Doctor Who (2005) S10E09 - Empress of Mars

Clive77

Serial Watcher
In der Folge "Empress of Mars" der UK-Serie Doctor Who begeben sich der Doctor, Bill und Nardole auf den Mars des 19. Jahrhunderts. Überraschenderweise treffen sie dort nicht nur auf Eis-Krieger, sondern auch auf viktorianische Soldaten, die es auf die Schätze des Planeten abgesehen haben.

Eröffnung
In den ersten Minuten der Episode wird uns gezeigt, wie der Doctor (Peter Capaldi), Bill (Pearl Mackie) und Nardole (Matt Lucas) der NASA einen Besuch abstatten. Dort ist man gerade im Begriff, einige hochauflösende Bilder vom Mars zu empfangen - und damit eine Botschaft („God Save the Queen“), die den Anlass zum Abenteuer der Woche gibt.
Diese Eröffnung, die sich wohl am besten als kleiner Gag bezeichnen lässt, stimmt uns ein wenig auf die Art des Abenteuers ein, welches uns erwartet: Eis-Krieger gegen britische Soldaten des 19. Jahrhunderts. Klingt verrückt und ist es auch. Wobei der Auftakt bei der NASA etwas mehr Spaß vermittelt, als die Episode letzten Endes zu bieten hat. Und wirklich wichtig ist der Auftakt mit seiner Botschaft am Ende dann doch nicht - die erstaunten Gesichter bei der NASA werden sich weiterhin über die Bilder wundern und unsere Protagonisten hätten auch ohne diesen Aufhänger die TARDIS betreten und sich in ein Abenteuer stürzen können. Schließlich hat unsere Telefonzelle die Angewohnheit, ihre Reisenden stets dorthin zu befördern, wo sie gebraucht werden.
Interessant wird es erst, als Nardole, Bill und der Doctor auf dem Mars eintreffen, dessen Atmosphäre sich ein gutes Stück lebensfreundlicher als erwartet erweist. Dort hätte sich eine bessere Eröffnung angeboten, denn es wäre vermutlich effektiver gewesen, direkt hier einzusteigen, unsere Figuren zu trennen und das Intro bei einem der drei einsetzen zu lassen. Sei es, wenn Nardole zurück in die TARDIS geht und diese sich plötzlich mit ihm davonmacht oder wenn der Doctor erstmals auf Friday (Richard Ashton) trifft oder wenn Bill die Bekanntschaft mit Catchlove (Ferdinand Kingsley) macht.

