Clive77
Serial Watcher
Der große Militärtransporter rumpelte über die schlecht befestigte Straße irgendwo im Osten von Mali. Es war ein heißer Tag. Eigentlich war hier jeder Tag ein heißer Tag. Die Sonne brannte un-erbittlich vom blauen Himmel, während der Wagen durch die Mittagshitze fuhr.
Janet hatte den Kopf an die Fensterscheibe gelehnt und beobachtet die vorbei rasende Land-schaft. Die Gegend war karg, es gab nur ab und an etwas Grün zu sehen. Manchmal Bäume, meistens kleine Büsche und halbtote Sträucher. Alle paar Kilometer kamen sie an kleinen Siedlun-gen vorbei, die aber oft ebenso halbtot aussahen, wie die Vegetation die sie Umgab. Ab und an saßen Menschen im Schatten ihrer ärmlichen Lehmhütten und schauten dem grünen Transporter hinterher, der sich wie ein riesiges Lebewesen durch die lebensfeindliche Umgebung bewegte.
Janet hatte sich an den Anblick gewöhnt und sie nahm nicht mehr viel ihrer Umgebung wahr, zu-mindest nicht bewusst. Ihr Blick hing eher verträumt am Horizont, nur ab und an, wenn der Wagen durch ein Schlagloch fuhr und sie mit der Stirn an die Scheibe schlug, verzog sie ihr Gesicht. An-sonsten blickte sie starr aus dem Fenster und versuchte nicht zu sehr an die Hitze zu denken.
Janet war vor 15 Jahren zum Militär gegangen und hatte dort Medizin studiert.
Vor vier Monaten war sie zu ihrem mittlerweile dritten Auslandeinsatz aufgebrochen. Nach zwei Einsätzen in Afghanistan war sie froh gewesen, dass es diesmal woanders hin ging. Doch der kleinen Freude, wenn man in diesem Fall davon sprechen konnte, war schnell Ernüchterung gewi-chen. Mali war noch schlimmer als Afghanistan. Kontakt zu den Einheimischen war so gut wie überhaupt nicht möglich und die Hitze war unerträglich und es wurde anscheinend jeden Tag noch heißer.
Die regelmässigen Patrouillen waren wenig ereignisreich und Janet fühlte sich eigentlich seit ihrer Ankunft so wie in der Sprichwörtlichen Ruhe vor dem Sturm.
„Wir sind da!“
Janet erschrak als Logan sie ansprach. Zu sehr war sie in Gedanken gewesen. Ihr heutiges Ziel war ein kleines Dorf mit ca. 2000 Einwohnern. 300 Kilometer östlich von Kidal in der Nähe der ni-gerianischen Grenze.
Janet stieg aus dem Wagen und streckte sich. Ihre Kniekehlen taten ihr von der zweistündigen Autofahrt weh, aber sie ließ sich nichts anmerken. Auf ein Gespräch bezüglich ihrer Einsatztaug-lichkeit hatte sie keine Lust, nur weil man mit Mitte 30 manchmal etwas schwerer in Gang kam als früher.
Sie umrundete den Transporter und kam neben Logan zum Stehen.
„Nach was genau sollen wir hier Ausschau halten?“
Logan zuckte die Schultern. Sie hatten vor ihrer Abfahrt die Information bekommen, dass es in dem Dorf in den letzten Tagen ungewöhnlich ruhig zugegangen war und das übliche Treiben der Dorfbevölkerung ausgeblieben war. Um 13 Uhr sollten sie sich vor Ort mit einer weiteren Einheit aus ihrem Stützpunkt treffen, das Dorf erkunden und die Lage einschätzen.
„Wie spät ist es?“ fragte Janet ihren Vorgesetzten.
