Story LIII - Vestworld

Clive77

Serial Watcher
Seine Weste war mit goldenen Fäden durchzogen, die filigrane Muster und Verzierungen auf dem roten Seidenstoff bildeten. Manche würden sie altbacken beschreiben, doch kaum jemand hätte sich getraut, es Quentin ins Gesicht zu sagen – auch wenn er zugestimmt hätte.
Er hasste die Weste. Er hätte sie sich nie ausgesucht. Doch wie alle anderen hatte er nie eine Wahl gehabt. Sollte die Weste doch nur seinen Wert widerspiegeln. Wertvoll sah sie aus und entsprechend betrachtete die Welt ihn: als einen Mann von Wert. Wie häufig hatte sich Quentin gewünscht, das Kleidungsstück in die Ecke werfen zu können und durch etwas anderes zu ersetzen. Aber er konnte nicht aus dem System aussteigen, stattdessen wollte er es verändern.
Während seine Finger nervös an den goldenen, mit prunkvollen Edelsteinen besetzten Knöpfen der Weste spielten, sprach er zu sich im Spiegel.
„Heute. Du schaffst das. Du rockst das“, mit einem lauten Geräusch klatschte er mit beiden Händen auf seine Wangen, bevor er seine Schultern straffte und sein viel zu großes, stilvoll eingerichtetes Schlafzimmer verließ.
In der Wohnküche wartete bereits sein Partner Steven mit einem reichlich gedeckten Frühstückstisch auf ihn. „Du bist ja bereits vollständig angezogen?“, irritiert schaute er Quentin an, „Was ist aus unserer Westen-freien Zone geworden?“
Mit einem Lächeln kam Quentin auf Steven zu und gab ihm einen zärtlichen Kuss. „Ich weiß Schatz. Heut muss ich leider früher los. Sobald ich Zuhause bin, verspreche ich dir, das scheußliche Teil in die Ecke zu schmeißen“. Liebevoll nahm er Stevens Gesicht in die Hände, gab ihm diesmal einen längeren, leidenschaftlicheren Kuss, atmete gierig seinen Geruch ein, bevor er ihn widerwillig losließ.
„Wärst Du bitte so lieb, mir einen Kaffee für unterwegs zu machen?“, fragte Quentin, während er bereits dabei war, seine Aktentasche und die Schlüssel zu suchen.
„Rechts auf der Kommode“, rief Steven vergnügt, während zu hören war, wie der Kaffee eingeschenkt wurde. Nach einer kurzen Pause fügte er ernster hinzu: „Bist Du dir sicher wegen heute Abend?“ Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Kurz hielt Quentin inne, überlegte, versuchte seine Gefühle zu ordnen. Ihm war schlecht vor Nervosität, aber er wusste, wofür er es tat. „Ja, ich bin mir sicher.“

Als Kind hatte seine Mutter ihm erzählt, dass wenn er sich nur sehr viel Mühe gab, die schönste aller Westen bekommen sollte. Und natürlich wollte er die schönste von allen!
Und genau dafür hatte er fortan Tag für Tag gearbeitet. Bis zum 15. Lebensjahr wurden alle Leistungen nachgehalten und gemessen - wie die aller Menschen. Jegliche Erfolge, aber auch Fehltritte wurden einbezogen. Alles wurde in einem Punktesystem festgehalten, um feststellen zu können, welche Weste den Rest seines Lebens bestimmen sollte. Die berufliche Zukunft, die Unterstützung, die ihm zustand – all das
wurde dadurch bestimmt, welche Weste er erhielt. Wie jeder Mensch hatte er genau eine bekommen, die es das restliche Leben zu pflegen galt. Denn auch die schönste Weste sah nicht mehr gut aus, wenn sie auseinanderfiel – was ausnahmslos den gesellschaftlichen Abstieg nach sich zog. Nur diejenigen ohne Westen waren noch schlimmer. Für diese gab es keinen Platz in der Gesellschaft. Sie waren nicht einordbar, passten nicht ins System. Sie konnten nichts anderes als Verbrecher sein.
Quentin hatte sich so sehr eine wunderschöne Weste gewünscht, besser und hochwertiger als die seiner Freunde oder Klassenkameraden. Dafür hatte er bis tief in die Nacht gelernt. Seine Mutter hatte ihm die besten Tennis- und Reitlehrer besorgt. Er hatte sogar das Spielen auf dem Kontrabass und den Umgang mit Farbe und Pinsel von bekannten Künstlern gelernt. In der wenigen Freizeit hatte er sich für die Umwelt eingesetzt, indem er Flugblätter zur Generierung der Aufmerksamkeit über das große Sterben der rosa Flussdelfine verteilte. Bereits mit neun konnte er einen der wenigen Plätze als Essensausteiler für Bedürftige ergattern, wo er seither alle zwei Wochen stand und Essen austeilte. Seine Freunde hatte er sorgfältig anhand ihres Nutzens ausgesucht. In all den Jahren hatte man ihn nur selten spielen gesehen. All seine Zeit hatte er für sein Ziel aufgeopfert.
Als er kurz vor seinem 15. Geburtstag eine Einladung zu einer Westenzeremonie bekam, hatte er gewusst, dass seine Weste keine Herkömmliche sein konnte. Voller Freude war er zu seiner Mutter gerannt, die dann gemeinsam mit ihm jubelnd in der Küche tanzte. Er hatte es geschafft. Damals war ihm die Brust vor Stolz übergequollen.
Heute hasste er alles, was damit zu tun hatte. Er hasste das System, die Leute die mitmachten, die es stärkten und zu dem allgemeingültigen Gesetz machten. Er hasste, dass es keinen Ausweg gab, und dass er sich gezwungen fühlte mitzumachen, aber insbesondere hasste er seine Weste.

