Freaks (s/w Klassiker)

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
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Trailer

S/W Klassiker aus dem Jahr 1932, von Tod Browning, Regisseur des originalen Dracula mit Bela Lugosi. War damals ein recht kontroverser Skandalfilm, der in England sogar 30 Jahre verboten war. Grund: im Film spielen echte Zirkus"freaks" die Hauptrolle, Menschen ohne Gliedmaßen, zusammengewachsene Zwillinge, Frauen mit Vollbärten etc. Die Tatsache, dass ihnen im Film soviel Beachtung geschenkt - und oha, sogar die eigentliche Gutenrolle zugeschrieben wurde (im Film versucht ein gewöhnliches Artistenpaar, einen kleinwüchsigen Arbeitskollegen auszunehmen, der sich dann gerechtfertigterweise wehrt) - sorgte für aufbrausende Meinungen. Man hielt ihn für einen unerträglichen Horrorfilm. Interessanterweise war er jedoch sehr erfolgreich und lockte viele ins Kino. Fraglich ist nur, ob es aus ehrlichem Interesse oder - wie im Zirkus - aus reiner Schaulustigkeit geschah.

Der Punkt ist nämlich, dass Regisseur Browning selbst mal eine zeitlang im Zirkus gearbeitet hatte und die "Freaks" keinesfalls als deformierte Grotesken der Natur sah, sondern als das, was sie sind: normale Menschen mit ungewöhnlichen Schicksalen. Demzufolge ist der Film auch absolut kein Horrorfilm, sondern ein reines Drama, in dem die "Freaks" ganz normal leben und letzten Endes die "normal" aussehenden Menschen die Bösen sind. Da besteht der Horror schon eher in der Reaktion in der Leute, insbesondere der britischen Zensurbehörde, die so respektlos agierten und den Film als untragbar deklarierten. Der Film ist schließlich ein Loblied auf Menschen mit diesen Schicksalen, ein Mutmacher für jeden, der etwas mehr aus der Masse heraussticht als andere. Man kann ja schließlich nichts dafür, wenn man mit drei Armen auf die Welt kommt, und genau genommen hat ein jeder seine eigenen "Defekte", egal obs früher Haarausfall, Anfälligkeit zur Fettleibigkeit, Cellulite, Damenbartwuchs, Plattfüsse oder angewachsene Ohrläppchen sind.

Als Film ist er dennoch nicht allzu gut. Auch wenn die Darsteller fraglos komplett authentisch sind, sind sie keine wirklichen Schauspieler. Die Dialoge werden völlig steif, manchmal ablesend wirkend vorgetragen. Das Abzocker-Pärchen überspielt extrem und die Regie ist allenfalls passabel. Dazu ist er mit rund einer Stunde Laufzeit zu eingeschränkt. Viele der Szenen sind einfach nur Darstellung des Artistenalltags, was sicherlich mal interessant, filmisch aber nicht allzu packend ist. Die Message ist auf jedenfall vorbildlich und es ist durchaus mal interessant zu sehen, was damals für Furore sorgte.

4/10

Als Filmfan kann man einen der Kleinwüchsigen als Master von Masterblaster aus Mad Max 3 erkennen.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Den Film will ich auch seit langer Zeit sehen, bin bisher aber noch nicht dazu gekommen. Hast du ihn auf DVD?
Und ich sehe es auch ähnlich, dass der Verbot und die Einstufung als Horrorfilm menschenverachtend waren, denn damit sagte man den Betroffenen ja, dass sie Monstren sind.
 

