The Last Duel ~ Ridley Scott, Damon vs Driver [Kritik]

Envincar

der mecKercheF
Gehe da mit Cimmeriers Meinung. Ich finde es auch ganz gut, dass da kein ergreifendes Epos draus gemacht wurde, weil das der Geschichte überhaupt nicht gerecht werden würde. Hier wurde nüchtern, ohne zu schönen oder künstlich zu dramatisieren eine Begebenheit/Verbrechen geschildert. Ich kannte den Ausgang nicht und fand es daher auch durchaus spannend, wer jetzt tats. gewinnen würde.
Wie schon gesagt war die Erzählweise besonders interessant, da es verdeutlicht, wie Kleinigkeiten verändert werden und ein komplett anderes Bild entsteht. Bspw. das kleine Detail mit den Schuhen, als Sie den Turm hinauf geflohen ist.
Der Film hatte zwischendrin trotzdem sein Längen und einie Schauspieler fand ich nicht gut besetzt. Ben Affleck hätte der Film vor der Kamera nicht gebraucht mMn.
 

McKenzie

Unchained
Ich möcht den gern noch sehen und will eher ungespoilert bleiben, aber ich hab jetzt mehrmals etwas von verschiedenen Perspektiven gelesen. Jetzt frag ich mich, hat der gewisse Ähnlichkeiten mit Kurosawas Rashomon?
 

Joel.Barish

dank AF
Ja, der Boll Vergleich ist ein klassischer Jay. :ugly: Erscheint mir auch nicht nur absurd, sondern auch inkorrekt, da "Last Duel" eben ganz explizit nicht bloß quasi-dokumentarische Nachstellung ist. Finde auch den Bogen zu Scotts Epen wenig zielführend. Das ist als würde man sich beschweren, dass "Lincoln" nicht so spannend wie "Jaws" oder so unterhaltsam wie "Raiders" ist :biggrin:

Ich würde Jay aber dennoch in der groben Tendenz beipflichten. Habe mich im Podcast ja schon dazu geäußert, aber die dreigeteilte Perspektiverzählung ist mehr störend als hilfreich wenn man nichts damit macht. Und dieser Film macht fast nichts damit. Vielleicht habe ich mir durch Erinnerungen an "Rashomon" selbst ein Bein gestellt, aber ich bleibe dabei: So wie hier war der Ansatz verschenkt. Allein dass wir Damons Wutrede gegen Affleck/Driver nur in Drivers Version sehen, zeigt schon die verpassten Gelegenheiten.
(Punktemäßig würde ich aber höher gehen als Jay, wobei das keine zu große Rolle mehr spielt.)
 
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Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Magst du mal erläutern, was du meinst, was man hätte machen können, um die Perspektiverzählung hilfreich einzusetzen? Ich hatte damit nicht gerechnet, fand es dadurch eigentlich gar nicht schlecht, auch wenn es vielleicht etwas zu wenig Spiel darin gab. Allerdings fand ich das persönlich sogar ganz gut.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Moment, ich würde Lincoln niemals mit Raiders vergleichen, das hingegen ist absurd. Absurder als meine üblichen Vergleiche.

Gladiator und Last Duel lassen sich allerdings grob miteinander vergleichen, da es bei beiden um Sandalenrachegeschichten geht. Tonal natürlich bewusst unterschiedlich gewählt. Jean de Vokuhila soll gewiss kein so mitreißender Heroe sein wie Maximus, das ist auch nicht der Vorwurf. Auch musste Jacques Joust nicht simpel böser sein. Ich denke nur, dass Sir Ridley für eben diese Geschichte der falsche Mann war. Der kann groß und viele Leute und authentische Nachstellung und all das, aber in dieser Geschichte geht es eigentlich viel mehr um Nuancen, um Schauspiel, um das verzwickte Spiel mit Wahrnehmungen, Gefühlen, Loyalitäten, gespickt mit Ego, Ehre, Geltungsdrang und all dem. Das hätte eher jemand anderes drehen müssen, der das mehr in den Vordergrund rückt, anstatt dafür zu sorgen, dass die Keule auch realistisch genug ins Gesicht gewemmst wird.
Vielleicht wäre jemand wie Thomas Vinterberg idealer gewesen, schon gerade weil das schwierige Thema Vergewaltigungsvorwurf im Zentrum steht. Manchmal hat man beim Film das Gefühl, er wolle nachdenklich stimmen, ob Margeruite womöglich nicht ganz die Wahrheit sagt und die ehemaligen Freunde sich da umsonst und ungerechtfertigt das Eisen in den Leib rammen, bis dass die rote Suppe läuft, aber gerade heutzutage wäre das Dynamit gewesen, so etwas in Frage zu stellen... oder? Andererseits kann man natürlich nur nach den historischen Angaben gehen.