Auf der Arbeit hatten ihm seine Mitarbeiter wie immer freundlich zugelächelt. Was hätten sie auch tun sollen? Sie hatten keine andere Wahl gehabt. Die meisten von ihnen trugen einfache Westen aus Baumwolle, einfarbig. Einer seiner höheren Angestellten hatte sogar eine aus Jeansstoff mit hochwertigen Metallknöpfen. Doch nur Quentin trug eine Weste aus Seide.
Nach Feierabend fand sich Quentin in einer schmutzigen Lagerhalle voll mit unterschiedlichen Menschen, die gemeinsam mit ihm rebellieren wollten, wieder. Julia, die etwas Ähnliches wie eine Anführerin war - auch wenn sie sich selbst nie so betiteln würde - hatte ihn hierhergebracht. Außer zu ihr konnte er keinen wirklichen Bezug zu den anderen Rebellen aufbauen, was ihn belastete. Er wollte ihnen gerne näher stehen, wünschte sich Anerkennung, stattdessen wurde er mit Argwohn betrachtet. So auch an diesem Tag. Der Anschlag, den sie seit Monaten geplant hatten, sollte endlich stattfinden. Quentin war sich klar, dass es wahrscheinlich kaum etwas ändern würde, dass es bloß ein Tropfen auf dem heißen Stein war, doch war es auch ein erster kleiner Schritt. Ein erster Schritt zum Symbol zu werden, um mehr Menschen aus dem Untergrund zu locken, die sich der Bewegung anschließen konnten. Und vielleicht würde er dann bald dieses scheußliche Rot nicht mehr sehen müssen.
Die Hoffnung verbot ihm aufzugeben, auch wenn er in den letzten Tagen vermehrt daran gedacht hatte. Für eine bessere Welt musste es weiter gehen. Um noch eine letzte motivierende Rede halten zu können, vielleicht doch noch eine Verbindung zu dem ein oder anderen aufbauen zu können, trat er vor die Gruppe. Die meisten schauten ihn aus der Distanz an, warteten, was jetzt passieren würden. Es waren viele Männer und Frauen in zerstörten Westen, wenn sie denn überhaupt welche trugen.
„Mir ist bewusst, dass ich hier auffalle. Ich verstehe auch, wieso einige mir misstrauen. Nie könnte ich verstehen, was das System Schreckliches mit Menschen wie euch tut. Was es bedeutet am Rande der Gesellschaft leben zu müssen. Doch muss ich es nicht selbst erlebt haben, um zu verstehen, dass es nicht gerecht ist. Wenn ich dieses Kleidungsstück ausziehe, bin ich doch auch nicht mehr anders als ihr. Wieso sollte es dann anders sein, wenn ich es trage? Darum scheiß drauf!“, demonstrativ zog Quentin die Weste aus, warf sie in einer der Ecken, worauf ihm ein paar wenige zujubelten, „Lasst uns die Mauern einreißen, die uns mit Westen versorgen! Lasst uns zeigen, dass wir nicht mit dem Status Quo zufrieden sind!“
Ein paar klatschten, aber insgesamt gab es nur wenige Reaktionen für Quentin, außer weiteren misstrauischen Blicken. Wahrscheinlich waren sie einfach zu nervös, um richtig zuhören zu können. Direkt nach ihm übernahm Julia die weitere Kommunikation. Im Gegensatz zu ihm schaffte sie es, einige positive Reaktionen aus dem Publikum zu erzeugen und die Stimmung hoch zu heben, bevor sie jeden dazu aufrief, sich eine Waffe zu nehmen.
Die Bauchschmerzen kehrten zu Quentin zurück, doch wieder gab ihm die Hoffnung die Kraft, sie zu ignorieren. Er nahm sich eine kleine Handfeuerwaffe, die er hoffentlich nicht nutzen musste, und hob seine Weste in der Ecke wieder auf. Am liebsten hätte er sie liegen gelassen, doch morgen, wenn alles gut ginge, musste er wieder innerhalb dieser Gesellschaft funktionieren. Solange die Rebellion ihr Ziel nicht erreicht hatte, war er an dieses Statussymbol gekettet.

