Kirche vs. Justiz

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Man wollte eine Studie zu Missbrauchsfällen durchführen und hat dafür die Erlaubnis der Bischofskonferenz eingeholt. Jetzt protestieren aber viele Priester dagegen, weil sie es als einen Eingriff in ihre Privatsphäre betrachten. Sie versuchen, diese Studie zu verhindern.

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,778703,00.html

Also wenn ich das richtig verstanden habe, werden nur die Personalakten der einzelnen Priester, die bei der Kirche hinterlegt sind, weitergereicht. Das heißt für mich, dass man wohl nachsehen will, über welche Pfarrer/Priester es Beschwerden (bezüglich Missbrauch) seitens der Kinder/Kirchenbesucher gab. Ich weiß zwar nicht, welche Daten sonst in den Personalakten stehen, aber für mich ist die Studie berechtigt und ich hoffe, dass sie durchgeführt wird. Was genau befürchten die Priester? Dass der Ruf der katholischen Kirche noch schlimmer wird, wenn herauskommt, wie viele von den Geistlichen sich tatsächlich an den Kindern vergangen haben? Ich kann zwar verstehen, dass die Unschuldigen unter ihnen sich durch eine solche Studie beleidigt fühlen (man unterstellt ihnen damit ja indirekt, auch pädophil zu sein), aber einen großen Eingriff in die Privatsphäre sehe ich hier nicht.

Was haltet ihr von der Studie und von der Reaktion der Priester?
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Ich frage mich, was diese Studie (oder wie es im Artikel heißt, dieses Forschungsobjekt) bringen soll...
 

hexe

omg lazerguns pew pew
Hm, kann mir atm nur schwer vorstellen, wie umfangreich das sein wird. Denke mal nicht, dass die Kirche in ihren Personalakten Vorfälle aufzeichnet, die irgendwie mit den Mißbrauchsfällen in Verbindung gebracht werden könnten.

Wenns hilft.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ich kann mir schon vorstellen, dass die Kirche in den Personalakten solche Beschwerden eingetragen hat (also wenn zum Beispiel ein Kind gesagt hat, dass er von einem Pfarrer angefasst wurde). Die Kirche hat ja nicht damit gerechnet, dass die Akten irgendwann der Justiz übergeben werden müssen, es war für sie nur ein interner Vermerk.

@Manny: man wird ja sehen, wer pädophile Neigungen an den Tag gelegt hat, und dementsprechend gegen die Täter vorgehen. Denke ich zumindest.

EDIT: die Frage ist aber, ob eine solche Studie Sinn macht, wenn sie vorher angekündigt wird. Die Kirche hat ja Zeit, um alle unliebsamen Einträge/Teile zu entfernen.
 

McKenzie

Unchained
Ehrlich gesagt sollten sie einfach das Zölibat fallen lassen - Was bringt denn das? Wer weiß, wie viele Typen Gott lieben und Pfarrer werden wollen, das aber nicht tun, weil sie auf Frau und Kinder und sonstiges nicht verzichten wollen? :gruebel:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von McKenzie
Ehrlich gesagt sollten sie einfach das Zölibat fallen lassen - Was bringt denn das? Wer weiß, wie viele Typen Gott lieben und Pfarrer werden wollen, das aber nicht tun, weil sie auf Frau und Kinder und sonstiges nicht verzichten wollen? :gruebel:
Sehe ich auch so. In der evangelischen Kirche dürfen die Priester ja heiraten (soweit ich weiß), aber bei den Katholiken nicht. Ich denke auch, dass viele Pfarrer durch Enthaltsamkeit so pervers werden.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Da wird auf jeden Fall nicht bei rumkommen, dass jeder fünfte katholische Priester pädophil ist, die Kirche davon weiß und alles vertuscht.

Das will vielleicht manch einer hören, aber ist alles Blödsinn, alles. So eine Annahme, so eine Studie, so eine Aktion, so eine Zusage der Bischöfe, so eine Beschwerde der Priester.

So wie es abartige Priester gibt, gibt es auch abartige Trucker, Manager, Sportler, Bäckereifachverkäufer und Gogotänzer. Das Zölibat wird schon nicht dazu führen, dass gerade bei Priestern überdurchschnittlich viel Kranke bei rum kommen. Mal ehrlich - das Zölibat mag zwar heut noch bestehen, aber hat ein Priester Gelüste, lebt er sie auch aus. Der sitzt nicht fromm frustend in seiner Sakristei, wäre eigentlich ein liebenswerter Ehemann und kommt nur dadurch dazu, seine Ministranten anzufassen. In meiner alten Heimatstadt wusste auch jeder, dass der kath. Priester eine Freundin hat - offiziell war sie nur seine "Assistentin", aber jeder wusste Bescheid.