Nachtrag: ich will Margeruites Behauptung nicht abtun, aber rein narrativ gesehen - wenn man es in Frage stellen würde, wäre die ganze Geschichte nicht so einseitig. So kann man ja nur wollen, dass Jacques zur Rechenschaft gezogen und in dieser blutigen anderen Zeit mit der Lanze lanziert wird. Aber dann kann man es als Film auch unterhaltsamer aufziehen, find ich, mit ihm als klaren Bösen und Damon noch klarer als Underdog, der gewinnen sollte, dann brauch es auch nicht das Konzept dreier Perspektiven und Storywiederholungen. So hingegen hinterlässt alles einen unsicheren, schwammigen Geschmack.
 
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Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Das kann ich ja alles nachvollziehen, auch wenn ich das punktuell anders sehen. Das ist aber an sich unerheblich. Womit ich halt immer noch nicht klar komme ist, weshalb der letzte Satz "Taugt vielleicht als aufwändige Nachstellung eben dieser historischen Ereignisse, nicht aber als Epos." lautet. Der Film will nun einmal kein Epos sein. Zu keinem Zeitpunkt. Daher sind die Vergleiche von Joel durchaus passend. "Saw taugt als Kammerspiel, aber als Komödie macht der Film nicht viel her." Wenig überraschend.

Und vielleicht liegt es auch einfach an mir, aber ich saß da nicht empathie- und emotionslos vor dem Fernseher, sondern schon immer mal wieder mitgerissen, weshalb ich den Boll-Vergleich auch so unpassend finde.

Ob nun durch die zerbrechende Freundschaft und die Kaltschnäuzigkeit Le Gris' oder bezogen auf die allgemeinen Rückschläge Jeans und natürlich durch Vergewaltigung an sich.

Das war nicht der ganz große Wurf, aber für mich packend, mit etwas Leerlauf/Wiederholung inszeniert und Stil sowie visuelle Inszenierung anbelangt ist Scott ohnehin immer noch hervorragend.
 
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Joel.Barish

dank AF
Magst du mal erläutern, was du meinst, was man hätte machen können, um die Perspektiverzählung hilfreich einzusetzen?
Ich kann es zumindest versuchen bzw. beschreiben, was ich gemacht hätte und vom Film auch ein Stückweit erwartet hätte. Ich nehme dafür mal drei Handlungsszenen zur Demonstration heraus.
Grundsätzlich liegt mein Problem darin, dass sich Dinge in den drei Versionen eben wenn überhaupt nur wiederholen, aber nur wenige echte Widersprüche entstehen. Und in diesen Widersprüchen liegt für mein Empfinden eben der Reiz dieser Erzählart. Bei "Rashomon" hat die jeweilige Variante viel über den jeweiligen Erzählenden ausgesagt. Das findet hier kaum statt.

Beispiel 1: Damons Wutrede gegen Affleck/Driver
In Damons (wie heißt er denn nun? Carrouges!) Version sehen wir nur, wie Carrouges zu den beiden kommt und zur Rede ansetzt. Erst in Le Gris' Version sehen bzw. hören wir, was wirklich gesagt wird. Hier wirkt Carrouges peinlich, infantil, unsicher und klar unterlegen. Da wir als Zuschauer keine andere Version bekommen, können wir diesen Eindruck nur übernehmen. Ist es die objektive Wahrheit? Vermutlich nicht. Aber zu vermuten, dass Carrouges sich selbst vermutlich weniger peinlich und unsicher sah, vielleicht andere Worte gewählt hätte (gewählt hat, wie er behaupten würde) bleibt Theorie. Wir können Le Gris' Darstellung anzweifeln, aber die Bilder und die Worte werden nicht in Frage gestellt. Dieser Eindruck nistet sich ein, egal wie "unzuverlässig" wir Le Gris als Erzähler sehen.

