Drehbuch-Kritik: Notorious - Die B.I.G. Story

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Drehbuch-Kritik: Notorious

[url]http://img182.imageshack.us/img182/3320/notoriousbigam0.jpg[/URL] [/align]

Einleitung:
Notorious B.I.G. ist neben Tupac sicherlich der bekannteste Rapper aller Zeiten, dessen Musik und Auftreten immens dazu beitrug, dass Hiphop innerhalb der 90er zu jener angesagten Lebenskultur und dem unglaublichen Musikgeschäft wurde, dass es heute ist. Als er damals getötet wurde, hinterließ er eine Legion von Fans, die ihm bis heute treu und dankbar sind. Der Mord selbst ließ viele Fragen offen, und genau wie bei Tupac weiß man bis heute nicht sicher, wer dahinter steckte.

Actionstar Sylvester Stallone wollte eine frühe Fassung dieses Script lange Zeit selbst verfilmen, doch aus organisatorischen Gründen kam es leider nie dazu. Ob Notorious aber als Film eine interessante Geschichte werden könnte, erfahrt ihr in der Kritik.

Wer mitspielt:
Christopher Wallace/Notorious B.I.G. - Gravy
Sean Combs/Puff Daddy/P Diddy/Diddy/Sean John - Derek Luke
Tupac Shakur/2pac - Anthony Mackie
Kimberly Jones/Lil Kim - Naturi Naughton
Voletta Wallace - Angela Bassett
Faith Evans - Antonique Smith

[url]http://img182.imageshack.us/img182/3346/biggiepic2qc8.jpg[/URL]
Biggie und sein Schauspieler, Gravy[/align]

Story:
Die Story von Notorious beginnt direkt mit seinem letzten Moment: Am 9. April 1997 wird Christopher Wallace alias Notorious B.I.G. morgens aus einem vorbeifahrenden Auto erschossen, als er mit seiner Begleitung an einer roten Ampel wartet. Er hatte am Abend vorher noch einen Preis bei den Soultrain Awards vergeben und befand sich in Vorbereitungen seines nächsten Albums, das ironischerweise Life After Death heißen sollte. Sein engster Freund P Diddy befand sich an dem Morgen im Wagen hinter ihm und konnte nur tatenlos zusehen, wie Wallace vier Kugeln in die Brust bekam und schließlich an den Verblutungen sein Leben verlor.

Der Rest des Films erzählt ab 1981, wie Wallace aufwuchs, sein Talent entdeckt und langsam erfolgreich wird. Es wird gezeigt, wie er langsam immer einflußreichere Leute der Branche kennenlernt, wie er unzählige Affären hat und sich bald auch große Feinde macht, die sich aus Neid und reinen Prinzipien gegen ihn stellen. Eine immer präsente Figur ist dabei seine Mutter Voletta, die ihm mit Rat zur Seite steht und nicht viel von der Zelebrierung des Schein-Gangsterdaseins hält.

Das Script geht 131 Minuten.

[url]http://img182.imageshack.us/img182/530/duerkgz9.jpg[/URL]
Puffy und sein Schauspieler (Derek Luke)[/align]

Kritik:
8 Mile, Hustle & Flow und Get Rich or Die Tryin' haben es vor ein paar Jahren recht gut vorgemacht - und wer einen von denen mochte, der wird auch an der Story von Notorious B.I.G. Biggie Smalls Gefallen finden.

Grob gesehen ist Notorious wieder eine von diesen typischen Vom-Nobody-zum-Star Nummern, wie man sie schon öfter gesehen hat - allerdings mit so einigen Eigenheiten, die sie von anderen unterscheidet. Im Gegensatz zu den halb-echten, halb-fiktiven Geschichten 8 Mile und Get Rich nimmt sich Notorious zB den Anspruch heraus, die wahre Geschichte zu erzählen. Keine falschen Namen wie B-Rabbit oder Marcus, hier werden sie alle erwähnt und gezeigt: Biggie, Puffy, Suge, Tupac, Busta, Kim, Faith, Cease und noch viele mehr. Schon bei den Figuren aber zeigt sich, das Notorious kein reißerischer Film ist.
Überraschend, denn gerade bei dem Thema hätte man vermuten können, das es richtig zur Sache geht, dass Stellungen bezogen werden, dass Dreck an die Luft kommt und eventuell klare Anschuldigen gesetzt werden, wer denn wen zuerst und überhaupt und sowieso.

Glaubt man dem Drehbuch, war jedoch alles wesentlich harmloser und friedfertiger als die Presse erzählte. Für den Zwist zwischen Tupac und Biggie wird ein reines Versehen angeführt; nach langer Freundschaft und großem Respekt einander wird Pac eines Tages von Unbekannten niedergeschossen - in Biggies Studio - was zum direkten Ende ihrer Freundschaft und zum Start des East Coast / West Coast-Streits führte. Als der bis dato noch "kleine" Bigge dann auch plötzlich in den Charts über Pac steht und Puffy's Bad Boy Produktion zum Megaunternehmen wird, entbricht ein gewaltiger Streit - um dem es im Film aber fast garnicht geht.

