Story V Bonusgeschichte - Medal of Honor

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Medal of Honor[/align]

Ich warne euch: zum hässlichen Thema Krieg ist mir - inspiriert von Takashi Miike, Chuck Palahniuk und dem Intro von Soldat James Ryan - diese blutige Geschichte eingefallen, die nichts für zarte Gemüter ist. Sie ist stellenweise sehr ekelig und wirklich unschön, womit ich einigen empfehlen würde, sie besser nicht zu lesen. Vor allem nicht beim Essen. Da sie nachträglich eingereicht wurde, zählt sie auch nicht beim Wettbewerb mit.


An Nathan's Point stehen wir gerade unter hohem Feuergefecht, als der deutsche Thomas Hahn einen günstigen Winkel bekommt und abdrückt. Das keilförmige Mantelgeschoss seines Karabiners verlässt den Lauf, durchfliegt die vom aufgewirbelten Staub leicht vernebelte Luft und schlägt knapp neben meinem rechten Auge in meinen Kopf ein.

Die Kugel zerreißt die Haut, zersplittert den Knochen und gräbt sich tief in die wulstige Schicht meines Gehirns. Grelle Lichtblitze tanzen vor meinen Blickfeld, während das Blut sich rasend in die Freiheit ausschüttet und ich merke, wie ich die Kontrolle über meinen Körper verliere. Kein Schmerz, es bleibt nicht einmal Zeit für einen Schock. Das Adrenalin erfüllt mich besser als jede Droge es je könnte, und ich fühle mich seltsam befreit, als ich spastisch zuckend zu Boden stürze.

Ich muss an unseren Corporal denken, der uns gestern Nacht an diese Stelle versetzte. Den Mann, der junge Leute wie mich tagtäglich in den sicheren Tod schickt. Er klopfte uns auf die Schultern, sagte wir sollten vorsichtig sein, wiederkommen. Er liebt den Job nicht, sorgt sich aber sehr um uns. Er führt ja nur Befehle des Generals aus, der wiederum Befehle von einem anderen ausführt, solang bis man in einem Büro landet, in dem ein Mann im Anzug seine Haare gelt und darüber nachdenkt, welches Paar Lackschuhe er heute kaufen lässt. Ein Mann, der nicht zusehen muss, wie seine Kameraden eine junge Französin im Dreck einer Scheune vergewaltigen, bis sie sie blutend am Boden liegen bleibt und mit einem Spucken verabschiedet wird.

Wir sind gekommen zu helfen, und das tun wir. Kleinigkeiten wie diese fallen doch überall auf, und eine Tat wie solche verfällt doch in jedem Bericht. Unser Corporal meinte, sie sollten sich nicht beschweren, schließlich helfen wir. Ich bin überzeugt, dass er ebenso denken würde, kämen Europäer in sein Haus und missbrauchten seine 15jährige Tochter, bis ihr kleiner Scheidenvorhof aufreißt.

Lt. Morris hatte mir erst heute morgen gesagt, dass er mich gestern für eine Medal of Honor nominiert hat. Die höchste Auszeichung im US-Militär, zeichnet der Präsident all die persönlich aus, wer sich als besonders wagemutig präsentiert hatte. Grund für die Nominierung war ein wichtiger Einsatz an der Küste, bei der ich einen verwundeten Offizier aus einer Einkerbung befreite. Dabei ging mir die Munition aus, und ich war gezwungen, zwei Deutsche mit meinem Messer anzugreifen.

Der erste sah aus wie ein Sportler und griff mich direkt an. Wir kugelten über den Schmutz und versuchten jeder händeringend die Oberhand zu kriegen bis es mir gelang, ihm den ersten Stich zu verpassen. Der kalte Stahl der Klinge trieb in seine Milz, zerfetzte Magen, Galle, Darm. Sein Gemisch aus Organen klaffte weit aus der Wunde, Exkremente besudelten seinen Bauch. Seine Augen verloren schnell an Leben.

Wer weiß, in einem anderen Leben hätte ich ihn vielleicht als freundlichen Urlauber kennengelernt... wir hätten unsere Kinder zusammen am Strand spielen gelassen und Sonnencreme miteinander getauscht. Sicher hatte er eine tolle Frau.