Da gehen wieder Regierungsgelder stumpf in den Reißwolf. Und die Bild hat wieder irgendeinen neuen Pseudoskandal zum Ausschlachten, egal was wie jetzt dabei rumkommt.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Jay
So wie es abartige Priester gibt, gibt es auch abartige Trucker, Manager, Sportler, Bäckereifachverkäufer und Gogotänzer.
Naja, aber Trucker, Manager, Sportler, Bäckereifachverkäufer und Gogotänzer haben keinen "berufsbedingten" Kontakt zu Kindern. Die Missbrauchsfälle kennt man ja vor allem aus den katholischen Schulen oder ähnlichen Einrichtungen, in denen Kinder und Priester oft unter sich sind. Bei den Berufen, die du nennst, ist das nicht so :wink:
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Das ist doch aber bloß reine Statistik. Natürlich gibt es an Orten, an denen Kinder ungesehen mit fremden Männern agieren öfters Übergriffe als woanders. Du hast zwar Recht, wenn ein Bäckereifachverkäufer in seinem Laden seltener Kinder belästigen kann als ein Pfarrer in seinem Hinterstübchen, aber auch hier kann man es doch nicht allein auf die Kirche münzen. In Feriencamps, bei Praktikumsstellen, in Jugendhäusern, sprich überall wo ein Übergriff leichter fällt, wird es auch statistisch höher sein.

Sollte man als besorgtes Elternteil also entscheiden, dass das Kind besser nicht ungesehen zu Priester Pedro ins Kämmerchen geht, um Messdiener zu spielen?

Vermutlich ja, aber das hat dann nichts per se mit Kirche oder Pfaffe Pedro zu tun, nur mit Statistik. Schickst du das Kind zu Pedro und 100.000 anderen Pfaffen in deren Stuben, wird irgendwann mal was vorkommen, eher als würde er zu keinem gehen. Aber die Verknüpfung, dass der Kirche dafür die Schuld zuzuschreiben ist, ist Blödsinn. Ein paar kranke Individuuen in der Masse haben Schuld, und die kommen hochgerechnet in so einer xmal replizierten Lage vor. Genauso wie man keine Shooter verbieten muss, nur weil statistisch gesehen fast alle Männer zwischen 15 und 30 mal irgendwann Shooter gespielt haben.

Man kann es höchstens generell ansprechen und fordern, dass Messdiener ab sofort stets von einer weiblichen Vertrauensperson begleitet werden, oder jede Stube videoüberwacht wird oder was weiß ich. Die Leute wollen nur immer einfache Motive. Ein Motiv wie jap, jeder dritte Pfarrer packt Kinder an weil er verkappter Zölibater ist. So leicht ist das aber nicht. Und es ist offen gesagt eine Beleidigung für alle harmlosen, gutbürgerlichern Pfarrer, die nichts Böses im Schilde führen und durch so ein Klischee in den Dreck gezogen werden.
 

McKenzie

Unchained
Original von Jay Das Zölibat wird schon nicht dazu führen, dass gerade bei Priestern überdurchschnittlich viel Kranke bei rum kommen. Mal ehrlich - das Zölibat mag zwar heut noch bestehen, aber hat ein Priester Gelüste, lebt er sie auch aus. Der sitzt nicht fromm frustend in seiner Sakristei, wäre eigentlich ein liebenswerter Ehemann und kommt nur dadurch dazu, seine Ministranten anzufassen.


