Story XL - Level 2

Woodstock

Verified Twitter Account ☑️
Level 2

Finished: Level 1- Das Land der Drachen
2 Spieler
4 Leben
98 Punkte
10 Powerriegel
1 Powerpilz
Start Level 2- Das große Turnier
***​
Der kleine Junge traute seinen Augen nicht als der lang herbeigesehnte Jingle ertönte. Endlich waren sie ihrem Ziel einen Schritt näher. So viele Nächte hatten sie durchgespielt, um das Level zu knacken. Der Junge gähnte vor Erschöpfung, als er aus seinen verwobenen Gedanken über Koopas, Drachen und Schlösser gerissen wurde.
„Ich bin wirklich stolz auf dich, mein Sohn.“, sagte der glatzköpfige Mann, dessen Körper mit zahlreichen Tattoos geschmückt war.
„Zur Belohnung essen wir jetzt zwei Powerriegel und ich esse den letzten Pilz, weil besonders ich als Spieler 1 bei Kräften bleiben muss. Die Energie brauchen wir für Level 2. Level 2 ist nämlich besonders hart.“
Der Mann aß einen Pilz, ging auf die Knie und begab sich auf die Augenhöhe des Kindes. Er kramte aus der Tasche seiner befleckten Jeanshose einen kleinen alten Schokoriegel, dessen Inhalt zerbröckelt war, hervor und gab dem Jungen ein Stück ab.
„Hier. Iss! Der gibt dir eine Extraportion Energie. Es wird leider lange nichts mehr zu essen geben. Aber wenn wir das nächste Level erreichen, dann gibt es so viele Riegel, wie du dir nur erträumen kannst. Es ist ganz wichtig, dass du bei Level 2 sehr gut aufpasst. Viele Spieler sind hier schon gescheitert. Aber uns passiert das nicht. Wir sind gut vorbereitet.“
Der Junge lächelte fröhlich. Der Mann umarmte den Jungen ganz vorsichtig und küsste mehrmals seinen Kopf. Dieser setzte sich kurze Zeit später auf den Boden und schloss entkräftet seine Augen.
„Oh nein. Nicht einschlafen!“
„Papa, aber ich bin doch müde. Ich will ins Bett. Lass mich doch bitte schlafen!“
„Ins Bett? Kurz vor Level 2? Das kann doch nicht dein Ernst sein! Du musst jetzt konzentriert sein. Gleich geht es weiter. Eine Aktion müssen wir noch ausführen. Danach können wir den Spielstand abspeichern. Wir wollen doch Level 3 erreichen: Das Land der Königin. Jetzt halte dich an die Regeln, damit wir das Spiel gewinnen. Danach kannst du lange schlafen. Du bist der jüngste Spieler aller Zeiten, der in diesem Spiel so erfolgreich war. Willst du das wirklich aufgeben? Alle Spielpunkte wären verloren! Sieh doch! Wie ich es dir versprochen habe: In Level 2 sind alle deine Fußballidole anwesend. Sie sind aber auch gleichzeitig deine Konkurrenten. Sie wollen ebenso in das Land der Königin.“
Der Mann drückte den Jungen liebevoll und streichelte seine Wangen. Dieser schaute sich um. In der Tat waren sie alle da. Alle, die sein Vater versprochen hatte. Müller, Neuer, Messi, Ronaldo, Bale, Neymar und viele andere. Er kannte sie aus dem Fernsehen und aus Computerspielen. Nun waren sie unmittelbar in seiner Nähe. Der Junge rieb sich die Augen. Nur einige Spieler trugen kein Trikot. Der Junge freute sich mit offen stehendem Mund und umarmte glücklich seinen Vater.
„Bist du bereit, mein Sohn?“
Der Junge nickte.
„Dann starten wir mit Level 2.“
„Ja! Ich gebe nicht auf!“
Der Mann betätigte die Play- Funktion seines Handys und der Videospiel- Jingle ertönte erneut. Beide schauten auf Müller, welcher sich gerade ein intensives Duell mit Messi geliefert hatte. Die anderen Spieler tummelten sich um die beiden, so dass Müller und Messi für einen Moment nicht zu sehen waren. Danach war Messi verschwunden und Müller machte eine Ansage an alle anwesenden Spieler.
„Ich bin nun der neue Chef. Messi wollte uns betrügen und uns nicht ins Land der Königin bringen, obwohl wir ihn dafür bezahlt haben. Er wollte uns in das falsche Land bringen und dachte wir merken das nicht!“
Die anderen Männer klatschten und jubelten. Der Junge blickte sich um. Messi war nicht mehr zu sehen. Müller zwinkerte dem Jungen und seinem Vater zu. Er war der einzige neben seinem Vater, der sich die ganze Zeit um den Jungen zu kümmern schien. Müller wandte sich an den glatzköpfigen Mann und übergab ihm einen roten Gegenstand. Der Vater nahm diesen entgegen und sprach zu seinem Sohn.
„So. Gleich geht’s los. Hier zieh diese Zauberweste an. Sie ist magisch und hilft dir dabei, dass wir schnell und sicher ankommen. Damit kannst du sogar schwimmen. Bist du bereit für Level 2? Sind Energieriegel und Zauberweste aktiviert, Soldat?“
Der Junge nickte.
„Aber Papa? Wo ist denn deine Weste?“
„Hier in dem Level sind nicht so viele Westen versteckt. Einige der anderen haben schon welche gefunden. Aber keine Sorge, ich bin doch groß. Ich schrumpfe höchstens auf deine Größe, wenn ich geschwächt werde. Hauptsache du bist geschützt. Du bist klein.“
Der Mann öffnete seinen Rucksack, der bis zum Rand gefüllt war.
„Siehst du?! Hier sind jetzt keine Westen und auch keine Pilze mehr drin. Nur noch Zaubertrikots und einige Powerriegel. Wir müssen in Level 2 vorsichtig mit unserer Energie umgehen.“
Der Vater drückte noch einmal auf das Display seines Smartphones. Der Jingle ertönte erneut.
„In Ordnung, Herr Müller! Bringen Sie uns in das Land der Königin! Level 2 kann beginnen“, rief der Vater.