Wie versprochen gab es keine Wachen an der Fabrik. Niemand schien damit zu rechnen, dass hier jemand eindringen würde. Quentin lief in der Mitte. Vor und hinter ihm sicherten ihm Rebellen, deren Namen er nicht kannte, den Weg. Beide hatten als Aufgabe ihn zu schützen, da er derjenige mit dem Sprengstoff war.
Seitdem sie über die Hälfte des Weges geschafft hatten, ohne jemanden begegnen zu müssen, lag die Feuerwaffe leichter in seiner Hand. Vorfreude stieg in ihm auf. Bald war der erste Schritt in eine bessere Welt getan. Gemeinsam müssten sie nur noch durch eine Halle rennen, dann den Gang nach links, bis sie an einer tragenden Säule ankommen würden, wo er den Sprengstoff anbringen konnte. Draußen würde er auf die anderen warten, bis Julia den Fernzünder betätigen konnte. Er müsste dann nur noch zugucken, wie eine neue Ära begann. Den weiteren Verlauf konnte er klar vor Augen sehen.
Wie im Rausch überholte er seinen Mitrebellen, riss mit Leichtigkeit die schwere Metalltür auf, hinter der bereits mehrere bewaffnete Männer und Frauen mit schwarzen, einfachen Westen auf die drei Eindringlinge warteten. Durch gezielte Schüsse, die nur knapp an Quentin vorbei gingen, fielen die beiden namenlosen Rebellen zu Boden, noch bevor sie etwas tun oder sagen konnten.
Vor Schreck erstarrt blieb Quentin in der Tür stehen. Er hatte kaum noch die Kontrolle über seine Muskeln - die Pistole in seiner rechten Hand krachte lautstark auf den Boden. Das metallische Echo reflektierte gespenstisch von den Wänden.
„Ich bin sehr enttäuscht von dir Quentin“, konnte er eine weibliche Stimme vernehmen, „Dass die anderen so einen Unsinn machen, verstehe ich ja noch, aber du...? Dir ging es doch gut.“ Hinter den Bewaffneten konnte er eine ältere ihm unbekannte Frau, mit blauen Blazer statt einer Weste, erkennen, „du warst ein aufstrebender junger Mann – zumindest soweit das möglich war. Ich wollte wirklich nicht glauben, dass diesmal jemand wie du mitmachen würde.“ Die Frau schüttelte fassungslos ihren Kopf. „Ich verstehe es nicht. Magst du es mir verraten?“ Neugierig betrachtete sie ihn, offensichtlich ernsthaft an der Antwort interessiert.
Quentin wusste nicht, was er fühlen sollte. Er ahnte, dass er hier nicht lebendig aus der Situation rauskommen würde. Aber da er nicht bereits tot war, konnte er noch hoffen, auch wenn es nur ein kleiner Funken war. Er musste die Frage stellen: „Überlebe ich, wenn meine Antwort gefällt?“
Ihr lautes Lachen zerstörte das kleine bisschen seiner Hoffnung mit einem Schlag. „Natürlich stirbst du trotzdem. Aber vielleicht erzähle ich dir, wem du es zu verdanken hast, dass wir auf dich und deine Freunde warten konnten. Und vielleicht lasse ich ja sogar Steven leben, wenn ich glaube, dass Du mir die Wahrheit sagst.“
Der Name seiner großen Liebe ließ sein Herz höher schlagen. Dass es seinen anderen Rebellenkameraden genauso ergehen könnte wie ihm, wurde zur Nebensächlichkeit.
„Bitte, bitte. Tut ihm nichts,“ flehte Quentin jämmerlich, rutschte auf die Knie, „er hat nichts mit all dem hier zu tun.“
„Ich sagte doch, ich überlege es mir, wenn ich deine Antwort bekomme, oder möchtest Du lieber direkt sterben?“
Er spürte ein Kribbeln auf seiner Brust und Stirn, bildete sich ein, den Lauf der Waffen auf seinem Körper spüren zu können. Der Atem stockte, aber für Steven würde er sich zusammenreißen. Für ihn musste er die Wahrheit sagen. Wenn auch nur eine kleine Chance bestand ihn nicht in seine Fehler hineinzuziehen, musste er die Wahrheit sagen. Er schluckte seine Angst hinunter und versuchte tapfer dem Tod entgegen zu blicken.
„Das rot macht mich blass“, bei seiner Antwort deutete er auf seine Weste.
Wieder lachte die alte Dame belustigt auf, schaute ihm dann tief in die Augen, bevor sie nickte: „Die Westen haben euch verraten.“
Danach ließ sie Quentin keine weitere Zeit das Gesagte zu verarbeiten, sondern gab das Signal zu schießen.
 