Empress of Mars
Das Abenteuer an sich lässt sich als einigermaßen solide bezeichnen. Mark Gatiss hat da schon deutlich schlechtere Episoden abgeliefert, aber halt auch wesentlich bessere - wobei er sich aber nie großartig mit Ruhm bekleckert hat und deshalb eine eher durchwachsene Reputation als Autor innerhalb der Serie besitzt. Es geht jetzt aber nicht um ihn, sondern um "Empress of Mars". Also schauen wir doch mal, was die Geschichte zu bieten hatte.
Es gibt verschiedene gute Ansätze, die zu einer ausgesprochen guten Folge hätten führen können. Eingangs muss natürlich erklärt werden, wie die Briten um Colonel Godsacre (Anthony Calf) überhaupt auf dem Mars gelandet sind und was sie dort vorhaben. Das wird zufriedenstellend geklärt, wobei die Soldaten mit ihrer Suche nach Schätzen bislang wenig Erfolg hatten. Und wenn Friday meint, er wäre der letzte seiner Art, wissen wir sogleich, dass das nicht stimmen kann und vermuten eine andere Absicht, die im weiteren Verlauf auch zum Vorschein kommt.
Ähnlich wie damals die Cybermen in "The Tomb of the Cybermen" (erstes Serial der fünften Staffel der alten Serie - übrigens eines der Serials des zweiten Doctors (Patrick Troughton), welches vollständig erhalten ist), befinden sich die Eis-Krieger im Tiefschlaf und müssen erst geweckt werden. Einer der gierigen Soldaten bewirkt das selbstverständlich auch - schließlich ist Friday alleine nicht wirklich eine große Gefahr für die britischen Truppen. Iraxxa (Adele Lynch) hingegen, die 5000 Jahre lang geschlafen hat und sogleich ihre Untertanen aufweckt, ist schon eine wesentlich größere Bedrohung und darf somit für einen ordentlichen Spannungsbogen sorgen.
Man darf dabei sicher monieren, dass dieses ganze „wir müssen unseren Gegner erst aus dem Tiefschlaf holen“ - Geschehen nicht neu ist. Neben der angeführten Cybermen-Episode(n) kommen einem da auch gleich die Silurianer in den Sinn, die in den Tiefen der Erde friedlich schlummerten bis sie gestört wurden. Und auch der Konflikt zwischen den Wiedererweckten und den Menschen ist nicht neu. Ein bisschen anders vielleicht, aber doch innerhalb gewohnter (teilweise breit ausgetretener) Pfade innerhalb des Serienuniversums. Auf der anderen Seite liefert die Folge aber auch einen Beitrag zur Spezies der Eis-Krieger, der dem Langzeitfan ein breites Grinsen bescheren dürfte. Denn spätestens, wenn Alpha Centauri (gesprochen von Ysanne Churchman, die ihre Rolle hier mit 92 Jahren erneut aufnimmt) auf dem Bildschirm erscheint, wird klar, dass diese Episode eine kleine Vorgeschichte zu "The Curse of Peladon" und "The Monster of Peladon" darstellt - zwei Serials aus der Zeit des dritten Doctors (Jon Pertwee), der sich dort ebenfalls diplomatisch betätigen durfte. Und ist es nicht immer schön, wenn die Serie einen solchen Bogen zu vergangenen Abenteuern spannt? Da ließe sich auch über das relativ unspektakuläre Mars-Setting hinwegsehen, denn die Peladon-Abenteuer waren von den Kulissen her ähnlich eintönig gestaltet.

Figuren
Oben weiter wurde angemerkt, dass es gute Ansätze gab, die die Episode hätten großartig machen können. Nun, weshalb diese Folge ihr Ziel verfehlt, liegt in der Figurenarbeit begründet, die leider eher mau ausfällt, obwohl das Potenzial zu mehr erkennbar ist. Bei den Gastfiguren ist Godsacre noch der Charakter, der am meisten hervorsticht und eine ordentliche Hintergrundgeschichte erhält. Wir dürfen uns zwar fragen, wie er es anstellen konnte, nach seiner Bekanntschaft mit dem Strick erneut einen Trupp anzuführen, aber Godsacre stellt hier eine Persönlichkeit dar, mit der sich gut anfreunden lässt und deren Entscheidungen überlegt wirken. Er macht eine kleine Entwicklung durch, die ganz nebenbei zur Lösung des Konflikts beiträgt. So ist er am Ende bereit, sich für seine Männer zu opfern, was Iraxxa beeindruckt.
Catchlove hingegen ist als Figur sehr langweilig gestaltet, was man schon bei seinen ersten Szenen merkt. Er ist der eigentliche Bösewicht und legt den anderen die meisten Steine in den Weg. Kein Argument kann ihn von seinem Vorhaben abbringen, welches rein egoistisch (und eben böse) gestaltet ist. Entwicklung gleich null.
Der andere Bösewicht im Geschehen ist die Anführerin der Eis-Krieger. Iraxxa ist nach ihrem langen Schlaf nicht gut drauf und der „Weg des Kriegers“ verlangt selbstredend nach neuen Kämpfen. Ein bisschen aufgepeppt wird ihre Figur allerdings durch einige spezielle Dialoge mit Bill, die neben ihr die einzige Frauenrolle im Abenteuer innehat. Aus diesem besonderen Verhältnis wird aber leider nicht viel gemacht, so dass es eher eine Randerscheinung bleibt und wir letzten Endes Bill betreffend eher die lustigen Filmreferenzen im Kopf behalten, während Iraxxa anderweitig zufriedengestellt werden muss.
Auch beim Doctor wird Potenzial verschenkt. Ja, er versucht zu vermitteln und Schlimmeres zu verhindern - ganz so, wie wir es von ihm erwarten würden. Aber so richtig punkten kann er dabei nicht. Aus dem Dilemma, für welche Seite er sich entscheiden sollte - denn immerhin sind seine geliebten Menschen hier die Invasoren - wird kaum etwas herausgeholt. Das geht besser, wie wir aus zahlreichen anderen Folgen bereits wissen (die Silurianer ließen sich da wieder als Beispiel anführen - mehrfach sogar).