***​
Ein paar Stunden waren vergangen. Der Junge merkte nicht wie Ronaldo und Neymar ihn und seinen Vater mit runzelnder Stirn anschauten, als er Neuer nach einem Autogramm fragte. Neuer blickte den Jungen irritiert an, signierte aber auf dem Shirt des Jungen. Neymar zog demonstrativ sein Trikot aus und warf es auf den Boden.
„Hey du Möchtegern- Scofield! Du schaust wohl zu viel Fernsehen! Willst du deinem Sohn nicht bald mal die Wahrheit sagen? Wie lange soll das ganze Spiel eigentlich noch weitergehen? So toll ist das Land der Königin gar nicht. Ich war auch schon einmal da und man hat mich weggeschickt. Und ich lese gerade, dass der Zaun der Königin immer höher und größer wird. Viele kommen gar nicht mehr rein!“, rief Neymar, der nun etwas auf seinem Smartphone las.
„Papa, von einem Zaun hast du nie etwas gesagt!“, seufzte der Sohn nervös.
Der Vater bückte sich zu seinem Sohn herunter und drückte ihn fest an sich.
„Hei! Neymar hat doch gar keine Ahnung. Er hat sich die Spielregeln vorher nicht genau angeguckt! Es gibt keinen Zaun! Oh Mann. Er wird sowas von verlieren, der arme Trottel.“, sagte der Vater mit einem beruhigenden Lächeln.
Der glatzköpfige Mann legte seinen Zeigefinger auf seine Lippen und begab sich schnell in Richtung des immer weiter rufenden Neymars. Er gab ihm vorsichtig einen Geldschein, schrie ihn kurz an und kehrte zu seinem Sohn zurück. Widerwillig zog Neymar daraufhin das Trikot wieder an.
„Papa, warum gibst du Neymar unsere Punkte? Wir hatten doch fast schon 100!“
Der Vater stockte einen Moment und blickte beunruhigt um sich, ehe er wieder zu seinem Sohn sprach.
„Ganz einfach, mein Junge. Das Überleben in Level 2, aber auch in Level 3 hängt davon ab, dass wir alle heil durchkommen. Wir müssen zusammenarbeiten wie Mario und Luigi. Wenn einer hier einen Fehler macht, könnten wir beide Leben verlieren. Deshalb musste ich ihn mit unseren Punkten stärken.“
 

