Kritik:
Insidious
von
Christian Mester
INSIDOUS
(2011)
Regie: James Wan
Cast: Rose Byrne, Patrick Wilson
Story:
Für Renai (Rose Byrne) und Josh Lambert (Patrick Wilson)
fängt es zunächst mit unheimlichen
Geräuschen und wie von Geisterhand bewegten
Gegenständen an, die sich womöglich durch
Umstände erklären ließen. Als ihr kleiner
Sohn Dayton jedoch in ein medizinisch unerklärliches Koma
fällt, wird klar, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen
zugeht. Die geisterhaften Schemen mehren sich und der Schrecken wird
intensiver, sodass sie eines Tages beschließen, das
vermeintlich verfluchte Haus mit seinem eventuell vergrabenen
Indianerfriedhof zu verlassen.
Die
Flucht offenbart sich jedoch als vergebens, denn in der neuen
Wohngegend geht es noch weitaus intensiver weiter. Verzweifelt
engagieren sie ein Team von Experten für paranormale
Erscheinungen, die mit seltsamer High-Tech nach Geister-Anzeichen
forschen. Erschrocken von der Authentizität der bösen
Macht im Haus rufen diese kurz darauf ein zusätzliches Medium
(Lin Shaye) zur Hilfe, die händeringend alles versucht, den
mental verschollenen Dayton zurückzuholen.
Kritik:
2004 sorgte James
Wan für Aufsehen, denn der in Australien aufgewachsene
Malaysier erlebte die Bilderbuch-Traumkarriere „vom
Tellerwäscher zum Millionär“. Von Down
Under aus hatte der damalige Filmstudent ein Drehbuch samt selbst
verfilmter Vorschau nach LA geschickt und unverhofft die Zusage
bekommen, es für eine Million Dollar in den USA umzusetzen.
Über einen guten Manager kamen bekannte Gesichter wie Danny
Glover aus den Lethal Weapon Filmen hinzu, und als der Film
schließlich unter dem Titel Saw anlief, wurde es zum
Startschuss der heute erfolgreichsten Horrorfilmreihe.
Trotz
des großen Reibachs um seinen Folter-MacGyver Jigsaw ruhte
sich Wan allerdings nicht auf seinem Erstling aus. Statt Saw 2 bis 7 zu
drehen, blieb er lediglich als Produzent beteiligt und widmete sich
lieber neuen Filmen. Mit dem schaurigen Puppenhorrorfilm Dead Silence
und dem harten Rache-Thriller Death Sentence bewies er fortan
souverän, dass er nicht bloß einen einzigen
Glücksgriff hatte. Mit seinem neuen Film Insidious ist er 2011
nun auf Rekordjagd. Der gerade einmal 1,5 Millionen Dollar teure
Geisterfilm über astrale Projektionen ist bereits der
rentabelste Film des Jahres - kein anderer spielte sein eigenes Budget
fast 60 Mal wieder ein.
Im
Vorfeld klang James Wans neuer Horrorstreifen inhaltlich alles andere
als originell, weckte die Handlungsbeschreibung doch Erinnerungen an
Inhalte, die bereits zur Genüge in neun Filmen Amityville
Horror, in drei Poltergeistern und zwei Paranormal Activities behandelt
wurden. Dieser Ersteindruck trifft auch weiterhin zu, denn in der Tat
ist Wans Geistermär ein konventionelles Gruselkabinett Marke
Gespensterplage. Wie in den Vorläufern gibt es
mysteriöse Vorkommnisse mit scheinbar autonom agierenden
Gegenständen und unheimliche Geräuschen, ein
dafür verantwortliches residierendes Böses und
selbsternannte Experten, die es zu exorzieren versuchen.
