The Artist ~ Jean Dujardin, John Goodman [Kritik]

Joel.Barish

dank AF
http://www.bereitsgesehen.de/kritik/pics5/artist3.jpg
BG-Kritik: The Artist (Joel)

Okay, John Goodman spielt wirklich mit, aber wahrscheinlich nicht die größte Rolle. Aber wie sonst soll ich euer Interesse für einen Film kriegen, den ich mit einem S/W Bild vorstellen muss und bei dessen Inhaltsbeschreibung das Wort "Stummfilm" fällt?

Es geht um einen Stummfilmstar im Hollwood des Jahres 1927, der sich angesichts des bevorstehenden Wandels zum Tonfilm um seine Karriere sorgt und an eine junge Tänzerin gerät, mit der er etwas Neues wagen will. - Klingt wie eine Mischung aus "Alles über Eva" und "Sunset Boulevard". Hauptdarsteller Jean Durjadin gewann in Cannes den Preis für den besten Hauptdarsteller.

Trailer @ YouTube

[url]http://www.abload.de/img/the_artist_648x365lumj.jpg[/url]

Eine romantische Komödie zum einen, ein Drama zum anderen. Wenn das nicht nach einem cineastischen Traum aussieht. "Almost Martyrs" vom "Das Leben des David Gale" Score ist natürlich auch ne Wucht. Ich wollte den Trailer schon während Cannes posten, sah da aber noch nicht den Sinn drin. Inzwischen wird der Film von den Weinsteins befeuert und wurde jüngst im Wettbewerb beim Film Festival in Toronto (TIFF) angekündigt. Und die Reaktionen sind positiv, die den Film auch als großartigen Publikumsfilm loben, natürlich insbesondere für Cineasten. Der Film wird Ende 2011/ Anfang 2012 bestimmt stark besprochen und deswegen gibt es denn jetzt schon hier. Damit es später nicht heißt: "Kann ja jeder behaupten."
 
B

batgadget

Guest
Ist der Film nun ein reiner Stummfilm oder nur dessen Thematik und der Trailer eine kleine Reminiszenz an diese Zeit?

Ansonsten schaut das richtig gut aus und James Cromwell sehe ich auch sehr gerne, obgleich seine Szenen wohl genau seltener verstreut sind wie die von Goodman.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Sehr stylisch, sehr klassisch, sehr ungewohnt für heutige Zeit. Umso interessanter. Ob der Film letzten Endes taugt oder nicht, werden wir ja sehen, aber allein die Machart sollte viele ins Kino locken.
 

Joel.Barish

dank AF
[Ach, was mache ich denn. Edit, nicht löschen...]

Bati, so wie ich gelesen habe, ist der Film zu 85% ein Stummfilm. Wie genau das funktioniert kann ich dir aber (noch) nicht sagen.
 

Mr.Anderson

Kleriker
Naja, der Trailer fesselt mich nicht wirklich. Schön, es ist alles so dargestellt, dass es wirklich ein Stummfilmklassiker sein könnte. Aber mal ehrlich. Es gibt viele Stummfilmklassiker, die heute kaum gewürdigt werden, warum dann einen neuen drehen? Verstehe ich genausowenig wie die 70er Retrofilme a la Grindhouse. Warum muß man heute versuchen so etwas nachzustellen und dann auch noch künstlich Kratzer ins Bild machen und Filmsprünge einbauen? Wenn ich sowas sehen will, gibt es doch einen Riesenfundus an 70er Trashfilmen, die ich mir ansehen könnte. Habe das nie verstanden und werde es wohl auch nie verstehen.

Was diesen Film angeht. Mag zwar ein Fest für "Cineasten" sein, wobei man noch darüber streiten darf wer ein Cineast ist und wer nicht, aber dennoch denke ich bei diesem Stummfilm in Schwarzweiß ist der Flop schon vorprogrammiert.
 

Joel.Barish

dank AF
Ohne diesen Film gesehen zu haben, aber da dieser sich - anders als die Grindhouse Filme - direkt mit dem Kino auseinandersetzt, sagt er auch etwas über das heutige Kino aus. Außerdem gibt es Szenen - zum Beispiel die mit der Hand im Anzug - die damals nicht möglich gewesen wären. Und außerdem außerdem ( :ugly: ): Wer sagt denn, dass man heute nur noch Filme machen darf (sollte), die auch wie Filme aus dem 21. Jahrhundert aussehen?

Und Flop? Nicht zu voreilig, Andy. Wollen wir wetten? :biggrin: Ich sage, der hat bis Ende März 2012 allein in den USA mindestens 35 Millionen eingespielt und mindestens drei Oscarnominierungen erhalten.
 