Logan schaute auf seine Uhr. „Zehn vor eins. Sie sollten gleich da sein.“
Janet drehte sich zum Wagen um. Ihre zwei anderen Truppenmitglieder waren mittlerweile auch aus dem hinteren Teil des Wagens gestiegen. Die beiden Sergeants, ein Mann und eine Frau, waren in ihrem ersten Auslandeinsatz und noch recht unerfahren. Janet beobachtete wie die Bei-den die Rucksäcke ausluden. Der Mann, sein Name war soweit Janet sich erinnerte, Henry ächzte in der Hitze. „Kein Wunder, wenn du so fett bist“ dachte sie und wunderte sich wie es Leute mit solchem Übergewicht schafften, eine Militärlaufbahn zu beginnen. Rückblickend auf ihre Grund-ausbildung hätte sie mit einem solchen Übergewicht wahrscheinlich nicht die leichtesten Aufgaben geschafft. Aber scheinbar war der Bewerbermangel eklatanter als es bekannt gemacht wurde.
„Da!“ Logan riss Janet ein weiteres Mal aus ihren Gedanken. Sie folgte der Richtung seiner aus-gestreckten Hand. Zwei Jeeps näherten sich dem Dorf.
„Das müssen sie sein.“
Er hob die Hand und winkte. Die Fahrzeuge hielten auf sie zu und kamen, staub aufwirbelnd, zum stehen.
Sechs Soldaten, drei aus jedem Jeep, stiegen aus und salutierten vor Logan und Janet.
General Krohn, Major Randell, wir melden uns pünktlich zum Einsatz.“
Janet hasste dieses Getue, aber es gehörte dazu und sie grüßte die Männer ebenso förmlich wie es sich in der Hierarchie des Militärs gehörte. Sie beschlossen sich in zwei Gruppen zu je fünf Mann aufzuteilen und das Dorf zu erkunden.
„Bei ungewöhnlichen Vorkommnissen melden sie sich sofort per Funk bei mir Major und keine Heldentaten.“ Logan grinste und zwinkerte Janet zu, die eine der Gruppen anführen sollte.
„Natürlich Sir“, erwiderte Janet. Logans Anspielung bezog sich auf einen Vorfall, der sich in Janets erstem Auslandeinsatz in Afghanistan abgespielt hatte und mit dem Logan sie immer noch gerne aufzog. Sie war damals noch Sergeant und er Officer gewesen. Während einer Patrouille hatte sie einer kleinen Familie geholfen ihren im Schlamm versunkenen Esel zu retten und sich dabei von oben bis unten mit Dreck und Eselscheiße eingesaut. Die Familie war ihr vielleicht immer noch dankbar oder hatte sie nach einigen Minuten wieder vergessen, dass wusste sie nicht. Was sie wusste war, dass die Geschichte wochenlang in ihrer Einheit der „Running Gag“ war und bei Lo-gan scheinbar immer noch Brandaktuell.
Was aber wohl in erste Linie daran lag, dass er seit diesem Einsatz in sie verschossen war. Es beruhte nicht auf Gegenseitigkeit, aber sie kamen gut mit einander aus und er benahm sich, mal ab von kleinen Sticheleien, immer korrekt.
Janets Gruppe bestand aus der jungen Soldatin aus ihrem Jeep und drei weiteren Sergeants, die Janet nur flüchtig kannte.
Langsam gingen sie an den kleinen Lehmhütten vorbei. Vor einer Hütte saß ein kleiner, dürrer Hund. Er knurrte als die Gruppe an ihm vorbei ging. Wirklich gefährlich sah er dabei allerdings nicht aus. Im Gegenteil, wäre Janet nicht im Einsatz und tausende von Kilometern von zu Hause entfernt, sie hätte ihn wahrscheinlich zum nächsten Tierarzt gebracht, so erbärmlich sah er aus. Von seinen Besitzern war nichts zu sehen.
„Irgendwas ist hier wirklich komisch“, sagte Janet. Halb zu sich, halb zu ihrer Gruppe und erntete ein zustimmendes Brummeln und ein leises „Allerdings Sir!“ von einem der Soldaten hinter ihr.
Janet nahm ihr Funkgerät in die Hand.
