Drehbuch-Kritik: Superman Flyby (JJ Abrams)

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
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Nach den Drehbuch-Kritiken zu Superman vs Batman (der von Wolfgang Petersen gemacht werden sollte) und Superman Lives (Script Kevin Smith, sollte von Tim Burton mit Nic Cage als Supes verfilmt werden) gibt es jetzt noch eine zum dritten großen Superman Projekt, das fast was geworden wäre: Superman Flyby. Superman Flyby wurde geschrieben von JJ Abrams, der bei Mission Impossible 3 und Star Trek 11 Regie geführt hat und zu der Entstehung von Cloverfield und Lost erheblich beigetrug. Regie sollte Brett Ratner (Rush Hour 1-3) führen, als Supes hatte man damals Josh Hartnett im Sinn.

Doch wäre dieser Superman was geworden? Schwer zu sagen, jedenfalls unterscheidet er sich grundlegend von den 5 Filmen und den beiden anderen Drehbüchern.

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STORY
(Ich werde ich mich hier etwas kürzer fassen als bei Superman Lives)

Der Film fängt damit an, dass Superman in der Innenstadt von Metropolis von einem mysteriösen Kämpfer angegriffen wird, der es mit ihm aufnehmen kann: Ty-Zor. Ty-Zor stammt wie Supes von Krypton und ist der Sohn von General Kata-Zor, der die ganze Familie von Supermans Vater Jor-El auslöschen will.

Rückblick: als Jor-El sein Baby in den Weltraum schickt, sendet Kata-Zor 1000 Schiffe in alle Richtungen hinterher, um den Jungen eines Tages zu finden. Superman landet also auf der Erde und wird von Martha Kent aufgenommen, Was folgt, ist die altbekannte Story: er wird älter, bemerkt seine Kräfte, merkt das er anders ist als seine anderen Mitschüler und macht sich nach der Schule auf nach Metropolis, um wie seine heimliche Schulliebe Lois Reporter zu werden. Eines Tages rettet er den Präsidenten bei einem Flugzeugabsturz und erfährt dann eine Meldung von CIA Agent Lex Luthor: es wurde eine Raumkapsel gefunden, die nicht die seine ist. Das ist Ty-Zor, Kata-Zors Sohn, der auf die Erde reiste, um Kal-El mit eigenen Händen zu erledigen.

Das macht er dann auch, und dafür hat er auch noch Soldaten und Kampfroboter mitgebracht. Was folgt, ist eine immense Kampfhandlung, bei der Superman nur knapp alle Kryptonier besiegen kann. Als er wieder auf Ty-Zor trifft (die Szene vom Anfang), wird er vor eine Wahl gestellt: Lois ist in Lebensgefahr, doch um sie zu retten, müsste er sich durch Kryptonit verseuchen lassen... was ihn töten würde.

Also?

Er macht es natürlich und stirbt - allerdings nur körperlich, denn sein Geist wandert zurück nach Krypton, auf dem sein Vater unentwegt von General Kata-Zor gefoltert wird. Per Telepathie unterhalten sich dann beide und Jor-El kann seinen Sohn überreden, wieder aufzuerstehen. Kal-El reist also wieder zurück, lebt wieder und besiegt Ty-Zor in einem gewaltigen Kampf. Aber damit nicht genug: Lex Luthor entpuppt sich plötzlich ebenfalls als Kryptonier, den Supes nur mit Mühe besiegen kann. Die Geschichte endet damit, dass Superman mit einer Rakete zurück nach Krypton reist und Luthor als Gefangenen der Polizei übergibt.

Wie man sieht, hat sich JJ so einige Sachen einfallen lassen wie man Superman anders und neu erfinden könnte. Leider gibt es bei zu starken Änderungen immer die Möglichkeit, das es nicht hinhaut, und das ist im gesamten Script der Fall.

Superman Returns hatte das Problem, dass es kein Gute-Laune-Film für die ganze Familie war, der Superman als strahlende Heldenfigur zeigte, sondern als gebrochenen, einsamen Alien, zu dem man nicht hochsehen konnte, sondern mit dem man Mitleid hatte und der einem leid tat.

