Kinos müssen wieder schließen

29. Oktober 2020, Manuel Föhl

Es hatte sich schon angedeutet, doch gestern wurde dann offiziell, dass die Ministerpräsident*innen der Länder sich geeinigt haben und man nun ab 2. November in Deutschland für die Dauer von (vorerst) vier Wochen versucht mit umfangreichen Einschränkungen die Kontakte zwischen den Menschen zu begrenzen. Dies bedeutet u.a. auch eine erneute Schließung der Kinos für den kompletten Monat.

Christine Berg, die Vorstandsvorsitznde der HDF (Hauptverband Deutscher Filmtheater) Kino, zeigt sich sehr enttäuscht von dieser Entscheidung:

Wir haben überhaupt kein Verständnis mehr für das ständige Auf und Ab der ergriffenen Maßnahmen. Seit sechs Monaten arbeiten wir Kinos mit detaillierten Sicherheitskonzepten, großen Räumen, modernen Belüftungsanlagen und ohnehin nur 25 Prozent Auslastungsmöglichkeit. Es gibt weltweit keinen einzigen bekannten Covid-Fall im Kino. Die Kinos übernehmen eine große Verantwortung für ihre Besucher und dennoch nützt ihnen das überhaupt nichts. Wir sind fassungslos. Mit den Beschlüssen der MP-Konferenz wird eine Branche, die seit über 125 Jahren überwiegend in der Hand von Familienbetrieben liegt, in den Ruin getrieben. Es ist das Mindeste, dass die Politik jetzt denjenigen Wirtschaftszweigen, denen sie erneut die Geschäftsgrundlage entzieht, zumindest bei den Umsatzausfällen stark unter die Arme greift. Die Tücke liegt jedoch im Detail. Aus den Erfahrungen der letzten Monate wissen wir, dass viele Kinobetriebe immer wieder durch sämtliche Förderraster gefallen sind – aufgrund der Zahl von Mitarbeitern, Leinwänden oder weil sie an mehreren Standorten aktiv waren. Das Vertrauen ist enorm beschädigt. Jetzt muss der Staat schnell unbürokratische und transparente Hilfe leisten und alle mitnehmen. Es kommt auf jedes Kino an!

Wie erwähnt, hat die Politik bereits angekündigt, dass etwaige Umsatzeinbußen bis zu einem gewissen Prozentsatz (70%-75%) erstattet werden soll, doch bleibt offen, ob und wann dies Zahlungen die betroffenen Unternehmen erreichen wird.

Kanzlerin Merkel ging in ihrer Erklärung – bei der Kinos übrigens anders als Theater oder Museen nicht explizit erwähnt wurden, ein Schelm wer damit den Stellenwert des Kinos als Kulturgut in Deutschland abliest – darauf ein, dass nun Betriebe wie Theater oder Restaurant schließen müssen, die doch das letzte Jahr erfolgreich mit Hygienekonzepten gearbeitet haben. Laut ihrer Schilderung kann man derzeit 75% der Fälle nicht mehr zurückverfolgen und damit nicht mehr sagen, wo es keine Ansteckungen gibt oder gab. Damit wird relativ viel über einen Kamm geschert, doch die Entscheidung steht nun leider erstmal.

Man geht davon aus, dass dieses Kinojahr einen Verlust von einer Milliarde Euro für die Kinos am Ende bedeuten wird. Fraglich, wie viele Kinos über den Winter kommen, sollten weitere finanziellen Hilfestellungen auf sich warten lassen oder ausbleiben. Es darf auch weiter in Frage gestellt werden, was nun noch in die Kinos kommen wird. Erst heute hat man Robert Zemeckis THE WITCHES in den deutschen Kinos gestartet. Ein Film, der in den USA direkt bei HBOMax veröffentlicht wurde, doch auf dem deutschen Kinomarkt sah man Potenzial und Platzdafür. Erst letzte Woche startete hierzulande mit GREENLAND ein weiterer Film, der in den USA digital erschienen ist und verbuchte trotz erster Mahnungen seitens der Politik und nicht idealem Kinowetter noch über 80.000 Zuschauer*Innen, was angesichts der aktuellen Lage ein durchaus gutes Ergebnis war. Die französischen Kinos verbuchten letzte Woche 3,2 Millionen Besucher, doch auch dort müssen die Kinos wieder schließen. In Italien war dies bereits Anfang der Woche der Fall.

Die Streamingdienste formieren sich jetzt schon mit vielversprechenden Titeln zum Weihnachtsfest. Ob da eine WONDER WOMAN 1984 noch ein Publikum in die Kinos bringen kann? Mit bangem Blick kann man da als Kino- und Filmfan nur in die Zukunft schauen.

Blickpunkt:Film

© Columbia Pictures

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