Angels in America ~ Mini-Serie mit Pacino & Streep

Joel.Barish

dank AF
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(Angels in America | USA 2003)

Regie:
- Mike Nichols (Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, Catch-22, Closer)
Drehbuch:
- Tony Kushner (basierend auf seinem Thaterstück)
Darsteller:
- Al Pacino
- Meryl Streep
- Emma Thompson
- Patrick Wilson ("Little Children", "Watchmen")
- Justin Kirk
- Mary-Louise Parker ("Weeds")
- Jeffrey Wright
- Ben Shankman

Genre: Drama, Fantasy
Länge: 2 Hauptteile mit jeweils 3 Episoden, insgesamt 6 Episoden; Laufzeit von 352 Minuten.
Kapitel:
1. "Millennium Approaches"
- "Bad News"
- "In Vitro"
- "The Messenger"
2. "Perestroika"
- "Stop moving!"
- "Beyond Nelly"
- "Heaven, I'm in Heaven"

Story:
1985: Die Reagan-Ära herrscht in den USA mit ultra-konservativer Politik, während eine neue, noch unbekannte Seuche die Menschen, zumeist Homosexuelle und Drogensüchtige, dahinrafft: Aids. Während die Engel einen Propheten suchen und beklagen, Gott habe sie verlassen, erleben einige Personen in New York ihre ganz eigenen Schicksale in dieser Zeit.

Da wären u.a. Prior und Louis, deren Beziehung ins Wanken gerät, als Prior an Aids erkrankt und kurz darauf Erscheinungen von Engeln hat. Der arrogante Staatsanwalt mit Gott-Komplex, Roy Cohn, erkrankt ebenfalls an Aids und wehrt sich mit beißendem Zynismus gegen den nahenden Tod. Cohns Assistent Joe Pitt fühlt sich zu seiner pillensüchtigen Frau nicht mehr hingezogen, sondern eher zu Männern, was er seiner mormonischen Mutter am Telefon beichtet, die daraufhin nach New York kommt.

--> Trailer, imdb (click)

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"Angels in America" ist ein Meilenstein der amerikanischen TV-Geschichte. Vor und hinter der Kamera tummeln sich Kinogrößen aus der ersten Reihe und das Drehbuch basiert auf Tony Kushners kontroversem Theaterstück, für welches er Pulitzer Preis und Tony gewann. Mit Preisen überhäuft wurde dann auch die Mini-Serie. 11 Emmys, 5 Golden Globes und diverse andere Preise - und alle vollkommen zu Recht!

"Angels in America" ist schlicht und ergreifend brillant und zwar in jeglicher Hinsicht. Die Handlung ist komplex, intelligent, weitreichend, kontrovers, spannend und wunderbar originell. Politisches verbindet sich mit der Aids-Thematik, die persönlichen Schicksale und Charaktere fließen gekonnt mit ein, es gibt ein wenig absurden Humor, der immer wieder von gallig-bitteren und messerscharf formulierten Meister-Dialogen unterbrochen wird. Visuell aufregend wird der Fantasy-Anteil mit den Engeln eingewoben. Erste Traumsequenzen sind grotesk und surreal und Emma Thompson ist als Hauptengel eine Wucht mit Selbstironie und Augenzwinkern. Die menschlichen Schicksale berühren und faszinieren, stoßen ab und nehmen gefangen. Kaum ein Kino-Film ist so dicht, so fesselnd, so vielschichtig und clever arrangiert. Man muss nochmal die Dialoge erwähnen, die einfach genial sind.

Jede Figur ist gut ausgearbeitet, was bei knapp 6 Stunden Laufzeit nicht verwundern sollte, doch die Art und Weise wie dies geschieht und wie dabei die Handlung immer im Fluss bleibt, nie träge oder zu geschwätzig wirkt, ist bemerkenswert. "Angels in America" lässt sich mit nichts vergleichen. Es ist bei weitem nicht so trocken wie reine Aids-Dramen wie "Philadelphia", aber dennoch ähnlich emotional, wenn auch weniger sentimental. Mike Nichols inszeniert sehr filmisch, originell, visuell interessant und mit viel Übersicht. Er wird nie langweilig und überträgt das Drehbuch gekonnt. Die Ausstattung und Kameraarbeit ist beachtlich, die Effekte zumindest für eine Serie gut und Thomas Newmans Score gehört mit zu den besten musikalischen Werken der Neuzeit.