Woodstock

Verified Twitter Account ☑️
„Achso!“, sagte der Junge.
„Aber was meint er damit, dass es im Land der Königin gar nicht so toll ist?“
„Lass dir nichts einreden! Er will nur, dass wir vorher aufgeben, damit er es nicht mit uns teilen muss. Das Land der Königin ist wunderbar. Ich war auch schon einmal da und ich weiß, dass er lügt.“
Der Junge schaute sich auf dem Boot noch einmal genau um.
„Warum sehen die Spieler eigentlich anders aus als im Fernsehen?“
„Öhm. Das ist doch klar. Weil sie vom Drachenkönig verzaubert wurden.“
„Kommen daher auch die Streifen in deinem Gesicht?! War das auch der Drachenkönig, der dich verzaubert hat?“
Der Junge starrte auf die zahlreichen Narben des Mannes am Hals und im Gesicht. Dieser lächelte mit Tränen in den Augen den Jungen an und streichelte seine wuscheligen Haare, um ihn zu beruhigen.
„Ja.“

***​
Nach zwei Tagen in Level 2 wachte der Junge im Gummiboot auf. Es war bereits dunkel und die blitzenden Sterne am Himmel, sowie der Vollmond wurden langsam von Wolken bedeckt. Der Junge sprang in die Luft. Er hüpfte mehrmals auf und ab. Mit seinen Armen streckte er sich nach den Sternen, die allmählich verschwanden. Das Boot begann zu wackeln. Der Junge zog an der Jacke des Vaters, der immer noch schlief.
„Papa! Ich komme nicht heran. Ich bin zu klein! Du musst das machen. Wir brauchen doch die Energie. Komm schon! Wach auf! Mit den Sternen sind wir unbesiegbar und die Cheep- Cheeps, Bloopers, Urchins, Koopa- Schildkröten und die Skelettfische, die sich im Wasser befinden, können uns alle nichts anhaben. Wir sind damit schneller und können sogar weiter schwimmen. Komm schon, Papa!“
Der Vater wachte langsam auf. Die Wellen wurden immer stärker und schüttelten das Gummiboot kräftig durch. Die meisten Mitstreiter wirkten müde und hungrig. Sie saßen eng zusammengepfercht nebeneinander. Ein Großteil von ihnen wachte auf. Der Junge zählte mit seinen Fingern die Menschen an Bord. Es waren ausschließlich Männer.
„31, 32… plus einer. Ich glaube es sind 33.“
„Papa wollen wir den anderen nicht ein paar Riegel abgeben? Es freut sich doch gar keiner mehr, dass wir bald in Level 3 sind. Alle sind so traurig.“, sagte der Junge ganz aufgeregt.
Der Mann wischte sich leicht verschlafen durch seinen Dreitagebart. Er blickte sich vorsichtig um und schaute in die angespannten Gesichter der anderen Männer.
„Psst! Nicht so laut. Du weckst noch die Monsterfische im Wasser. Wir müssen leise sein! Die Riegel brauchen wir für uns und du weißt doch, dass die Sterne nach kurzer Zeit ihre Wirkung verlieren. Wir wären dann langsamer als das Boot und total nass.“
Neymar war aufgewacht und hatte dem Jungen aufmerksam zugehört. Er packte mit seinen ausgezehrten Armen die Hand des Mannes.
„Wie?! Ihr habt noch Essen im Rucksack?! Wir hungern und du gibst uns nichts ab? Seit Tagen spielen wir bei deiner Scharade mit und du hintergehst uns?!“
Neymar griff den Rucksack des Mannes und zog ein paar Fußballtrikots, sowie zwei Powerriegel und etwas Geld aus ihm heraus. Sofort stürzten sich einige Männer auf das Geld und die Trikots. Sie zogen ihre zerlöcherten Trikots aus und die neuen, sauberen an. Die anderen prügelten sich um die zerbrochenen Riegel und schlangen die kleinen Krümel hinunter.
„Ronaldo, stopp! Auf deinem neuen Trikot steht Bale! Das geht nicht! Das ist das falsche Trikot! Zieh das richtige an!“, rief der Junge einem der Mitspieler zu.
