Clive77
Serial Watcher
Gestern (23.08.2014) ging die neue Staffel Doctor Who weltweit an den Start. Als zwölfter Doctor übernahm Peter Capaldi das Steuer der TARDIS und landet zusammen mit Clara (Jenna Coleman) im viktorianischen London.
Warnung: Dieser Text beinhaltet Spoiler zur Episode.
„Deep Breath“ (von Steven Moffat) setzt kurz nach der letzten Regeneration des Doctors ein. Ein (etwas zu groß geratener) Dinosaurier ist im viktorianischen London aufgetaucht - Ursache: TARDIS verschluckt, mitgereist. Noch bevor der Doctor und Clara aus der ausgespuckten TARDIS zum Vorschein kommen, gibt es ein Wiedersehen mit Madame Vastra (Neve McIntosh), Jenny (Catrin Stewart) und Strax (Dan Starkey), die im Handumdrehen dafür sorgen, dass der Dino in der Themse bleibt.
Mit diesem recht pompös geratenen Anfang wird aber noch kein Abenteuer eingeleitet. Moffat setzt zunächst auf das dem Zuschauer bekannte Ermittler-Trio um Madame Vastra und das macht durchaus Sinn, denn so sieht sich Clara nicht alleine dem frisch regenerierten neuen Doctor gegenüber, der die Folgen der Regeneration noch lange nicht verarbeitet hat.
Genau das ist dann auch das Thema der ersten halben Stunde. Statt den Doctor einfach in ein Bett zu verfrachten, wie z.B. bei „The Christmas Invasion“ mit dem zehnten Doctor passiert, gibt Nr. zwölf keine Ruhe, hat Probleme damit, die Namen der bekannten Gesichter zu nennen und verhält sich von verwirrt bis merkwürdig.
Clara steht derweil regelrecht unter Schock, will nicht akzeptieren, was mit dem elften Doctor (Matt Smith) passiert ist und sieht sich nun einem Fremden gegenüber, der nichts mit dem Time Lord gemein zu haben scheint, den sie nun für lange Zeit begleitet hat. Da ist es gut, dass sie von Vastra schon etwas bearbeitet wird und eine Lektion in Sachen „hinter den Schleier gucken“ bekommt.
Das eigentliche Abenteuer nimmt dann in der zweiten Hälfte an Fahrt auf und konzentriert sich auf Clara und den Doctor. Dabei lassen sich wieder für Moffat typische Fäden in der Geschichte erkennen, der die Unsicherheit Claras gegenüber dem Doctor in die Story um die organsammelnden, mörderischen Cyborgs mit einbaut. Das Masken-Thema beispielsweise wird recht gelungen auf verschiedene Arten behandelt und trifft neben dem Doctor (der tatsächlich auch zur Tarnung einmal ein fremdes Gesicht überlegt) auch auf die Cyborgs zu, die sich bereits so oft mit „Ersatzteilen“ erneuert haben, dass von der eigentlichen Identität nicht mehr viel übrig ist. Und das Thema der Identität steht zweifelsohne in der gesamten Folge im Vordergrund.
Was die beteiligten Charaktere angeht, stechen Clara und ihr Konflikt mit dem neuen Aussehen und Verhalten des Doctors klar hervor. Der Zuschauer ist ebenfalls unsicher, was den neuen Time Lord angeht und hat auch Mühe dabei, sich mit der neuen Figur anzufreunden. Er macht es Clara und uns aber auch nicht leicht. Wenn er ihr beispielsweise Dinge wie „ich vermisse Amy“ an den Kopf wirft, sie als Egomanin und Kontrollfreak bezeichnet oder sie alleine bei den Cyborgs zurück lässt und ihr nicht einmal den Sonic Screwdriver mit gibt (er könnte ihn ja selbst brauchen), wirkt das sehr kalt und man denkt sich das kann er doch nicht machen. Colemans Mimik wird dabei an vielen Stellen gefordert und sie liefert eine ihrer besten Performances in der Episode ab.