Beispiel 2: Die erste Begegnung Marguerite/Le Gris und die einvernehmliche erste "Nacht"
Wir sehen die erste Begegnung mehr als einmal, doch die Unterschiede sind äußerst geringfügig. Ein zweifelnder Blick hier, ein etwas zu aufdringlicher Kuss dort. Aber das ist immerhin etwas. Mehr kommt aber nicht. In Marguerites Version sehen wir die einvernehmliche Affäre nicht. Die Texteinblendung erklärt uns zwar, dass dies die "Wahrheit" ist, aber wie verhält sich das mit Auslassung? Etwas nicht zu erwähnen ist nicht dasselbe wie einen Sachverhalt zu leugnen. Hier hätte es gut und gerne einen Moment geben können, wo Marguerite Le Gris' Avancen klar ablehnt und wo dieser in diesem ersten Moment zurückzieht, hier vielleicht mit dem "Verdruss" infiziert wird, nicht das zu bekommen was er will. Hier haben wir also lediglich eine Behauptung und eine Auslassung. Das ist nicht so spannend wie es sein könnte und eröffnet uns eben keine nennenswert tieferen Einblicke in die Selbstwahrnehmung und ins Selbstverständnis der Erzählenden.

Beispiel 3: Der Übergriff
Hier gibt es immerhin ein kleinwenig zu holen. Le Gris' stellt sich in seiner Version durch seine an Marguertite gerichteten Worte als leidenschaftlicher Romantiker dar, der seine Auserwählte von ihrem "Glück" überzeugen muss. Er benutzt mehr Pathos, gibt sich Emotionaler. In Marguerites Version ist er kälter, seine vermeintliche Leidenschaft stärker als pures Kalkül gefärbt. Damit kann man arbeiten. Aber nicht nur sind diese Unterschiede sehr nuanciert und vielleicht schon zu subtil, der tatsächliche Übergriff ist in beiden Version unverhandelbar. Auch in Le Gris' Darstellung ist es ein gewaltsamer Übergriff gegen Marguerites explizit geäußerten Willen. In der Gerichtsverhandlung wird zudem der Eindruck erweckt, als habe Le Gris hier behauptet, es sei zu keinerlei "Kontakt" gekommen. Wäre dieser Film wirklich an subjektiver Wahrnehmung und/oder an der aktiv veränderten Außendarstellung der drei Protagonisten interessiert, hätten die Unterschiede größer sein müssen. Da hätte die Marguerite aus Le Gris' Schilderung auf die Avancen eingehen müssen, da sie von ihm "überzeugt" wurde, so dass es in seiner Version einvernehmlich war. Oder aber er behauptet, es sei nie zum Kontakt gekommen. Tut er aber nicht.
So oder so, in der gezeigten Form gibt es einfach fast gar nichts zu deuten, nichts zum Arbeiten, keine bzw. kaum Widersprüche. Und das finde ich enorm schade. Gerade weil es "Rashomon" eben so leichtfüßig vorgemacht hat.

[...] Ich denke nur, dass Sir Ridley für eben diese Geschichte der falsche Mann war. [...] wenn man es in Frage stellen würde, wäre die ganze Geschichte nicht so einseitig. So kann man ja nur wollen, dass Jacques zur Rechenschaft gezogen und in dieser blutigen anderen Zeit mit der Lanze lanziert wird. [...]
Dem würde ich sogar einigermaßen zustimmen, auch wenn Ridley Filme dieser Art ja immer mal wieder versucht und nicht immer daran scheitert. Allerdings hat z.B. "Thelma und Louise" auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel.
 

Puni

Well-Known Member
Ist zwar sehr OT, aber ich habe neulich noch den sehr sehr guten deutschen Film "Sag du es mir" gesehen, der diese ganze Perspektiventhematik deutlich kreativer umsetzt. Schade, dass bei dem Film hier so viel Potential verschenkt wurde was die Erzählweise angeht.
 