„General Krohn?!“
„Ja“
„Haben sie irgendwelche Einwohner entdeckt?“
„Nein, bisher nicht. Schon sehr merkwürdig.“
„Und es ist gesichert, dass das Dorf nicht schon seit längerem verlassen ist?“
„Gesichert! Vor einer Woche soll hier noch reges Treiben gewesen sein!“
Janet verzog den Mund und schob das Funkgerät wieder in die Brusttasche ihrer Uniform.
Merkwürdig. Wie kann ein ganzes Dorf einfach so verschwinden?
Das Dorf war nicht groß und Janet´s Gruppe brauchte nur knapp eine halbe Stunde um am ande-ren Ende anzukommen. Auf Menschen waren sie in dieser Zeit nicht gestoßen.
Janet stand mit den Händen in den Hüften neben der letzten Hütte und starrte in die Wüste hinaus. In ihrem Kopf suchte sie nach einer plausiblen Erklärung für das spurlose Verschwinden von fast 2000 Menschen, als ihr Funkgerät rauschte.
„Janet…äähhm…Major Rendell, kommen sie zum Dorfplatz. Das müssen sie sehen!“
Sie schnappte sich das Gerät. „Habt ihr die Einwohner gefunden?“
„Sowas in der Art. Kommen sie einfach her.“ In Logans Stimme schwang etwas mit, was Janet nicht ganz zuordnen konnte. Es lag irgendwo zwischen Aufregung und sowas wie Angst.
Janet befahl ihrer Gruppe sich Richtung Dorfplatz in Bewegung zu setzen. Sie war angespannt und aufgeregt. Dieser Einsatz war eine Abwechslung zu den vielen Eintönigen die sie bisher hier erlebt hatte, aber gleichzeitig auch verdammt beunruhigend.
Mit immer schnelleren Schritten hielt Janet auf den Ort zu, an dem sie den zentralen Dorfplatz vermutete. Auf ihren Patrouillen hatte sie gelernt, dass die kleineren Dörfer in Mali alle nach so ziemlich dem gleichen Prinzip aufgebaut waren. Die einfachen Lehmhütten waren um einen zent-ralen Platz aufgebaut, der meist einen großen Baum und in der Regel einen Brunnen aufwies. Hier traf sich die Bevölkerung zu Festen und anderen Zusammenkünften.
Schon aus einigen hundert Metern Entfernung konnte Janet Logans Gruppe sehen die im Halb-kreis auf dem Platz stand und in Richtung Brunnen schaute. Janet konnte sehen, dass dort Men-schen saßen. Nicht viele, aber immerhin. So konnten sie vielleicht bald herausbekommen, was hier passiert war.
Als Janet und ihre Gruppe den äußeren Rand des Platzes erreicht hatten, verlangsamten sie ihre Schritte und kamen schließlich neben ihren Kameraden zum Stehen.
Sie verstand nun warum Logan am Funkgerät so aufgeregt war. Ja, sie hatten einige Dorfbewoh-ner gefunden, aber der Anblick, der sich Janet bot, war ganz und gar nicht der den sie erwartet hatte.
Vor ihr auf dem staubigen, heißen Wüstenboden saßen, eng aneinander gedrängt ca. dreißig klei-ne, von Staub bedeckte Kinder. Keines älter als zehn Jahre.
„Was soll das? Wo sind die Erwachsenen? Das kann doch nicht sein, dass die ihre Kinder hier so einfach allein sitzen lassen.“ Empörte sich einer der Soldaten aus Janets Gruppe.
Die Kinder starrten sie mit weit aufgerissenen, ängstlichen Augen an. Keines der Kinder bewegte sich oder sagte auch nur ein Wort.