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MamoChan

Well-Known Member
Schwierig. Vielleicht muss ich nochmal eine Nacht drüber schlafen. Ich empfand die Geschichte als gut geschrieben und schön fomruliert. Die Länge war angenehm und der Text flüssig zu lesen.
Inhaltlich brauch ich wohl etwas länger um dazu etwas zu sagen, denn je mehr ich mir die Geschichte durch den Kopf gehen lasse, desto mehr Details fallen plötzlich auf. Den Titel finde ich übrigens genial. :biggrin: Man bekommt hier ein recht deutliches Bild der hier aufgebauten Gesellschaft. Wobei mir im Nachhinein alles zu sehr auf die "Pointe" hinausläuft, die zumindest für mich den Protagonisten und seine Motivation am Ende nochmal komplett umdreht.
 

HurriMcDurr

Well-Known Member
Dystopischer 08/15 Resistance-Plot, der aber mit einigen Details glänzt. Die Westen als Zeichen von sozialem Status sind eine hübsche Metapher und kriegen genug Screentime um dem Leser einen guten Überblick über Typen und Klassifizierungen zu bieten. Der Twist bezüglich Quentins Motivation am Ende gefiel mir gut - deprimierend wie denkbar. Beim letzten Satz der alten Dame bin ich mir nicht ganz sicher wie ich das zu verstehen habe... Meine Interpretation lautet, dass ein Zusammenschluss aus derlei wild zusammengewürfelten Westen auffällt wie ein bunter Hund. Sollte dem nicht so sein, bitte ich um Korrektur nach Ende des Wettbewerbes.
 

Rantman

Formerly known as Wurzelgnom
Ich hatte im Diskussionsthread ja geschrieben, dass mir persönlich hier zu wenig konstruktives Feedback gegeben wird. Insofern möchte ich gerne damit anfangen. Ich möchte vorwegnehmen, dass ich niemanden verletzten möchte, sondern gut gemeinte Kritik geben möchte um in Zukunft etwas besser zu machen. Und natürlich alles, was ich schreibe, immer subjektiv ist und meine persönliche Meinung darstellt.
Wer daran kein Interesse hat, kann das auch gern ignorieren.

Für mich sind bei der Bewertung einer Kurzgeschichte folgende Punkte relevant:

- Inhaltliche Umsetzung / Interne Logik
- Idee / Bedeutung & Interpretation
- Sprache / Stil



Idee:
Dystopische Szenarien mit Resistance Plott sind in der Tat nichts neues. Westen als Zeichen des sozialen Standes dagegen schon. Dass Kleidung generell immer einen Eindruck macht und Personen im Anzug besser wirken als jemand im Jogginganzug, wissen wir alle. Daraus dann eine Welt zu schaffen, die noch einen Schritt weiter geht, gefällt mir außerordentlich gut. So gut, dass ich gerne mehr darüber lesen würde, als die Kurzgeschichte. Ich glaube, dass die Welt noch eine Menge Potential hat. In der Kurzgeschichte wird sich nun auf einen Protagonisten fokussiert, der gegen das System ist und eine Veränderung will. Terrorist mit guter Intention. Denken wir. Am Ende stellt sich heraus, die Intention ist in Wirklichkeit eine andere, noch viel oberflächlichere. Das gibt dem Ende einen coolen Twist, ohne die Geschichte auf den Kopf zu stellen. Insgesamt sehr gelungen. 8/10