Cujo

Well-Known Member
Hab lange keinen Kommentar mehr abgegeben. Aber hier muss ich sagen das mir der Film sehr, sehr gut gefallen hat. Ich wusste aber auch nicht was mich erwartet, ich hatte weder etwas drüber gelesen noch Trailer angeschaut.
Ich glaube das ist wieder so ein Film der am besten wirkt wenn man nicht weiß worum es überhaupt geht.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Was mich ja immer an Ridleys Sandalenfilmen begeistert: die Liebe zum Detail. Kostüme, Requisiten, das sieht immer fantastisch aus. Auch wenn mir diese Geschichte nicht so gefallen hat, könnte ich mir jedes Jahr neue Sandalenridleys ansehen. Alles mit Schwertern etc. Hundert Mal lieber als Sachen wie House of Gucci oder The Counselor etc. Solche Titel können auch andere machen.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Fand ich ganz großartig.
Ich muss ja sagen dass mir insbesondere Affleck und Damon im Trailer arg "verkleidet" vorkamen. Im Film dann funktioniert es aber irgendwie. Was heißt hier irgendwie - die liefern einfach total ab. Eigentlich alle.
Die Perspektivenwechsel mögen bei weitem nichts Neues sein, aber ich fand es ziemlich gut gemacht. Scott schafft es nämlich die einzelnen Figuren mit fortschreitender Laufzeit grundlegend unterschiedlich darzustellen und dass nur durch teilweise minimale Änderungen in den jeweiligen Kapiteln. Da sind oft nur ganz subtile Dinge verändert. Klar werden Szenen hinzugefügt in denen beispielsweise einer der anderen beiden nicht zugegen war usw. Die bereits gesehen Szenen sind aber (mit ein paar Ausnahmen) oftmals sehr sehr ähnlich.
Und trotzdem erleben bestimmte Figuren geradezu einen Character-Shift durch winzige Gesten oder Reaktions-Shots.
Diese Wandlungen finden nämlich nicht, wie man vermuten würde, komplett offensichtlich und vorhersehbar von Perspektive zu Perspektive statt, sondern vielmehr langsam aber stetig über alle Perspektiven verteilt.
Kaum zu glauben das Scott und seine Schreiberlinge (Damon, Affleck und "Can you ever forgive me?" Drehbuchautorin Nicole Holofcener) nicht protziger mit dem Stilmittel umgegangen sind.
Nicht das sie es hätten sollen, sondern das sie es in Anbetracht eines 100 Millionen Dollar Filmes nicht taten.
Die hätten hier den neuen "Königreich der Himmel" oder "Gladiator" abliefern können aber trotz historischem Setting ist "The Last Duel" eher eine Dekonstruktion männlicher Heldenfantasien. Deswegen nicht automatisch besser oder schlechter aber doch grundlegend anders.
Das Finale fand ich übrigens ohne wummernden Score und in seiner Rohheit super immersiv und packend.
Das kann er ja.
 

Deathrider

The Dude
Ich stimme @Joel.Barish in Sachen Spoiler zu den subjektiven Wahrheiten voll und ganz zu und empfand das ähnlich während des Films. Dass da allerdings nichts weiter rauszuholen wäre, finde ich nicht...
Du unterschlägst nämlich z.B., dass wir Carrouges Version der Rede hören, wenn er es Margerit erzählt. Dass er sich durch ihre Rückfragen allerdings verunsichern lässt, sagt nochmal ganz viel über sein fehlendes Selbstvertrauen aus und dass es kleine Momente gibt in denen er sich dessen auch bewusst wird Fehler begangen zu haben, dass es aber Margerit braucht um das zu sehen. Das schärft ihre Beziehung aus und das kommt nochmal wieder, wenn er vor dem Finale doch sagt "Wir haben einen Plan" und nicht "Ich". Sicher, das ist alles sehr subtil, sicher sogar zu subtil.

Mir hat der Film sehr gut gefallen. Ausstattung war großartig, die Darsteller haben allesamt einen tollen Job gemacht. Es gab auch genug Überraschungen um einen bei der Stange zu halten. Es war spannend, unbequem, hin und wieder auch amüsant.

Ich kann da guten Gewissens 8/10 blondierte Afflecks geben.
 

Gronzilla

Well-Known Member
Ja, der Film hatte Schauwerte. Mag Affleck und Damon sowieso. Driver außer als Kylo Ren auch. Mal wieder ein schöner, reiner Historienschinken a la Gladiator oder Königreich der Himmel wäre mir schön.
 
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