Clive77
Serial Watcher
Tag 8
Ich weiß nicht, warum ich es überhaupt getan habe. Mir war langweilig, das stimmt, aber die vergangenen Tage hatte ich überhaupt nicht einmal daran gedacht, mein Handy in die Hand zu nehmen. Geschweige denn, das WLAN zu aktivieren.
Natürlich, es war nicht das erste Mal in den vergangenen acht Tagen. Gleich nach meiner Ankunft hier am See hatte ich gecheckt, dass ich auch wirklich die vernetzte Welt hinter mir gelassen hatte. Wie erleichtert hatte ich mich gefühlt, als die Liste der “verfügbare Netzwerke” so leer gewesen war wie mein Terminplan für die nächsten drei Wochen.
Doch heute war es anders.
Statt der weißen Fläche erschien das Symbol, das ich seit einer Woche aus meinem Hirn zu verdrängen versucht hatte. Das Symbol, das sinnbildlich für all die Probleme in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren zu stehen schien. Der Punkt leuchtete aggressiv weiß, die drei Viertelkreise, die von diesem Mittelpunkt ausgingen, waren in einem schwachen Grau erkennbar. Ich empfing ein WLAN-Signal. Der Name des Netzwerkes lautete schlicht “Netz”. Es war unverschlüsselt. Ich verbrachte sicher zehn Minuten damit, den Punkt anzustarren. Doch schließlich deaktivierte ich das WLAN mit eingeübten Fingerwischern und ließ dieses Thema hinter mir. Kein Grund, mich davon irritieren zu lassen.
Tag 9
Am Morgen war das Netz noch immer da. Ich hatte es einfach kontrollieren müssen. Ich dachte, danach könnte ich das Thema erst einmal auf sich beruhen lassen, aber meine Konzentration war dahin. Hab mein Handy Handy sein lassen und einen langen Spaziergang unternommen, zweimal um den gesamten See. Am Abend schließlich einigermaßen erschöpft, aber mit klarem Kopf zurückgekehrt. Dann habe ich eben WiFi-Empfang hier, so what?
(später)
Das Signal ist stärker geworden. Neben dem Punkt leuchtet nun auch der erste Strahl, der von ihm ausgeht. Was hat das zu bedeuten?
Tag 10
Es kommt näher. Nur ein grauer Strich ist übrig.
Habe heute das Haus auf den Kopf gestellt. Von unten nach oben und zurück. Sogar im verdammten Holzschuppen habe ich geschaut. Von irgendwo muss dieses verdammte Signal doch herkommen? Es entsteht doch nicht aus dem Nichts.
Ich verstehe es nicht. Es sei denn…
(später)
Es kommt nicht von den Nachbarn. Das war mir schon klar, als auf dem Weg zu ihnen zunächst beide Strahlen und schließlich der elendige Punkt erlöschen waren. Kein Signal. Dennoch bin ich wie ein Idiot um ihr Grundstück rumgeschlichen, ob es nicht doch auf wundersame Weise wieder auftaucht. Irgendwann ist ihnen das wohl aufgefallen. Auf jeden Fall standen sie da plötzlich, auf ihrer piekfeinen Veranda, Arm in Arm, und fragten mich, ob ich Ihnen vielleicht helfen könne. “Ja”, hab ich gesagt, während ich mit meinem charmantesten Lächeln näher trat (nicht ohne die Signalstärke aus den Augen zu lassen, wer weiß, vielleicht strahlte Ihnen das WLAN aus dem Arsch). “Es ist mir ein bisschen peinlich, aber könnte ich vielleicht gerade mal ihr Internet benutzen? Meine Frau wollte mir ein Rezept schicken”
Das Paar lächelte im Gleichklang, ehe der Mann mir antwortete.
“Oh, das tut mir Leid. Wir haben hier kein Internet”, sagte er. Mit einem Blick auf seine Frau fuhr er fort. “Wir wollen die Tage ganz für uns haben. Völlig ungestört, verstehen Sie?”
Oh, ich verstand. Ich verstand sehr wohl. Der Blick der Frau wurde etwas unruhig. Ich folgte ihm und bemerkte, dass mein Handy in meiner Hand fast zerquetscht wurde. Mit aller Macht gelang es mir, mich wieder etwas zu entspannen.
“Danke!”, brachte ich hervor, “Dann versuche ich mein Glück woanders!” Ich wandte mich ab und ging schnellen Schrittes davon.
“Ich fürchte, da werden sie in die Stadt müssen!”, rief mir Grinsebacke hinterher, “Hier am See dürften die wenigsten einen Internetzugang haben!”
Ich bin müde.
Tag 11
Ich habe nicht gut geschlafen. Ständig auf mein Handy gestarrt.
Ein Punkt, zwei Strahlen.
Ein Punkt, zwei Strahlen.
Wo kommt es her? Was will es von mir?
Ich bin so schrecklich müde.
(später)
Drei weiße Strahlen. Jetzt sind es schließlich drei weiße Strahlen. Und der Punkt natürlich. Perfekter Empfang. Den hatte ich nicht einmal daheim auf dem Klo, obwohl der verdammte Router drei Meter Luftlinie entfernt war.
Ich muss es wissen. Ich muss wissen, wo es herkommt. Es muss eine Quelle geben, oder nicht? Ich muss den Punkt finden, von dem alles ausgeht. Den Ursprung des Signals. Wie schwer kann es sein, den zu finden?
Ich glaube, es gibt eine App für sowas.