Seine Worte wurden ignoriert. Der Vater stand auf und versuchte sich zu verteidigen. Die tosenden Wellen wurden stärker und das Boot geriet ins Wanken.
„Setzt euch wieder hin, ihr Idioten! Sonst kentern wir alle!“, rief Müller.
Ronaldo kam Neymar zur Hilfe und schlug mit seiner Faust auf den Vater ein. Dieser wehrte sich.
„Bitte, Bitte! Haltet euch an die Spielregeln! Ich habe euch Punkte abgegeben und ihr habt mir versprochen uns zu helfen!“, schrie der Vater, während er hektisch Blickkontakt zu seinem Sohn suchte.
„Das ist kein Spiel. Das ist das nackte Überleben, du Schwein! Wir sind doch keine sechs Jahre alt, wie dein Sohn. Gib uns was zu essen! Gib die anderen Riegel her! Sofort!“
Der Junge versuchte seinem Vater zu helfen, doch er wurde durch die rechte Faust Neymars, zu Boden geschlagen. In diesem Moment standen immer mehr Männer auf und brachten das Boot aus dem Gleichgewicht. Einige fielen ins Wasser. Der Wellengang wurde noch stärker. Der Junge blickte auf seinen Vater, der gerade den Rucksack von Neymar und Ronaldo zurückerobert hatte. Er lächelte dem Jungen zu und streckte den Daumen in die Luft. In diesem Moment näherte sich Neymar von hinten. Er trug einen Gegenstand in seiner Hand, der im Mondschein kurz aufblitzte. Der Junge rief nach seinem Vater. Eine große Welle erfasste das Boot und warf den Jungen erneut zu Boden. Als er völlig durchnässt aufstand und sich umblickte, waren nur noch Müller, Bale, Ronaldo sowie zwei ältere bärtige Männer, die kein Trikot trugen, an Bord.
„Papa, Papa!“, rief der Junge und lehnte sich suchend aus dem Boot.
Der Vater war nicht zu sehen. In diesem Moment schossen zwei Hände aus dem Wasser und schnappten nach ihm. Müller zog den Jungen zurück in die Mitte des Bootes. Es war Neymar, der sich an das Boot klammerte. Mehrere Männer trieben hilflos im Wasser und versuchten wieder in das Boot zu steigen.
„Das Boot ist für maximal 14 Menschen gebaut worden. Es ist eh ein Wunder, dass es noch ganz ist. Das hält es nicht mehr lange aus! Es kippt gleich um.“, brüllte Müller. Viel eher sprach er zu sich selbst als zu dem Jungen, der hilflos neben ihm stand. Müller erinnerte den Jungen optisch an seinen Vater, bevor dieser von Soldaten des Drachenkönigs gefangen worden war und ohne Haare zurückkehrte.
Müller nahm ein Paddel und schlug so lange auf die Hände der Männer ein, bis sich keiner mehr von außen an das Boot klammerte. Danach begab er sich zum Steuerhebel und das Boot fuhr langsam von der Unfallstelle weg. Die Schreie der Männer im Wasser waren trotz des Wellengangs noch zu hören.
„Halt! Nein! Was ist mit Papa?“, schrie der Junge und weinte. Er zerrte an dem Trikot von Müller, der den Jungen leicht wegstieß.
„Dein Papa wartet wie deine Mama im Land der Königin auf dich. Wir müssen weiter, sonst kippt das Boot um und auch du verlierst ein Leben. Halte durch! Wir sind übrig geblieben. Wenn wir alle Level durchgespielt haben, dann seid ihr wieder vereint. Verstehst du?“
Der Junge nickte zögerlich und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Dann umarmte er mit einer Hand den Jungen, während er mit der anderen den Steuerhebel bediente. Auf dem Boden lag der Rucksack des Vaters. Müller bückte sich und kramte einen Riegel aus ihm hervor.
„Hier. Sieh doch. Wir haben noch Powerriegel. Iss! Die werden dich stärken, damit du die Mission beenden kannst!“

