, dass du keinen Fehler machst) immer auf das gleiche Ergebnis kommen. Jeder muss das gleiche Ergebnis erreichen. Wenn du einen Messversuch durchführst, dann muss, egal wer, wo und wann gemessen wird, immer das gleiche Ergebnis bei rauskommen, so das es als objektiv richtig anerkannt wird.

Darum wird auch die psychologische Forschung sehr gerne als Naturwissenschaft kritisiert, da ihre Ergebnisse selten reproduzierbar sind.

Nur so konnte man auch den Energieerhaltungs wiederlegen. Da er die Bedinung hatte, das er immer funktioniert aber er versagt bei der Messung von hochenergetischen Teilchen. Damit haben wir den schwarzen Schwand dieser absoluten Aussage gefunden.

Darum ist Objektivität so wichtig. Egal welche Mathematik, egal welche Physik, egal welches Axiom und Paradigma, wenn die Experimente und Ergebnisse nicht reproduzierbar sind, dann ist die Theorie, die Regel oder sogar unser Paradigma objektiv falsch. :smile:

Ich hoffe, dass kam verständlich rüber.

Edit: Ich halte von diesen Populärwissenschaften auch nix, aber es ist eben auch nicht meine Art Dinge nicht zu hinterfragen.
Es gibt auch gute populärwissenschaftliche Autoren und Bücher (z.B. David Quammen - Spillover) aber es gibt halt auch wirklich furchtbare Schurken darunter (z.B. Daniele Ganser. Ich nenne kein Buch von diesem Lügner). Aber das führt nun wirklich komplett woanders hin. :squint:

Ich bin da eher bei der Wissenschaft als bei irgendwelchen Verschwörungstheoretikern, aber wenn ich die Wissenschaft nicht auch hinterfrage, dann umschiffe ich ja ihren Sinn. Wissenschaft muss sich auch selbst immer hinterfragen. :wink:
Ergebnisse müssen immer hinterfragt werden, absolut! :smile:
 

Presko

Don Quijote des Forums
Boah Leute, ihr macht ja da ein Fass auf. Ein Thema, der sich durch die Ideengeschichte durchzieht.


Lustigerweise habe ich gerade vor zwei Wochen das Thema einer Redaktorin für einen Essay vorgeschlagen.


Und das sind ja wirklich auch nicht nur Populärwissenschaften, welche den Objektivitätsbegriff der Naturwissenschaften kritisch sehen, gerade das zwanzigste Jahrhundert hat ganz viele Denker hervorgebracht, die sich damit kritisch auseinandersetzten, wie etwa der Konstruktivismus.


Ich glaube, die extremste Form findet man in der Moderne bei Descartes, der sich fragte, ob es überhaupt ein sicheres Wissen geben kann, und dann kam er mit seinem berühmten Zirkelschluss um die Ecke berühmt in der Formulierung: „Ich denke, also bin ich“, womit er sagte, eigentlich können wir erst einmal nur sichert sein über unsere Existenz.


Dann kam David Hume, ein Empirist, der die These aufstellte, dass wir eigentlich kein Sicheres Wissen aus der Erfahrung gewinnen können. In der Philosophie wird meist zwischen Erkenntnis a priori und a posteriori unterschieden. A Posteriori bspw. Sind mathematische Erkenntnisse, für die wir keine Erfahrung brauchen. Die gelten als sicher. Aber bei allem, was wir über Erfahrung an Erkenntnissen gewinnen, greift Hume an. So etwa die von uns als objektiv geltenden Naturgesetze. Er sagt, letztlich können wir nicht wissen, dass morgen die Sonne wieder aufgeht, oder dass ein Ball, wenn ich ihn in die Luft werfe, wieder runterfällt. Wir können das nur für höchst wahrscheinlich halten, weil es bis jetzt immer so war. Er sagt unser ganzes empirisches Wissen kommt dadurch zustande, dass wir Gesetzmässigkeiten aus Erfahrung herleiten. Wenn etwas bisher immer passierte, muss es auch in Zukunft immer passieren.


Dann folgte Kant und nach ihm war das Problem Subjektiv/Objektiv so richtig brennend. Kant schrieb, Hume habe ihn aus einem Schlaf erweckt. Kant kam zum Schluss, wir Menschen sind nicht in der Lage, die Welt objektiv zu erfassen (er nennt das die Dinge an sich). Denn alles, was wir wahrzunehmen glauben, ist von uns selbst, sozusagen unserem Wahrnehmungsapparat bereits in bestimmter Weise umgeformt worden. So nehmen wir alles raumzeitlich wahr, obwohl für Kant Raum und Zeit nicht Eigenschaften der objektiven Welt sind, sondern Eigenschaften unseres Denkens. Ein bisschen so, wie wenn man die Welt durch eine Sonnenbrille anschaut. Die Farbgebung und Dunkelheit, in der wir die Welt dann wahrnehmen, geht auf die Sonnenbrille zurück und nicht darauf, dass es wirklich so dunkel ist.


