So, werde ich mich mal als nächster zu meinem Werk bekennen.
Stellungnahme:
Ich mache ja von allen Geschichten immer eine verbesserte Version, die ich dann auf meiner Festplatte speichere. Gut, diese Versionen sind halt auch nicht immer nur "verbesserte" Versionen im wörtlichen Sinn, sondern werden auch mit der Zeit immer weiter verbessert. Jedes Mal, wenn ich jemanden meine Geschichten zum lesen gebe und kritisches Feedback bekomme, verändere ich Stellen und selbst wenn ich sie mir zwischendurch mal durchlese, bleiben sie eigentlich nur selten so, wie ich die Datei geöffnet habe. Ich bin nie vollkommen zufrieden und ich finde, ein bisschen Perfektionismus tut einem ambitionierten Schreiber ganz gut.
So werde ich auch diese Geschichte anhand eurer Kritiken modifizieren, bzw. habe dies auch schon getan. Zum einen habe ich "Ende" entfernt, welches ich eigentlich nur geschrieben hatte um meine Geschichte zu tarnen. Ich schreibe eigentlich sonst nie "Ende" und dachte, somit etwas Anonymität zu gewinnen.
Das mit den Klischeehaften Kommentaren am Ende bedurfte allerdings einschneidenderer Änderungen, die ich nachdem Joel gevotet hatte, mit ihm besprochen hatte (weil ich mir nicht schlüssig war wie er das meinte). Im Grunde genommen Wollte ich bewusst banalen Stuss schreiben, den die Leute von sich geben. Sie wollen eben nur tratschen und Gerüchte kochen. Und grade das, dieses Gerüchtekochen, ist die Wurzel allen Unheils, das in der Story überhaupt auftaucht. Vielleicht hat BR ja gar keine Freundin oder vielleicht hat er doch eine aber die ist nicht schwanger (weswegen ich keine Flashbacks wollte, weil diese zu viel erklären würden). Es ist quasi das blöde Gerede der Leute auf das sich keiner offiziell beruft und trotzdem bilden sich die Leute dadurch eine Meinung und stempeln direkt Menschen ab (selbst ungeborene). Und darum wollte ich auch nicht näher auf die Sprecher eingehen, sondern wollte ihre Kommentare für sich sprechen lassen. Das ging wohl nach Hinten los, drum habe ich die Stelle umgeschrieben, wobei die Aussagen blieben, aber lest ruhig selbst:
>>[...] Noch in derselben Nacht belagerten dutzende Menschen das Grundstück. Eine angeregt blubbernde Horde Schaulustiger, die žzufällig was gehört hatten und die auch žüberhaupt nicht neugierig waren, was die tanzenden blauen und roten Polizeilichter in der Einfahrt des Rafferty-Hauses zu bedeuten hatten. Morbide Gafferei drückte verschwörerischem Getuschel die Klinke in die Hand:
žWisst ihr was passiert ist? fragte eine Frau auf der Jagd nach neustem Tratsch. žEiner der Raffertys hat wohl den anderen erschossen! war die Antwort, der ein interessiertes Raunen folgte. žIch wette, es war der Junge. Ein brutaler Strolch und Taugenichts ist das., rief ein aufgebrachter Mann, žDeputy Higgins meinte, Billy-Ray habe vorher einfach so den Sohn des Bürgermeisterkandidaten krankenhausreif geschlagen.. Ein weiterer Wichtigtuer sprach, žDer Vater von diesem Burschen war in dem Alter auch nicht besser. Hat damals schon seine Eltern umgebracht, heißt es.. žJesus, Maria¦! Die Freundin des Jungen soll auch schon schwanger sein., konstatierte eine Frau gekünzelt ängstlich, žDann haben wir ja wieder so eine Satansbrut in der Gemeinde. Das Kind kann doch nichts taugen!. Sofort wurde ihr beigepflichtet: žDann geht das alles irgendwann wieder von vorne los. Gott steh uns bei!
Eine Bahre wurde[...]<<
Joel hatte auch den Anfang angesprochen. Das habe ich dann wiederum so umgeschrieben, dass BR zuerst erwähnt wird und dann der schwenk zum Deputy kommt.
Smokersdeelight sagte zudem...
"Das Ende an sich fand ich ueberraschend, gerade durch den Monolog vorher und ganz gut. Allerdings passt beides meiner Meinung nach nicht ganz zusammen:
...und bringt jeden um, der sich ihm in den Weg stellt. Der Mensch ist ein Raubtier. Hat er sich also freigekaempft indem er sich selbst umbringt, weil er sich selbst im Weg stand!? Welches Raubtier bringt sich selber um?
Meine Chance, ein Zeichen zu setzen, für alle in die Enge Getriebenen. Für all die, die resigniert und akzeptiert haben, welche Rolle die Gesellschaft ihnen zugewiesen hat, nur weil sie einen Sündenbock braucht
Naja, was fuer ein Signal hat er denn gesetzt? Und wieso denken alle Bewohner, der Sohn hat den Vater umgebracht und nicht andersherum. [...]Das aber bestaetigt doch aber auch nur wieder ihr Vorurteil von der Unterschicht. ?"
Mit deinem letzten Satz hast du dir quasi schon selbst die Antwort darauf gegeben, was du direkt zuvor gefragt hattest. BR war für die Leute eben die größere Gefahr. Sie brachten die angeblichen Geschehnisse aus dr Jugend des Vaters in eine analogie zum nun Geschehenden, schließlich hatte sich der Junge auch an dem Tag schon geprügelt und Agression aufgebaut (Augen und Ohren sind in so nem Kaff überall).
Und zu BRs "Problemlösung": Er ist kein dummer Mensch, aber sein Problem ist, dass er nicht viel anderes kennt als Gewalt, also war das für ihn die letzte Lösung. Aber wenn er seinen Vater ermordet hätte, hätten alle gesagt "es passt in unser Bild von ihm" und "Jaja, die Jugend heut zu Tage..." und so kehrt er ihre Erwartungshaltung gegen sie, zeigt ihnen, dass sie sich alle geirrt hatten und wozu sie ihn letztendlich getrieben haben.
Hintergrund:
In der Story thematisiere ich eine Theorie aus der Sozialforschung, die Labeling (Ettiketierung) genannt wird und abweichendes Verhalten in unserer Gesellschaft erklärt. Dies ist insofern spannend, weil Außenseiter in ihrer Entscheidungsfindung nur so eingeengt werden, weil die Gesellschaft Menschen braucht, auf die sie mit dem Finger zeigen kann. Diese Einengung akzeptieren sie dann als Selbstbild und kommen aus diesem Teufelskreis nie wirklich heraus. Gleichzeitig ist es das Portrait eines Jugendlichen, der, wie oben bereits erwähnt, keine anderen Problemlösungsstrategien kennt, außer Gewalt.
Schluss:
Auch diesmal möchte ich mich für die vielen Kommentare und Kritiken, für das Lesen überhaupt, für die paar Votes und natürlich auch für die wiedermal sehr starke Konkurrenz bedanken.
Glückwunsch außerdem an den Autor der Gewinner-geschichte.