Doctor Who (2005) S10E03 - Thin Ice

Clive77

Serial Watcher
Mit der Folge "Thin Ice" setzt die UK-Serie Doctor Who nahtlos dort an, wo sie letzte Woche aufhörte. Der Doctor und Bill finden sich auf dem letzten Frostjahrmarkt im Jahre 1814 auf einer zugefrorenen Themse wieder - und etwas lauert unter dem Eis.

Widmung
Dieser und alle meine kommenden Artikel zur Serie sind Christian Junklewitz gewidmet, der uns leider viel zu früh verlassen hat.

Thin Ice
"Thin Ice" hat viele Elemente an Bord, die dem treuen Zuschauer der Serie bekannt vorkommen dürften. Alleine das Setting im 19. Jahrhundert wurde schon oft benutzt und tauchte erstmals in der dritten Episode der ersten Staffel - "The Unquiet Death" - auf. Die Gruppe von Straßenkindern erinnert ein wenig an die Doppelfolge "The Empty Child" / "The Doctor Dances" (1x09 / 1x10) und das Monster, welches am Ende befreit wird, dürfte Parallelen zu "The Beast Below" (5x02) aufzeigen. Aber auch andere Aspekte dieser Episode kommen uns vertraut vor.
Also alles bloß Schnee von gestern und kalter Kaffee, der noch einmal aufgewärmt wird? Von wegen! Der Jahrmarkt auf der zugefrorenen Themse ist für sich schon ein toller Schauwert und in dieser Form einzigartig, wobei übrigens auch damals beim echten letzten Frostjahrmarkt (der vom 1. Februar 1814 an vier Tage ging) ein Elefant über die Themse geführt wurde. Okay, damals gab es vermutlich kein Monster unter dem Eis, welches sich an den Besuchern verköstigte und auch keinen Mr. Sutcliffe (Nicholas Burns), der mit dem Kot der Bestie sein Imperium befeuerte. Das wäre ja auch vollkommen absurd, denn dann müsste man sich fragen, wie das riesige Tier überhaupt in Ketten gelegt werden konnte und wie man darauf kam, dass die Exkremente des Tiers einen sehr gehaltvollen Brennstoff abgeben. Mit diesen Fragen brauchen wir uns aber nicht zu beschäftigen, denn wie so oft in der Serie gilt es für den Doctor (Peter Capaldi), das gegebene Problem zu lösen - so absurd es auch erscheinen mag.
Als kleines Manko ließe sich hier höchstens die Vorhersehbarkeit anführen, dass das Monster schlicht freigelassen werden muss, um das Dilemma zu beenden. Aber diese Entscheidung liegt am Ende bei Bill (Pearl Mackie), was übrigens nur ein weiterer Punkt dafür ist, wie die bekannten Elemente auf frische Art und Weise verwendet werden können.

Figuren
Was aus der Episode hervorsticht, ist erneut die Dynamik zwischen Bill und dem Doctor. Dabei liegt das ganze Tempo des Abenteuers deutlich höher als noch in den ersten beiden Folgen dieser Staffel, womit Bill oft nicht viel Zeit bleibt, um die neuen Informationen und aktuellen Geschehnisse zu verarbeiten. Nichtsdestotrotz sind die Dialoge zwischen ihr und dem Doctor aber wieder großartig gelungen. Es bleibt vorerst beim Schüler/Lehrer Verhältnis, wobei viele moralische Themen im Vordergrund stehen.
Der Tod des Straßenjungen Spider (Austin Taylor) gibt da übrigens nicht nur Bill einiges zu knabbern - auch als Zuschauer ist man da leicht entsetzt, dass das Kind nicht gerettet werden kann. Obendrein scheint dem Doctor in dieser Szene mehr an seinem Sonic Screwdriver zu liegen als an dem Jungen - eine der wenigen Stellen, die sich in dieser Episode falsch anfühlen. Da hätte man sich eine andere Inszenierung gewünscht.
Packend ist dann aber der Schlagabtausch zwischen Bill und dem Doctor, der sich um die Fragen dreht, wie viele Tode der Doctor bereits erlebt hat und ob er selbst schon jemanden getötet hat. Bill gibt hier vor, erstmals Zeuge eines Todes geworden zu sein (was nicht ganz richtig ist, denn in "Smile" wurde sie bereits Zeuge davon, wie einer der Kolonisten von den Vardi vor ihren Augen zerlegt wurde) und muss sich damit beschäftigen, dass Opfer manchmal unvermeidlich sind. Harter Tobak und eine schwere Lektion. Aber wie sie gegenüber Kitty (Asiatu Koroma) später sagt: "I moved on."
Ein weiteres Highlight findet im Anwesen von Sutcliffe statt, wo der Doctor Bill zunächst beschwört, ihm das Reden zu überlassen. Seine Worte enden dabei in einer Punchline (im wahrsten Sinne des Wortes), als Sutcliffe den Raum betritt und direkt eine abfällige Bemerkung über Bill (aufgrund ihrer Hautfarbe) macht. Das Thema „Rassismus“ wird hier aufgegriffen, was den aktuellen Doctor auch zu einer seiner besten Ansprachen bislang veranlasst:
"Human progress isn’t measured by industry. It’s measured by the value you place on a life. An unimportant life. A life without privilege. The boy who died on the river, that boy is value, it’s your value. That’s what defines a species."
Wahre Worte, die aber bei Sutcliffe auf taube Ohren stoßen. Hier könnte man sich darüber beschweren, es mit einem sehr eindimensionalen Gegenspieler zu tun zu haben. Aber den braucht es an dieser Stelle, um den nächsten Akt und damit auch das Finale einzuleiten. Und ganz ehrlich: Profitgier und damit verbunden über Leichen zu gehen ist leider ein sehr gängiges Thema. Dazu muss man sich beispielsweise nur mal mit den Exportzahlen der deutschen Waffenindustrie auseinandersetzen.
Unterm Strich lernt Bill im Folgenverlauf wieder mehr über und vom Doctor. Sie darf dann auch am Ende die Entscheidung darüber treffen, was mit dem Monster geschehen soll und übernimmt damit die Verantwortung für die weiteren Geschehnisse. Als Belohnung nimmt die Geschichte ein gutes Ende, wobei auch die Straßenkinder ein neues Zuhause finden. Wir dürfen uns hier also über ein Happy End freuen, welches bei den Kolonisten des letzten Abenteuers nicht so eindeutig war.