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Flyby macht das anders, allerdings ebenfalls ziemlich falsch. Der Ton des Scripts ist zum größten Teil wieder viel zu sehr auf Erwachsene ausgerichtet. So wird Martha Kent eines Tages fast von ihrem Vermieter vergewaltigt, gefolgt von einer Szene, in der ein junger Superman den Mann fast totschlägt. Als Baby hinterlässt er alberne Superexkremente und als Teenager nutzt er seine Sicht, um den Mädchen zwischen die Beine zu sehen.

Jor-El wird bis aufs Blut gefoltert, seine Frau umgebracht; Superman selbst wird bis zum Bluten gebracht und überhaupt ist die gesamte Gewalt im Drehbuch überraschend viel. Spätestens wenn die Kryptonier die Welt erreichen, gibt es fast Nonstop Action, die hart ist und über Leichen geht. Zumindest in Sachen Action macht JJ jede Menge richtig, denn die Kämpfe sind allesamt minutenlang und so groß angelegt, dass die Kämpfe aus Matrix dagegen nach Low-Budget aussehen. Hier werden Gebäude zerstört, Luftkämpfe mit Jets und Helis geliefert, und die Kryptonier nutzen all ihre Superkräfte, um Superman und die Armee der Menschen zu besiegen. Das ist spektakulär, aber letztendlich wäre es einfach nicht zu finanzieren gewesen.

Kriegen sie denn die Charaktere hin? Ja und auch nein. Superman selbst sowie sein Vater und Lois sind ziemlich gelungen, doch Ty-Zor, das Daily Planet Team, die anderen Kryptonier und Lex sind daneben. Während es beim Daily Planet äußerst klischeehaft zugeht, kann Ty-Zor als Hauptbösewicht nur wenig Eindruck hinterlassen; Abomination aus Hulk hat ein besseres Auftreten als er. Mehr als leere Phrasen wie "Du musst sterben... weil du sterben musst" sind nicht von ihm zu hören. Was bei Clark fehlt, ist die humorvolle Seite, die Christopher Reeve damals so klasse mit eingebracht hat. Was ebenfalls fehlt, ist eine vernünftige Bindung zwischen ihm und Lois. Zusammen haben sie keine echt Harmonie und Lois bleibt auch so blass, wie sie es in Superman Returns war.

Völlig misslungen ist der Mann namens Lex Luthor. Wenigstens hat er in dieser Geschichte mal keinen idiotischen Plan um an viel Geld zu kommen, aber als Akte X / Skinner-Verschnitt der um Zuschüsse für seine Abteilung kämpft und am Ende ein - für den Rest der Story - vollkommen hirnfreies Geheimnis birgt, ist es blamabel. Auch ist er nicht der charmante, hochintelligente Mistkerl, sondern eher ein berechender Militär mit eigener Agenda, wie Iron Monger, nur ohne persönliche Verbindung.

Am schwächsten ist jedoch das gesamte Material, das auf Krypton spielt. Sehr, sehr oft schaltet die Geschichte zurück auf den Heimatplaneten, auf dem Tyrann Kata-Zor mit eisener Macht herrscht. Optisch ist Krypton nichts besonderes: Hightech gemischt mit viel Natur, die Kata-Zor mit seinen großen Kampfmaschinen nach Belieben vernichtet.

Scriptlänge: gut 140 Minuten

Unter dem Strich lässt sich sagen, dass Flyby extrem actionreich ist und im Grunde das Prinzip des alten Superman II übernimmt - Supes gegen andere Kryptonier, die seinen Kopf wollen. Insgesamt ist es allerdings zu hart und nur bedingt für Kinder und Familien geeignet, was eigentlich Zielgruppe für jeden Superman-Film sein sollte. Ein paar Smith/Anderson Kämpfe, jede Menge massive Zerstörung ala Independence Day und riesige Kampfmaschinen hätten dieses Script zu einem starken Blockbuster gemacht, doch ein Juwel wie Spider-Man oder Batman Begins wäre es mit Sicherheit nicht geworden.

Dafür sind die Figuren zu schwach, die Ideen teils zu abgedreht und die Handlung zu umständlich. Wäre großes Popcorn-Kino für Michael Bay, aber selbst dem würde die schwache Story nicht gänzlich gefallen.

