Rocketman und musikalische Vorprägungen

Joel.Barish

dank AF


Ihr kennt das: da schaut ihr einen Film, dort wird ein bestimmtes Musikstück gespielt und weil ihr dieses Stück irgendwoanders her kennt, geht eure Aufmerksamkeit auf Wanderschaft und lässt fremde Eindrücke in den Film einfließen, den ihr eigentlich gerade guckt. So ist es mir jüngst mit "Rocketman" und gleich zwei Elton John Liedern passiert. Daher wollte ich dem mal ein wenig auf den Grund gehen...

Rocketman und musikalische Vorprägungen
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Ich muss sagen, dass ich das eher selten habe. The Power of Love, Back in Time, Johnny B Good und Earth Angel aus ZidZ wären ein Beispiel. Bei Higher and Higher aus Ghostbusters 2 wäre es wohl ebenso. Let it Snow aus Stirb Langsam. Insgesamt eher Filme aus der Kindheit.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Mister Sandman gehört zweifellos zur Halloween Reihe, ohne geht nicht mehr.

Weiter gefragt: kann sich ein Musik Biopic davon befreien, dass die großen Lieder, die aus der porträtierten Person einen Weltstar gemacht haben, im Laufe der Jahre und Jahrzehnte popkulturell aufgeladen wurden? Sollte ein solches Biopic dem entgegen steuern? Ist es wirklich ein Problem, während ROCKETMAN an Ewan McGregor und MOULIN ROUGE zu denken? (...) Vielleicht ist all dies nur Erinnerung und Mahnung daran, dass Musik Biopics nicht geholfen ist, wenn sie das Äquivalent eines filmischen Wiki-Artikels mit integrierten YouTube Links abliefern.

Ich glaube nicht, dass man sich völlig davon lösen kann. Bei Bohemian Rhapsody muss ich zuallererst an Wayne's World denken, und da kommts auch echt darauf an, wer es zuerst popkulturell prägen konnte. Man kann das dann nicht mehr zurückgewinnen, oder die Verknüpfung dazu im Nachhinein lösen.

Was deinen zweiten Kommentar betrifft, ist das wohl leider auch in Zukunft immer wieder exakt die gewünschte Vorlage. Sei es vom Publikum, die immer das Interesse haben wissen zu wollen, was die wichtigsten Sachen im Leben von berühmter Person X waren (ohne die im Film gezeigten beispielsweise im Nachhinein zu hinterfragen und selbst nachzulesen, ob das gezeigte wirklich so war oder gezielt etwas verändert/ausgelassen wurde, um ein Bild zu schönigen)(man will halt STAR: DER FILM, mit allen wichtigen Stationen und nicht nur 2-3 besonderen Tagen), sei es von den Lizenzinhabern, die gerade bei verstorbenen noch die nächsten Dekaden am Vermächtnis verdienen und entsprechend keinerlei Interesse haben, die Schattenseiten von Künstler X zu beleuchten. Vor allem nicht, wie bei Queen zuletzt geschehen, wenn es auch sie schlecht zeigen würde.

Es ist ohnehin ein extrem schwieriges Ding, weil man nie was völlig sachliches kriegen kann. Nehmen wir mal an, sie würden einen GUNS N ROSES Film machen, dann würde drin vorkommen, dass sich Slash und Axl fast 20 Jahre nicht ausstehen konnten. Wahrscheinlich wirds aber nie zu einem Film kommen, da die beiden sich bis heut nicht einig sein werden, warum das so war, und Außenstehende wie die übrigen Bandmitglieder werden es nochmal anders wahrgenommen haben. Und dann kommt in letzter Instanz auch noch der Filmemacher selbst hinzu, der mit seiner Interpretation immer eigene Farbe mit einbringt. Vielleicht mochte er Axl immer mehr als Slash, dann wird er Slash negativer darstellen.

Unterm Strich befürworte ich ein Best Of Biopic weit mehr als du, mir ist aber auch bewusst, dass man ein Leben, selbst ein exzentrisches, nur mit Mühe in eine typische 3 Akt Geschichte stopfen kann. Mir ist klar, dass es dafür angepasst und verändert ist.

