Zuletzt gelesenes oder gehörtes Buch

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Aber ob so ständige "Deadlines" in Form von VÖ-Terminen - sollten sie vom Verlag kommen - dann so hilfreich sind? Vielleicht wäre es dann ja besser, erst gar nichts anzukündigen um den Druck etwas rauszunehmen, statt direkt sechs weitere Romane anzukündigen.

Wer weiß schon, was da im Hintergrund lief und vermutlich hat er auch einen Deal unterzeichnet, wo er sich zu einer Veröffentlichung verpflichtet hat. Ich finds einfach schade, aber hab auch vollstes Verständnis dafür. Ist ja nicht so, als wenn es nicht genügend Alternativen geben würde.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Was die Verschiebungen von Veröffentlichungen betrifft, fällt mir als erstes leider Edition Phantasia ein. Da dauert es auch teilweise mehrere Jahre, bis irgendwas erscheint. Auf der Hauptseite steht dann immer noch "erscheint April/Mai 2022" :biggrin:

Douglas Coupland - Alle Familien sind verkorkst

Eine etwas andere Familiengeschichte. Dabei sind u.a. ein Kleinganove, eine körperlich eingeschränkte Astronautin, ein Suizidgefährdeter, mehrere AIDS-Kranke. Neben den üblichen familiären Problemen wie Ehebruch, Scheidung und Geschwisterneid gibt es auch reichlich Sachen, die nicht gerade üblich sind.
Ich fand das Ganze etwas zwiespältig - einerseits gab es durchaus unterhaltsame Stellen, aber dann sind hier auch so Sachen dabei, die ich nihct besonders lustig finde. Dazu ist die Handlung ganz schön konfus und ziellos und es kommen zu viele unwahrscheinliche Zufälle auf einen Schlag. Also nicht unbedingt empfehlenswert von meiner Seite.

Philip K. Dick - Das Labyrinth der Ratten

Es geht um einen Mann mit besonderen Fähigkeiten, der während des Kalten Krieges immer neuere Waffen erfinden soll.
Na ja. Eines von Dicks Büchern, die er offenbar in einem Rutsch runtergeschrieben hat, ohne sich um so etwas wie eine zusammenhängende Handlung zu kümmern. Immer wieder enttäuschend sind auch seine weiblichen Figuren - immer launisch, untreu, unzuverlässig, sprunghaft und ohne wirklichen Charakter. Interessant ist auch, wie oft bei ihm barbusige Sekretärinnen vorkommen. So hat er sich wohl die Zukunft vorgestellt, der Visionär...

Philip K. Dick - Die Zeit: Auf Gegenkurs

Wie der Titel es schon verrät, geht es hier um ein Phänomen, bei dem die Zeit rückwärts läuft.
Das Buch beginnt damit, dass ein Toter in seinem Grab wieder zum Leben erwacht und von jemandem ausgegraben wird, der sich darauf spezialisiert hat. Dieser Ausgangspunkt war wohl der Grundgedanke des Autors, wurde aber offensichtlich nicht weitergedacht. Das ganze Buch ist ein einziges Logikloch, bei dem nichts, aber wirklich gar nichts zusammenpasst und alles undurchdacht ist.
Manchmal scheint der Autor die Prämisse zu vergessen und alles läuft seinen gewohnten gang, dann baut er ein paar rückwärts laufende Sachen ein, aber auch die mit Fehlern. Zum Beispiel wenn das Telefon klingelt und die Hauptfigur den Hörer abnimmt und sich mit "Tschüss" meldet und sich nach dem Gespräch mit "Hallo" verabschiedet - ist ja ganz nett, aber das Telefon müsste dann erst nach dem Auflegen klingeln und überhaupt hätten alle rückwärts sprechen müssen. Genauso fehlerhaft ist es, wenn die Figuren rückwärts rauchen, essen und trinken - manches läuft rückwärts, während andere Sachen immer noch normal vorwärts laufen. Dann ist da noch die Sache mit den Leuten, die wieder zum Leben erwachen. Derjenige, der sie ausgräbt, hat ein Besitzrecht auf sie und kann sie an den meistbietenden verkaufen. Und die "Zombies" scheinen kein Problem damit zu haben, obwohl sie ganz bei Sinnen sind.
Im Kopf eines zugedröhnten Schimpansen könnte so eine Geschichte vielleicht einen Sinn ergeben, aber ich für meinen Teil fand es nur dumm. Anstatt drei bis vier Bücher pro Jahr rauszuhauen, hätte er sich echt lieber ein wenig Zeit für jedes einzelne nehmen sollen.
Das dürfte bislang das schwächste Buch sein, das ich von Dick gelesen habe.