***​
Zwei Tage waren vergangen, als das Boot sich in der Nähe des Festlandes befand und sanft auf dem ruhigen Wasser trieb. Der Motor funktionierte nicht mehr. Die Männer waren hungrig und müde. Keiner von ihnen war mehr in der Lage zu paddeln. Bis auf den Jungen schliefen alle und schonten ihre Kräfte. Der Junge blickte auf den schlafenden Müller, dessen Gesicht ebenso so viele Narben hatte, wie das seines Vaters, als er aus dem Verließ des Drachenkönigs zurückgekehrt war.
Plötzlich hörte der Junge ein Bellen. Er erschrak. Es wurde lauter. Das Bellen erinnerte ihn an die Monsterhunde aus dem Land des Drachen, die ihn und seinen Vater gejagt und seine Mutter gebissen hatten. Der Junge zitterte. Langsam kam das Bellen näher. Er hielt sich die Hände vor das Gesicht. Ein schwarzer Labrador schwamm gemütlich neben dem Boot her. Der Junge nahm langsam die Hände herunter und erblickte einen angebissenen roten Apfel im Wasser, der neben dem Hund trieb. Mit ganzer Kraft streckte er sich aus dem Boot und griff nach dem Apfel, den der Hund zu verschmähen schien. Wie aus dem Nichts hörte der Junge eine Stimme, die er nicht verstand.
 

Woodstock

Verified Twitter Account ☑️
„Halt! Das ist mein Apfel du kleiner, dreckiger Dieb. Der ist für meinen Hund gedacht. Nicht für euch! Haut ab! Ihr gehört hier nicht her.“
Der Junge erblickte einen jungen Mann mit dunkler Haut und schwarzen Haaren, der auf einem orangenen, modern aussehenden Paddelboot daher trieb und wild gestikulierte. Fröhlich winkte er dem jungen Mann zu und griff nach dem Apfel. Im selben Augenblick erspähte er das Festland. Der Junge verlor das Gleichgewicht und fiel ins Wasser. Als er wieder aufgetaucht war, griff er nach dem Apfel und biss genüsslich in die Frucht, die mit Hundespeichel bedeckt war, hinein.
„Das gibt Energie für das letzte Level. Die brauche ich!“, dachte sich der Junge.
Während er schwamm, wandte er sich leicht von dem Hund, den er fürchtete, ab. Der Labrador schwamm zurück zu seinem Herrchen. Dieser zog den Hund mühelos in sein Paddelboot. Es schien so einfach. Der Junge dachte an seinen Vater und blickte traurig auf die Szene. Er bemerkte das weiße Poloshirt des Mannes sowie dessen funkelnde silberne Armbanduhr. Der junge Mann schaute mit zahlreichen Stirnfalten auf den Jungen, welcher zurück in sein Boot klettern wollte.
Müller hatte die Situation beobachtet. Sein weißes Trikot war mittlerweile zerrissen und voller brauner Flecken. Als er die Hand des Jungen packte, um ihn ins Boot zu hieven, ergriff eine riesige Strandwelle beide Boote. Alle Insassen wurden ins Wasser geschleudert. Einer der älteren Männer fiel auf den Jungen und drückte ihn nach unten. Sein Kopf knallte auf den Boden. Der Junge wedelte panisch mit seinen Händen umher, als er unter Wasser keine Luft bekam. Nach langen Momenten packte eine weiße Hand den linken Arm des Jungen und zog ihn an die Wasseroberfläche. Das Salzwasser brannte in seinen Augen. Der Junge strampelte aufgeregt umher, ehe er merkte, dass er in der Lage war zu stehen. Überall am Strand erkannte er leicht verschwommen Männer in Uniformen, die die Spieler aus dem Wasser zogen und in Gewahrsam nahmen.
„Hab keine Angst! Das ist die Garde der Königin. Bald wird alles gut!“, sagte Müller mit einem aufgesetzten Lächeln.
Müller hatte ein aufgeplatztes Kinn und humpelte leicht. Er befand sich direkt neben dem Jungen und wurde von zwei Gardisten gestützt. Der Junge schaute sich weiter um. Er sah einen großen weißen Mann in Uniform, der neben ihm stand, ihn freundlich anlächelte und seine Haare streichelte. Der Junge verstand die Sprache des Gardisten nicht. Dennoch freute er sich endlich aus dem Wasser zu sein.