Walk the Line halte ich beispielsweise für einen tollen Film, auch wenn das nicht "so wars wirklich" ist. So ein Film ist immer "so wars ungefähr, interpretiert von Phoenix und dann nochmal interpretiert eingefangen vom Filmemacher". Steve Jobs hingegen ist auch ein guter Film, aber ich kann beim besten Willen nicht sagen, dass er tausendmal besser ist als Jobs mit Ashton Kutcher. Klar hat ersterer die stärkeren Szenen und die höhere Film- und Darstellerqualität, aber der andere zeigt einfach mehr, deckt mehr ab. Oft ist es bei diesen Ausschnittfilmen unbefriedigend, nach ein paar starken Momenten wieder losgelassen zu werden.[/quote]
 

Clive77

Serial Watcher
Schöner Artikel! :thumbup:

Und ja, das habe ich auch. Wenn auch in letzter Zeit eher aus der Serienecke. Spontan:

Lost (Make Your Own Kind of Music):

Sense8 (What's Going On?):

Supernatural Parody - zählt auch (Shake It Off):

Supernatural (Carry On My Wayward Son):

Supernatural - aller guten Dinge sind drei (God Was Never On Your Side):
 

Clive77

Serial Watcher
Und erst kürzlich, was ungewöhnlich ist, werde ich "Eye of the Tiger" wohl nicht mehr mit Rocky, sondern mit Glen Carter aus "The Blacklist" verbinden:

Dank Jay bin ich auch auf The Merkins aufmerksam geworden und liebe nach wie vor dieses Ding (woran ich jetzt immer denke, wenn ich das Original von den Backstreet Boys höre):

Witzigerweise werden bei mir einige Songs, die ich als nervig empfinde, durch derartige Parodien tatsächlich erträglicher. Nachdem (ist schon länger her) bei uns auf der Arbeit auf WDR 2 ständig "Shallow" lief, finde ich den Song seit dieser Parodie wieder ähnlich dufte wie zu Beginn (als er nicht einmal pro Stunde gespielt wurde):

Anmerkung: Musste den Beitrag auftrennen, weil mehr als fünf Videos pro Beitrag offenbar nicht gehen...
 

Metroplex

Well-Known Member
Waynes World ist bei mir auch total eingebrannt. Immer wenn Bohemian Rhapsody läuft muss ich beim Start des schnellen Parts automatisch mit machen :ugly:



Und natürlich:


Aber auch:


Ah, und was auch komplett verknüpft ist, ist Por Una Cabeza mit der Tango Szene aus True Lies.

 

Joel.Barish

dank AF
Die ja auch im Artikel vorgestellte Variante mit Bohemiam Rhapsody und "Wayne's World" scheint sich ja hier als recht weit verbreitet und bekannt zu etablieren. Daher mal die Frage, welchen Einfluss diese Assoziation beim Schauen von "Bohemian Rhapsody" (dem Film) hatte? Wenn man sieht, wie Freddie Mercury am Text feilt oder wie die Band die komplexen Toneffekte und Stimm-Doppelungen einspielt. So liebevoll die Szene in WW auch gedacht sein mag, aber es ist eben WW und untergräbt da - empfinde ich jedenfalls - die innere Stimmung eines so ernsthaften und ernst erzählten Films wie BR. Oder nicht? Oder doch?

@Clive
Also "Make your own kind of music" ist auch bei mir vermutlich DER musikalische "Lost" Moment. Auch in der bildlichen Präsentation. Aber ich habe das Lied außerhalb von "Lost" noch kaum gehört. Und mit "kaum" meine ich im Prinzip "gar nicht". Zumindest kann ich mich nicht bewusst erinnern. Vielleicht heißt das aber auch nur, dass die Erinnerung an diesen "Lost" Moment alle weiteren Film- und TV-Momente mit diesem Lied überlagert.

