WARNUNG: Langer Text.
WARNUNG: Spoiler.
Habe den Film gestern mit zwei BegleiterInnen gesehen und wir waren einigermaßen enttäuscht. Insbesondere waren meine Erwartungen hoch, weil ich einerseits Del Torro Fan bin, andererseits aufgrund des gigantischen Internet Hypes und aufgrund von MovieBobs überschwänglicher
Rezension. Nie zuvor habe ich mit letzterem so wenig übereingestimmt.
Fangen wir mit dem positiven an. Die Kämpfe sind eindeutig Highlight des Films. Ich fand deren Inszenierung absolut gelungen. Kamerabewegung, -distanz, Choreographie, Schnitt, Timing fand ich alles sehr gut. 3D und Sound waren spitze, Musik mittelmäßig. Ebenfalls gelungen sind die Designs, die Wettereffekte, die Farbpalette etc. des Films insgesamt. Dass die Inszenierung größtenteils bei Nacht oder im Wasser stattfand, hat mich nicht gestört. Ebenfalls freue ich mich, dass hier tatsächlich das "Wagnis" eingegangen wurde, ein internationales Team zu präsentieren, anstatt die USA - wie verklausuliert auch immer - in den Vordergrund zu stellen. Es gab keinen Shot auf wehende Stars&Stripes.
Das wars aber auch schon mit den positiven Aspekten. Ich persönlich hatte gehofft, einen Spektakelfilm vorgesetzt zu bekommen, der - im Gegensatz zu Transformers - tatsächlich die Roboter in den Vordergrund stellt. Aber das ist nicht Pacific Rim. Auch hier sind gefühlte 90% der screen time langweiliges, schlecht inszeniertes, bedeutungsloses Human Drama. Die Dialoge sind klischeehaft und belanglos, die Charaktere haben praktisch keine Zeichnung. Wenn ich aus dem Kinosaal komme und praktisch keinen Charakter beim Namen nennen kann, ist was falsch gelaufen. Jedenfalls dann, wenn 90% des Films nur daraus bestehen. Stattdessen ging ich nur mit Typenbezeichnungen aus dem Kino: der blonde Held, die Asiatin, der Commander, der Ingenieur, der Händler, der Wissenschaftler.
Schlechte Dialoge mag man noch mit der deutschen Synchro entschuldigen können. Unentschuldbar aber bleibt die Kantenlosigkeit des Dramas. Und ich bin noch unentschieden, ob es an den Schauspielern lag. Da sich hier erfahrene Namen versammelt haben, tendiere ich zum Schnitt. Den Dialogen fehlte, Drive, Tempo, Witz, Esprit. Das was Star Trek (2009) - bei aller Kritik an Herrn Abrams - hatte. Stärkste Szene war noch Makos Rückblende, aber selbst daraus folgte nicht viel. Und die Inszenierung, wie Stacker aus dem Roboter steigt war unglaublich schlecht. Der Selektionsprozess, in dem die Rekruten miteinander kämpften, brachte gar nichts. Die Hürden um Makos Rekrutierung brachten gar nichts. Dito der Kaiju-Händler: Man hätte die Gedankenverbindung Kaiju-Mensch auch ohne ihn haben können. Welchen Sinn hatte die "Abtastung" des Wissenschaftlers durch den Kaiju? Was haben die Kaijus von ihm gelernt, was sie nur so hätten erreichen können?
Grundproblem des Films ist meiner Theorie nach im Marketing begründet. Aus Vermarktungs- und Produktionsplanungsperspektive ist Pacific Rim ein Alptraum. Das Team ist zu groß und die Roboter zu wichtig für ein helden-zentriertes Marketing. Es gibt keine Comics oder Spielzeuge, an die der Film anschließen kann. Das Kaiju-Genre ist im Westen unbekannt oder hat einen schlechten Ruf. Natürlich wollte Del Torro einen im Westen gemachten, genretreuen Genrefilm produzieren. Dafür brauchte er 200 Mio. Dollar. Die bekam er nur, wenn er in anderen Aspekten sich ins Handwerk reden lässt. Ein blonder, stereotyper Held ist gesetzt. Eine in Japan vermarktbare Schauspielerin muss sein. Es muss sein, dass jede der Figuren eine dunkle Vergangenheit haben muss, die in "bedeutungsvollen" Rückblenden enthüllt werden muss. Das ist meines Erachtens der Grund, dass Pacific Rim jenseits der Kampfszenen nur die falschen Kompromisse macht.
