*GG*/German Genre: „Blutgletscher“ (AT 2013, R: Marvin Kren)

14. Oktober 2020, Manuel Föhl

Deutschland und Genrefilme? Das geht ja gar nicht! Geht ja wohl!

Wie bereits zu Beginn angekündigt, soll es hier nicht nur um den deutschen Genrefilm gehen, sondern auch um den deutschsprachigen. So kommen wir heute zu einem Film aus dem Nachbarland Österreich, der unter der Regie von Marvin Kren, ein Wiener, entstanden ist. Kren hat aber auch schon hierzulande Serien und Filme inszeniert und produziert.

BLUTGLETSCHER ist aus dem Jahr 2013 und ist wohl am ehesten, gar einfachsten, mit John Carpenters Remake THE THING (Das Ding aus einer anderen Welt, 1982) zu vergleichen. Die Forschungsstation befindet sich diesmal nicht in der Antarktis, sondern auf den Alpen, doch trotzdem wird sich gefroren und bald sieht man sich einer gefährlichen Gefahr ausgesetzt, die Körper verändert und aus handgemachten Effekten besteht. Und ein Hund spielt auch eine nicht ganz untergeordnete Rolle.

Im Film geht es um Wissenschaftler*Innen, die in den österreichischen Alpen arbeiten und entdecken, dass aus einem Gletscher eine Flüssigkeit austritt, die die lokale Tierwelt zu beeinträchtigen scheint.

Der Film macht etwas, was womöglich vielen deutschsprachigen Genrefilme gut tun würde oder könnte. Er versucht sich nicht selbt zu amerikanisieren. Sprich, was Setting oder Figuren betrifft, wird das gezeigt und erzählt, wie man es hier auch vorfindet. Es sind eben nun die Alpen, wo die Gefahr entdeckt, was völlig plausibel wirkt, aber auch dafür sorgt, dass hier nichts künstlich aufgebauscht werden muss oder deplatziert wirkt. Natürlich die Konstellation der Figuren ist nicht besonders innovativ und natürlich muss wieder jede Bandbreite abgedeckt werden. Einer erkennt die Gefahr sehr früh, doch niemand will ihm glauben, bis die Hölle ausbricht. Also ja inhaltlich darf man hier nichts Großes erwarten. Es kommt wie es kommen muss und die Stärken des Films liegen trotzdem eher in der ersten Hälfte des Films, wenn sich alles so langsam aufbaut, Dinge entdeckt werden und passieren. Denn hier profitiert man fast schon von diesem Alpensetting, mit Schauspieler*Innen, die unsere Sprache sprechen. Es fühlt sich etwas ‚realistischer‘ an, als in einem sonstigen Hollywoodfilm. Man könnte sich vorstellen durch diese Alpen zu wandern – man drehte übrigens auf Angela Merkels Lieblingswanderroute, die deshalb auch das Filmset mal besuchte damals – und womöglich auf solch einen Horror zu treffen. Das mag wohl etwas weithergeholt klingen, aber passt natürlich zu dem Punkt, dass deutschsprachige Filmemacher*Innen den Mut haben sollten mit den Settings zu spielen, die sie vorfinden und nicht versuchen sollten andere zu imitieren.

Doch wie sieht es nun mit dem anfangs angeteaserten Vergleich mit THE THING aus? Vom Grundaufbau her hat man bei BLUTGLETSCHER nicht diese Dynamiken zwischen den Crew-Mitgliedern, da in THE THING das Alien sich vor allen Dingen auch in den Menschen versteckt, was hier zuweilen noch etwas anders ist. Kren geht sogar soweit, seinem Film eine klimapolitische Botschaft vorauszuschicken. In einer Einblendung wird von der Klimakatastrophe gesprochen, welche dazu führen wird, dass noch in diesem Jahrzehnt (der Film ist von 2013) der Nordpol eisfrei sein wird und die Gletscher in den Alpen verschwinden werden. Die Folgen seien nicht absehbar, nur eines sei sicher: Das Leben auf der Erde wird sich verändern und deshalb auch: „Wir werden uns verändern.“
Die größere Tragweite des Ganzen wird aber nur angerissen, aber nie wirklich weitergedacht. Viel mehr stehen in der zweiten Hälfte des Films verschiedene Attacken und Fluchtversuche im Vordergrund. Hier besteht die Stärke des Films in seinem Creature Design. Da es auf der Blu-ray leider auch nur dazu ein Featurette zeigt sich wie viel Wert man hier auf die handgemachten Effekte gelegt hat. Wer sich also noch am nachgeschobenen THE THING Prequel (2011) an den CGI-Effekten gestört hat – die Fassung ohne diese werden wir wohl nie zu sehen bekommen – kann sich womöglich an diesem Film erfreuen.

Der Film ist bei Weitem nicht perfekt, aber er funktioniert als ‚Creature Horror‘ wunderbar und muss sich nicht vor den englischsprachigen Versuchen in diese Richtung verstecken. Es ist deshalb kein Wunder, dass Marvin Kren im Anschluss direkt ein Segment (Roulette) zu THE ABCs OF DEATH (2014) beitragen durfte. Was aber bisher sein einziger Ausflug ins englischsprachige Kino bliebt. Zuletzt inszenierte er FREUD, eine Co-Produktion von ORF und Netflix. Er scheint auf jedenfall nicht müde zu sein, weitere Genrestoffe zu realisieren.

BLUTGLETSCHER gibt es derzeit bei PrimeVideo zum kostenlosen Anschauen.

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