Die Themen, die Figuren und die Dialoge sind provokant und teils wirklich böse. Manchen wird die überpräsente Homosexualität vielleicht zu viel sein, oder die Religiösität, besonders gegen Ende. Und tatsächlich neigt besonders das Finale ganz kurz zur unfreiwilligen Komik, die über das bewusst Absurde manch anderer Szene, beispielsweise alle Szenen zwischen Justin Kirk und Emma Thompson, etwas hinaus geht. Davon sollte man sich aber nicht abhalten. Letztendlich ist "Angels in America" ein Fest für Freunde der Darstellkunst. Alle Hauptfiguren sind brillant gespielt. Man muss es wirklich so sagen. Al Pacino spielt seinen eklig-arroganten Mistkerl mit Gift und Galle, bringt seine tollen Dialoge unglaublich kraftvoll rüber. Mary-Louise Parker war für mich die Entdeckung dieser Mini-Serie. Sie ist fantastisch, in ihrer schrägen Rolle. Warum beinahe-Hauptdarsteller Justin Kirk keine große Hollywoodkarrier gemacht hat, ist mir schleierhaft. Am wenigsten überzeugt Ben Shankman als jüdischer Polit-Philosoph mit Komplexen, doch auch er ist klasse.
Zudem überrascht der Film, besonders der erste Teil, mit der Besetzung. Da es sich um eine Theater-Adaption handelt, tauchen auch hier einige Darsteller in mehreren Rollen auf, was besonders bei Meryl Streep in einem Fall sehr überraschend ist.


Ich war einfach schlichtweg begeistert, als ich dieses Wunderwerk gesehen habe und kann daher auch kaum anders, als in Lobpreisung und Jubelarien auszubrechen. Die Ausmaße und Einseitigkeit der Komplimente sind mir fast ein wenig unangenehm. Meiner Meinung nach sollte man dieses TV-Juwel unbedingt gesehen haben, übertrumpft es doch mit Leichtigkeit auch viele Kino-Dramen.
10/10

[Btw. Ich habe das mal in den Filmbereich getan, da ich der Meinung bin, dass es hier eher passt und eher zur Geltung kommt, als im TV- und Serienbereich. Kann zur Not aber auch verschoben werden.]
 

stabbelju

Well-Known Member
Auch wenn mich der (eher kleine) Fantasyanteil gestört hat, darstellerisch ist hier alles absolut Top. Wer auf gut gespielte, komplexe Dramen steht, sollte auf jeden Fall zumindest reinschauen.
 
M

Master Chief

Guest
Hatte die Mini-Serie gar nicht auf der Rechnung.
Und das, obwohl ich eigentlich alles von Al Pacino kenne.
Habs gleich mal bestellt :super:

Werde dann am WE hoffentlich mal reinschauen können...
 

Presko

Don Quijote des Forums
Hab die Serie mal geschaut, nachdem so viele davon begeistert waren. ich muss aber zugeben, dass ich keinen wirklichen Zugang zur Geschichte fand und oft das Gefühl hatte, hier versucht der Schreiber über möglichst schräge Stilmittel seine Geschichte besonders intelligent wirken zu lassen. Wie gesagt, mein Bauchgefühl.

Sollte aber irgendwann noch einmal versuchen, ob ich inzwischen nen Zugang finden würde. Darstellerisch aber sicher top.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Joel hats mir ausgeliehen und ja, würde schon sagen, dass es mir gefallen hat. Al Pacino hat schon lange nicht mehr so emotional gespielt, Wilson zeigte schon pre-Hard Candy/Little Children, dass er super ist und Marie Louise-Parker hat mich glatt in Versuchung geführt, mal in Weeds reinzusehen.

Das grundlegende Thema der 340 Minuten sprach mich jetzt zwar nicht so an und die Handlung ist etwas... wirr, aber war mir dann egal, da die Darsteller (auch Wright und Streep) große Klasse sind und es auch immer wieder ausgefallene Momente gibt. Meine Lieblingsstellen? Pacino streitet sich mit Wright und Emma Thompson als als quirliger Engel.

8/10
 
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