Der beste Moment (womöglich der ganzen Folge) ist sicherlich, als sie hinter sich greift und nach einer spannungsgeladenen Pause tatsächlich die Hand des Doctors zu fassen bekommt. Spätestens hier hätte dann auch ihre Unsicherheit in Bezug auf den Time Lord verflogen sein müssen. Insofern wirkte der Gast-Auftritt von Smith in den letzten Minuten etwas fehl am Platze. Ja, es war nett, ihn noch einmal zu sehen. Aber hätte sie den Anruf wirklich nötig gehabt? Dass sie nach bestandenem Abenteuer die TARDIS tatsächlich noch verlassen wollte, wirkte aufgesetzt - jedenfalls nach allem, was vorher bereits passiert ist.
Das Ermittler-Trio um Madame Vastra war insgesamt eine gute Bereicherung für die Episode. Vor allem Jenny und die Silurianerin wussten zu gefallen, hatten Szenen zusammen, die von amüsant komisch bis cool (der Auftritt bei den Cyborgs) reichten. Die Chemie zwischen McIntosh und Stewart ist einfach toll, gerne mehr davon. Strax hingegen fängt allmählich an zu langweilen. Zu ausgetreten sind die meisten Witze, wobei er überhaupt nur noch als Witzfigur benutzt wird und langsam aber sicher zum Jar Jar Binks des Whoniverse verkommt. Ist es wirklich so schwierig, ihm ab und zu mal ein paar bedeutungsvolle Szenen zu verpassen?
Für Capaldi war der Auftakt natürlich eine Art Feuerprobe, die er vorerst bestanden hat. Trotz seiner teilweise recht düster wirkendenAugenbrauen Auftritte, kam auch der Humor nicht zu kurz (Stichworte: Schal, schottisch). So richtig fassen lässt sich der zwölfte Doctor dabei noch nicht, erst gegen Ende verstärkt sich der Eindruck, dass er seine Persönlichkeit gefunden hat. Aber man wird abwarten müssen, wie düster die Rolle tatsächlich wird. Hat er den Obdachlosen seiner Kleidung beraubt oder tatsächlich Klamotten gegen Uhr getauscht? Ist der Anführer-Cyborg gefallen / selbst gesprungen oder wurde er vom Doctor in die Tiefe gestürzt? Die Antworten werden noch offen gelassen, was ein gewisses Unbehagen beim Zuschauer zurück lässt. Nichtsdestotrotz lässt sich an Capaldis Leistung nichts monieren - da hat jeder Moment gesessen und die gewünschte Wirkung erzielt.
Anspielungen auf vergangene Folgen gab es selbstverständlich auch. Interessant war zum Beispiel, dass der Doctor sein neues Gesicht bereits gesehen hat und sich scheinbar an Caecilius aus „The Fires of Pompeii“ erinnert. Ferner wurde die Herkunft der Cyborgs mit „The Girl in the Fireplace“ verknüpft und man kann davon ausgehen, dass derartige Verbindungen mit Moffat am Steuer noch öfter vorkommen werden.
Etwas Kopfzerbrechen bereitet hingegen das unerwartete Ende im „Paradies“ für den Cyborg-Anführer. Mit Missy (Michelle Gomez) lernen wir eine neue Figur kennen, die scheinbar das erste Aufeinandertreffen zwischen Clara und dem elften Doctor in „The Bells of Saint John“ organisiert hat und auch in dieser Episode für das Treffen im Restaurant verantwortlich war. Dass sie den Doctor als ihren „Boyfriend“ bezeichnet, gibt noch mehr Rätsel auf und lässt sofort an River Song (Alex Kingston) denken. Ist die vielleicht aus dem Computer der Bibliothek entkommen? Oder befindet sich das Paradies in einer virtuellen Realität? Oder haben wir es möglicherweise mit einer Time Lady aus der Vergangenheit des Doctors zu tun? Mögen die Spekulationen beginnen.