Tag 12
Ich weiß nicht, warum ich es überhaupt getan habe. Mir war langweilig, das stimmt, aber die vergangenen Tage hatte ich überhaupt nicht einmal daran gedacht, mein Handy in die Hand zu nehmen. Geschweige denn, das WLAN zu aktivieren.
Natürlich, es war nicht das erste Mal in den vergangenen acht Tagen. Gleich nach meiner Ankunft hier am See hatte ich gecheckt, dass ich auch wirklich die vernetzte Welt hinter mir gelassen hatte. Wie erleichtert hatte ich mich gefühlt, als die Liste der “verfügbare Netzwerke” so leer gewesen war wie mein Terminplan für die nächsten drei Wochen.
Doch heute war es anders.
Statt der weißen Fläche erschien das Symbol, das ich seit einer Woche aus meinem Hirn zu verdrängen versucht hatte. Das Symbol, das sinnbildlich für all die Probleme in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren zu stehen schien. Der Punkt leuchtete aggressiv weiß, die drei Viertelkreise, die von diesem Mittelpunkt ausgingen, waren in einem schwachen Grau erkennbar. Ich empfing ein WLAN-Signal. Der Name des Netzwerkes lautete schlicht “Netz”. Es war unverschlüsselt. Ich verbrachte sicher zehn Minuten damit, den Punkt anzustarren. Doch schließlich deaktivierte ich das WLAN mit eingeübten Fingerwischern und ließ dieses Thema hinter mir. Kein Grund, mich davon irritieren zu lassen.
Tag 9
Am Morgen war das Netz noch immer da. Ich hatte es einfach kontrollieren müssen. Ich dachte, danach könnte ich das Thema erst einmal auf sich beruhen lassen, aber meine Konzentration war dahin. Hab mein Handy Handy sein lassen und einen langen Spaziergang unternommen, zweimal um den gesamten See. Am Abend schließlich einigermaßen erschöpft, aber mit klarem Kopf zurückgekehrt. Dann habe ich eben WiFi-Empfang hier, so what?
(später)
Das Signal ist stärker geworden. Neben dem Punkt leuchtet nun auch der erste Strahl, der von ihm ausgeht. Was hat das zu bedeuten?
Tag 10
Es kommt näher. Nur ein grauer Strich ist übrig.
Habe heute das Haus auf den Kopf gestellt. Von unten nach oben und zurück. Sogar im verdammten Holzschuppen habe ich geschaut. Von irgendwo muss dieses verdammte Signal doch herkommen? Es entsteht doch nicht aus dem Nichts.
Ich verstehe es nicht. Es sei denn…
(später)
Es kommt nicht von den Nachbarn. Das war mir schon klar, als auf dem Weg zu ihnen zunächst beide Strahlen und schließlich der elendige Punkt erlöschen waren. Kein Signal. Dennoch bin ich wie ein Idiot um ihr Grundstück rumgeschlichen, ob es nicht doch auf wundersame Weise wieder auftaucht. Irgendwann ist ihnen das wohl aufgefallen. Auf jeden Fall standen sie da plötzlich, auf ihrer piekfeinen Veranda, Arm in Arm, und fragten mich, ob ich Ihnen vielleicht helfen könne. “Ja”, hab ich gesagt, während ich mit meinem charmantesten Lächeln näher trat (nicht ohne die Signalstärke aus den Augen zu lassen, wer weiß, vielleicht strahlte Ihnen das WLAN aus dem Arsch). “Es ist mir ein bisschen peinlich, aber könnte ich vielleicht gerade mal ihr Internet benutzen? Meine Frau wollte mir ein Rezept schicken”
Das Paar lächelte im Gleichklang, ehe der Mann mir antwortete.
“Oh, das tut mir Leid. Wir haben hier kein Internet”, sagte er. Mit einem Blick auf seine Frau fuhr er fort. “Wir wollen die Tage ganz für uns haben. Völlig ungestört, verstehen Sie?”
Oh, ich verstand. Ich verstand sehr wohl. Der Blick der Frau wurde etwas unruhig. Ich folgte ihm und bemerkte, dass mein Handy in meiner Hand fast zerquetscht wurde. Mit aller Macht gelang es mir, mich wieder etwas zu entspannen.
“Danke!”, brachte ich hervor, “Dann versuche ich mein Glück woanders!” Ich wandte mich ab und ging schnellen Schrittes davon.
“Ich fürchte, da werden sie in die Stadt müssen!”, rief mir Grinsebacke hinterher, “Hier am See dürften die wenigsten einen Internetzugang haben!”
Ich bin müde.
Tag 11
Ich habe nicht gut geschlafen. Ständig auf mein Handy gestarrt.
Ein Punkt, zwei Strahlen.
Ein Punkt, zwei Strahlen.
Wo kommt es her? Was will es von mir?
Ich bin so schrecklich müde.
(später)
Drei weiße Strahlen. Jetzt sind es schließlich drei weiße Strahlen. Und der Punkt natürlich. Perfekter Empfang. Den hatte ich nicht einmal daheim auf dem Klo, obwohl der verdammte Router drei Meter Luftlinie entfernt war.
Ich muss es wissen. Ich muss wissen, wo es herkommt. Es muss eine Quelle geben, oder nicht? Ich muss den Punkt finden, von dem alles ausgeht. Den Ursprung des Signals. Wie schwer kann es sein, den zu finden?
Ich glaube, es gibt eine App für sowas.
Tag 12