Was deinen zweiten Kommentar betrifft, ist das wohl leider auch in Zukunft immer wieder exakt die gewünschte Vorlage. Sei es vom Publikum, die immer das Interesse haben wissen zu wollen, was die wichtigsten Sachen im Leben von berühmter Person X waren (ohne die im Film gezeigten beispielsweise im Nachhinein zu hinterfragen und selbst nachzulesen, ob das gezeigte wirklich so war oder gezielt etwas verändert/ausgelassen wurde, um ein Bild zu schönigen)(man will halt STAR: DER FILM, mit allen wichtigen Stationen und nicht nur 2-3 besonderen Tagen), sei es von den Lizenzinhabern, die gerade bei verstorbenen noch die nächsten Dekaden am Vermächtnis verdienen und entsprechend keinerlei Interesse haben, die Schattenseiten von Künstler X zu beleuchten. Vor allem nicht, wie bei Queen zuletzt geschehen, wenn es auch sie schlecht zeigen würde.
Meiner Meinung nach sollte kein Star sein eigenes Musik Biopic mitproduzieren. Man sieht es selbst bei einem Film wie "Green Book", der eben (u.a.) über seine einseitige realweltliche Produktionsverbindung stolpert. Grundsätzlich halte ich diese Verbindungen bei realen Geschichten aus dem soziopolitischen, historischen, kriminellen Bereich für wichtiger, wenn nicht gar essentieller. Aber Biopics sollten sich davon lösen, denn nur die wenigsten Stars sind mir einer künstlerischen Weitsicht (in einem fremden Medium) und einer Selbstkritik ausgestattet, wie z.B. ein Bob Fosse, der "All That Jazz" machte. Und selbst Fosse "wagte" es nicht, seine Figur nach ihm selbst zu benennen.

Ich will damit nicht sagen, dass ein Biopic seine Hauptfigur durch den Dreck ziehen muss, aber ich denke, ein spannender, kreativer, unterhaltsamer und noch dazu wahrhaftiger(er) Film kann fast nur dann entstehen, wenn der porträtierte Star nicht selbst eitel dazwischen funkt bzw. durch seine Anwesenheit falschen Respekt und damit einhergehende Feigheit auslöst. Die Darstellung der Queen Bandmitglieder sollte in Sachen Lächerlichkeit allen eine Lehre sein.

Ich weiß auch nicht, ob du es dir mit deiner "das Publikum will es so" Auslegung nicht zu einfach machst, Jay. Ich würde argumentieren, dass das anerzogen ist. Genauso wie der Umgang mit Superhelden- und Spektakelfilmen als zentraler Grund für einen Kinobesuch anerzogen ist. Würden die großen Studios in den nächsten Jahren ordentlich Geld in die Hand nehmen, (halbwegs) große Stars als populäre Musiker casten und dabei drei, vier, fünf Filme irgendwo zwischen "I'm not there", "All that Jazz", "Amadeus" und "Mishima" machen (und diese auch noch vermarkten, wie sie ihre sonstigen großen Titel vermarkten würden), ich würde schätzen, dass sich das Erwartungsspektrum des Publikums in Bezug auf Biopics grundlegend erweitern würde.

Du verweist ja auch auf andere Dinge, über die wir andernorts oder privat schon mal gesprochen haben. Der Unterschied zwischen Best Of Filmen und "Ausschnittfilmen". Und ja, tendenziell bevorzuge ich Letztere, aber nicht ausschließlich. Daher kam mir das Beispiel mit "Amadeus" so gelegen, denn der ist ja auch ein großes "Best Of" Biopic, nahezu vom kompletten Leben Mozarts. Aber selbst wenn wir Dinge wie Laufzeit, Budget, Regie usw. ausklammern, macht "Amadeus" immer noch eine Sache super interessant und damit besser als 95% aller Musik Biopics: die Erzählperspektive. Es ist nicht einfach nur Mozarts Leben, sondern es ist Salieri, der von Mozarts Leben erzählt, der sein eigenes Talent und seine Lebensleistung abwägt, die er im Schatten eines "von Gott begnadeten" Jahrhundertgenies verbringen musste und verbringen durfte. Allein dadurch erhält die gesamte Erzählleistung von Mozarts Leben einen thematischen Unterbau, eine emotionale Ebene und eine narrative Zweckdienlichkeit, die einfach fast allen anderen Musik Biopics vollkommen abgeht.
 