Fazit: Toller Auftakt, wenn auch nicht ganz ohne Schwächen. Die finden sich aber nicht bei Capaldi oder Coleman, die beide durchweg zu gefallen wussten, sondern eher bei einer bekannten Nebenfigur, die immer mehr zur Slapstick-Schablone verkommt sowie bei kleineren Handlungselementen, die sich nicht so ganz gut anfühlten. Wie sich der zwölfte Doctor weiterhin schlägt und was hinter der letzten Szene steckt, bleibt mit Spannung zu erwarten.
8/10 Falsche Fragen.
Warnung: Dieser Text beinhaltet Spoiler zur Episode.
„Deep Breath“ (von Steven Moffat) setzt kurz nach der letzten Regeneration des Doctors ein. Ein (etwas zu groß geratener) Dinosaurier ist im viktorianischen London aufgetaucht - Ursache: TARDIS verschluckt, mitgereist. Noch bevor der Doctor und Clara aus der ausgespuckten TARDIS zum Vorschein kommen, gibt es ein Wiedersehen mit Madame Vastra (Neve McIntosh), Jenny (Catrin Stewart) und Strax (Dan Starkey), die im Handumdrehen dafür sorgen, dass der Dino in der Themse bleibt.
Mit diesem recht pompös geratenen Anfang wird aber noch kein Abenteuer eingeleitet. Moffat setzt zunächst auf das dem Zuschauer bekannte Ermittler-Trio um Madame Vastra und das macht durchaus Sinn, denn so sieht sich Clara nicht alleine dem frisch regenerierten neuen Doctor gegenüber, der die Folgen der Regeneration noch lange nicht verarbeitet hat.
Genau das ist dann auch das Thema der ersten halben Stunde. Statt den Doctor einfach in ein Bett zu verfrachten, wie z.B. bei „The Christmas Invasion“ mit dem zehnten Doctor passiert, gibt Nr. zwölf keine Ruhe, hat Probleme damit, die Namen der bekannten Gesichter zu nennen und verhält sich von verwirrt bis merkwürdig.
Clara steht derweil regelrecht unter Schock, will nicht akzeptieren, was mit dem elften Doctor (Matt Smith) passiert ist und sieht sich nun einem Fremden gegenüber, der nichts mit dem Time Lord gemein zu haben scheint, den sie nun für lange Zeit begleitet hat. Da ist es gut, dass sie von Vastra schon etwas bearbeitet wird und eine Lektion in Sachen „hinter den Schleier gucken“ bekommt.
Das eigentliche Abenteuer nimmt dann in der zweiten Hälfte an Fahrt auf und konzentriert sich auf Clara und den Doctor. Dabei lassen sich wieder für Moffat typische Fäden in der Geschichte erkennen, der die Unsicherheit Claras gegenüber dem Doctor in die Story um die organsammelnden, mörderischen Cyborgs mit einbaut. Das Masken-Thema beispielsweise wird recht gelungen auf verschiedene Arten behandelt und trifft neben dem Doctor (der tatsächlich auch zur Tarnung einmal ein fremdes Gesicht überlegt) auch auf die Cyborgs zu, die sich bereits so oft mit „Ersatzteilen“ erneuert haben, dass von der eigentlichen Identität nicht mehr viel übrig ist. Und das Thema der Identität steht zweifelsohne in der gesamten Folge im Vordergrund.
Was die beteiligten Charaktere angeht, stechen Clara und ihr Konflikt mit dem neuen Aussehen und Verhalten des Doctors klar hervor. Der Zuschauer ist ebenfalls unsicher, was den neuen Time Lord angeht und hat auch Mühe dabei, sich mit der neuen Figur anzufreunden. Er macht es Clara und uns aber auch nicht leicht. Wenn er ihr beispielsweise Dinge wie „ich vermisse Amy“ an den Kopf wirft, sie als Egomanin und Kontrollfreak bezeichnet oder sie alleine bei den Cyborgs zurück lässt und ihr nicht einmal den Sonic Screwdriver mit gibt (er könnte ihn ja selbst brauchen), wirkt das sehr kalt und man denkt sich das kann er doch nicht machen. Colemans Mimik wird dabei an vielen Stellen gefordert und sie liefert eine ihrer besten Performances in der Episode ab.