Zurück in der Gegenwart
Nardole (Matt Lucas) bekommt natürlich mit, dass der Doctor und Bill mit der TARDIS unterwegs waren, während er Tee aufgesetzt hat. Erneut erinnert er unseren Time Lord an seinen Eid, aber es dürfte wohl auf der Hand liegen, wie der Münzwurf ausgegangen ist. Somit werden sich der Doctor und Bill schon bald ins nächste Abenteuer stürzen, während Nardole sich um den Tresorraum kümmern muss.
Apropos, hier tut sich am Ende was. Zumindest wissen wir nun, dass etwas oder jemand dort eingesperrt ist und hinaus möchte. Dem lauten Klopfen nach etwas sehr Großes. Irgendwelche Ideen, worum es sich dabei handeln könnte?

Fazit: Eine sehr gelungene Folge, die zwar viel Altbekanntes an Bord hat, sich aber trotzdem frisch anfühlt. Das Tempo wurde gegenüber den ersten beiden Episoden dieser Staffel deutlich hochgedreht und Sarah Dollard liefert mit ihrer zweiten Geschichte zur Serie ein Drehbuch ab, welches der Dynamik zwischen dem Doctor und Bill zu Gute kommt und ganz nebenbei sehr ernste Themen im Gepäck hat.

8,5/10
 

Metroplex

Well-Known Member
Die Folge hat mir ganz gut gefallen.
Minuspunkte waren die unterirdisch schlechten Special Effects (verdammt, wenn man einen Shot nicht GUT machen kann, dann sollte man ihn GAR NICHT oder halt ANDERS machen, aber das was einem hier zum Teil vorgesetzt wurde war wirklich lächerlich. Sogar einfache Unterwasseraufnahmen sahen nicht annähernd glaubwürdig aus.) und die von dir bereits angesprochene Vorhersagbarkeit.

Aber ich will nicht meckern, es war die beste Folge bis her in dieser Staffel, und wohl auch besser als das meiste was wir in der letzten bekommen haben.

Zum Tresorraum:
Das dreimalige Klopfen hat mich sofort an den Master denken lassen... und da der in dieser Staffel ja vorkommen soll...?
 

Clive77

Serial Watcher
Ja gut, die Unterwasser-Aufnahmen waren tatsächlich mau. Aber alles oberhalb der Themse sah dafür fantastisch aus.

Zum Spoiler: Da brauch man keine Tags setzen - jedenfalls, wenn du da bislang noch nichts genaues weißt. Aber für den Master wäre das schon extrem groß, oder? Vielleicht befinden sich da drin ja auch alle Inkarnationen vom Master - stapelweise. :biggrin: Oder seine neueste Inkarnation ist extrem groß.
Glaube aber eher, da ist was anderes drin. Vielleicht irgendein Viech von den Time Lords, was sicherstellen soll, dass der Doctor keine Reisen unternimmt (deshalb auch der Eid)?
Puh, keine Ahnung.
 
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