Philip K. Dick - Die Invasoren von Ganymed

Es geht um Invasoren von Ganymed.
Fand das Buch so mittelmäßig, aber im Vergleich zu den beiden vorherigen Büchern ist es ein Meisterwerk.

Mir ist aufgefallen, dass ich zu den schlechten Büchern mehr Text schreibe als zu den guten. Vielleicht fällt es mir leichter, zu benennen, was mir nicht gefällt, als was mir gefällt.
 

brawl 56

Ich bin auf 13 Sternen zum Tode verurteilt!
Vielleicht fällt es mir leichter, zu benennen, was mir nicht gefällt, als was mir gefällt.
Das ist allgemein so.

Hab beim letzten Seminar gelernt, dass man Feedback immer mit "was hat mir gefallen" und danach "was kann man besser machen" gibt.
Da auf Kritik bzw. negative Punkte zu verzichten ist am Anfang sehr schwer.

Zu Dicks Werken:
Es gibt von ihm für mich nur ein paar Interessante Werke, die durchgehend gut sind. Vieles sagt mir von der Idee her schon gar nicht mehr zu bei ihm.
 

Presko

Well-Known Member
Dick hatte viele gute Ideen, nur hat er sie leider selten gut umgesetzt.
Würd ich so unterschreiben, weswegen seine Kurzgeschichten m. A. n. in der Regel auch viel besser sind als seine Romane.
Ich hatte Anfang zwanzig so ne Phase, wo ich viel von ihm gelesen habe. Wie Du schreibst, viele interessante Ideen, teilweise auch einfach faszinierend und rätselhaft weil so wirr geschrieben und eindeutig von seinen teils schweren psychischen Problemen geprägt (Psychosen, Drogen, Verfolgungswahn). Sprachlich nie besonders gut und auch erzähltechnisch hats selten über Kurzgeschichten hinaus getragen. Do Androids Dream of Electric Sheep hat als Roman den stärksten Eindruck bei mir hinterlassen. An die anderen kann ich mich, ehrlich gesagt, kaum noch erinnern.
 

brawl 56

Ich bin auf 13 Sternen zum Tode verurteilt!
Hm, würde Ubik und A Scanner Darkly noch drüber ansetzen.
Aber die drei Werke sind schon top.

Hatte irgendwann Mal das Hörbuch von "Die Drei Stigmata des Palmer Eldritch" angefangen, aber da war ich irgendwann raus weil es wirklich zusammenhangsloser Ideen-Wirrwarr gewesen ist.
 

Puni

Well-Known Member
Zum Paradies von Hanya Yanagihara

"Zum Paradies" erzählt die Geschichte drei Generationen an Personen, die zu unterschiedlichen Zeiten leben und alle mehr oder weniger auf der Suche nach Zuneigung und Liebe sind. Handlungsort ist dabei ein alternatives Nordamerika, das in verschiedene Freistaaten aufgesplittet und teilweise deutlich progressiver ist.