Clive77

Serial Watcher
@Clive
Also "Make your own kind of music" ist auch bei mir vermutlich DER musikalische "Lost" Moment. Auch in der bildlichen Präsentation. Aber ich habe das Lied außerhalb von "Lost" noch kaum gehört. Und mit "kaum" meine ich im Prinzip "gar nicht". Zumindest kann ich mich nicht bewusst erinnern. Vielleicht heißt das aber auch nur, dass die Erinnerung an diesen "Lost" Moment alle weiteren Film- und TV-Momente mit diesem Lied überlagert.
Dem Aber kann ich nur bedingt zustimmen, denn "Make Your Own Kind of Music" kannte ich vorher schon, habe es aber nie "prägend" wahrgenommen. Anders sieht das bei den anderen (von mir) angeführten Liedern aus, die ich teils gerne hör(t)e, aber teils eben auch nicht, weil die damaligen Dauerschleifen (im Radio oder sonstwo) nervig wurden. Ich würde aber meinen, dass eine Prägung sich durchaus ändern kann - je nachdem, wie gut einem etwas "anderes" gefällt, was aus oder mit einem Song gemacht wurde. Trifft sicher auch auf "Bohemian Rhapsody" und "Wayne's World" zu, sowie auf viele andere (Songs), die erst durch diverse Szenen in Filmen oder andernorts prägend wirkten.
Punkt ist einfach, dass man Musik mit bestimmten, gut gelungenen Momenten verbindet oder verbinden kann, die einem eben gleich in den Kopf kommen, wenn man "nur" das Lied hört. Und das ist toll. Ganz gleich, ob es eine persönliche Erfahrung ist oder ob man durch bestimmte Medien erst ein Lied mit etwas verbindet.
 

Metroplex

Well-Known Member
Daher mal die Frage, welchen Einfluss diese Assoziation beim Schauen von "Bohemian Rhapsody" (dem Film) hatte?

Ich wurde durch meinen Vater zum Queen Fan erzogen, darum war Bohemian Rhapsody für mich schon eine Präsenz lange bevor ich Waynes World das erste mal gesehen habe. Darum hat das für mich höchstens zum Song beigetragen wie es ein Videoclip tun würde. Es ist jetzt einfach normal dass man an der Stelle anfängt zu Headbangen, aber das würde man vermutlich sowieso tun, einfach ohne das Gesicht von Wayne vor Augen :smile:
 

Revolvermann

Well-Known Member
welchen Einfluss diese Assoziation beim Schauen von "Bohemian Rhapsody" (dem Film) hatte? Wenn man sieht, wie Freddie Mercury am Text feilt oder wie die Band die komplexen Toneffekte und Stimm-Doppelungen einspielt. So liebevoll die Szene in WW auch gedacht sein mag, aber es ist eben WW und untergräbt da - empfinde ich jedenfalls - die innere Stimmung eines so ernsthaften und ernst erzählten Films wie BR. Oder nicht? Oder doch?
Ich für meinen Teil kann sowas ganz gut trennen. Klar kommen da Assoziation ins Spiel aber eher so nebenbei, für eine halbe Sekunde. Nicht überwältigender als die vielen anderen Assoziationen, die so während eines Filmes über einen schwappen.
Es gibt ja auch Leute, die können häufig parodierte Szenen nicht mehr ernst nehmen oder denken bei einem Schauspieler immer an eine viel berühmtere Rolle. Sehen bei Mark Hamil immer Luke Skywalker oder nehmen Charlie Sheen in ernsten Rollen nicht für voll.
Die "Probleme" hatte ich nie und obwohl ich riesen Almost Famous Fan bin, hatte ich bei Tiny Dancer nicht die Bus Szene vor Augen.
 

Joel.Barish

dank AF
Es hat dann wohl seine Gründe, warum ich im Freundes- und Bekanntenkreis den Ruf habe, besonders anfällig für Ohrwürmer zu sein. :shrug:
Ich weiß nicht, mir schoss während der Bohemian Rhapsody Passagen in "Bohemian Rhapsody" u.a. kurzzeitig schon der Betrunkene "Let me Go" Typ (Name entfallen) in der Mitte auf der Rückbank durch den Kopf. Das war witzig, aber eben nicht zweckdienlich für den Film. Andererseits kam diesem Filme jede Art von Ablenkung eher gelegen.

Aber noch ne andere Sache:
"Bohemian Rhapsody" und "Rocketman" haben beide dieselbe reale Person im Aufgebot, Manager John Reid. Und der Clou? In BR wird er gespielt von Aidan "Littlefinger" Gillen und in RM von Richard "Rob Stark" Madden. Dieselbe Figur, beide von zentralen GOT Darstellern verkörpert? Zufall? :hae:
 
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