[Netflix] In the shadow of the moon

Deathrider

The Dude
Inhalt:
Alle 9 Jahre werden seltsame Morde verübt und die Opfer haben scheinbar keinerlei Verbindung zu einander. Ein Cop (Boyd Holbrook) macht es sich zur selbstzerstörerischen Aufgabe die mysteriöse Mörderin zu schnappen...

KRITIK:
Der Einstieg ist noch relativ vielversprechend. Allein die erste Einstellung sagt ganz klar: Es wird politisch. Daran ist ja erstmal nichts ungesetzlich. Man fragt sich als Zuschauer also wo die Reise hingeht, wobei der Trailer ja mehr oder weniger eine Zeitreise Story andeutet. Und tatsächlich reisen wir zunächst ins Jahr 1988 und bekommen eine schöne Blade Runner Atmosphäre geboten. Stilistisch hätte es da gerne bleiben dürfen, nur leider verpufft spätestens mit dem Ende des Abschnitts in den 90ern sämtliche durchaus virtuos aufgebaute Stimmung. Ab hier wird klar, dass außer filmischen Zitaten inszenatorisch nicht viel passieren wird. Auch Story und Action verlieren bald an Tempo, sodass man sich in den Nuller-Jahren zumindest über interessante Plot-Entwicklung freuen würde. Eine solche bekommt man zwar, doch entpuppt sich diese als das größte... oder besser gesagt das grundsätzliche Problem des Films, welches alles andere überschattet.

Politisch motivierte Attentate sind gut, solange sie sich gegen Rechte, also gegen undemokratische Strömungen richten. Das offenbart sich hier als Lehre und propagiert eine höchst problematische, weil selbst gänzlich undemokratische Denkweise.
Das Thema des immer stärker aufkeimenden rechten Terrors und der Unterwanderung der Zivilgesellschaft durch braunes Gedankengut ist brandaktuell, man denke nur mal an die Identitäre Bewegung. Man muss irgendwie dagegen vorgehen, das ist klar. Doch ist es höchst ungeschickt, sich diesem Problem auf die im Film dargestellte Weise zu nähern, denn damit begibt sich das Antagonist-Protagonist-Gespann letztendlich auf das Niveau des gesichtslosen ultimativen Feindes, weil es sich für den Tod zahlreicher (noch) unschuldiger Zivilisten verantwortlich zeichnet. Aber es ist ja angeblich alles gut und rechtens, weil letztendlich mal wieder in guter amerikanischer Tradition die Familie beschworen wird. Und da haben wir es wieder: Das eine biedere Klischee das irgendwie in alle Filme der letzten Jahre gezwängt werden muss.

Wie in fast allen Zeitreise-Filmen kann man hier wieder die nicht unspannende, wenn auch abgedroschene Frage nach dem Huhn-Ei-Prinzip stellen. Allerdings wurde dieses bereits seinerzeit in Premonition mit Ethan Hawke viel radikaler und eindrucksvoller ausformuliert... ja, fast schon zu Ende gedacht, möchte man sagen. Etwas neues wird hier also nicht geboten. Schade.
Generell hat man das Gefühl, dass die Zeitreisethematik eigentlich nur oberflächliches Mittel zum Zweck ist. Einerseits wird hier eine Rechtfertigung der Morde, durch den empirischen Beweis einer viel größeren (künftigen) Terrortat konstruiert, was wir dann bitteschön auch so schlucken sollen. Andererseits setzt es uns (dargebracht durch einen anscheinend interdisziplinär genialen, bei Lichte betrachtet jedoch total wahnsinnigen Wissenschaftler) eine hanebüchene und gleichzeitig kryptische Erklärung der Zeitreisen vor und will damit herleiten woher der Film seinen pseudocoolen Titel hat. Hier verkommt der vermeintliche Mittelpunkt des Films zu einer plumpen Marketingstrategie.

Dabei wird im Film, scheinbar beiläufig ein ganz anderes, viel seltener behandeltes und eigentlich viel interessanteres Thema angesprochen: Der Killswitch. Die Möglichkeit einen x-beliebigen Menschen durch einen Knopfdruck aus der Ferne zu töten. Doch groß behandelt wird das nicht.
Hätte ich den Film gedreht, wäre das mein Hauptaugenmerk gewesen und auch wäre Antagonist Antagonist geblieben.
Diese Unfokussiertheit und sein innerer Drang viel mehr aus sich machen zu wollen als er sein muss, ist es was dem Machwerk letztendlich das Genick bricht.

Immerhin kann man aus dem hier vorgestellten Film ein Negativbeispiel für Filmschaffende machen: Wie verschenke ich möglichst viel Potenzial und wie häufig kann sich ein Film selbst und seiner politischen Agenda einen Bärendienst erweisen?
Und doch beweist Under the Shadow of the Moon, dass auch ein schlechter Film zu interessanten Gedanken und Debatten anregen kann.

3/10 auslaufende Gehirne
 
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