Klingt erstmal etwas trocken und es wäre nicht Yanagihara, wenn ihre Geschichte "einfach" zu deuten geschweige denn problemlos zu greifen wäre, aber auch hier schafft sie es wieder mal herausragend, ihren Figuren durch auf den ersten Blick noch so nebensächlichen Dialogen Charakter zu verleihen und sie in bitterböse Geschichten einzubetten. Beziehungen werden von ihr genauso intensiv und komplex aber auch natürlich geschildert wie Kummer und Leid, und dieses alternative Amerika gibt der Geschichte noch viel mehr Reiz. Das Setting zwischen ca. 1900 und 2100 ist hochpolitisch und aktuell - der Wunsch der Menschen nach sexueller Selbstbestimmung wird hier genauso realistisch und eindrucksvoll geschildert wie Seuchen und der Kampf der Staaten gegen ebendiese, aber auch die Folgen der Maßnahmen und der gesellschaftliche Wandel, der damit über die Jahre einhergeht, dass es einem Angst macht.

Ich muss den Roman erstmal noch weiter sacken lassen, aber das war mal wieder eine sehr eindringliche, besondere, fordernde Leseerfahrung. Ein bisschen wie Atwood, nur deutlich komplexer. Als nächstes wäre dann "Ein wenig Leben" dran, an das ich mich bisher noch nicht rangetraut habe.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Zu Philip K. Dick: Ich fand bisher von den Romanen auch "Ubik" und "Der dunkle Schirm" am besten. Unter seinen Kurzgeschichten gibt es auch einige Perlen, und das hat er meistens auch besser (im Sinne von "runder") hinbekommen als die Romane.

Charles Platt - Gas

Aus einem Labor ist Gas ausgetreten, das bei den Menschen zur Verstärkung des Sexualtriebs und später zur gesteigerten Gewaltbereitschaft führt. Die Hauptfigur ist ein Wissenschaftler, der vor der Gaswolke flieht und dabei durch die verseuchten Ortschaften voller durchdrehender Einwohner durch muss und auch selbst nicht immun dagegen ist.

In den 1970er Jahren war das Buch wohl ziemlich berüchtigt und genießt auch heute noch einen gewissen Kultstatus. In seinem Vorwort hat es Philip Jose Farmer als Gesellschaftssatire bezeichnet, aber in meinen Augen ist es eher ein Science-Fiction-Porno, weil die Satire nur in Ansätzen erkennbar ist und das Buch zum überwiegenden Großteil aus Sex und Gewalt besteht. Hier werden so ziemlich alle Tabus gebrochen, wobei es in der ersten Hälfte mehr Sex und in der zweiten zunehmend mehr Gewalt gibt. An ein paar Stellen musste ich schmunzeln (z.B. Flughafen), aber ansonsten ist das Ganze eher platt.

T.E.D. Klein - Die Ereignisse auf der Poroth-Farm

Eine kleine, aber feine Horror-Novelle über einen Literaten, der sich in einer abgelegenen Gegend auf seine Vorlesungen vorbereiten will und dabei mit übernatürlichen Ereignissen konfrontiert wird.
Sehr atmosphärisch und interessant gemacht, zumal die Hauptfigur auch über die Horrorliteratur sinniert und das Ganze dadurch eine gewisse Meta-Ebene bekommt. Das Nachwort von S.T. Joshi ist auch gut.

Georges Bataille - Der Fluch der Ökonomie

Wieder sehr interessante Essays über Potlatsch, Verausgabung, Opferungen etc., die einen zum Nachdenken anregen. Manches davon kannte ich zwar schon, habe es aber trotzdem sehr gern gelesen.
 

Puni

Well-Known Member
Dörte Hansen - Zur See
Geht um eine Familie und deren unterschiedliche Lebenswege (die Kinder sind bereits längst erwachsen) auf einer Nordseeinsel.
Hab ich als Hörbuch gehört und fand es ziemlich klasse. Hansen beschäftigt sich viel mit scheinbaren Nebensächlichkeiten, die man sich selber, wenn man auf einer Nordseeinsel war, auch schon gefragt oder vorgestellt hat - was machen die Menschen, die auch neben der Sommersaison dort wohnen oder gar dort aufgewachsen sind, wie sehen sie Touristen, was halten sie von Meerbestattungen, und all das verbindet Hansen zu einem wirklich schönen, "sanften" Roman, der sich so lebendig anfühlt. Dazu die Stimme von Nina Hoss, die das perfekt macht - mein Highlight bisher in diesem jungen Jahr.