Anstatt nun den Anti-Transformers zu produzieren, indem Action im Vordergrund steht, und der politische, militärische Kontext zurücktritt, muss Human Drama gerade im Mittelteil aufs Kräftigste stattfinden. Plötzlich reicht eine selbstlose, unpersönliche, einfach nur professionelle Motivation der Helden nicht aus. Sondern jeder muss durch sein tragisches Ereignis in der Vergangenheit gezeichnet sein. Pacific Rim ist daher - zu meiner Enttäuschung - eben nicht ballastfreies Kino, sondern präsentiert nur eine andere Art von Ballast, von Ablenkung. Die Drama-Szenen sind derart schlecht inszeniert, dass ich mir ständig eine Rückkehr zu den Kampfszenen wünschte. Da hilft es nicht, dass Charlie Hunnam zumindest hier, für mich, keine Präsenz und Glaubwürdkeit hat. Ich war zwar nie gelangweilt, aber spannend ist Pacific Rim für mich zu keinem Zeitpunkt gewesen.
Hinzu kommen beleidigende Absurditäten und Logikfehler. Und damit meine ich nicht die im Kaiju-Genre inhärenten "Fehler". Dass es keinen Sinn macht, humanoide Roboter zu bauen, wenn man in der gleichen Zeit auch unbemannte Drohnen mit Mini-Nukes bauen kann - Kein Kritikpunkt, da genre-inhärent. Aber es bleibt noch genug. Die Szene, in der acht Standard-Militär-Helikopter einen Jäger transportieren können, zum Beispiel. Vielleicht wurde hier ein Bildzitat an Neon Genesis Evangelion gesucht? Am schlimmsten aber war die Szene, in der der fliegende Kaiju ins Weltall hinausfliegt. Mit Flügeln. Wo es im Weltraum bekanntlich keine Luft zu verdrängen gibt. Wow. Und warum wird die EMP-hafte Waffe der Kaijus, die sich als Trumpfkarte erwiesen hatte, nicht wieder eingesetzt? Wie werden Informationen durch den "Spalt" transportiert? Warum hat jemals jemand gedacht, eine Mauer könnte die Kaijus aufhalten?
Der Vergleich mit Independence Day liegt nahe. In ID4 werden Städte zerstört von UFOs, in PR von Kaijus. In ID4 sind die Aliens Kolonialisatoren, die von Planet zu Planet ziehen, so auch hier. Auch das Ende ist wie bei ID4: Ein ultimativ tödliches Mac Guffin (Virus, Atombombe) wird dem "nackt" zu sehenden Alien ins Gesicht präsentiert. Diese Ähnlichkeiten sind sicher genre-bedingt.
Aber Independence Day machte Einiges richtig, war PR falsch macht. In ID4 gab es einen Build-Up. Wir erfahren nach und nach mehr über die Aliens. So nicht in PR. In ID4 gab es Charaktere mit Zeichnung. Smith als Pilot mit Weltraumambitionen, der seine strippende Freundin zu sehr liebt. Goldblum als eigentlich genialer Tüftler, der beruflich in einer Sackgasse steckt und unter seiner Trennung leidet. Beides von ihren Schauspielern gut ausgefüllte Charaktere, mit gut platzierten, gut geschnittenen Dialogen. In ID4 waren die "stakes" klar, weil Militär und Zivilisten eingebettet, verbunden waren - was dann für propagandistischen Patriotismus genutzt wurde. In PR sind beides getrennte Welten, was realtischer sein mag, aber es hilft der Spannung nicht.
Ich persönlich habe aus Pacific Rim mehreres gelernt. Zum Beispiel, dass das schlechte Box Office Ergebnis in den Staaten nicht mit einem Mangel an Fahnen-Patriotismus im Film zu tun haben muss, sondern mit den Mängeln des Films selbst, der seinem Hype nicht gerecht wird. Interessant finde ich aber auch eine kulturwissenschaftliche Lehre. Normalerweise würde ich mich beschweren, wir flach ein US-amerikanischer Blockbuster wiedermal ist. Dieses Mal ist es eher eine japanische, genre-bedingte Flachheit, in der Vertreter bestimmter Nationen (Russland, China, Deutschland) mit übelsten Klischees gezeichnet werden.
Warum werden die Russen wieder als technisch an sich veraltete, aber gute Kämpfer präsentiert? Deren Technik unterlegen, klobig, langsam, panzerhaft präsentiert wird? Schonmal neuere MiG- oder Suchhoi-Designs gesehen? Und die Deutschen? In Neon Genesis waren die Deutschen ja auch kultivierte Offizierstypen, die Bach und Brahms auf einem klassischen Instrument spielen und die deutsche Philosophie bis Hegel zitieren können. Hier sind sie überdrehte Wissenschaftler-Nerds, die gleich im nächsten Moment ihre "Reichsflugscheiben" heraus holen werden.
Enttäuschter aber bin ich, dass ich von Del Torros kreativem Mut, den ich in Pans Labyrinth gesehen habe, hier nichts mehr sehe. Pans Labyrinth war ein harter, politischer, durch-designter "Kinderfilm". Pacific Rim hingegen geht nur die falschen Kompromisse ein. Und dass der Stumpfsinn, die Flachheit, die Klischeehaftigkeit hier Produkt einer japanischen Genrekonvention ist, anstatt einer amerikanischen, entschuldigt für mich nichts.