***​
An der Promenade des Strandes erhielt der Junge von dem Gardisten, trockene Kleidung und eine Kugel Schokoladeneis im Hörnchen, das er dankend annahm. Im selben Moment ging der junge Mann aus dem anderen Boot an ihnen vorbei. Er wurde von zwei Gardisten abgeführt und schrie erneut in der Sprache, die der Junge nicht verstand. Der Labrador lief neben seinem Herrchen her und bellte aufgeregt.
„Ihr scheiß Rassisten, ich bin keiner von denen, nur weil ich eine dunkle Haut habe und ihnen ähnlich sehe. Lasst mich los! Ich habe Geld. Ich habe eure westliche Kultur. Ich bin einer von euch. Lasst mich los!“
Der Junge schaute irritiert auf den jungen Mann, der nun mit den Gardisten in der fremden Sprache redete und anschließend losgelassen wurde. Der Junge wandte sich zu Müller.
„Wieso regt er sich so auf? Muss er von vorne anfangen, weil er all seine Leben verloren hat? Und ich habe noch eine Frage! Hast du nicht eigentlich blonde Haare und viel viel hellere Haut? Wurdest du etwa auch vom Drachenkönig verzaubert, wie Papa gesagt hat?“, fragte der Junge als er die schwarzen Haare und den Rauschebart von Müller fixierte. Er befand sich ungefähr im selben Alter wie der Vater des Jungen. Müller schien leicht genervt, doch als er in die großen Kulleraugen des Jungen sah, antwortete er ihm.
„Ähm. Ja, habe ich, aber in Level 2 ist vieles anders. Da ändern sich auch die Farben der Spieler. Dein Vater hat vergessen dir das zu sagen. Außerdem hat er dir eine Regel verschwiegen. Dumme Hunde dürfen nicht ins Land der Königin. Deshalb regt der Mann sich auch so auf. Sieh ihn dir und den Labrador doch genau an!“
Müller lachte lauthals und zwinkerte dem Jungen, der einen kleinen Kiosk erblickt hatte, zu. Im selben Moment schaute Müller wie versteinert aufs Meer.
„Das kann doch nicht wahr sein! Wie lange soll das Spiel denn noch weiter gehen?!“, rief er, als er plötzlich weitere Boote in der Ferne erspähte. Müller wirkte nervös, als er die anderen Mitspieler sah. Er sprach mit den Gardisten in derselben Sprache wie der Mann aus dem Paddelboot. Der Junge verstand erneut nicht, was die Erwachsenen sagten. Danach riss Müller sich kurz von den Gardisten los und streichelte und küsste demonstrativ den Jungen.
„Das hier ist mein Sohn, mein geliebter Sohn. Er ist doch noch so jung. Lassen Sie ihn bitte bei mir! Wir müssen schnell weiter. Weg von hier. Bitte! Er ist doch so schwach und er braucht mich. Wir sollten vor den anderen hier weggebracht werden. Ich habe ein Kind dabei. Zählt das denn nichts?“, sagte er in der fremden Sprache.
Müller küsste den Jungen erneut und umarmte ihn, während er weiterhin besorgt auf die anderen Boote und die neuen Mitspieler starrte. Der Junge blickte auf Müller.
„Warum weinst du denn? Nur noch ein Level, Müller! Nur noch eins. Dann ist das Spiel um. Bloß nicht aufgeben! Nicht jetzt!“
„Junge, du unterschätzt Level 3. Das, was nun auf uns alle zukommt, wird sehr schwierig! Das haben so viele vor uns unterschätzt.“
„Halt dich einfach an Papas Plan! Dann schaffen wir das!“
Müller drehte sich zu einem Gardisten, um etwas mit ihm zu besprechen. Der Junge nutzte die Gelegenheit und rannte ein paar Meter aufgeregt zum Kiosk weiter, wo er eine aktuelle Tageszeitung fand. Auf der Titelseite befand sich ein Bild einer älteren Dame, die ihre Hände mit der Innenfläche so vor dem Bauch hielt, dass sie eine Raute ergaben. Der Junge strahlte über beiden Ohren. Zwei ältere, korpulente Herren standen an dem Kiosk und aßen ein Wassereis. Sie trugen beide eng anliegende beige Cappys und jeweils einen Brustbeutel, der an ihren schwitzenden, weißen Oberkörpern klebte. In ihren bis zu den Waden hochgezogenen weißen Socken in braunen Sandalen blickten sie auf den Jungen. Dieser hüpfte immer intensiver auf und ab. Die beiden Männer sahen sich an und zogen ihre Augenbrauen hoch. Danach entfernten sie sich von dem Kiosk und hielten angestrengt ihre Brustbeutel fest. Andere Touristen sahen den Jungen stirnrunzelnd an. Müller näherte sich dem Jungen, der ihm fröhlich zurief.
„Da ist sie! Die Königin! So wie Papa es gesagt hat. Sie muss hier sein! Wir haben es bald geschafft, Müller. Level 3 kann beginnen!“
 