Siegfried Lenz - Schweigeminute
Kleine süße Novelle über einen Schüler aus einem norddeutschen Kaff am Meer, der bei der Trauerfeier für seine verstorbene Lehrerin über die gemeinsamen Erlebnisse mit ihr, in die er sehr verliebt war, nachdenkt. Fand ich wirklich sehr ansprechend geschrieben, und auch hier kommt wieder diese ganz eigene, norddeutsche "Kurort"-Atmosphäre durch, da man neben der Beziehung der beiden auch viel über die Rituale, Verhältnisse etc. im Ort erfährt. Ist schon toll, wie Lenz hier auf 130 Seiten einer ganzen Reihe an Menschen richtig viel Charakter verleiht.

Patricia Highsmith - Der talentierte Mr. Ripley
Ist der erste Teil einer fünfteiligen Krimireihe über den Trickbetrüger und Mörder Tom Ripley, die innerhalb von fast vierzig Jahren entstanden ist. Den Film kennt man vielleicht, ich hatte ihn zum Glück nicht mehr im Kopf und empfand den Roman als sehr entspannt und "laid back", dafür dass er eigentlich sehr ernst ist. Ein bisschen von der Atmosphäre her wie so europäische "Sommerfilme" wie "A Bigger Splash" oder "Call Me By Your Name", zudem ist Tom als Charakter auch sehr interessant, obwohl man kaum etwas über ihn erfährt, was die Sache aber umso spannender macht.

Joe Abercrombie - Kriegsklingen (erster First Law Roman)
Der Auftakt einer recht düsteren Fantasyreihe, die mir auch - für einen Anfang - gut gefallen hat. Man lässt sich wirklich - bei manchen Charakteren wie Jezal hin und wieder auch zu viel - Zeit mit den Figuren, was aber selten langweilig wird. Dafür sind die Charaktere wie Gorka, Logan oder West zu unterhaltsam und interessant. Was mir so ein wenig gefehlt hat waren Überraschungen oder große Cliffhanger am Ende - alles baut sich ruhig auf, hin und wieder gibt es etwas Action, aber so richtig viel passiert dann doch nicht. Vielleicht bin ich an das Genre aber auch noch nicht gewöhnt, hab zuletzt die Schwarze Schar Reihe angefangen und da passiert halt nonstop irgendwas, auch wenn die Romane natürlich deutlich "einfacher" sind. Werde hier trotzdem am Ball bleiben und bin gespannt, wohin die Reise jetzt gehenwird, als Einstieg war es mit Abzügen schon gelungen. Hauptsache nicht mehr so viel Zeit in der Hauptstadt vertrödeln. :biggrin:

Stefan Zweig - Sternstunden der Menschheit
Sind mehrere fiktive Kurzgeschichten über Menschen der Zeitgeschichte, von der westlichen Entdeckung des Pazifiks hin zur Verteidigung Konstantinopels, von Goethes Begehren nach einem jungen Mädchen hin zu Tolstois Erbsorgen war alles dabei. Dabei sind die Geschichten zu 2/3 wirklich sehr gut und teilweise sogar richtig fesselnd. Ist schon faszinierend, wie sich Zweig in all diese Personen hineindenken kann und ihnen etwas Autobiographisches gibt das einen sofort denken lässt, dass sich alles genau so zugetragen hat. :biggrin:
 
Zuletzt bearbeitet:

Puni

Well-Known Member
@Presko

Ne war mein erster Roman von ihr und bei dir? Obwohl ich aufm Reader auch noch Mittagsstunde haben müsste. Les im Jahr pro Autor allerdings auch nur einen Roman, ist so eine Angewohnheit. :biggrin:
 