Der beste Moment (womöglich der ganzen Folge) ist sicherlich, als sie hinter sich greift und nach einer spannungsgeladenen Pause tatsächlich die Hand des Doctors zu fassen bekommt. Spätestens hier hätte dann auch ihre Unsicherheit in Bezug auf den Time Lord verflogen sein müssen. Insofern wirkte der Gast-Auftritt von Smith in den letzten Minuten etwas fehl am Platze. Ja, es war nett, ihn noch einmal zu sehen. Aber hätte sie den Anruf wirklich nötig gehabt? Dass sie nach bestandenem Abenteuer die TARDIS tatsächlich noch verlassen wollte, wirkte aufgesetzt - jedenfalls nach allem, was vorher bereits passiert ist.
Das Ermittler-Trio um Madame Vastra war insgesamt eine gute Bereicherung für die Episode. Vor allem Jenny und die Silurianerin wussten zu gefallen, hatten Szenen zusammen, die von amüsant komisch bis cool (der Auftritt bei den Cyborgs) reichten. Die Chemie zwischen McIntosh und Stewart ist einfach toll, gerne mehr davon. Strax hingegen fängt allmählich an zu langweilen. Zu ausgetreten sind die meisten Witze, wobei er überhaupt nur noch als Witzfigur benutzt wird und langsam aber sicher zum Jar Jar Binks des Whoniverse verkommt. Ist es wirklich so schwierig, ihm ab und zu mal ein paar bedeutungsvolle Szenen zu verpassen?
Für Capaldi war der Auftakt natürlich eine Art Feuerprobe, die er vorerst bestanden hat. Trotz seiner teilweise recht düster wirkenden
Anspielungen auf vergangene Folgen gab es selbstverständlich auch. Interessant war zum Beispiel, dass der Doctor sein neues Gesicht bereits gesehen hat und sich scheinbar an Caecilius aus „The Fires of Pompeii“ erinnert. Ferner wurde die Herkunft der Cyborgs mit „The Girl in the Fireplace“ verknüpft und man kann davon ausgehen, dass derartige Verbindungen mit Moffat am Steuer noch öfter vorkommen werden.
Etwas Kopfzerbrechen bereitet hingegen das unerwartete Ende im „Paradies“ für den Cyborg-Anführer. Mit Missy (Michelle Gomez) lernen wir eine neue Figur kennen, die scheinbar das erste Aufeinandertreffen zwischen Clara und dem elften Doctor in „The Bells of Saint John“ organisiert hat und auch in dieser Episode für das Treffen im Restaurant verantwortlich war. Dass sie den Doctor als ihren „Boyfriend“ bezeichnet, gibt noch mehr Rätsel auf und lässt sofort an River Song (Alex Kingston) denken. Ist die vielleicht aus dem Computer der Bibliothek entkommen? Oder befindet sich das Paradies in einer virtuellen Realität? Oder haben wir es möglicherweise mit einer Time Lady aus der Vergangenheit des Doctors zu tun? Mögen die Spekulationen beginnen.
Fazit: Toller Auftakt, wenn auch nicht ganz ohne Schwächen. Die finden sich aber nicht bei Capaldi oder Coleman, die beide durchweg zu gefallen wussten, sondern eher bei einer bekannten Nebenfigur, die immer mehr zur Slapstick-Schablone verkommt sowie bei kleineren Handlungselementen, die sich nicht so ganz gut anfühlten. Wie sich der zwölfte Doctor weiterhin schlägt und was hinter der letzten Szene steckt, bleibt mit Spannung zu erwarten.
8/10 Falsche Fragen.