Monkey D. Ruffy

ehemals Ghost5000
Musste ich doch erst mal googeln ob das wirklich der Typ aus OSS 117 ist. :biggrin:

Zum Trailer: In Farbe und mit sprechenden Menschen fände ich das ganze wesentlich interessanter! :wink:
 

Mr.Anderson

Kleriker
@Joel

Wetten? Ich weiss nicht... :ugly:

Mag ja sein, dass ich mich da völlig irre, aber ich traue der Masse der Kinogänger einfach nicht zu in einen Stummfilm zu strömen, der zu allem Überfluß dann auch noch Schwarzweiß ist. Kann ich mir einfach nicht vorstellen. Gut möglich dass es einige mehr in die Kinos zieht, wenn er für ein paar Oscars nominiert wird, trotzdem glaube ich dass die beiden Schlagworte "Schwarzweiß" und "Stumm" die breite Masse aus den Kinos heraushalten wird.
 

Joel.Barish

dank AF
Dann kannst du die Wette ja ruhigen Gewissens eingehen. :biggrin: Keine Ahnung, vielleicht überschätze ich auch den Wirbel, der da in Überseh gerade gemacht wird nach den positiven Reaktionen in Cannes. Aber das Wett-Angebot steht. Über den Einsatz kann man sich ja nochmal auslassen.
 

Mr.Anderson

Kleriker
Dann müssten wir aber auch absprechen, was wir unter einem Flop verstehen. :nene:

Wetteinsatz: Der Verlierer schickt dem Gewinner eine BLU-RAY des Films, sobald erhältlich. Wenn ich gewinnen würde, wäre das für mich dann wahrscheinlich nicht wirklich ein Gewinn... aber wer weiss, vielleicht überrascht mich der Film und ich überrasche dann dich weil ich ihn vielleicht doch gut finde...


Apropos Wette... Schulde ich nicht dem alten Knobel auch noch irgendetwas? :gruebel: Shit. Ich glaube ja, aber ich kann mich gar nicht mehr erinnern was es war. Aber da er sicher in diesen Thread stolpern wird, wird er mich sicher daran erinnern. :smile:
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Irgendwie kommt mir das Musikstück bei 02:00 bekannt vor. Kann es sein, dass das mal in irgendeinem Film vorkam? Eventuell in einer traurigen Szene?

Zum Film: Öh ja....Stummfilme sind nicht so meins. Und wenn in dem jetzt auch kaum gesprochen wird, kann ich mir nicht vorstellen, dass er mich allzu sehr begeistern wird.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Vorgestern als "Silvester-Premiere" gesehen und der Film ist unglaublich. Ein großartiger, durchweg emotionaler, tragischer wie lustiger Film mit zwei tollen Hauptdarstellern, die, zusammen mit der ebenso tollen Inszenierung die Geschichte und Emotionen komplett ohne Sprache (mit Ausnahme von einigen eingeblendeten Texttafeln) rüberbringen. Alles in allem, 100 Minuten Filmemachen auf ganz hohem Niveau, ungewohnt, altmodisch und doch sehr modern und toll im Umgang mit dem Medium und der Verschmelzung zwischen Inszenierung und Thematik. Ein wahnsinnig unterhaltsames Kunstwerk, dass gesehen werden möchte.

10/10
 

Joel.Barish

dank AF
Silvester-Premiere? 10/10? Grrr... das macht mich wieder ein bisschen neugieriger auf den Film. Ist keiner, den ich jetzt super ungeduldig herbeisehne, aber sehr gerne sehen würde. Die PV hatte ich ja verpasst. Na ja, dann halt Ende Januar.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Das war auch nur ein Spontanbesuch, mehr oder weniger. Hatte zwar den Trailer gesehen, aber überschwängliches Interesse war jetzt nicht da. Umso mehr hat mich dann überrascht, wie toll der Film letztendlich war. :biggrin:
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Kim Novak, die irgendwann mal in HItchocks Vertigo mitgespielt hat, fühlt sich von Film "vergewaltigt", weil dieser zum Teil Musik von Bernard Herrmans Vertigo-Score verwendet bzw. davon etwas abkupfert:
"I want to report a rape. I feel as if my body -- or, at least my body of work -- has been violated by the movie, The Artist."
[...]
"It is morally wrong for the artistry of our industry to use and abuse
famous pieces of work to gain attention and applause for other than what
they were intended. It is essential to safeguard our special bodies of
work for posterity, with their original and individual indentities
intact and protecting."
Außerdem bezeichnete sie das ganze als Betrug und meinte, dass sich die Verantwortlichen schämen sollen.

QuelleKlingt für mich, danach als wollte jemand wieder auf sich aufmerksam machen, nachdem sie seit 20 Jahren in keinem Film mehr zu sehen war und Vertigo vielleicht sowieso der einzig nennenswerte Film ihrer Laufbahn ist.