Man könnte aber argumentieren, dass aber unter Menschen, die sich fix der totalen Enthaltsamkeit verschreiben, u. U. mehr dabei sind, die irgendwelche psychischen Probleme in Richtung Sex haben... "Probleme haben" ist ja natürlich noch keinesfalls gleichbedeutend mit pervers oder krank. Ich bin ja trotzdem überzeugt, dass es viel mehr nette Geistliche gibt (die das halt einfach nicht so brauchen oder eh wie der von Jay eine Lösung gefunden haben) als perverse. Aber ich seh da schon einen Zusammenhang. Da sind vielleicht doch einige dabei, die Angst vor Kontakt mit Frauen (oder meinetwegen Männern) haben, und sich dann eben den Kindern nähern.
Aber natürlich führt das Zölibat nicht erst dazu - Wenn einer pervers ist, dann ist er das auch außerhalb der Kirche. Ich glaub nur, dass sich ohne Zölibat mehr Nicht-pädophile melden würden.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Jay
Aber die Verknüpfung, dass der Kirche dafür die Schuld zuzuschreiben ist, ist Blödsinn.
Ja, die Kirche halte ich nicht für schuldig. Nur die Menschen, die ihre Position missbrauchen, sind daran schuld. Und ja, du hast Recht, dass auch in Feriencamps etc. solche Missbrauchsfälle vorkommen. Halt an solchen Orten, wo Kinder mit fremden Erwachsenen allein gelassen werden. Trotzdem denke ich, dass Zölibat eine Rolle spielt. Selbst wenn es in manchen Gemeinden zu einem offenen Geheimnis gehört, dass Priester eine Partnerin haben, wird es in anderen wiederum nicht geduldet. Und viele Priester versuchen ja, ihren Sexualtrieb zu verdrängen und enthaltsam zu leben, was aber sehr oft zu massiven psychischen Störungen führt. Passt hier vielleicht nicht so rein, aber der norwegische Attentäter soll zum Beispiel auch nichts von Sex gehalten haben und hatte nie eine Freundin. Wenn man sich die Geschichten der Triebtäter durchliest, merkt man, dass die meisten eine ungesunde Einstellung zum Sex hatten, und ich denke schon, dass es zusammenhängt.

Es würde schon etwas bringen, wenn man das Zölibat offiziell abschafft, damit die Geistlichen ihr Sexualleben nicht mehr vor der Öffentlichkeit verstecken müssen, sondern akzeptiert werden. Und vermutlich würde es auch etwas bringen, wenn man es den pädophilen unter ihnen erschweren würde, sich an Kindern zu vergreifen, also entweder immer eine Begleitperson in der Nähe, oder Videoüberwachung. Glaube aber nicht, dass man eine solche Regelung jemals durchsetzen würde.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Ich meine mal gelesen zu haben, dass das Zölibat insgeheim einen ganz einfachen Grund hat: stirbt ein Priester, geht dessen gesamter Besitz an die Kirche über. Hätte er eine Familie, bekäme die Kirche in diesem Fall nichts, denn sie könnte es der Frau nicht streitig machen. Dementsprechend wäre ein Aufheben des Zölibats eine nette Geste für ihre Arbeiter, aber auf lange Sicht ein inakzeptabler Geldverlust für den Konzern Kirche.

Also fordert man lieber, dass sich die Jungs asketisch zusammenreißen oder halt was am Laufen haben, was keiner groß mitbekommt.

Und du kannst Gift drauf nehmen, dass die gläubigsten mit den dicksten Taschen ganz oben regelmäßig Sex und uneheliche Kinder haben. Für die gelten die Regeln ja nicht.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Jay
Und du kannst Gift drauf nehmen, dass die gläubigsten mit den dicksten Taschen ganz oben regelmäßig Sex und uneheliche Kinder haben.
Die Geistlichen in den oberen Instanzen vergehen sich ja auch seltener an Kindern. Die Missbrauchsfälle, von denen man hört, werden meistens von einfachen Pfarrern begangen. Wenn sie genauso oft wie ihre Vorgesetzten Sex hätten, würden sie auch seltener solche Neigungen entwickeln :wink:
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Glaube ich gar nicht mal. Also, dass Priester zunächst harmlose, gewöhnliche Menschen sind, die dann durch auferlegten Körperkontaktverzicht mit Frauen zu bösen triebgestörten Kinderschändern werden. Ich glaube, wer sowas Schreckliches macht, der hatte auch schon vor der Priesterweihe solche Neigungen.

Ist ja nicht so, dass du zum Priestersein gezwungen wirst, dass man dich da brutal mit Hirnwäsche von deiner Persönlichkeit wegkriegen will und man dich anschließend totalitär überwacht.

Im Gefängnis ist das sicher noch was anderes, wenn du 25 Jahre lang keine Frau siehst und Sex unter Gefangenen normal wird. Ich glaube aber nicht, dass sich ein Priester in Deutschland gleichermaßen gegen seinen Willen derart eingeschränkt sieht, sich seine Sexualität dadurch ändert und er zum verstörten Irren wird.
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Original von Tyler Durden
@Manny: man wird ja sehen, wer pädophile Neigungen an den Tag gelegt hat, und dementsprechend gegen die Täter vorgehen. Denke ich zumindest.