Wans Eintrag ins
Spukhausregister kann sich trotz fehlender Innovationen dennoch sehen
lassen, da er glücklicherweise zu den besseren Vertretern
gehört. Das Sound Design des Films ist überaus
gelungen: Setzten die letzten beiden Paranormal Activities auf elendig
lang andauernde Stille-Phasen mit eingestreuten
Schock-Paukenschlägen, ist Insidious weit weniger
momentfixiert. Zwar gibt es vergleichbare Herzkasper-Schrecken, doch
die Zeit dazwischen ist nicht bloß mit Leere
gefüllt; angenehm schleichende Gänsehaut sorgt
für starkes Gruselempfinden. Die subtile
Horrorherangehensweise wird zudem auch im Visuellen umgesetzt. Wie beim
Klassiker Der Exorzist setzt Wan oftmals auf kaum auffälligen
Horror, indem er unheimliche Schrecken bloß andeutet, Klauen
und Fratzen nur im Hintergrund zeigt oder sie schlicht ohne
größeres Spektakel inszeniert. Seine
Kammermär schafft Wan zudem ohne jegliches
Blutvergießen. Verkam der Saw-Franchise schon über
die ersten Fortsetzungen zur grausamen Foltershow, will Insidious
keineswegs ekeln. Ambitioniert will er stattdessen Furcht erwecken, was
ihm gut gelingt.
Leider ist der Film nicht ganz
ohne Makel und so finden sich in den Schatten diverse
Schwächen. Die größte findet sich im
späten Finale des Films, in dem Wan den klaustrophobischen
Gesamtton urplötzlich verlässt und es wirken
lässt, als habe Familienfilmer Steven Spielberg
urplötzlich das Steuer übernommen; Vergleiche zu
Spielbergs diversen Horrorausflüchten sind nicht von der Hand
zu weisen. Ist der Film bis kurz vor Ende ein fieser
Fingernagelbeißer, der immer und immer weiter unnachgiebig
anspannt, endet die Gruselmär somit viel zu leicht, zu einfach
und bereits zu früh ablassend. Gegen Ende hin wird auch zuviel
vom Grusel offen gelegt und vieles erklärt. Kennt man die
Regeln des Spiels und ist ihnen nicht mehr bloß hilflos
ausgeliefert, ist alles weit weniger mysteriös.
Hinzu kommt, dass Wan mit seinem
miniskülen Budget merklich dazu gezwungen ist, optische
Einschränkungen zu machen. Beim ähnlich budgetierten
Saw hatte er ein ähnliches Dilemma, hatte da aber den Vorteil,
vieles mit hektischen Kameraschwenks, überstilisierten Bildern
und Stakkato-Schnitt zu übertünchen. Insidious ist im
Kontrast ein ausgesprochen ruhiger Film mit vielen langen Aufnahmen,
bei dem über Strecken jedoch leider anzukreiden ist, dass er
zuweilen sehr günstig wirkt und visuell in Richtung des
Found-Footage-Films Paranormal Activity lehnt. Das aber, ohne dessen
Dokumentarfilm-Charakter zu haben.
Schauspielerisch darf man
durchaus zufrieden sein. Rose Byrne, parallel mit der heiteren
Hochzeitskomödie Brautalarm im Kino, und Patrick Wilson aus
Watchmen sind passabel als geplagte Familie, sind im Film aber auch
nicht allzu wichtig, da sie bloß da sitzen und auf das
stetige Grusel reagieren. Relevanter sind hingegen die
Geisterjäger, unter anderem gespielt von Wan’s
Busenkumpel Leigh Whannell, die manches Mal etwas sehr nerdy wirken,
als solche aber nie zu unglaubhaft sind. Lin Shaye gibt ein solides
Medium und erinnert an Zelda Rubinstein aus den Poltergeist Filmen.
Fazit:
Da steht der Angstschweiß im Nacken: Insidious darf zu den
wirkungsvollsten Horrorfilmen der letzten Zeit gezählt werden,
baut er doch eine gnadenlos gute Anspannung auf und schockiert mit fies
gesetzten Buh!-Momenten. Aufgrund eines leider nur schwachen Endes
langt es dieses Mal nicht zur völligen Empfehlung, doch wer gerne
Gänsehaut verspürt, sollte sich Wan’s Neuen nicht
entgehen lassen.
7,5 /
10
> Deine Meinung
zum Film?
|