Janet ging auf Logan zu. „Hier stimmt irgendetwas ganz und gar nicht. Warum ist hier niemand? Hast du dir die Kinder mal genau angesehen? Die sitzen hier nicht erst seit kurzer Zeit. Sie sind vollkommen bedeckt von Staub und sitzen in ihren Fäkalien.“
Der General riss die Augen auf. Dieses Detail schien ihm bisher entgangen zu sein. Er drehte sich zu Janet um. „Was sollen wir denn jetzt machen?“
Janet hatte den Kopf an die Fensterscheibe gelehnt und beobachtet die vorbei rasende Land-schaft. Die Gegend war karg, es gab nur ab und an etwas Grün zu sehen. Manchmal Bäume, meistens kleine Büsche und halbtote Sträucher. Alle paar Kilometer kamen sie an kleinen Siedlun-gen vorbei, die aber oft ebenso halbtot aussahen, wie die Vegetation die sie Umgab. Ab und an saßen Menschen im Schatten ihrer ärmlichen Lehmhütten und schauten dem grünen Transporter hinterher, der sich wie ein riesiges Lebewesen durch die lebensfeindliche Umgebung bewegte.
Janet hatte sich an den Anblick gewöhnt und sie nahm nicht mehr viel ihrer Umgebung wahr, zu-mindest nicht bewusst. Ihr Blick hing eher verträumt am Horizont, nur ab und an, wenn der Wagen durch ein Schlagloch fuhr und sie mit der Stirn an die Scheibe schlug, verzog sie ihr Gesicht. An-sonsten blickte sie starr aus dem Fenster und versuchte nicht zu sehr an die Hitze zu denken.
Janet war vor 15 Jahren zum Militär gegangen und hatte dort Medizin studiert.
Vor vier Monaten war sie zu ihrem mittlerweile dritten Auslandeinsatz aufgebrochen. Nach zwei Einsätzen in Afghanistan war sie froh gewesen, dass es diesmal woanders hin ging. Doch der kleinen Freude, wenn man in diesem Fall davon sprechen konnte, war schnell Ernüchterung gewi-chen. Mali war noch schlimmer als Afghanistan. Kontakt zu den Einheimischen war so gut wie überhaupt nicht möglich und die Hitze war unerträglich und es wurde anscheinend jeden Tag noch heißer.
Die regelmässigen Patrouillen waren wenig ereignisreich und Janet fühlte sich eigentlich seit ihrer Ankunft so wie in der Sprichwörtlichen Ruhe vor dem Sturm.
„Wir sind da!“
Janet erschrak als Logan sie ansprach. Zu sehr war sie in Gedanken gewesen. Ihr heutiges Ziel war ein kleines Dorf mit ca. 2000 Einwohnern. 300 Kilometer östlich von Kidal in der Nähe der ni-gerianischen Grenze.
Janet stieg aus dem Wagen und streckte sich. Ihre Kniekehlen taten ihr von der zweistündigen Autofahrt weh, aber sie ließ sich nichts anmerken. Auf ein Gespräch bezüglich ihrer Einsatztaug-lichkeit hatte sie keine Lust, nur weil man mit Mitte 30 manchmal etwas schwerer in Gang kam als früher.
Sie umrundete den Transporter und kam neben Logan zum Stehen.
„Nach was genau sollen wir hier Ausschau halten?“
Logan zuckte die Schultern. Sie hatten vor ihrer Abfahrt die Information bekommen, dass es in dem Dorf in den letzten Tagen ungewöhnlich ruhig zugegangen war und das übliche Treiben der Dorfbevölkerung ausgeblieben war. Um 13 Uhr sollten sie sich vor Ort mit einer weiteren Einheit aus ihrem Stützpunkt treffen, das Dorf erkunden und die Lage einschätzen.
„Wie spät ist es?“ fragte Janet ihren Vorgesetzten.