Sittich

Well-Known Member
Eine von der Idee her hübsche Geschichte. Wobei ich relativ lange gebraucht habe, um zu verstehen, was Sache ist. War auf jeden Fall ein interessanter Ansatz und das Thema wurde natürlich voll getroffen.

Teilweise war es ein wenig anstrengend, dass jeder Satz nur so vor Videospielmetaphern strotzte. Aber wirklich kritisieren kann man das wohl auch nicht, schließlich war das der Kern der Geschichte. Es erschien eben an manchen Stellen etwas überstrapaziert und aus dem Mund mancher Charakter auch unglaubwürdig.

Insgesamt eine gute Geschichte, zu der ich gerne mehr scheiben würde. Aber mir fällt nichts mehr ein. :mellow:
 

Schneebauer

Targaryen
Schon wieder ein politisches Thema metaphiert als Videospiel- und Popkultur-Mashup. Leider zu subtil, als dass der Twist sich lange genug versteckt hält und wirklich überraschen kann. Damit wars ab ca. der Hälfte auch ermüdent zu Ende zu lesen.

Allerdings wirklich gut geschrieben!
 

Revolvermann

Well-Known Member
Ich wusste nach realtiv kurzer Zeit worum es ging. War aber nicht weiter schlimm. Die Stimmung ist gut getroffen und hat eine Art bittersüße Komponente, welche mich ein wenig an "Das Leben ist schön" erinnert hat. Ein aktuelles Thema zu verwenden fand ich ebenfalls gut. Ein paar kleine Feinheiten könnte man bemängeln aber zu viel Haarspalterei brauch man auch nicht betreiben.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ich fand die Story auch ordentlich. Vor allem die Grundidee hat mir gefallen, auch wenn ich ziemlich früh erkannte, worum es wirklich geht.
Da ich aber weder ein Fussballfan noch ein Gamer bin, fand ich die ganzen Anspielungen aus diesen Bereichen ziemlich schnell ermüdend und konnte mich dafür nicht begeistern.
Nichtsdestotrotz eine nette Geschichte.
 

Clive77

Serial Watcher
Mich hat die Geschichte auch an "Das Leben ist schön" erinnert. Entsprechend gab es als ich erkannte, worum es tatsächlich ging, auch einen Schlag in die Magengrube.
Muss mich aber leider auch ein wenig Tyler anschließen, was die ganzen Anspielungen betrifft - klar, das gehörte dazu, war mitunter aber einfach zuviel und nicht ganz mein Fall.

Schreibtechnisch vollkommen in Ordnung, denn die recht wirre Einführung ist Teil der Geschichte. Fehler habe ich keine bemerkt.

Könnte Punkte geben.
 

Woodstock

Verified Twitter Account ☑️
Wird wahrscheinlich den Wettbewerb gewinnen und ich kann verstehen warum.

Wenn man als fast letzter Feedback abgibt, wurde vieles schon gesagt. Ich fand die Idee gut aber es war zu videospielig, womit ich die Geschichte aber nicht schlecht reden will. Mal sehen, ob ich Punkte gebe.
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Das Leben ist schön als Videospiel-Variante finde ich als Idee sehr gut. Die Umsetzung hat mir insgesamt nicht so zugesagt.
Handlung und Rechtschreibung sind davon ab aber in Ordnung.

Kleiner Logikfehler meiner Meinung nach: Wenn man einem Kind so etwas vorspielt, muss man denke ich viel mehr beruhigend auf das Kind einreden und ihm viel mehr das Gefühl von Erfolg geben. Wenn man also schon so weit ist, dass die Bootsfahrt als nächstes ansteht, hätte man dem Kind bis dahin sicher so einige Male erzählt, dass Level XY abgeschlossen ist. Die Bootsfahrt wäre also ziemlich sicher nicht erst Level 2. Sondern eher Level 7 oder 10 oder so.
 