Revolvermann

Well-Known Member
Joe Abercrombie - Kriegsklingen (erster First Law Roman)
Abercrombie hat mich ja vor einigen Jahren zurück zum Fantasy-Genre geführt, nachdem ich dessen ein wenig überdrüssig war.
Liegt vielleicht auch daran, dass viel Action und Schlachten ect. mich mittlerweile sehr schnell anöden.
Was nicht heißen soll dass hier nichts mehr kommt. Da kommt so Einiges. Aber es ist halt gut gemacht und besitzt Gewicht weil einen die Figuren wirklich interessieren.
Ich kann mich aber gut erinnern dass es mit dem 2. Roman so richtig losgeht. Bzw. war ich mit dem 2. dann richtig am Haken.
 

brawl 56

Ich bin auf 13 Sternen zum Tode verurteilt!
Arkadi & Boris Strugatzki - STALKER / Picknick am Wegesrand

Ich hab das Buch sicherlich vor über sechs Monaten begonnen und kurze Zeit später auf Seite gelegt. Viel Gedöns später hab ich das Buch dann innerhalb von zwei Wochen durchgelesen. Classic me.

Die Erde wurde von Aliens besucht, niemand hat sie gesehen aber hinterlassen haben sie die Zonen.
Menschen begeben sich dorthin um Artefakte unter unvorstellbaren Gefahren zu bergen und am Ende zu Geld zu machen - die sogenannten Stalker.

Was mich (am Ende) positiv überrascht hat war, dass die Zone und die Reisen hinein nur einen kleinen Teil vom Buch ausmachen und stattdessen die gedankliche und philosophische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen, Möglichkeiten, Deutungen etc. im Vordergrund stehen. Also hauptsächlich das zweite der drei Kapitel.
Und das macht das ganze Werk so furchtbar interessant, da es dem Leser eine Vielzahl von (mal mehr und mal weniger) erschaudernden Auslegungen der eigenen Existenz im ganzen Chaos des Universums entgegenwirft. Damit meine ich, dass gerade in einer Szene im zweiten Kapitel einfach soviel großartiger Input kommt und das in einer verrauchten Kneipe zwischen zwei Figuren die sich nach und nach die Kante geben. Großartig.
Aber das ist nur ein kleiner Teil von dem was das Buch so toll macht. Absolut empfehlenswert!

Tarkovskys Stalker in der Criterion Collection hab ich mir bereits auf Bluray bestellt.
Bin sehr gespannt, wie es dort Interpretiert wurde. Zumindest den Teil mit den drei Hauptfiguren im Film wird durch die Kapitelaufteilung vom Buch sehr schnell klar.
Aber mal schauen :biggrin:
 

Puni

Well-Known Member
Bin sehr gespannt was du zum Film sagen wirst. Wollte den Film eigentlich auch mal wieder gucken, aber irgendwie hab ich jetzt Bock auf den Roman bekommen, vielleicht lese ich den vorher. :biggrin:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
"Picknick am Wegesrand" hat mir auch sehr gefallen. Habe noch einige andere Bücher von den Strugazkis in der Warteschleife, aber das ist ein Langzeitprojekt, zu dem ich noch nicht gekommen bin.

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William S. Burroughs - Naked Lunch (Ursprüngliche Fassung)

Da es schon ziemlich lange her ist, seit ich die andere Fassung gelesen habe, konnte ich keine großen Unterschiede erkennen (aber im Nachwort wird darauf eingegangen).
So grausam manche Passagen (oder "Routines") auch wirken mögen, ist das Buch im Grunde eine Satire mit einem (sehr) trockenen Humor, den ich beim ersten Mal gar nicht wahrgenommen habe, eben weil er so subtil ist. Wobei ich nicht die brutalen Szenen am lustigsten fand, sondern die anderen, z.B. "Hauser und O`Brien". Die einzelnen Routines oder Episoden spielen offenbar in der gleichen "Alternativwelt" und hängen teilweise mehr oder weniger zusammen, aber es gibt keinen roten Faden und keine durchgehende Handlung. Darauf muss man sich einstellen, wenn man das Buch lesen will.
Mir hat es gut gefallen, aber in meinen Augen ist es nicht sein bestes Buch. Da fand ich die späte Western-Lands-Trilogie deutlich besser.

