Da mein Beitrag zu lang für nur einen
post ist, musste ich ihn leider aufteilen.
Teil 1:
Herrje, was war denn das?
Fängt der Film mit dem spektakulären Flugzeug-Stunt des Herrn Cruise recht verheißungsvoll an, ging es danach minütlich rapide bergab.
Die Inszenierung der Action ist Regisseur Christopher McQuarrie völlig misslungen, ja wie es scheint, regelrecht aus den Händen geglitten. Die cartooneske Herangehensweise an die Action, für welche sich McQuarrie entschied, beraubt jene Szenen nämlich jedweder Intensität.
Eine gewisse Intensität, welche den Zuschauer in den turbulenten Szenen auch mal um die Protagonisten bangen lässt, wäre allerdings nicht unangebracht gewesen, da der Grundtenor des Films doch ziemlich ernst ist und es des Öfteren - rein Faktisch - auch tatsächlich um etwas geht. Letzteres bleibt allerdings bloße Behauptung, etwas, dass zu keiner Minute bei mir ankam. Ich saß nur da und es prasselten Impressionen von etwas auf mich ein, dass McQuarrie offensichtlich für gut inszenierte Action hält und nichts davon konnte mich berühren oder gar mitreißen. Das Gesehene war mir schlicht egal, da McQuarrie es nicht schaffte mich an die Charaktere zu binden, ja mir überhaupt Charaktere zu präsentieren.
Denn sämtliche Charaktere - mit einer Ausnahme, die später in meinem Text eine Rolle spielen wird - sind schlichtweg gar keine, da McQuarrie ihnen keine Identität spendierte, oder noch schlimmer: eben diese ihn überhaupt nicht scherte. Wäre der Hauptprotagonist an einer Stelle des Films auf einmal mit "John Matrix", "Max Mustermann" oder "Jason Bourne" angeredet worden... es wäre geradezu unproblematisch gewesen, da der Ethan Hunt aus ROGUE NATION nur ein Kerl zu sein scheint, der zufällig diesen Namen trägt.
In concreto zu exemplarisch ausgewählten Actionsequenzen des Films:
Sei es eine Autoverfolgungsjagd, deren unrühmliches Ende damit beschlossen wird, den BMW der Hauptprotagonisten durch die Lüfte fliegen zu lassen und ihn dann mehrmals flummiartig (!) - es will gar nicht mehr aufhören und erinnerte eher an eine Folge der SIMPSONS, denn an einen einigermaßen ernst gemeinten Actionthriller - wieder vom Boden abprallen lässt oder eine turbulente Szene mit Ethan Hunt, der - im wahrsten Sinne des Wortes - mit seinem Motorrad bei gefühlten 200km/h nicht die Kurve kriegt, unbehelmt vom Motorrad fliegt, über den Schotter schlittert und dies wegsteckt als wäre er Kal-El persönlich. Aber auch die vorangegangen Szenen jener Motorradverfolgungsjagd erinnerten mich in seiner ungelenken, statischen Inszenierung eher an das SNES-Spiel GP-1, denn an eine mitreißende Verfolgung im Geiste von BULLIT, FRENCH CONNECTION, MAD MAX, RONIN, DEATH PROOF oder den Craig Bonds.
Oder lasst mich über die unglaublich undynamisch in Szene gesetzte Unterwasser-Sequenz, in welcher Hunt durch einen - zumindest so aussehenden - Greenscreen-Wassertank paddelt (hier spielen die Effekte tatsächlich der Funktionalität der Szene entgegen, da sie mich aus dem Film heraus rissen, statt mich mitzureißen), sprechen: Die Szene ist ungemein fade inszeniert worden und überdies so lang, dass sie sich unangenehm zieht. Man denke nur an die weltbekannte - strukturell ähnlich gelagerte - Szene Brian De Palmas aus dem Erstling, als Hunt - sprichwörtlich - am seidenen Faden hing und welche ein Paradebeispiel für effektives Spannungskino darstellt. Aber unter uns: Unterwasser-Sequenzen sind immer schwierig. Wer FEUERBALL kennt, weiß vielleicht, was ich meine.
Wie gesagt:
Es scheint also um nichts, um rein gar nichts, zu gehen in diesem Film. Es geht mir nun nicht darum, dass der Hauptprotagonist eines solchen Films
übermenschlich viel aushalten kann. Dergleichen ist, so könnte man pauschalisierend formulieren, dem Genre geschuldet. Aber dies ist auch nicht das Ziel meiner Kritik. Die Kunst scheint es doch zu sein, die Action dennoch
dergestalt zu inszenieren, dass es sich zumindest so
anfühlt, als wenn dem Hauptprotagonisten
irgendetwas trotzdem mal an die Nieren geht bzw. in die Bredouille bringt. Psychisch oder physisch.