Joel.Barish

dank AF
Hm... nee. 4/10 ist zu wenig. Deutlich zu wenig. Wobei ich auch finde, dass "Freaks" ein Film ist, der noch deutlicher von seinem Ruf und seinem filmhistorischen Wert lebt. Aber auch wenn man das ausblendet, ist der Film immer noch ziemlich gut. Als Einblick in den Alltag von Schausteller- und Zirkusvolk ist der schon interessant genug, aber die gleich mehrfach aufgesplittete Geschichte um Liebessehnsucht, die in einem Appell an Kameradschaft, Freundschaft und Respekt endet, finde ich schon ziemlich gelungen. Und die Darsteller erschienen mir auch nie so schlecht, wie es bei dir jetzt klingt, Jay. Klar, ein wenig karikaturhaft auf der einen Seite (der Muskelprotz und seine Ische), ein bisschen unsischer (das deutsche Kleinwüchsigenpärchen) auf der anderen Seite. Aber das kann man ja irgendwo auch wieder relativieren. Der Film ist von 1932, da hatte man es bei der Darstellungsweise generell noch nicht so mit Naturalismus. Das war immer ein wenig theatralischer als die Realität. Und dann sind die Kleinwüchsigen ja wie gesagt auch Deutsche, die im Film nicht ihre Muttersprache gebrauchen. Der Stotterer ist ganz sicher ein echter Stotterer. Na ja, mich hat da jedenfalls keiner der Darsteller sonderlich gestört bzw. keiner ist mir besonders negativ aufgefallen.

Inhaltlich gibt der Film aber wirklich deutlich mehr her, als einfach nur "Artistenalltag". Wie angesprochen die diversen Liebesgeschichten, die sich geschickt gegenseitig beeinflussen und viel über diese Zirkusgemeinschaft und die Welt da draußen aussagen. Die Schlussviertelstunde ist ein absoluter Knüller, insbesondere das Finale beim Unwetter, wenn der Film visuell ziemlich stark wird und verdammt provokant mit der Zuschauersympathie und Genreerwartungen spielt. Und die Rahmenerzählung ist auch reichlich clever.
Es ist natürlich in erster Linie ein Moralfilm und das merkt man auch bei den diversen Momenten, wenn relativ platt deutlich gemacht wird, dass die "Freaks" ja auch nur Menschen sind. Und dennoch muss man sich am Ende auch die Frage stellen, ob der Film nicht vielleicht doch auch insgeheim ein Kuriositätenkabinett ist und Schaulustige anlockt. Ich würde sagen, dass er das nicht ist, aber so ganz kann der Film das nicht abschütteln.

7/10 sind da definitiv drin. Auch ohne Filmhistorienbonus. Vielleicht auch noch mehr.
 

McKenzie

Unchained
Joel.Barish schrieb:
Die Schlussviertelstunde ist ein absoluter Knüller, insbesondere das Finale beim Unwetter, wenn der Film visuell ziemlich stark wird und verdammt provokant mit der Zuschauersympathie und Genreerwartungen spielt.[...]Es ist natürlich in erster Linie ein Moralfilm und das merkt man auch bei den diversen Momenten, wenn relativ platt deutlich gemacht wird, dass die "Freaks" ja auch nur Menschen sind.
Fand ich auch. Und mit ihrer Grausamkeit durch den aufgestauten Hass zeigt es dann auch die negative Seite ihrer Menschlichkeit, hatte ich das Gefühl. 4/10 ist auf jeden Fall zuwenig, finde ich, wäre auch eher bei 6,5 oder 7.
 

Butch

Well-Known Member
Ich bin dabei mal ein paar ''Skandal'' Filme nachzuholen und da Freaks auf diversen Listen der skandalösesten und meist verbotenen Filme auftaucht bin ich mit dem Horrorfilm von 1932 direkt mal angefangen.

Schwer nachzuvollziehen wieso der Film für so viel ärger sorgte und in England sogar 30! Jahre verboten war. Bis auf das Ende was 1932 für einige sicher etwas verstörend war gibt es da eigentlich überhaupt nichts skandalöses, aus heutiger sicht kann man den Film nicht mal mehr als Horror bezeichnen eher ein Drama mit einem bösen makaberen Ende.
Auch wenn der Film heute niemanden mehr verschreckt ist der nur 60 minütige Film trotzdem anschaubar, ich hab zwar von Filmen aus dieser Zeit nicht viel Ahnung da ich so alte Streifen normalerweise nie gucke und kann den daher nicht mit anderen Werken aus dieser Zeit vergleichen aber mir kam das gesehene doch recht solide vor. Gut Erzählte Geschichte mir netter Botschaft und bösem Ende.

6/10
 
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