Das war dann die Geburtsstunde des Deutschen Idealismus, einer philosophischen Strömen, in der man das Ziel verfolgte dieses Problem irgendwie zu lösen, und Erkenntnismöglichkeit zu retten. Da kamen ganz abgefahrene Schriften bei raus, ich durfte mal eine Arbeit zu Fichte und Schelling schreiben, das ist wirklich abgefahrenes Zeug :smile:


Auch die Kunst, das Ästhetische hat da immer eine grosse Rolle gespielt. Bei Schelling etwa nimmt die ästhetische Anschauung eine Schlüsselfunktion ein im Zusammenbringen vom Subjektiven und Objektiven.


Mich persönlich hat das Thema im Bezug auf moralische Werte lange rumgetrieben. Gibt es objektive moralische Werte oder sind diese immer relativ?


In der Filmkritik finde ich es grundsätzlich ein kleines Problem. Letztlich können wir da nur versuchen, einen objektiven Standpunkt einzunehmen, indem wir uns unserer eigenen Vorlieben versuchen bewusst zu sein und dies in unsere Beurteilung miteinbeziehen, indem wir versuchen zu hinterfragen, auch unsere eigene Meinung und differenziert und offen argumentieren und begründen. Ne absolute Objektivität ist unmöglich, definitiv, andererseits ist ja auch gar nicht klar, was das überhaupt sein soll. Und ja, selbst das Urteil über den Schnitt, die Kameraarbeit ist nie absolut objektiv. Ich glaube aber schon auch, dass man sich in solchen Sachen dennoch bilden kann, so dass man gewisse Details besser erkennt oder einordnen kann. Ich finde, das merkt man sehr gut beim Musikhören. Wenn man sich Zeit nimmt und sich mit Musik auseinandersetzt, verändert sich was, man hört sie anders. Was einem vorher vielleicht einfach nur als monoton vorkam,erkennt man nun als bewusst eingesetztes Stilelement etc.


Spannendes Thema jedenfalls und den Joker schaue ich mir vielleicht morgen an.
 

Raphiw

Guybrush Feelgood
@Presko gerade weil es solch ein riesen Fach ist, welches man sowohl natur- als auch geisteswissenschaftlich beleuchten müsste, bis ich jetzt auch nicht mehr auf den Post von Woodstock eingegangen (auch wenn mir dazu noch viel einfällt und ich solche Gespräche liebe). Es hätte sich zu sehr vom topic entfernt.

In deinem letzten Absatz gebe ich dir vollkommen Recht. Ansonsten bleibt nur noch zu sagen: viel Spaß beim Film. Selbst meine bessere Hälfte die eher weniger filme dekonstruiert hatte nach dem streifen Freude daran mit mir darüber zu reden.

Ein Kritikpunkt wäre meinerseits das in Joker etwas zu viel getanzt wird :biggrin:
 

McKenzie

Unchained
Das ist aber nur deine subjektive Meinung. Du weißt nicht, ob sie nicht objektiv hier genau richtig ist.

(Im Ernst, die Diskussion ist zwar cool und interessant und das alles, nur schon ziemlich über das Thema und auch das Unterthema des Themas hinaus, da ja nie jemand komplette technische Objektivität gefordert hatte und es sich eher an Begrifflichkeiten gespießt hat.)
 

Mr.Anderson

Kleriker
Echt jetzt? Immer noch die Subjektiv/Objektiv Diskussion im JOKER Thread!? Jetzt ist es wirklich schon sehr nervig!

Wäre es nicht schön, wenn ein Mod die letzten Seiten in einen eigenen Thread verschiebt, damit man sich hier wieder auf den Film, um den es eigentlich geht, konzentrieren kann?
 

Driver

Well-Known Member
Ich komm dir mal entgegen weil ich nicht weiß ob wir einander vorbei reden:
Also hätte es für dich gereicht, wenn der Stern Typ geschrieben hätte, Joker sieht gut aus und Phoenix ist super, aber Drehbuch ist schlecht? Oder erwartest du dass bei einer Multimillionen Produktion wirklich ein sauberer Schnitt oder gute Kameraarbeit mit in die Bewertung eingehen muss, und man so einen Film wie Joker gar nicht wirklich schlecht bewerten kann weil er gut aussieht? Ich versteh es gerade wirklich nicht, weil das ja nunmal alles "käufliche", einzelne Elemente sind, die keinen guten Film am Ende ausmachen müssen.