Jizzle

Well-Known Member
Alles mit dem letzten Platz hätte ich echt nicht gerechnet. Fand sie sehr solide. Daher meine Fragen.

1. Gibt es hier im Forum keine Gamer bzw. Super Mario- Nostalgiker?

2. Wo ist eigentlich das weibliche Publikum hin?


Ich wette, dass ich aus der Ecke ein paar Pünktchen mehr kassiert hätte. :wink:





@Schneebauer
Ich fand es schon erstaunlich, dass du politische Themen quasi schon aus Prinzip ausgeschlossen hast. So wirken zumindest deine Comments.

Und noch ne Frage:
Meinst du damit nicht eigentlich: "Leider zu subtil, als dass der Twist sich lange genug versteckt hält und wirklich überraschen kann."
"Leider nicht subtil genug, als dass..."


Also ich werde die Geschichte noch bei einem weiteren Wettbewerb einreichen. Mannys und Sittichs Tipps habe ich schon berücksichtigt.
Gibt es sonst noch stilistische Vorbesserungsvorschläge, ohne dass ich die Perspektive des Kindes zerstöre?
Bin für jeden Tipp dankbar!
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ich habe auch eine Frage: Hast du die Geschichten der anderen Teilnehmer gelesen oder interessieren sie dich nicht?

Und wenn du sie gelesen hast: Warum kein Feedback und keine Punkte? Du möchtest doch auch Feedback zu deiner Story haben, oder? Was wäre, wenn jeder Teilnehmer so desinteressiert (um nicht zu sagen ignorant) wäre wie du? :wink:

Das Thema kam ja schon oft zur Sprache, aber ich wundere mich halt jedes Mal aufs Neue. Sorry, aber ich habe einfach jedes Mal den Eindruck, dass du nur mitmachst, um Lob zu bekommen, und bist dann angepisst, wenn die anderen Leute deine Story nicht so genial finden wie du selbst.
Das muss ich nicht gut finden.
 

Schneebauer

Targaryen
Nicht aus Prinzip ausgeschlossen, aber grade wenn sein Thema bzw. dein Hintergrund so allgegenwärtig in den Medien und im privaten Umfeld ist, musst du mit einer Übersättigung rechnen. Dass das hier im Wettbewerb gleich 2x passiert ist, unterstreicht das doch. Und ja, bei der Subtilität hab ich mich falsch ausgedrückt - mir war es zu offensichtlich. Aber ich würde mich durchaus als "Gamer" bezeichnen. Hab auch so gut wie alle Mario Games seit dem SNES gespielt - aber das reicht nun mal nicht. Wenn es dir so sehr um die Gamer-Nostalgie geht, warum dann die Fussballer-Metaphorik?


Das was Tyler anspricht, sehe ich übrigens genauso. Immer wieder auf Feedback hoffen, aber deinen "Konkurrenten", die ja das Gleiche wollen wie du, dieses verweigern. Unding...
 

Woodstock

Verified Twitter Account ☑️
Tyler Durden schrieb:
Und wenn du sie gelesen hast: Warum kein Feedback und keine Punkte? Du möchtest doch auch Feedback zu deiner Story haben, oder? Was wäre, wenn jeder Teilnehmer so desinteressiert (um nicht zu sagen ignorant) wäre wie du? :wink:
Schneebauer schrieb:
Das was Tyler anspricht, sehe ich übrigens genauso. Immer wieder auf Feedback hoffen, aber deinen "Konkurrenten", die ja das Gleiche wollen wie du, dieses verweigern. Unding...
Ihr wisst schon das Jizzle unter jeder Geschichte Feedback gegeben hat, oder?
Schaut euch mal die Beiträge an, er hat alle außer einer kommentiert und was die Punkte angeht, hätte ich diesesmal fast auch keine gegeben, da ich nicht die Zeit hatte es genau zu begründen.

Tyler und Schneebauer, Jizzle ist vielleicht etwas eigen (wer hier ist das bitte nicht?) aber bleibt doch bitte fair. :wink:

@Jizzle
Ich hatte auch schon eine Nullpunktestory. Mach dir nichts draus. Das passiert. :wink:
 
Oben