Dann wäre auch "Schindlers Liste" hinfällig. Ich stehe dem Ganzen auch kritisch gegenüber, aber so einfach empfinde ich es dann doch nicht.
Ne gar nicht. Ich sehe es ähnlich wie Joel und finde den Film jetzt auch nicht so grandios. Aber Schindlers Liste hat ja schon gewisse Aspekte von Schuld, die er nicht ganz uninteressant zur Sprache bringt. Gerade die Frage, wieviel mehr, hätte der fiktive Schindler mehr machen können. Das ist eine Frage, die man auch heute stellen kann. Wir könnten alle mehr machen, könnten mehr spenden, auf mehr verzichten etc. Zudem sehe ich Schindlers Liste auch als eine gute Möglichkeit, an das Thema herangeführt zu werden. Wie gesagt, die Figuren besitzen tatsächlich auch eine gewisse Komplexität. Der Film setzt nicht auf vordergründige Effekthascherei über Gewaltdarstellung.
Naja Presko..ich glaub kaum das du das ganze schon gesehen hast um beurteilen zu können ob er zum Nachdenken anregen könnte? Du musst mal so sehen, manch einer kapiert es erst durchs direkte, obwohl ich eher kaum glaube das diejenigen das schauen werden.
Das stimmt natürlich. Ich gehe schlicht von dem aus, was ich in Interviews gelesen und sonst von Bolls 'ernsthaften' Filmen weiss. Für mich sind das in der Regel Gewaltpornos. Sie setzen aufs Zeigen und erschöpfen sich auch darin.
Jetzt kann man sagen, das schockt und soll wachschütteln. Schock führt aber in der Regel nicht dazu, dass man aktiv wird, sondern führt zu Lähmung oder dazu, sich abzuwenden. Man kann sagen, er will provozieren. Provozieren bedeutet, man will etwas in Bewegung setzen - nur was will er in Bewegung setzen?
Ich glaube, kaum einer glaubt nicht, dass die Juden ein unglaublich brutales Schicksal erdulden mussten. Das zu zeigen führt daher auch zu kaum was. Wenn schon muss man gute Fragen stellen, die Leute herausfordern, sie zur Auseinandersetzung anregen. Für mich ist "das weisse Band" in gewisser Weise ein fantastischer Film zu diesem Thema. Klar, er zeigt nicht den Holocaust. Aber er fragt über Umwege nach den Gründen, wie Menschen abhärten und das Einfühlungsvermögen verlieren. Der Film fordert den Zuschauer dadurch auf, sich selber auseinanderzusetzen. Und dabei braucht es keine Gewalt.
Es gibt dieses eine Buch 'Roman eines Schicksalslosen' von Imre Kertesz, in dem ist von Langweiligkeit und von Glück in Auschwitz zu lesen. Das war Provokation pur! Und zwar echte Provokation. Dafür braucht es keine plumpe Gewalt, sondern den haarscharfen Blick und eine ehrliche Suche nach den tiefer liegenden Wurzeln in den Dingen. Ich kann den Roman wirklich empfehlen.
Aber klar, letztlich besteht auch die Möglichkeit, dass ich mich täusche und hinter allem tatsächlich eine Idee von Boll liegt, ein Blick, der etwas wirklich Tiefes in dem Thema findet oder einen spannenden, neuen, aufwühlenden und interessanten Zugang findet - nur ich bezweifle es ganz schwer.
@Walking Dad: Da werd ich mir Darfur bald mal anschauen müssen, bin aber schwer skeptisch.