Ich erinnere mich diesbezüglich noch gerne an MISSION: IMPOSSIBLE III:
Hunt war freilich auch dort ein Superagent, aber Oberschurke Davian (kongenial und angsteinflößend von Seymour Hoffman verkörpert) setzte Hunt in einigen Szenen richtig zu, was in einer zentralen Szene sogar dazu führte, dass eben dieser vor Verzweiflung und Hilflosigkeit gar eine Träne vergoss, die ihm während eines Gefühlsausbruchs entfleuchte.
Problematisch ist eben, dass Hunt in ROGUE NATION die ganze Zeit über Superheld bleibt und nicht ein einziges Mal zu einem Menschen wird, der irgendetwas fühlen kann. Wurde er - wie beispielsweise in MISSION: IMPOSSIBLE III - durch die Szenen mit seiner Frau geerdet oder die Gefühle sicht- und spürbar, die er für seine Schülerin übrig hatte, welche er im ersten Drittel des Films befreien sollte, so scheint er in ROGUE NATION nur ein Name zu sein. Den Menschen dahinter scheint es nicht zu geben. Wir sehen ihn jedenfalls nicht.
Aber auch der Plot ist wenig aufregend. Es heißt an einer Stelle des Films, dass Ethan Hunt in Solomon Lane - dem Oberschurken des Films -
"seinen Meister gefunden" hätte. Schade nur, dass ich die ganze Zeit über nicht wusste,
warum, da mir Lanes Verhalten an keiner Stelle besonders clever vorkam und er überdies auch nicht wirklich als ein bedrohlicher Gegenspieler inszeniert wurde, der Supermann Hunt auf irgendeine Weise gefährlich werden könnte. Ich erinnere mich noch gerne an den großartigen Philip Seymour Hoffman zurück, der Hunt - wie bis dato kein anderer Schurke in der gesamten Reihe - zusetzte und man tatsächlich um das Wohl Ethan Hunts oder seiner Lieben fürchten musste.
Ein paar Worte noch zur vermeintlichen Sexualisierung von Rebecca Ferguson:
Da mir diesbezüglich schon im Vorhinein einiges zu Ohren gekommen ist, habe ich bei meiner Betrachtung auf diesen Aspekt geachtet, kann ihn aber nicht bestätigen. Actionkino ist qua definitionem Körperkino. Der Körper in all seiner Widerstandsfähigkeit, seiner Fitness, ja auch in seiner Ästhetik ist stets ein (manchmal mehr, manchmal weniger betonter) Baustein dessen, was gemeinhin unter dem Banner
Actionfilm firmiert.
In den Achtzigerjahren wurde dies bekanntermaßen auf die Spitze getrieben, als Akteure wie Stallone, Schwarzenegger oder Lundgren ihre an Statuen von Michelangelo erinnernden Körper der Zuschauerschaft präsentierten. Das Filmen des Körpers, das in Szene setzen von Physis, ist ein gängiger Bestandteil des Actionkinos.
Im Übrigen kann ich auch nicht sehen, welche Szenen in concreto - mit Blick auf Ferguson - gemeint sein könnten, um den Vorwurf zu rechtfertigen. Doch wohl kaum jene Szene, in welcher Ferguson sich positioniert, um in der Wiener Oper einen gezielten Schuss abzugeben und dabei ein kleines Stück ihres Beines entblößt. Gut, dann ist vielleicht jene gemeint, in welcher sie sich nach der unrühmlichen Unterwasser-Sequenz anzieht und ganz kurz ein Blick auf ihre Hinterseite geworfen wird.
Mag ja sein, dass dies für den ein oder anderen eine unanständige Sexualisierung darstellt. Ich hingegen habe es eher als eine Bildsprache wahrgenommen, die der Zuschauerschaft mitteilt, dass wir es mit einer Agentin zu tun haben, deren Körper maximal und aufs Effektivste austrainiert ist.
Ich würde eine Ansicht überdies auch nicht teilen, die verträte, dass die strukturell ähnlich gelagerte Szene aus PHANTOM KOMMANDO, in welcher Schwarzeneggers Körpers markant in Szene gesetzt wird, während er nur mit einer kleine Speedo beschurzt ist, eine unanständige Sexualisierung seines Charakters darstellen würde. (
https://www.youtube.com/watch?v=dUa7YK17QP0)