Letzte Woche in der O-Ton Sneak serviert bekommen, und nun zum Start mal meine Eindrücke vom neuen Judd Apatow. Wie schon bei seinem Box-Office Flop "Wie das Leben so spielt" mischt Judd Apatow auch in seinem neuen Werk munter Comedy und Drama-Elemente durcheinander, und serviert sie dem Publikum hier Häppchen und fast Episodenhaft, was dem ungewöhnlich daher kommenden Schnitt geschuldet ist. Zwar chronologisch korrekt, aber schlicht für eine Komödie aus der Traumfabrik ungewöhnlich sprunghaft. So ist man in einem Moment beim Familien-Frühstück mit Cupcakes und Cornflakes anwesend, um dank des harten Schnitts, plötzlich auf eine Radtour mit Paul Rudd geschickt zu werden. So reihen sich vor allem anfangs oft Minutenlange Szenen aneinander, welche jeweils einen Teilaspekt des Lebens der Familie erblicken.
Hierbei fast immer im Zentrum, das Filmthema vierzigster Geburtstag, jenem dramatischen Schritt im Leben, wenn Mann und Frau die Grenze zur gefürchteten großen vier durchschreiten. Und was erwartet uns dort, an jenem Punkt im Leben, an dem ja angeblich standardmäßig, spätestens die Midlife-Crisis einsetzt? Laut Apatows Film sieht das u.a. so aus: man hat kaum noch Sex, Erektionen bekommt man unter Zuhilfenahme von Viagra, Süßspeisen sind vom Speiseplan gestrichen, dafür gibt es Rektale Untersuchungen, Hämorriden, Mammografien, nervige Kinder voller Hormone, deren pure Anwesenheit einen zur Weißglut treibt, garniert mit finanziellen Problemen und allgemeiner Familienunfrieden. Na Prost Mahlzeit.
Glücklicherweise bieten all diese Punkte (und noch weit mehr) aber ungeheures Pointen Potenzial, welches Apatows auch glücklicherweise meist sehr gekonnt zu nutzen weiß. Natürlich muss man den bekannten Apatows Humor mögen, denn wie zu erwarten war geht es trotz der immer präsenten dramatischen Seiten auch derbe und witzig zu, und überhaupt ist der Ton der neuen Kino-Regiearbeit von Apatow was Sprüche unter der Gürtellinie angeht, wieder deutlich feuriger geraten, als zuletzt. Da wird nicht gekleckert, sondern geklotzt, und so mancher Gag wird bis zur Grenze und teilweise auch darüber hinaus ausgenutzt, wobei vieles sehr gekonnt improvisiert scheint. Siehe Abspann.
Leider hat der Film neben dem ihm nicht abzusprechenden Witz, aber auch eine hohe Anzahl von Leerlauf und Handlungsfäden, die scheinbar nirgendwo hinführen und auch zum Teil wenig zur Handlung oder Charakterentwicklung beitragen. Was gar hinter der Idee steckt, die finale Szene aus "Lost" gleich mehrfach auf den Zuschauer loszulassen, und so ungefragt das Ende einer ganz und gar nicht unwichtigen und über 6 Staffeln laufenden Serie zu verraten, bleibt wohl das Geheimnis der Verantwortlichen. Sinnig erscheint es jedenfalls nicht, denn man hätte diese Zeit auch anders nutzen, oder gar streichen können, da diese und weitere Sequenzen die ohnehin beachtliche Laufzeit von 2 Stunden und 13 Minuten nur unnötig ausfüllen.
Das neben dem vierzigsten Geburtstag zweite Hauptthema der drohenden finanziellen Pleite, entwickelt sich hierbei zum wenig glaubhaften, bzw. für den Zuschauer greifbaren. So fahren die beiden 40er einen dicken BMW und einen noch dickeren Lexus, machen einen Kurzurlaub im Sternehotel inkl. kompletter Zimmerservice –Karte, um dann auch noch eine Gartenparty für geschätzt 50 Personen auf die Beine stellen. Dadurch verliert der finanzielle Problemaspekt gefühlt vollständig an Wert, und schwächt so den Film.
Der Film funktioniert aber trotzdem über weite Strecken, unter anderem weil Paul Rudd und Leslie Mann zusammen mit den beiden Mädchen einfach ein ungemein harmonisches Bild abgeben. Davon lebt unglaublich viel bei dem Film, da man ihnen einfach fast bei allem gerne zusieht, egal ob es gerade mal traurig oder humorvoll zugeht. Davon abgelenkt, fällt es dadurch auch leichter, über viele der Unzulänglichkeiten der Komödie hinweg zu sehen. "Immer Ärger mit 40" fühlt sich hier und da zwar etwas unrund an, hat mit deutlichen Längen, und unnötigen Handlungsbögen zu kämpfen, wird aber auf der Habenseite aber auch abgerundet, von einem gelungenen Ensemble aus Nebendarstellern, bei denen vor allem Jason Segel als Fitness-Trainer, Melissa McCarthy und John Lithgow hervorstechen.
Ein paar Andere hätte man aber irgendwie nicht gebracht, da sie schlicht mehr oder weniger unnötig bleiben (schräg: Charlyne Yi). Positiv hervorzuheben sei an dieser Stelle Megan Fox, die zwar nicht mit den Comedy-versierten Kollegen mithalten kann, aber dafür in ein oder zwei durchaus als selbstironisch zu bezeichnenden Szenen überzeugen und punkten kann. Und wo Apatows "Wie das Leben so spielt" als unharmonischer Mix zwischen Drama und Komödie hin und her pendelnd versagte, kann "Immer Ärger mit 40" punkten, u.a. deshalb, weil den Problemen von Pete und Debbie nicht die Endgültigkeit und tödliche Schwere eines Adam Sandler anhaftet. Unterm Strich erweist sich der Shake aus derber Comedy und Familiendrama als zwar glutenhaltige, aber geschmacklich ausgewogene Kreation, die gut satt macht aber trotzdem leicht genug ist, um problemlos verdaulich zu sein. Wer bei einer Komödie über derbe Witze unter der Gürtellinie lachen kann, und vor den Drama-Aspekten nicht zurückschreckt, dürfte an "Immer Ärger mit 40" durchaus seine Freude haben.
6,5/10