Logan schaute auf seine Uhr. „Zehn vor eins. Sie sollten gleich da sein.“
Janet drehte sich zum Wagen um. Ihre zwei anderen Truppenmitglieder waren mittlerweile auch aus dem hinteren Teil des Wagens gestiegen. Die beiden Sergeants, ein Mann und eine Frau, waren in ihrem ersten Auslandeinsatz und noch recht unerfahren. Janet beobachtete wie die Bei-den die Rucksäcke ausluden. Der Mann, sein Name war soweit Janet sich erinnerte, Henry ächzte in der Hitze. „Kein Wunder, wenn du so fett bist“ dachte sie und wunderte sich wie es Leute mit solchem Übergewicht schafften, eine Militärlaufbahn zu beginnen. Rückblickend auf ihre Grund-ausbildung hätte sie mit einem solchen Übergewicht wahrscheinlich nicht die leichtesten Aufgaben geschafft. Aber scheinbar war der Bewerbermangel eklatanter als es bekannt gemacht wurde.
„Da!“ Logan riss Janet ein weiteres Mal aus ihren Gedanken. Sie folgte der Richtung seiner aus-gestreckten Hand. Zwei Jeeps näherten sich dem Dorf.
„Das müssen sie sein.“
Er hob die Hand und winkte. Die Fahrzeuge hielten auf sie zu und kamen, staub aufwirbelnd, zum stehen.
Sechs Soldaten, drei aus jedem Jeep, stiegen aus und salutierten vor Logan und Janet.
General Krohn, Major Randell, wir melden uns pünktlich zum Einsatz.“
Janet hasste dieses Getue, aber es gehörte dazu und sie grüßte die Männer ebenso förmlich wie es sich in der Hierarchie des Militärs gehörte. Sie beschlossen sich in zwei Gruppen zu je fünf Mann aufzuteilen und das Dorf zu erkunden.
„Bei ungewöhnlichen Vorkommnissen melden sie sich sofort per Funk bei mir Major und keine Heldentaten.“ Logan grinste und zwinkerte Janet zu, die eine der Gruppen anführen sollte.
„Natürlich Sir“, erwiderte Janet. Logans Anspielung bezog sich auf einen Vorfall, der sich in Janets erstem Auslandeinsatz in Afghanistan abgespielt hatte und mit dem Logan sie immer noch gerne aufzog. Sie war damals noch Sergeant und er Officer gewesen. Während einer Patrouille hatte sie einer kleinen Familie geholfen ihren im Schlamm versunkenen Esel zu retten und sich dabei von oben bis unten mit Dreck und Eselscheiße eingesaut. Die Familie war ihr vielleicht immer noch dankbar oder hatte sie nach einigen Minuten wieder vergessen, dass wusste sie nicht. Was sie wusste war, dass die Geschichte wochenlang in ihrer Einheit der „Running Gag“ war und bei Lo-gan scheinbar immer noch Brandaktuell.
Was aber wohl in erste Linie daran lag, dass er seit diesem Einsatz in sie verschossen war. Es beruhte nicht auf Gegenseitigkeit, aber sie kamen gut mit einander aus und er benahm sich, mal ab von kleinen Sticheleien, immer korrekt.
Janets Gruppe bestand aus der jungen Soldatin aus ihrem Jeep und drei weiteren Sergeants, die Janet nur flüchtig kannte.
Langsam gingen sie an den kleinen Lehmhütten vorbei. Vor einer Hütte saß ein kleiner, dürrer Hund. Er knurrte als die Gruppe an ihm vorbei ging. Wirklich gefährlich sah er dabei allerdings nicht aus. Im Gegenteil, wäre Janet nicht im Einsatz und tausende von Kilometern von zu Hause entfernt, sie hätte ihn wahrscheinlich zum nächsten Tierarzt gebracht, so erbärmlich sah er aus. Von seinen Besitzern war nichts zu sehen.
„Irgendwas ist hier wirklich komisch“, sagte Janet. Halb zu sich, halb zu ihrer Gruppe und erntete ein zustimmendes Brummeln und ein leises „Allerdings Sir!“ von einem der Soldaten hinter ihr.
Janet nahm ihr Funkgerät in die Hand.