Jetzt ganz generell denke ich ist es doch nur fair bei JOKER die Zusammensetzung aus Bildgestaltung, Schnitt, Ausstattung und Musikuntermalung positiv hervorzuheben, da diese ganz maßgeblich die Atmosphäre des Films unterstützen. Eben diesen 70/80er Jahre Flair. Phoenix Leistung ist ja ebenfalls beeindruckend, ich denke das dürften ja recht viele Leute so sehen.

Die anderen Aspekte wie das Drehbuch haben ja sicher ihre Schwächen und die darf man ruhig kritisieren. Mir geht es nur darum das alles eben fair gewichtet ist und man die Punkte hervorheben sollte die den Film auszeichnen. Das kann Kamera, Schnitt oder auch Ausstattung sowie Effekte sein. Kommt natürlich immer auf den jeweiligen Film drauf an. ;-)

@Revolvermann: Ich weiss genau was du meinst bei Gimini Man. Natürlich kann aufwändige Technik auch seine Tücken haben und auch nicht immer überzeugen. Ich meine bei Joker vorallem das die kreative Gestaltung der Kameraeinstellungen, Farbgebung, Ausstattung usw. die Atmosphäre sehr gut unterstützen. Ohne diese Punkte würde der Film nur halb so gut wirken. Gerade weil dieser Film kein großer Effektfilm ist merkt man doch wie viel Liebe in die anderen optischen Schauwerte gesteckt wurde. Oder sieht das wirklich jemand anders bzw. sieht das nicht positiv?
 
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Raphiw

Guybrush Feelgood
Ich sehe das nicht negativ, aber selbst das liegt an unserer subjektiven Prägung. Wenn man sich bisher visuell von europäischen Produktionen und Art House verwöhnen lassen hat, sind diese visuellen Werte nicht bemerkenswerter als ein weiterer Transformers mit Hochglanzexplosionen. Es ist nur toll, weil man es so noch nicht in der Form kannte. Und da sind wir wieder bei dem Punkt das die subjektive Wahrnehmung durchaus eine Rolle spielt... Auch wenn wir versuchen objektiv zu sein.

Hatte jemand hier im Forum eine Tante die in der geschlossenen saß, wird der Film etwas anderes in einem auslösen als wenn man noch nie mit dem Thema in Kontakt gekommen ist. Selbst wenn man nicht explizit an seine Tante denkt. Im Menschen passieren doch Millionen Dinge unterschwellig und da sprechen wir nur über Emotionen und noch nicht Mal über Sinneswahrnehmung oder Bildung. Das beeinflusst das Resultat der Wahrnehmung und das lässt sich ja auch nicht nur auf die Story anwenden, sondern auch auf visuelle Werte oder Geräusche. All das setzt doch am Ende einen subjektiven Stempel. Dann gehen wir hier ins Forum, versuchen einmal mit dem Besen die offensichtlichen Dinge die uns womöglich beeinflusst haben wegzukehren und unsere Meinung abzugeben. Doch der Staub sitzt auch in den Ritzen die man mit dem bloßen Auge nicht sieht.

Ganz schön metaphorös :biggrin:
 

Driver

Well-Known Member
Ich denke nicht das man das alles als subjektive Wahrnehmung abtun kann. Wenn 80%-90% der Kritiken zum Beispiel die Leistung eines Phoenix beeindruckend fanden genauso wie tausende Zuschauer dann sind das doch nicht alles nur einzelne subjektive Empfindungen sondern mehr. Etwas Messbares. Etwas das den Film generell auszeichnet und nicht weil es mich nur persönlich berührt.
 

Raphiw

Guybrush Feelgood
Dann hätte es in dem Fall 80 bis 90 % die Menschen (mich eingeschlossen) mitgenommen, aber eben nur 80 bis 90 von 100.

Ich hab auch schon Mal in der Schule eine Aufgabe falsch beantwortet, sowie die meisten anderen in der Klasse auch. Nur weil die anderen Antwort auch falsch hatten, macht es meine Antwort eben nicht korrekt. Die Antwort bleibt in der Benotung falsch.

Subjektivität ist nunmal ein Teil des Menschseins. Es ist Teil unserer Persönlichkeit und wir können mMn nicht unsere Persönlichkeit komplett rausnehmen. Selbst wenn wir eine sehr objektiv gehaltene Kritik schreiben, lässt sich jedes Wort anders betont lesen, verschieben etc.

Ich finde gerade das wir nicht richtig objektiv sein können zeichnet uns als Menschen doch aus. :smile:
 
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