Habe mir übrigens vorgenommen, ab und zu mal die schon mal gelesenen Bücher, die mir gefallen haben, nochmal zu lesen. In nächster Zeit will ich die Bücher von Hubert Selby und noch ein paar weitere Werke von Burroughs auffrischen.

Stanislaw Lem - Lokaltermin

Der Weltraum-Abenteuerer Ijon Tichy bekommt in der Schweiz ein Schloss von einem seltsamen Adeligen geschenkt und beschäftigt sich mit der Geschichte eines fernen Planeten, die von zwei verfeindeten Lagern völlig unterschiedlich dargestellt wird.
Ein unterhaltsamer Science-Fiction-Kurzroman, der mir zwar nicht so gut wie "Solaris" und "Der Unbesiegbare" gefallen hat, aber mit den Sterntagebüchern durchaus mithalten kann. Meiner Meinung nach wird hier auch der Kalte Krieg aufs Korn genommen.

Emil M. Cioran - Der Absturz in die Zeit

Ein weiteres pessimistisches Werk von Cioran, das ich gut fand. Ich mag sowieso die etwas längeren Texte von Cioran lieber als die Aphorismen-Form, die ich schon nach wenigen Seiten ermüdend finde.

Aleister Crowley - Gesammelte Erzählungen in drei Bänden

Davon hatte ich mir mehr versprochen. Die Geschichten des berüchtigten Okkultisten und (laut eigener Aussage) "bösesten Manns der Welt" lassen leider zu wünschen übrig.
Besonders die ersten Storys im ersten Band sind so voller Esoterik-Kitsch und Pseudo-Weisheiten, dass ich kurz davor stand, das Ganze abzubrechen. Danach wurde es etwas weniger schlimm, aber auch nicht wirklich gut. Crowley kann weder einen guten Schreibstil noch eine interessante und konsequente Handlung vorweisen. Aus dem ersten Band hat mir nur "Krebs?" gefallen und aus dem zweiten nur "Das Vermächtnis der Magdalen Blair". Im dritten war nichts, was mich überzeugt hätte.
Insgesamt gesehen würde ich das Ganze zwar nicht als Totalausfall bezeichnen, aber als unterdurchscnittlich. Crowley selbst macht den Eindruck eines größenwahnsinnigen Sektengurus (habe seine Biografie von Francis King gelesen).

Jean-Paul Sartre - Die Mauer

Dieses kurze Buch besteht aus fünf einzelnen Episoden, die nur das Oberthema "Mauer" gemeinsam haben und dieses auf unterschiedliche Weise behandeln.
Fand ich sehr gelungen und interessant, gefiel mir sogar besser als "Ekel".

Vladimir Nabokov - Pnin

Gehört zu seinen Werken aus der amerikanischen Zeit und handelt von einem "Zerstreuten Professor" namens Pnin.
Fand ich besser als die letzten Bücher, die ich von ihm gelesen habe. Vor allem ist der ironische Schreibstil sehr gut, den er später in "Lolita" noch weiter verbesserte. Es ist zwar wieder ziemlich selbstreflektierend, aber in diesem Fall fand ich das nicht so schlimm, weil es eben so unterhaltsam ist.