„General Krohn?!“
„Ja“
„Haben sie irgendwelche Einwohner entdeckt?“
„Nein, bisher nicht. Schon sehr merkwürdig.“
„Und es ist gesichert, dass das Dorf nicht schon seit längerem verlassen ist?“
„Gesichert! Vor einer Woche soll hier noch reges Treiben gewesen sein!“
Janet verzog den Mund und schob das Funkgerät wieder in die Brusttasche ihrer Uniform.
Merkwürdig. Wie kann ein ganzes Dorf einfach so verschwinden?
Das Dorf war nicht groß und Janet´s Gruppe brauchte nur knapp eine halbe Stunde um am ande-ren Ende anzukommen. Auf Menschen waren sie in dieser Zeit nicht gestoßen.
Janet stand mit den Händen in den Hüften neben der letzten Hütte und starrte in die Wüste hinaus. In ihrem Kopf suchte sie nach einer plausiblen Erklärung für das spurlose Verschwinden von fast 2000 Menschen, als ihr Funkgerät rauschte.
„Janet…äähhm…Major Rendell, kommen sie zum Dorfplatz. Das müssen sie sehen!“
Sie schnappte sich das Gerät. „Habt ihr die Einwohner gefunden?“
„Sowas in der Art. Kommen sie einfach her.“ In Logans Stimme schwang etwas mit, was Janet nicht ganz zuordnen konnte. Es lag irgendwo zwischen Aufregung und sowas wie Angst.
Janet befahl ihrer Gruppe sich Richtung Dorfplatz in Bewegung zu setzen. Sie war angespannt und aufgeregt. Dieser Einsatz war eine Abwechslung zu den vielen Eintönigen die sie bisher hier erlebt hatte, aber gleichzeitig auch verdammt beunruhigend.
Mit immer schnelleren Schritten hielt Janet auf den Ort zu, an dem sie den zentralen Dorfplatz vermutete. Auf ihren Patrouillen hatte sie gelernt, dass die kleineren Dörfer in Mali alle nach so ziemlich dem gleichen Prinzip aufgebaut waren. Die einfachen Lehmhütten waren um einen zent-ralen Platz aufgebaut, der meist einen großen Baum und in der Regel einen Brunnen aufwies. Hier traf sich die Bevölkerung zu Festen und anderen Zusammenkünften.
Schon aus einigen hundert Metern Entfernung konnte Janet Logans Gruppe sehen die im Halb-kreis auf dem Platz stand und in Richtung Brunnen schaute. Janet konnte sehen, dass dort Men-schen saßen. Nicht viele, aber immerhin. So konnten sie vielleicht bald herausbekommen, was hier passiert war.
Als Janet und ihre Gruppe den äußeren Rand des Platzes erreicht hatten, verlangsamten sie ihre Schritte und kamen schließlich neben ihren Kameraden zum Stehen.
Sie verstand nun warum Logan am Funkgerät so aufgeregt war. Ja, sie hatten einige Dorfbewoh-ner gefunden, aber der Anblick, der sich Janet bot, war ganz und gar nicht der den sie erwartet hatte.
Vor ihr auf dem staubigen, heißen Wüstenboden saßen, eng aneinander gedrängt ca. dreißig klei-ne, von Staub bedeckte Kinder. Keines älter als zehn Jahre.
„Was soll das? Wo sind die Erwachsenen? Das kann doch nicht sein, dass die ihre Kinder hier so einfach allein sitzen lassen.“ Empörte sich einer der Soldaten aus Janets Gruppe.
Die Kinder starrten sie mit weit aufgerissenen, ängstlichen Augen an. Keines der Kinder bewegte sich oder sagte auch nur ein Wort.
Janet ging auf Logan zu. „Hier stimmt irgendetwas ganz und gar nicht. Warum ist hier niemand? Hast du dir die Kinder mal genau angesehen? Die sitzen hier nicht erst seit kurzer Zeit. Sie sind vollkommen bedeckt von Staub und sitzen in ihren Fäkalien.“
Der General riss die Augen auf. Dieses Detail schien ihm bisher entgangen zu sein. Er drehte sich zu Janet um. „Was sollen wir denn jetzt machen?“