Dunkle Gewässer von Joe R. Lansdale
Marvel Creek - ein kleines Städtchen im Osttexas der 30er Jahre. Diskriminierung von Farbigen und häusliche Gewalt gegenüber den eigenen Ehefrauen sind hier Gang und Gebe. Sue Ellen ist 16 und ebenfalls in eine solche Familie hineingeboren. Ihr vermeintlicher Vater Don gehört ebenfalls zum gewalttätigen Schlag und trägt ebenso Sorge dafür, dass Sue Ellen des Nachts nur noch mit einem Holzscheit ins Bett geht, während sich ihre, vom 'Allheilmittel' abhängige, Mutter tagein, tagaus in einem dämmerähnlichen Zustand befindet und kaum mehr das Bett verlässt.
Eines Tages wird ihre Freundin, die hübsche May Lynn, tot und mit einer Nähmaschine beschwert, aus dem Sabine River gezogen. Außer Sue Ellen und ihren Freunden, dem als 'schwul' verschrienen Terry und dem farbigen Mädchen Jinx, scheint der Tod des Mädchens, das davon träumte in Hollywood Karriere zu machen, niemanden zu interessieren.
Gemeinsam schmiedet das Trio einen tollkühnen Plan - die tote Freundin auszugraben, zu verbrennen und mit einem Floß den Sabine River entlangzufahren, um ihre Asche nach Hollywood zu bringen. Der Aspekt, dass sie im Tagebuch May Lynn's eine Karte finden, die sie zum illegal erbeuteten Geld des Bruders der Toten führt, lässt die Flussfahrt jedoch wenig harmonisch verlaufen...denn auf einmal ist ihnen u.a. der Auftragsmörder Skunk auf den Fersen, der bislang lediglich als Sagengestalt galt und dafür bekannt ist, die Hände seiner Opfer als Trophäen zu behalten.
Fazit:
Sollte man während des Lesens im körpereigenen Kopf einem Film ablaufen lassen, so käme beim Verschlingen von 'Dunkle Gewässer' vermutlich am ehesten eine Mischung aus 'Die Abenteuer von Tom Sawyer & Huckleberry Finn' und 'Stand by Me - Das Geheimnis eines Sommers' zustande, mit dem kleinen Unterschied, dass die Altersfreigabe hier im FSK 16 Bereich angesiedelt werden sollte.
Lansdale's Sprache ist schwarzhumorig, amüsant und drastisch, wenn es ans Eingemachte geht. Seine Figuren kommen nicht einfach nur wie bloße Pappaufsteller daher, sind jeder für sich auf ihre ganz eigene Art schräg und bekommen vom Autor einen, für die Zeit und den Ort, authentischen Slang in den Mund gelegt, der sie 'wirklich' werden lässt.
Lange, sich ziehende Passagen, suchte zumindest ich vergebens. Lansdale zieht die Spannungsbremse zu keinem Zeitpunkt derart merklich an, dass es einem ein herzhaftes Gähnen entlocken würde.
Seine eindrucksvolle, teils recht blutige, Beschreibung, sowie nicht alltägliche Sprache runden 'Dunkle Gewässer' für mich, trotz der ein oder anderen kleinen Übertreibung und dem etwas zu schnell daherkommenden Ende, ab.
8,5/10 ...und mein erster, aber bestimmt nicht letzter Lansdale. Darüber, welchen ich als nächstes in die Hand nehme, wird sich schon fleißig das Hirn zermartert.