Heimkino Kritik: Fighting with my Family

3. September 2019, Manuel Föhl

Norwich, England Anfang der 2000er: Die Familie Knight verdient sich ihr Geld in der Provinz mit eigenen kleinen Wrestling-Shows. Die Begeisterung der Eltern Ricky und Julia ist auf die beiden Kinder Zak und Paige übergangen. Die beiden Geschwister wünschen sich nichts mehr als Teil der WWE zu werden. Schließlich werden sie beide zu einem Vorbereitungscamp eingeladen und bekommen womöglich die Chance ihre Lebens aus dem Dorfstall auf die große Show-Bühne zu treten.

(C) Universal Pictures

Originaltitel: Fighting with my Family
Regie: Stephen Merchant
Darsteller: Nick Frost, Lena Headey, Florence Pugh, Jack Lowden, Vince Vaughn, Dwayne Johnson u.a.
BD-Veröffentlichung Deutschland: 05.09.2019

Kritik:

Wrestling. Was ist das eigentlich? Eine ernstzunehmende Sportart oder doch nur Show, indem alles gefaked ist oder eben gut gespielt? Wollen Zuschauer nicht einfach nur eine gute Show sehen? Ist Film nicht auch nur Show und Fake? Oder wieso gelingt es ehemaligen Wrestlern wie John Cena, Dave Bautista und Dwayne Johnson scheinbar problemlos auch in Hollywood Fuß zu fassen und dabei mehr sogar manchmal mehr spielen zu dürfen als nur den Haudruf-Typ von Nebenan? Wrestling soll unterhalten, egal mit welchen Mitteln. Wenn es funktioniert fragt keiner mehr nach den Hintergründen. Wie beim Film. Wieso also die Diskussion?

Manch einer träumt später mal Astronaut zu werden oder Tierärztin. Zak und Paige sind da aus einem anderen Holz geschnitzt. Die beiden wollen später mal professionelle Wrestler werden. Ihre Eltern, selber professionelle Wrestler, unterstützen ihre Kinder natürlich in ihrem Bemühen, auch wenn das dritte Kind derzeit im Gefängnis sitzt. Es ist im Grunde die klassische Aufsteiger-Geschichte, hier einer Aufsteigerin. Paige, eigentlich Saraya-Jade Bevis beziehungsweise Britani Knight, die es samt ihrer Familie auch wirklich gibt. Ihre Geschichte ist nicht ein Hirngespinst der Traumfabrik, sondern entspringt, mehr oder weniger, der Realität. Eine Relität, die der Film hier abbildet mit Hilfe der WWE Studios als Produktionspartner. Dies ermöglichte den problemlosen Zugang zu Aufnahmen von Shows, doch könnte womöglich auch etwas den Zug aus der ganzen Thematik genommen haben. Regisseur Stephen Merchant spielt auch selbst im Film in einer kleinen Rolle als konservativer Vorortfamilienvater nimmt, der den Elefanten im Raum, alles nur Show, auch direkt selbst anspricht. Das war es aber auch. Wrestling wird hier als Sport wahrgenommen, indem nicht der mit dem meisten Geld oder der besten Storyline gewinnt, sondern derjenige der physisch und psychisch den Rest ausstechen kann. Zumindest auf dem Weg vom Newcomer zu den großen Shows.

(C) Universal Pictures

Die Karrierekurve kann natürlich nicht für alle immer nach oben zeigen, und so ist es schließlich Paiges Bruder Zak, der nach dem Vorbereitungscamp überraschenderweise zurückbleibt. Die Freundin bekommt ein Kind von ihm und plötzlich ist es vorbei mit dem großen Traum. Die Kämpfe, die er noch auszutragen hat sind fortan mit sich selbst und einem Neugeborenen. In seiner Geschichte steckt neben der parallel laufenden Erfolgsgeschichte, die auch ihre Tücken hat, viel Potenzial, welches der Film aber nur selten abruft. Relativ funtkional wird sein Frus, seine Enttäuschung und sein Neid gegen Paiges Fortgang geschnitten, nur um es passenderweise im letzten Akt doch irgendwie wieder alles geradezubiegen, ohne dies aber im Film groß aufzuabauen beziehungsweise herzuleiten. Er kommt eben wieder zur Vernunft und sieht seinen Platz dort, wo er ist. Angesichts der Dramatik, die zuvor aufgebaut wird, wirkt diese Auflösung etwas faul und unbefriedigend.

Lena Headey und Nick Frost als die Eltern haben ihren sichtlichen Spaß und bekommen ihre netten, kleinen Szenen, aber im Mittelpunkt bleibt Florence Pugh, die hier den Film tragen kann und nachvollziehbar die Geschichte von Paige nachspielt, die selbst erst ihren Platz in der großen Welt finden muss und bis zum Ende zweifelt. Die kritischen Töne gegenüber dem Wrestling werden hier und da dann aber auch nur angerissen, aber nie wirklich thematisiert. Der Film will den Sport nicht glorifizieren, aber findet auch nur selten Mittel die Faszination dafür, als Zuschauer oder im Ring, wirklich deutlich zu machen. Das Wrestling wird so oft nur zur Hülle für eine Geschichte, die man auch im Milieu des Schachspiels oder Boule hätte erzählen können.

(C) Universal Pictures

Dwayne Johnson ist der bekannteste und auch bisher erfolgreichste Wrestler, der es aus dem Ring auf die große Leinwand geschafft. Kein Wunder also, dass er bei dem Film als Produzent hinter der Kamera und auch vor der Kamera als sich selbst spielen auftritt. Wobei seine prominente Präsenz auf den Plakaten zum Film etwas falsche Erwartungen schüren könnte. Er hat nicht mehr als drei Szenen im Film, die vielleicht zusammengenommn fünf Minuten Film ergeben. Doch mehr muss es auch nicht sein. Er ist im Film das große Vorbild, der bekannte Name, der die Zuschauer zu den Shows bringt. In diesem Fall eben der große Name, der die Leute und Fans ins Kino bringen soll oder zum Kauf des Films digital oder physisch.

Fazit:
Nimmt das Wrestling als Sport ernst, vielleicht etwas zu ernst und löst schließlich die Konflikte des Films am Ende etwas zu simpel auf und stellt den weiteren Fortgang von Paiges Karriere auf einer Texttafel allzu rosig und fernab der Realität dar. Wrestling ist doch eben nur Show, oder?

5,5/10

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