Inhaltliche Umsetzung / Interne Logik:
Die Geschichte führt zuerst den Charakter ein, dann die Welt und schließlich das Thema des Resistance Plotts. Das ist durchdacht und von Anfang bis Ende stimmig. Ich mag es auch, dass es sich um ein homosexuelles Pärchen handelt und damit ein Kontrast aufgebaut wird. Einerseits ist die dystopische Welt extrem stark damit, Personen in Schubladen zu stecken und nutzt dafür Vesten. Auf der anderen Seite scheint die Sexualität dabei keine Rolle zu spielen. Ob es plus oder minus Punkte dafür gibt, wird nicht gesagt. Ich finde das ist eine interessante Wahl.
Die Intention des Protagonisten ist natürlich der Knaller und ich finde es schön, wie die Geschichte schon vorher hinweise darauf gibt. Es wird bereits angedeutet, dass er das rot scheußlich findet. Trotzdem habe ich erst bei seiner Antwort verstanden, dass dies auch wirklich sein einziger Grund ist. Das ist cool gemacht.
Die große Frage ist natürlich, was bedeutet es, dass die Westen es verraten haben? Benutzt die Welt die Westen als eine Art Spionage Mittel? Sind die verwanzt und Westen werden genutzt um alle Menschen zu kontrollieren? Das kommt am Ende nicht raus. Der/die Autor hat sich bewusst dafür entschieden, dies offen zu lassen. Vermutlich, damit man als Leser spekulieren kann. Ich persönlich bin davon angesprochen und neugierig und will mehr erfahren. Würde gerne mehr von der Welt lesen. Trotzdem ist es ein Kritikpunkt, dass am Ende so eine "Bombe" platziert wird und dem Leser nicht aufgelöst wird.
Dass die Geschichte am Ende schlecht ausgeht, ist auch ein wenig überraschend. Allerdings frage ich mich, ob es anders herum nicht besser wäre.
Dadurch, dass Quentin nichts erreicht hat, ist sein Leben, seine Erzählung, die ganze Geschichte, im Grunde irrelevant. Und alles was bleibt, ist die überraschende Auflösung am Ende.
Wie wäre es, wenn er Erfolg hätte. Die Fabrik sprengen würde und dabei womöglich sogar Menschen sterben. Dass wir in ein moralisches Dilemma kommen. Ist es ok, für einen Systemwandel eine Rebellion zu starten? Um ein System zu bekämpfen, dass Menschen einmalig klassifiziert und dann nie wieder wachsen lässt? Ist es ok, wenn niemand stirbt? Wenn jemand stirbt? Und dann kommt der große Reveal, dass er es nur wegen der Farbe macht. Und plötzlich ist es kein guter Rebell, sondern ein böser Terrorist. Ich glaube, wenn der Anschlag erfolgreich wäre und am Ende rauskommt, dass wir nicht dem guten in der Geschichte, sondern einem bösen folgen, wäre der Eindruck am Ende stärker. Aber vlt täusche ich mich auch. Was meint ihr?
Insgesamt also eine solide und spannende Geschichte und ich frage mich, wie es wohl anders herum ausgesehen hätte.7/10



Sprache:
Schöne Beschreibungen, wechselnder Satzbau & Sprachrhythmus und die Emotionen des Protagonisten werden hervorragend rüber gebracht. Der/die Autor/in weiß, wann etwas sachlich zu beschreiben ist und wann blumiger ausgeschmückt werden kann. Nichts dran auszusetzen. und mit Abstand der geilste Titel 8/10


Fazit: 23/30 Punkten
Coole Geschichte und eine Welt, von der ich gerne mehr lesen würde. Ich bin mir nicht sicher, ob ich alle inhaltlichen Entscheidungen optimal finde, aber kann damit leben. Würde aber schon gerne wissen, was es nun mit den Westen auf sich hat. Sprachlich das beste Werk des Wettbewerbs und insgesamt damit für mich auch der Sieger.
 

Sittich

Well-Known Member
Schöne Geschichte. Beim Lesen hatte mich zunehmend gestört, dass der Protagonist keine wirkliche Motivation zu haben schien, aber das wurde den Twist wunderbar aufgelöst.