Reden wir hier nun von einem Forschungsprojekt/ einer Studie oder von polizeilichen Ermittlungen? Bei letzteren könnte man - sofern etwas in den Akten vermerkt und nicht entfernt wurde - natürlich feststellen, wer eine Straftat begangen hat und diesen anklagen.

Aber bei einem Forschungsprojekt? Da könnte man höchstens erforschen was für Verhaltensweisen pädophile Priester sonst so an den Tag legen.
Aber selbst dann.....was soll einem dieses Wissen bringen?
 

hexe

omg lazerguns pew pew
Selbst wenn jeder Geistliche im Land ein Sexualstraftäter wäre, verglichen mit der Anzahl an verurteilten, oder von der Justiz erfassten Sexualstraftätern steht das in keinem Verhältnis. Ich denke auch nicht, dass irgendjemand, der diese Untersuchung durchführt, daran etwas ändern könnte/wird.

Was hier wohl so sehr für Aufregung sorgt, wäre doch die Furcht davor, eine Zahl nennen zu können, die das Verhältnis innerhalb der Kirche aufzeigt. Zahlen, die man gegenüberstellt und quasi für sich sprechen lässt. Und dass bei so einem heiklen Thema jedes Prozent über 1 für einen Gau sorgen würde, ist denke ich wohl auch den meisten Leuten klar. Die meisten Leute regen sich ja nicht nur über die Sexualstraftaten von Geistlichen auf, sondern über den Umgang der Kirche damit. Dass man "angeblich" wisse, wen man wohin zu schicken habe, um das Ärgste zu verhindern.

Aber im Ernst, was soll das bringen? Wenn sowas tatsächlich in den Personalakten steht, müsste ich mich doch sehr wundern. Oder gehts darum, herauszufinden, wer wann und wo eingesetzt war, da ja "angeblich" diverse Einsätze nicht immer amtlich gemacht werden, sprich auch viele statt zu pendeln dann einen Zweitwohnsitz führen, ohne den Ausweis zu erneuern. Wenns darum geht, ok. Sofern man damit ein Verbrechen aufklärt, hat es sich wohl gelohnt. :gruebel:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Wenn die Prozentzahl wirklich hoch sein sollte, wird man die Kirche vielleicht dazu zwingen, bei der Einstellung von Priestern, die besonders viel Kontakt zu Kindern haben, bestimmte Psycho-Tests durchzuführen, um zu prüfen, ob derjenige pädophile Neigungen hat.
Und vielleicht will man auch sehen, ob die Kirche wissentlich Sexualstraftaten unter den Tisch gekehrt hat. War es nicht so, dass es zumindest früher so geregelt war, dass das Opfer (also meistens Kinder) selber entscheiden durfte, ob es einen Täter anzeigt oder nicht? Das heißt, wenn das Kind einem anderen Priester vom Missbrauch berichtete, musste er nicht zur Polizei gehen und den Fall melden. Solche Fälle wurden dann oft zwischen Familie und Kirche geregelt. Im schlimmsten Fall wurde das Kind eingeschüchtert oder die Eltern wurden bezahlt, damit sie schweigen.
 

McKenzie

Unchained
Original von Jay
Ich meine mal gelesen zu haben, dass das Zölibat insgeheim einen ganz einfachen Grund hat: stirbt ein Priester, geht dessen gesamter Besitz an die Kirche über. Hätte er eine Familie, bekäme die Kirche in diesem Fall nichts, denn sie könnte es der Frau nicht streitig machen. Dementsprechend wäre ein Aufheben des Zölibats eine nette Geste für ihre Arbeiter, aber auf lange Sicht ein inakzeptabler Geldverlust für den Konzern Kirche.

Also fordert man lieber, dass sich die Jungs asketisch zusammenreißen oder halt was am Laufen haben, was keiner groß mitbekommt.

Und du kannst Gift drauf nehmen, dass die gläubigsten mit den dicksten Taschen ganz oben regelmäßig Sex und uneheliche Kinder haben. Für die gelten die Regeln ja nicht.
Da ist was dran.
Glaube ich gar nicht mal. Also, dass Priester zunächst harmlose, gewöhnliche Menschen sind, die dann durch auferlegten Körperkontaktverzicht mit Frauen zu bösen triebgestörten Kinderschändern werden. Ich glaube, wer sowas Schreckliches macht, der hatte auch schon vor der Priesterweihe solche Neigungen.
Absolut. Ich meinte ja auch, die existieren so schon vorher, nur sammeln sie sich so eher zusammen und treten deshalb in solchen Jobs geballt auf, wo Sexualität so seltsam bewertet wird.
 
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