Carlton Mellick III - Quicksand House

Es geht um einen Jungen, der zusammen mit seiner Schwester in einem seltsamen Haus wohnt. Sie haben eine Nanny, die sich um sie kümmert, dürfen aber den "Hort" nicht verlassen. In die Schule werden sie nur "teleportiert" und ihre Eltern haben sie noch nie gesehen, aber es heißt, dass sie bald von ihnen abgeholt werden.
Anfangs brauchte ich etwas Zeit, um in die Geschichte reinzukommen, aber je weiter ich las, umso besser gefiel sie mir. Es ist eine Mischung aus Science-Fiction und Weird Fiction, und obwohl ich ein paar Sachen vorhergesehen habe, war es nie langweilig. Es geht auch um Pubertät und den Mangel an elterlicher Zuneigung, den der Autor hier anscheinend verarbeitet.
Im Nachwort, das in Comic-Form verfasst ist, erzählt Mellick, wie er seine Bücher in "Schreibmarathons" schreibt. Fand ich auch amüsant.
 
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Puni

Well-Known Member
Lucy Fricke - Die Diplomatin
Kurzer Roman über eine Diplomatin, die für Deutschland erst in Südamerika, dann "strafversetzt" in der Türkei rumbotschaftet. Daraus entspinnt sich eine Art Politthriller der stellenweise durchaus spannend ist, am meisten aber von der Atmosphäre und der Hauptfigur lebt. Hat mir gut gefallen.

Cormac McCarthy - Der Passagier und Stella Maris
Sind zwei zusammenhängende Geschichten über zwei Geschwister. Bei Der Passagier löst ein Taucheinsatz von Bobby an einem abgestürzten Wrack eine Reihe von Geschehnissen aus, die auch mit dem Selbstmord seiner Schwester, in die er verliebt war, zusammen hängen. Stella Maris spielt zehn Jahre vorher und geht um den Psychiatrieaufenthalt seiner Schwester.

Das war mal ein wirklich abgefahrenes Leseerlebnis, obwohl eigentlich kaum etwas passiert. Denn beide Bücher - obwohl Der Passagier auf dem Papier eine interessante Mystery-Prämisse hat - bestehen hauptsächlich aus Gesprächen. Ich hab mit Der Passagier angefangen, weils spannender klang, und war erstmal enttäuscht. Wollte bei der Hälfte schon fast abbrechen, habs dann aber durchgezogen und mittlerweile gefällt mir der Roman echt gut. Ich schätze, es ist McCarthys introspektivster Roman, der mit keinem seiner anderen Romane zu vergleichen ist. Es geht um so viel und doch wieder nichts und am Ende wollte ich doch unbedingt wissen, wie Stella Maris so ist, und ich habe es verschlungen. Der Roman treibt die Gespräche auf die Spitze und besteht ausschließlich daraus. Die Themen gehen von Naturwissenschaften über Mental Health und Suizid zu politischen Themen, und es ist Wahnsinn wie viel der fast neunzigjährige Autor hier verarbeitet. Insgesamt hat mir Stella Maris noch deutlich besser gefallen, der Charakter der Schwester wird so vielseitig und tief dargestellt, dass ich gerne noch viel mehr Gespräche zwischen ihr und dem Psychologen gelesen hätte - auch wenn die teils so tiefgründig und intellektuell waren, dass ich mir manchmal echt etwas dumm vor kam.

Könnte mir vorstellen, dass die Romane in ein paar Jahrzehnten das "Stoner" für McCarthy werden.

"Halten Sie meine Hand."
"Warum?"
"Weil es das ist was Menschen tun, wenn sie auf das Ende von etwas warten."
 

Puni

Well-Known Member
Stoner von John Williams ging zeitlebens ja auch eher unter und gilt heute schon als Klassiker. Genau wie bei McCarthy ist Stoner auch sehr introspektiv und hat - zumindest gefühlt - sehr viel vom Autor drin. Glaube hier wird es auch Zeit brauchen, bis die Bücher richtig geschätzt werden. Wäre echt ein tolles letztes Werk, auch wenn ich natürlich hoffe dass von McCarthy noch mehr kommen wird.
 
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