Der andere Soldat war geschockt, blickte mich an, wie ich da saß, in eigenem und fremden Blut, in Urin, Erbrochenem, in Gallenflüssigkeit und gallerartigen Schleim. Er war mir keine Bedrohung, aber die Regeln sahen es vor, jeden feindlichen Soldaten unschädlich zu machen. Also stürzte ich mich auf den verängstigten Jungen, der etwa so alt war wie mein Cousin Danny, und schlug ihn tot. Erfolg: der Offizier war gerettet, die Regeln befolgt, ich ein Held und zwei deutsche Menschen nicht mehr am Leben.

Zwei Tage liege ich nun schon hier, habe mit meinem starren Auge zugeschaut, wie der Himmel hell wurde und sich wieder verdunkelte. Mein Gehör ist fast vollständig weg und ich kann nicht viel spüren. Trotzdem höre ich die Fliegen, die sich in dem blutig feuchtem Loch meines Kopfs einnisten. Maden fressen sich durch das noch warme Hirnfleisch, durch das halb geronnene Blut, das hin und wieder durch kleinste elektronische Ladungen kurz zuckt. Ich kann in meiner Erinnerung Wesley Niles and the Bluesrangers hören, wie sie "Back to me" in ihrer ewig gleichen Art performen.

Ich muss an Claire denken, meiner Süßen weit zuhause in Hallensley, Ohio. Wir hatten noch knapp vor dem Krieg geheiratet, sie in ihrem Sommerkleid und der Blume im Haar, ich im geliehenem Anzug von Onkel Graham. Ich habe vor Rührung geweint, als ich den Brief von der Army bekam. Meine Chance, in die großartigen Fußstapfen meines Vaters zu treten. Mein ehrenwerter Vater, der im ersten Weltkrieg an einem Magendurchbruch verendete.

Ich danke auch dem Waffenhändler Wilson Miles, der 200 Dollar an dem Verkauf des Models verdiente, mit dem ich zwölf Familienväter erschoss oder qualvoll verletzte. Ich danke dem Rekrutenmusterer, der mich als tauglich für Mord, Zerstörung und Tod einteilte, während Freunde von mir zuhaus blieben und ihre Freundinnen vögeln durften.

Das größte was ich mir wünschen kann ist ein neuer Krieg, an dem mein Sohn teilnehmen kann.
 

Puni

Well-Known Member
Nette Story, besonders das Ende find ich ziemlich kreativ durchdacht... man merkt schon, dass da niemand hinter steckt, der zum ersten Mal schreibt.

:yeah:
 

Maga_Barai

New Member
Keine Ahnung woher ich dieses Gefühl habe, aber allesamt wirkt es (trotz des wirklich tollen Schreibstils) aufgezwungen brutal und kopiert (von obig genannten Personen) - es unterscheidet sich zumindest sehr von den vorherigen Storys des Autors.

Der Stil, jedes Detail zu erwähnen, ist ziemlich cool und gibt dem ganzen einen sehr überlegten, intelligenten, erfahrenen Touch...

Mhm... eigentlich genau das was ich zu diesem Thema erwartet hatte.

edit: achso!! Ups... die story wurde ja gar nicht Anonym gepostet... Sry Jigsaw :squint:
 

Calibane

Well-Known Member
Ja, weiterhin ein toller Kurzgeschichtenschreiber.
Guter Stil, starker Schock-Faktor, hart, kalt und mit Botschaft.

Natürlich sehe ich bei einigen Passagen Bilder vom großen Kriegsfilm mit Tom Hanks. Diese Erdolchungsszene ist beinahe eine Verschriftlichung der Szene aus dem Film.

Also, gut geschrieben, aber man lietst hier und da vielleicht ein wenig zu viel von den Vorbildern heraus. Wäre aber auch ein Kandidat ganz oben auf meiner Rangliste gewesen. Schade.
 

Paddywise

The last man
Sehr gute Story. Die Vorwarnung kam nicht umsonst, hat das ganze aber nicht getrübt. Wär die Story für den Wettbewerb zugelassen werden hätte ich dafür gestimmt. :yeah:
 
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