Auch der Part, wo er mitten im Satz aus seiner Euphorie gerissen wird,
Wie im Rausch überholte er seinen Mitrebellen, riss mit Leichtigkeit die schwere Metalltür auf, hinter der bereits mehrere bewaffnete Männer und Frauen mit schwarzen, einfachen Westen auf die drei Eindringlinge warteten. Durch gezielte Schüsse, die nur knapp an Quentin vorbei gingen, fielen die beiden namenlosen Rebellen zu
hat mir sehr gut gefallen. Man läuft richtig mit ihm mit und muss dann selbst geschockt nochmal nachlesen, was da gerade schiefgelaufen ist. :smile:

Mir sind ansonsten nur ein paar fehlende Kommas aufgefallen, davon ab war die Geschichte sehr gut zu lesen.

Das Ende habe ich spontan so interpretiert, dass die Westen Ortungssender eingebaut haben. Aber ich mag, dass da viel Interpretationsspielraum ist. :top:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Die Geschichte ist ganz gut geschrieben, wobei hier und da Tippfehler und ein paar unschöne Wiederholungen auftreten und manche Formulierungen in meinen Augen eher ungünstig sind.
Und natürlich wollte er die schönste von allen!
Und genau dafür hatte er fortan Tag für Tag gearbeitet.
Bereits mit neun konnte er einen der wenigen Plätze als Essensausteiler für Bedürftige ergattern, wo er seither alle zwei Wochen stand und Essen austeilte.
Auf der Arbeit hatten ihm seine Mitarbeiter wie immer freundlich zugelächelt.
Der Rebellion-Plot ist an sich nicht verkehrt, aber auch nichts Weltbewegendes, da es unserer Realität sehr nahe kommt (Kleidung ist ein Statussymbol). Quentin wirkt auf mich etwas überheblich, z.B. wenn er zu den Leuten solche Sachen sagt: "Nie könnte ich verstehen, was das System Schreckliches mit Menschen wie euch tut." Damit grenzt er sich von den anderen ab und klingt, als würde er sich für einen ganz anderen Menschenschlag halten.
Etwas klischeehaft ist die Vorstellung, dass der homosexuelle Junge sich ausgerechnet für rosa Flussdelfine einsetzt.

Das klingt jetzt vielleicht negativer als es gemeint ist, da die Story unter dem Strich nicht schlecht ist. Nur wurde die Idee nicht optimal umgesetzt.
 

vampireMiyu

Well-Known Member
Danke für euer aller Feedback :smile:
Die Geschichte war von mir. Ich wollte diesmal bewusst etwas anderes ausprobieren, wo ich mich nicht unbedingt in meiner schriftstellerischen Komfortzone bewege. Wie die Idee dazu entstanden ist, ist eigentlich auch ne ganz lustige Story...

Ursprünglich sollte die Geschichte auch bisschen größer und noch tiefer in die Welt eintauchen und dadurch natürlich auch runder werden. Beim Schreiben sind mir aber innerhalb dieser Welt so viele unterschiedliche Szenarien eingefallen, dass ich spontan entschieden habe, dass ich ganz viele Kurzgeschichten innerhalb von Vest World schreiben möchte. Vielleicht wird es ja sogar mal eine Anthologie, mal schauen.
Bisher sind drei weitere Kurzgeschichten innerhalb dieser Welt geplottet mit anderen Charakteren und damit auch anderen Perspektiven, sodass ich am Ende mir eine vielschichtige Welt erhoffe, die sich in dem großen ganzen ergibt. Mal gucken :biggrin:

Dadurch hat sich natürlich mein Ansatz für die Geschichte verändert - es sollte keine mehr für sich eigenständige Geschichte werden, die alleine den großen Impact beim Leser auslöst, sondern in eine Welt einführen, damit der Leser versteht wie diese funktioniert. Halt ein erster Überblick. Dafür finde ich sie sehr gelungen und bin da auch unheimlich zufrieden - als eigenständige Geschichte ohne das, was weiter folgt, funktioniert sie natürlich nicht mehr 100%. Ich bin trotzdem froh, dass der Grundgedanke gut ankam und wer weiß :smile: Vielleicht ergibt sich ja erneut, dass ihr etwas von Vest World lest :biggrin:
Dann würde auch der letzte Satz von der alten Dame erklärt werden :wink:
 
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