All die Jahre hatte ich Saw 6 als den lohnenden, interessanten späten Teil der Reihe im Gedächtnis, und jetzt nach Auffrischung kann ich das erfreulich bestätigen.
Saw 1 dürften ja generell viele mögen, aber ich schätze mal, dass reichlich Leute schon bei Teil 2 dachten "ok ist gut jetzt...". Saw 3 stellte das erste mögliche Endkapitel der Reihe dar und war noch locker gut genug, dass selbst die, die bei 2 schon ungeduldig hmmmmyo dachten, 3 auch noch ruhig mitnehmen konnten.
4 und 5 hingegen, tja. Die sind eigentlich nur für Fans der Reihe und das speziell mit dem Doppelfokus darauf, wie all das begann und was nach den Hauptereignissen passiert, quasi, die Aftershowparty nach dem Main Act. Und dass das nicht leicht werden würde, war spätestens dann absehbar, als mal eben plakativ die Hauptfigur getötet und dann auch noch in Nahaufnahme obduziert wurde, um felsenfest festzulegen, yop, die wird nicht wiederkommen. Das hieß für uns in erster Linie, uns nun mit weniger interessanten Charaktern auseinandersetzen zu müssen.
Wer nur für die Fallen blieb, durfte ein wenig enttäuscht sein. Zwar gibts in den beiden Teilen jede Menge neuer fieser Fallen, aber aufgrund des (oder der) neuen Helfer mit anderem Codex fehlt was Entscheidendes: die Chance für die Gefangenen, lebend davon zu kommen. Ohne reelle Chance kein Mitfiebern wie in einer schwarzhumorigen Itchy+Scratchy Gameshow, und für reinen Fun-Splatter a la Final Destination wars dann doch zu finster ernst aufgezogen. 6 ist nicht amüsanter, bringt aber den Mitfieberthrill zurück.
Wobei wir eins festhalten müssen: die Cops sagen, dass einige Fallen nicht von Jigsaw gemacht worden sein können, weils kein Entkommen gab, keine echte Chance zu fliehen. Wenn wir aber genau sind, hat sich Jigsaw selbst nicht daran gehalten. Was ist mit dem bewusstlosen Mann, aus dem Amanda den Schlüssel für die umgekehrte Bärenfalle herausholen sollte?
Saw 6 ist der Halloween H20 seiner Reihe, denn obwohls so ein spätes Sequel ist, ist ein merklicher Aufwärtsschwung zu bemerken.
Von allen Spielteilnehmern ist der Versicherungsheinz aus diesem Teil der beste. Nicht nur, dass seine Tour durch das Schreckenslabyrinth die spannendste ist, ist sie auch die emotionalste. Gut ist, dass er jedes Mal vor eine Wahl gestellt wird und die packender ausfällt als bei 3, in dem MacFadyen bei jedem Opfer immer nur passiv zuschaut. Besser ist, dass Kramers Auseinandersetzung mit ihm prinzipielle Vergeltung auf einem leicht höheren Niveau ist (die die Versicherungsgesellschaften platt aber nennenswert kritisiert), und dann passt die Versicherung als Entscheider über Leben und Tod schlichtweg perfekt zu Kramer und seinem Codex.
Ja, auch Saw 6 hat wieder jede Menge Flashbackstory, aber ich würde argumentieren, dass es die beste der Teile 4-6 ist. Die Ablehnung der Versicherung als weiterer Grund nach dem Kindestod und dem Krebs und dem verfehlten Selbstmordversuch ist zwar ein überquillendes Sammelsurium an Rechtfertigungen und Erklärungen für Kramers Verhalten, doch nach dem Mord untermauert es stärker, dass Kramer nicht bloß auf Rache aus war.
Derweil ist es die beste der Hoffman Storyline, denn nachdem ihm bisher in 5 nur Strahm auf die Schliche gekommen war, sind es hier mehrere plus noch ein weiterer Helfer Kramers. Der Showdown und die letzte Szene schreien vielleicht ein wenig zu sehr nach noch einem Teil, sind aber effektiv und machen - ist man bis hier hin ein Möger der Reihe - Spaß und Lust auf mehr.
Mit Kevin Greutert ist der nächste Regisseur an der Reihe. Greutert war eigentlich Schnittmeister und hat 1-5 und jetzt den neuen 8 geschnitten. 6 und 7 nicht, da er die kurzerhand selbst gedreht hat. Wie schon Hackl (5) und Bousman (2-4) hat auch Greutert keine offensichtliche eigene Handschrift, da Look und Feel insgesamt ja immer relativ gleich bleiben, aber im Gegensatz zu Hackl hat er ein besseres Gefühl für Filmfluss (dh keine Längen) und er hält die Kamera ruhiger als seine Kollegen.
Schade, dass Saw 6 der erfolgloseste Teil war, ist er neben 2 doch der sehenswerteste.
7/10