4 / 10

ps..:

Flyby war als erster Teil einer Trilogie angedacht, in dessen zweiten Teil Superman auf Krypton gegen General Kata-Zor und einen neuen Bösewicht namens Predius gekämpft hätte. Wieso man dann direkt beim ersten Teil mit dem Tod von Superman anfängt, bleibt unverständlich.
 

MamoChan

Well-Known Member
Ich für meinen teil bin echt froh, daß man diesen Film nicht gedreht hat. Auch wenn da vielleicht einige gute Ideen drinne waren, klingt es für mich einfach absolut bescheuert. Da sollte man Bryan Singer wohl auf Knien danken, daß er Superman Returns gedreht hat. :super:
 

gimli

Elbenfreund
Ich fand ja, dass die Zeit bei Superman viel besser genutzt wurde als bei "The Dark Knight". :wink:
Abrams schätze ich mittlerweile seit "Mission Impossible 3" und "Cloverfield" sehr, aber diesen Film hier hätte ich jetzt nicht umbedingt sehen müssen.
 

Sweeney-Todd

New Member
Ich lese gerade Cameron's Spider-Man und wenn ich fertig bin schreib ich was dazu. Wie es aussieht, wollte Cameron woll Dr. Octopuss als hauptgegner, aber es kann sein das im Laufe des drehbuches noch andere Gegner auftauchen.
 

Sweeney-Todd

New Member
Original von Moviefreak
Wie ist die Story im Vergleich zu Sam Raimis 3 Filmen?

Wie gesagt bin ich noch am Anfang, ich kann noch nicht sehr viel sagen. Dr. Ock ist aber ein verrückter Wissenschaftler und arbeitet an so einem Projekt wo unser Universum und ein anderes zusammen schmelzen sollen oder so etwa. Was auch auffallend ist: Mary Jane heisst nicht MJ sondern Liz im Drehbuch.
 

Sweeney-Todd

New Member
Original von Moviefreak
Liz heiratet ja Harry in den Comics und hat noch en Sohn mit ihm.

Am Anfang ist Harry noch ein Aussenseiter. Peter steht auf Liz, aber traut sich nicht ihr das zu sagen, ausserdem kommt Flash dazwischen (der geht auf's gleiche College und ist beliebt).
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Okay, dann machst du das Sween :wink: Hätte sonst die Tage auch damit angefangen.
 

JosephWilliam

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Je mehr Skript-Kritiken Jigsaw ausgräbt (by the way: gut geschrieben, wie immer! :super: ), desto mehr schätze ich SUPERMAN RETURNS (also insofern ich den noch mehr schätzen kann).

Sowohl LIVES als auch dieser FLYBY hier sprechen mich nicht mal ansatzweise an.

Und mal im Ernst: Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer von den beiden als Film erfolgreicher gewesen wäre als RETURNS. Der wird zwar überall als Flop gehandelt, aber ich fand das Ergebnis für einen Superhelden, der erst wieder an dem Mann gebracht werden musste, gar nicht mal so übel. (Und dass WB so viel Geld dafür ausgegeben hat, tja, da kann der Film nichts vor. Ich tausche ja auch keinen 10er gegen nen 5er oder?)

Ach ja, noch was

@ Jigsaw: Das Drehbuch zu James Cameron's SPIDER-MAN würd mich auch brennend interessieren. Gibt's das im Netz?
 

JosephWilliam

New Member
Original von Sweeney-Todd
@ JosephWilliams:

http://www.dailyscript.com/scripts/spider_man_cohen_newson_cameron_8_4_93draft.html

Die Kritik kommt bald, bin schon fast fertig mit dem Drehbuch lesen!

Sehr schön! :wink:

Dann freu ich mich schonmal auf deine Kritik.

SPIDER-MAN von James Cameron wäre sicher der Wahnsinn gewesen.
Für Leo DiCaprio wiederum war's gut, dann es nie so weit kam...er hatte ja schon heftige Probleme, sein TITANIC-Image abzuschütteln, dann hätte er das vom Spinnenmann sicher nie mehr losbekommen - so wie dieser Maguire jetzt auch nicht.
 
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