Nardole
Bleibt noch der kleine Handlungsstrang um Nardole übrig, der leider nur zu Beginn und ganz am Ende des Abenteuers vertreten ist und sich für einen Großteil der Episode nicht blicken lassen darf. Weshalb die TARDIS ihn zurück zur Universität bringt und anschließend streikt, bleibt offen. Eine kleine Erklärung wäre da wünschenswert und kommt hoffentlich noch in einer der ausstehenden Episoden. Denn dass die Telefonzelle mal einfach so abreist und den Doctor zurücklässt, verlangt nach einer Auflösung. Vielleicht hat Missy (Michelle Gomez) da ihre Finger im Spiel gehabt?
Nardole bleibt jedenfalls nichts Anderes übrig, als den Master aus seinem Gefängnis zu holen, was sicher noch Konsequenzen haben wird. Mit Blick darauf, dass Nardole aber stets derjenige war, der den Doctor vor dem Inhalt des Tresorraums gewarnt hat und ihn ermahnte, seine Aufgabe als Bewacher nicht zu vernachlässigen, wäre es wünschenswert gewesen, etwas mehr Dialog zwischen Missy und ihm zu bekommen. Zu gerne hätte man gesehen, wie Missy ihn dazu bringt, die Tür zu öffnen - schließlich hätte er darauf bestehen können, dass sie ihm mündlich erklärt, was er machen muss, um die TARDIS wieder in Gang zu bringen. Da bleibt am Ende das Gefühl zurück, eine großartige Szene verpasst zu haben.
Bei Missy dürfen wir uns derweil fragen, ob oder vielmehr wann sie ihre neu erlangte Freiheit ausnutzen wird. Momentan macht sie noch einen hilfreichen Eindruck und erweckt den Anschein, sich tatsächlich zum Guten hin verändert zu haben (und auch wieder bereitwillig in den Tresorraum zurückzugehen). Aber das hält sicher nicht lange vor. Und was hatte es mit ihrer Frage am Ende ("Are you alright?") auf sich? Stimmt etwas mit dem Doctor nicht? Und falls ja, was stimmt mit ihm nicht?

Fazit: Durchschnittskost, aus der sich weit mehr hätte herausholen lassen. Es gibt tatsächlich mehrere gute Ansätze, die aber leider im Folgenverlauf auf der Strecke bleiben. Am besten funktioniert noch die Einbindung der Episode als Prequel zu den alten Peladon-Abenteuern (inklusive eines Überraschungsauftritts), wobei in der Handlung aber auch viel aus der Vergangenheit kopiert wird (Stichworte: Tiefschlaf und der Parteienkonflikt als solcher). Für einen Fall der Woche unterm Strich noch annehmbar, aber leider nichts, was einen aus den Socken haut. Spannender wird da sicher noch, wie es mit Missy weitergeht. Wobei da nicht mehr viel Zeit bleibt. Nur noch drei Folgen und die Staffel ist wieder vorbei.

6/10
 
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