Mir ist die Verwendung nebenbei gesagt auch gar nicht aufgefallen.
 

Joel.Barish

dank AF
Habe den Film ja noch nicht gesehen und Vertigo (inkl. Musik) gar nicht mehr so wirklich im Kopf, aber dieses Wiederverwenden von Musik ist ja so eine Sache, die es in "The Artist" nicht zum ersten Mal gibt. Derartiges hat man in jedem zweiten Film von Tarantino und in jedem dritten von Scorsese. Und diese Sachen werden ja in den Credits vermerkt. Ist ja nicht so, als würde Musik benutzt, die woanders hingehört, ohne das anzugeben.

Und irgendwie passt es ja auch zu "The Artist", der auf Hollywood, auf Filme, auf Filmtradition usw. anspielt und deutlich davon handelt, original existierende Filmmusik zu übernehmen. Wobei "Vertigo" ja nicht unbedingt in die Stummfilm-Zeit gehört. Ich finde dieses Wiederverwenden von Film-Scores nicht moralisch verwerflich, sondern aus künstlerischer Sicht fragwürdig. Weil es schnell Faulheit vermuten lässt. Man zapft quasi die Nostalgie-Emotionen des (vom Original wissenden) Publikums an und erhöht seinen eigenen Film dadurch. Das kann bewusstes Stilmittel sein, aber schnell ist es eben auch nur faul. Siehe Morricone in "Inglourious Basterds", wenn Eli Roth den Baseballschläger präsentiert. Das hat auch Quentin astrein inszeniert, aber ein Großteil der Coolness, der Größe, der emotionalen Regung kommt durch die Musik und ein Großteil dieser Reaktion auf die Musik kommt daher, dass wir wissen, wo sie eigentlich hingehört.
Von daher würde ich da weniger Wirbel drum machen oder wenn dann nur Monsieur Hazanivicius Bequemlichkeit unterstellen, je nach dem wie und wann die Musik verwendet wurde.

Allerdings würde ich Kim Novak nicht unterstellen, dass sie nur auf sich aufmerksam machen oder nicht vergessen werden will. Soweit ich weiß, hat sie sich freiwillig ins Private zurückgezogen und in den letzten zwanzig Jahren mehrfach Dinge abgelehnt, mit denen sie wieder ins Rampenlicht hätte treten können. Außerdem geht die ja auch auf die 80 zu, da muss man nicht mehr Hollywoodstar #1 sein.
 

gimli

Elbenfreund
Hab den Film heute auch in einer Preview erleben dürfen und kann Gonzo eigentlich nur voll und ganz zustimmen. Der Film fängt perfekt die damalige Stummfilmzeit ein, ist dabei wunderbar leichtfüßig, unglaublich witzig und erzählt dabei noch eine sehr sympatische Geschichte. Auch die Darsteller und Hund sind durch die Bank weg super besetzt und auch die Musik von Ludovic Bource ist schön verspielt. Ich hatte jedenfalls eine Menge Spaß an dem Film und haben selten so fröhlich das Kino verlassen wie her. Ganz großes Kino.
 
B

Bader

Guest
Ich freu mich so derbe auf den Film, vor allem da es dank der Stummfilmthematik Untertitel komplett überflüssig macht und ich bei mir zuhause beim Cinemaxx angucken kann, sofern er da laufen wird. Ansonsten Harmonie. Endlich mal keine Fahrt in die Schweiz! :biggrin:
 

Diego de la Vega

Not Yet Rated
Toller Film, da gibt es meiner Meinung nach gar keinen Zweifel dran. Sehr guter Wechsel zwischen humorvollen und tragischen Szenen. Zudem stört die Abstinenz des gesprochenen Wortes kein Bisschen. Das Dream-Team aus Michel Hazanavicius, Jean Dujardin und der bezaubernden Bérénice Bejo hat hier nach den OSS 117 Filmen wieder zugeschlagen und diesmal abendfüllende Unterhaltung auch ganz ohne Klamauk abgeliefert. Auch wenn ich in einigen Szenen schon an Hubert Bonisseur de La Bath denken musste. Eigentlich immer wenn Dujardin sein einmaliges Grinsen aufgesetzt hat. Störte aber nicht.
Sehr stilsicher und mit unglaublich viel Feingefühl und spürbarer Liebe inszenierter Film. Schon jetzt ganz weit oben auf der Liste der besten Filme, die ich seit langem gesehen habe. Ein tolles Geschenk an alle, welche die Stummfilm-Zeit nur aus dem Fernsehen kennen und eine phantastische Hommage an die Anfänge des Kinos, welcher auf wunderschöne Art den Wechsel der Generationen und den technischen Fortschritt veranschaulicht.

Wegen kleiner Längen 9,5/10.
 
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