Man darf nicht vergessen, dass sie noch ein Kind war, als sie entführt wurde. Wenn in diesem Alter der Entführer zur alleinigen Bezugsperson wird, dann entwickelt sich doch auch eine gewisse Abhängigkeit von ihm. Es ist leicht, auf der Couch zu sitzen und zu sagen: "wieso ist sie denn nicht früher geflüchtet?", aber so einfach ist es dann doch nicht. Vor allem dadurch, dass er sie (offenbar) nicht sexuell mißbraucht hat, kann sich sehr schnell das Stockholm-Syndrom entwickeln (sie ist ihm "dankbar", dass er ihr nichts Schlimmeres angetan hat), und das auch noch als Kind - da sehe ich nichts Verdächtiges daran, dass sie die Flucht nicht schon früher ergriffen hat.
Wegen ihrer Bildung: Ja, sie ging nicht zur Schule, aber manche Menschen sind halt begabter als andere, und er soll sie ja "zu Hause" unterrichtet haben. Wenn sie sonst nicht viel zu tun hat, dann kann ich mir vorstellen, dass sie sich umso mehr auf den Lernstoff stürzt, vielleicht auch um ihre Situation für einen Moment zu vergessen.
Ihren Fall kann man nicht mit dem Fritzl-Fall vergleichen. Zum einen lebte sie keine 24 Jahre lang im Keller, zum anderen war der Täter nicht ihr Vater. Und wie ich schon gesagt habe, gehen unterschiedliche Menschen unterschiedlich mit einem solchen Trauma um. Die einen schweigen/verdrängen, die anderen wollen es sich "von der Seele reden". Manchmal erzählen es die Opfer auch, um die Menschen ein bisschen zu schockieren.
Was die "fehlenden" sexuellen Übergriffe betrifft: so wie ich das mitbekommen habe, hat er sie seit ihrer Pubertät zumindest sexuell belästigt, wenn man es in diesem Fall so sagen kann. Er hat sie zwar nicht entjungfert, aber er soll sie zum Beispiel halbnackt das Haus putzen gelassen haben oder hat sich an ihr gerieben und mit ihr "gekuschelt". So steht das zumindest in dem Buch (habs nicht gelesen, aber so wurde es in den Medien zitiert). Ich glaube, der Typ war im Kopf noch ein Kind.
@Knobel: Hat sie sich denn über die Reporter oder über den Medienrummel beschwert? Das habe ich nicht mitbekommen.
Und überhaupt verstehe ich nicht, wie man ihr irgendwelche Vorwürfe machen kann. Ich meine, sie hat ein enormes seelisches Trauma erlitten, da kann man doch nicht erwarten und verlangen, dass sie keine Störungen davon trägt und sich wie eine "vernünftige", völlig gesunde Erwachsene verhält.