[url]http://img182.imageshack.us/img182/1749/dsza0.jpg[/URL]
Tupac und sein Schauspieler (Anthony Mackie)[/align]

Während das nur immer wieder am Rande erwähnt wird, geht es im Großteil der Geschichte um Biggie und seine Frauen. Es gibt insgesamt drei wichtige in seinem Leben: Altfreundin Jan, Faith Evans und Lil Kim, die Biggie immer nach Lust und Laune wechselt, zum Teil schwängert und demnach immer wieder neuen Ärger hat. Biggie wird in knapp 10 Sexszenen (!) als gieriger Macho gezeigt, dem Treue ein absolutes Fremdwort ist - und der zwar alle Frauen mag, es aber keiner wirklich zeigen kann oder will. Zum Teil ist es so geschrieben, als solle man Mitgefühl mit dem schwerreichen Fremdgeher haben, was allerdings recht schwierig ist, da Bigge in der Beziehung alles andere als sympathisch ist.

In jeder anderen ist er es jedoch; war B-Rabbit zynisch schwer verzweifelt, Marcus ein stiller Gangster und D-Jay ein mieser Zuhälter, so ist Biggie ein immerzu lustiges und trotteliges Riesenbaby, über das man laufend lachen kann - und soll. Er wird als nett, klug und fröhlich dargestellt, der es selbst immer wieder kaum fassen kann, das alle seine Musik so gut finden. Lil Kim und Faith Evans dagegen sind starke, aber anstrengende Frauen, die genauso eindimensional bleiben wie alle anderen. Puffy Puff P Diddy Daddy irgendwas, wie auch immer er sich gerade nennen sollte, ist der strebsame Selfmade-Man, der komplett nur als loyaler und freundlicher Macher gezeigt wird. Tupac wird mit viel Respekt gezeigt, und als es zu seinem Unfall - und später, seinem Tod kommt, sieht man Puffy und Biggie, wie sie bestürzter nicht sein könnten. Die einzigen, die im Script schlecht wegkommen, sind Suge Knight und Uptown-Labelchef Andre Harrell, der Puffy als Konkurrent eins auswischen will.

Was vollkommen im Script fehlt, ist der Charakter des ermittelnden Ex-Cops Russell Poole, dessen Rolle Sylvester Stallone mal spielen wollte. Anfangs war geplant, die Geschichte von Notorious nach und nach aus der Spurensuche Poole's zu zeigen. Der ganze Filme ist stattdessen mit Kommentaren von Biggies lebenden Freunden durchzogen, die vermutlich im Film nicht von den Schauspielern, sondern den echten Personen gesprochen - was die Lobhudeligung noch weiter unterstreicht.

Schade ist, das der Film trotz der nahen Darstellung Biggie Smalls sehr oberflächlich bleibt, was die anderen Figuren und vor allem den großen Trouble mit Tupac Shakur betrifft. Die Geschichte ist weniger atmosphärisch als die von 8 Mile und wirkt im Grunde wie eine reine Beweihräucherung, mit der man knap 10 Jahre danach möglichst keinem mehr auf die Füße treten will. Mit Sicherheit eine interessante und für Rapfans obligatorisch wichtige Verfilmung, aber keineswegs der große Knaller, den man aus Notorious hätte machne können. Für den Schauspieler von Smalls gibt es auch leider nicht wirklich viel anspruchsvolles, oder dramatisches, mit dem man glänzen könnte. Nichts im Stile von B-Rabbit oder D-Jay, oder gar King David, DMX' düsterem Charakter aus Never Die Alone. Was bleibt, ist eine sympathische, aber flache Figur unter vielen oberflächlichen.

Das Script dieser Kritik ist von Anfang 2008, also sehr nah an der aktuellen Drehfassung.

Vergleich:
8 Mile - 8 / 10
Get Rich or Die Tryin' - 6 / 10
Hustle & Flow - 6 / 10
Never Die Alone - 6 / 10
Notorious - 6 / 10
Tupac Ressurection - 8 / 10

Fazit: Notorious scheint eine solide, aber leider oberflächliche Geschichte zu sein, die den Titel "wahre Geschichte" eigentlich nur unspektakulär einsetzt. Tupac Resurrection mag zwar nur eine Doku sein, bringt aber wesentlich mehr Infos und Tiefe über den großen EC/WC-Streit, der gerade im Zusammenhang von Pac und Biggie so interessant ist. Unterhaltsam, aber sicher weder Oscarfutter noch ein Meilenstein.

6 / 10
 

Puni

Well-Known Member
Werd ich mir wohl nicht im Kino angucken, die Geschichte interessiert mich nicht wirklich.

Aber Respekt Chris, deine Drehbuch-Kritiken lassen sich alle flott lesen und sind ziemlich informativ :wink:
 
Oben